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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.02.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192302112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230211
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230211
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-02
- Tag 1923-02-11
-
Monat
1923-02
-
Jahr
1923
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LoruitLg, äeo 11. kedruar Neuer Neiseweg Leipzig—Berlin Leipzig—Roßlau—Wiesenburg—Beizig—Berlin Bisher gibt es als einzige Verkehrsstrecke zwischen Leipzig und Berlin nur die Eisenbahnstrecke über Bitterfeld—Wittenberg—Jüterbog und Luckenwalde. Da diese Strecke bis Bitterfeld auch den sehr starken Zugverkehr über Halle nach München, Stuttgart und Frankfurt a. M. zu bewältigen hat, so ist sie außer- ordentlich überlastet, und schon seit Zähren wird eine Entlastung der Strecke erstrebt. Ein viergleisiger Ausbau scheiterte an den un geheuren Kosten, und deshalb richtete man das Augenmerk der Herstellung einer Verbindungs strecke zwischer. den nur wenig befahrenen Linien Berlin—Güsten und der Linie, die von Magdeburg über Noßlau und Bitterfeld nach Leipzig führt. Man entschloß sich, von der Güstener Bahn bei Wiesenburg, der nächsten Station nach Belzig. eine Bahn nach Roßlau abzuzweigen, und diese Neubaustrecke Wiesenburg—Roßlau, die 27 Kilometer lang ist und mit deren Bau im Jahre 1914 be» gönnen wurde, ist jetzt soweit fertiggestellt, daß sie am 1. Juni als eingleisige Hauptbabn in Betrieb genommen werden kann. Man wird also von diesem Tage an nicht nur vom Anhalter Bahnhof in Berlin, sondern auch von der Berliner Stadtbahn über Bel zig—Wiesenburg—Roßlau—Dessau—Bitterfeld und Delitzsch nach Leipzig fahren können. Der neue Reiseweg ist allerdings 10 Kilometer länger als der alte (ab Bahnhof Friedrichstraße 173 statt 163 Kilometer über Jüterbog), aber der Wert der neuen Verbindungslinie liegt darin, daß sie die viclbefahrene Hallenser Strecke entlastet, die von ihr durchquerte, aus fruchtbaren Aeckern und ergiebigen Forsten bestehende Gegend dem Bahnverkehr er schließt und endlich den wichtigen Elbe-Umschlagplatz Roßlau und die Hauptstadt Anhalts, Dessau, an den durchgehenden Schnellzugsverkehr heranbringt. Nach dem Preisstand vom vorigen Sommer waren die Kosten für den Bau der Verbindungs bahn auf 117 Millionen Mark veranschlagt worden. Nach dem gegenwärtigen Preisstand dürfte ein Kostenaufwand von über 800 Millionen Mark herauskommen. Keine PfennigbetrSge im Postverkehr. Dem Zentralverband des deutschen Großhandels wi-d vom Reichspostministerium mitgeteilt, daß be absichtigt ist, im Postscheck-, Poft-, Telegraphen- und Fernsprechverkehr die Pfennigbeträge Wegfällen zu lassen. Entsprechende Vorlagen liegen bereits den gesetzgebenden Körperschaften zur Beschluß- fassung vor. Dis zur endgültigen Regelung wird voraussichtlich noch einige Zeit vergehen. Die Aus zahlungsgebühren des Postscheckverkehr» werden bereits seit einigen Tagen auf volle Mark ab gerundet. Einkommen- und Dermögenssteuererklürungen Nir 1922. Mit Rücksicht auf den Gesetzentwurf über die Berücksichtigung der Geldentwertung in den Steuer gesetzen, der zurzeit im Äeuerausschuß des Reichs tags beraten wird und der einige Vorschriften ent- hält, die noch auf die Veranlagung zur Einkommen steuer für das Kalenderjahr 1922 und auf die Ver anlagung zur Vermögenssteuer Anwendung finden sollen, sind die Einkommen- und Vermögensstcuer- E^l"rungsvordrucke im allgemeinen noch nicht zu gestellt worden: die Stteuerpflicht'gen werden viel mehr darauf warten können, bis die Zustellung er folgt ist. Soweit ausnahmsweise in einzelnen Finan-bezirken die Steuererklärungsvordrucke schon zugestellt sind, brauchen die Steuererklärungen nicht eder abgegeben zu werden, bis den Steuerpsticktigen e'n Merkblatt zugebt, das sie über die für die be- va'-kk-'hende Veranlagung wichtigsten Aendcrungen aufNärt. Ein Besuchstag fm sächsischen Justizministerium. T-otz der immer mehr steigenden Reiseunkosten haben die Besuche im Justizministerium derart zugenom- men, daß darunter die Erledigung der laufenden ^»schäfte leidet. Das Zusti'Ministerium sieht sich da her veranlaßt, von jetzt ab nur noch einen Sprech- t^a in der Wache »"zulasscn. Als Sprechtag gilt bis auf weiteres der Montag (vorm. von 9 bis 3 Uhr). l-elprlger Isgedlstt uaä »Llläelsreltuog Für Gnadensachen bleiben die Sprechtag« Montag» und Freitag» bis auf weitere» bestehen. Unzeitgemäß« Entschädigung. Im Juni v. I. ist der am 19. April 1920 vom Schwurgericht in Potsdam wegen Meineid» zu dre, Jahren Zuchthaus verurteilte Landwirtssohn Otto Globig aus Rosenthal bei Dahme (Mark) im Wiederauf nahmeverfahren von den Potsdamer Geschworenen freigesprochen worden, nachdem er bereits mehr als zwei Jahre seiner Strafe im Archthause verbüßt hatte. Auf Antrag seines Rechtsanwalt» wurden nunmehr durch Gerichtsbeschluß die dem unschuldig Verurteilten aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten und Auslagen festgesetzt. Diese betragen die ungeheure Summe von — 936^0 Mark, in Worten neunhunderksechsunddreißig Mark und fünfzig Pfennige, so daß der Beschuldigte für jedes Jahr unschuldig erlittener Zuchthausstrafe die gewaltige Summe von sage und schreibe 450 Mark erhalten soll. Der Verteidiger wird versuchen, durch ein Gesuch an den Iustizminister eine angemessene Ent- schädigung zu erwirken. guckerbelieferung im Februar. In einigen Tages- zeitungen ist veröffentlicht worden, daß nach cmer Mitteilung der Hauptgeschäftsstelle des guckervcr- kehrs in Berlin im Monat Februar auf die Zucker marken und 8 insgesamt 2 Pfund Zucker zur Verteilung kommen. Diese Anweisung gilt für die preußischen Bezirke, nicht aber für Sachsen. Wie ja auch allgemein bekannt ist, sind in Sachsen die Ab schnitte und 8 der Auckerkarte längst beliefert. Die in Sachsen im Monat Februar zur Ausgabe gelangende Zuckermenge wird noch bekanntgemacht. Falsch« Reichsbankuaten zu 5000 Mark. Von den seit Oktober v. I. dem Verkehr zugeführten Reichs banknoten zu 5000 Mark mit dem Datum des 16. September 1922 (Schaine mit schmaler Dildleiste, Kopf im Hellen Achteck) ist in Berlin eine Fälschung aufgetoucht, die als solche an den nachstehend auf geführten, hauptsächlichsten Merkmalen unschwer zu erkennen ist: Papier: Gelblich getöntes Adler post-Briefpapier. Teile des Adler-Wasser- -eichens sind an Stelle des fehlenden echten Wasser zeichens (sphärische Dreiecke) in der Durchsicht be merkbar. Vorder, und Rückseite: Rohe, un vollkommene Zeichnung der Muster, fahler Druck. Hinter den auffällig dünn gedruckten, untereinander- stehenden Buchstaben R. B. D. auf der linken Vorder seite fehlen die Punkte. Die Rückseite ist in falscher Färbung gedruckt, und zwar erscheint das Wort -.Reichsbanknote* statt braun blau, das Wort „Fünf- tausend* und die Mitte der seitlichen Umrandung dagegen braun statt blau. Dor Annahme dieser Nachahmungen wird gewarnt. Nochmal» Max und seiu Frack, gu der dieser Tage veröffentlichten Plauderei wird uns aus Juristen- kreisen geschrieben: Wenn Max Jurist ist, so kann er sich freuen. Im letzten Iustizminlsterialverordnungs- blatt kann er nämlich eine« Hinweis finden, daß es dea .Prüflingen* im Bereiche des Justizministeriums frei steht, ohne den bislarzg mit Recht so beliebten Examensfrack zur Prüfung z« erscheinen. Dieser zeit gemäße Hinweis wird nicht nur Max und seinen Leih hausfrack beruhigen, sondern im übrigen auch sonst in der Allgemeinheit Befriedigung erwecken. Je mehr alte Zöpfe fallen, um so besser ist es. Und so hattder Fortfall der obligaten Exanzensfrackes seine sympto matische Bedeutung! -- - Lin raffinierter Giftmord Der Gärtner Hempel aus Steglitz besuchte in weiblicher Begleitung eine Mampe-Stube in Steglitz und bestellte sich Getränke. Pott seiner Begleiterin wurde ihm dabei eine Flüssigkeit in« Glas gegossen, die zur Folge hatte, das der Gärtner, nachdem er ge trunken hatte, schwer erkrankte. Er begab sich zur Rettungsstelle in Steglitz, wo er unter den Händen des Arztes starb. Ueber die Tat erfahren wir folgende Einzelheiten: In der fünften Nachmittagsstunde war der Händ ler in der Likörstube erschienen und hatte die Be- kanntschaft eine» Mädchens gemacht, dem er von seinen glänzenden Geschäften erzählte, wcbei er seine Brieftasche mit angeblich über 300 000 Mark vor wies. Wie Kriminalbeamte weiter feststellten, be- auftragte dann das Mädchen die Aufcnärterin der Likörstube, in einer Apotheke für 4000 Mark „M di- zin* zu holen. Der Name stände auf der Flasche. Die Frau besorgte den Auftrag, da» Mädchen nahm die Flasche in Empfang, bestellte mehrere «bittere* Schnäpse und war dann plötzlich verschwunden. In der Toilette fand man eme Flasche, die noch einige Tropfen Opium enthielt und von der fliichtiaen Täterin dort versteckt worden war. Nach spät abends gelang die Festnahme der Täterin. Es handelt sich um die 35 Jahre alte Kontoristin Rosa Gentschow, die auf der Straße febgenommen werden konnte. Sie hat ihrem Opfer anscheinend den größten Teil des Geldes geraubt. Sie wurde noch nachts nach dem Polizeipräsidium gebracht. Verbilligung der Bestattungskosten in Dresden. Die Dresdner Stadtverordneten beschäftigten sich in ihrer letzten Sitzung u. a. mit einem Anträge, der eine Verbilligung der Bestattungskosten bezweckt. Ein Stadtrat versicherte, daß das Destattungsamt unablässig bemüht sei, eine Verbilligung der Be stattungskosten herbeizuführen. Eine wesentliche Verbilligung der Särge könne aber nur durch Der- Wendung anderen Materials als de» teuren Holzes berbeigeführt werden. Bei der gegenwärtigen Finanznot könnten die Mittel für eine kommunale Totenbestattung nicht aufgewendet werden. Erwerbslosenstreife« auf» Land. Ein größerer Trupp Erwerbsloser, darunter auch eine Anzahl Frauen, von Lockwitz und Umgegend zog am Donnerstag nach den Gutshöfen der umliegenden Ortschaften. Von den Einwohnern und Landwirten wurden Lebensmittel unentgeltlich gefordert und zum Teil auch verabreicht, t Einbruch i» eine Kapelle. Au» der Kapelle w Kunnersdors a.d. E. raubten unbekannte Verbrecher nacht» 12 Altarleuchter von hohem Werte. Schwere Explosion in Hirschfrlde. Im staatlichen Kraftwerk Hirsch sei de ereignete sich am Freitag vormittag durch Einschalten eine, nicht intakten Moto"» eine Oelschalterexplosion von verheerender Wirkung. Dem Staat al» Unternehmer erwackO da durch ein Schaden, der in die Hunderte von Millionen geht. Nicht der Letzte! Aus Merseburg wird uns von der Vereinigung ehemaliger Kriegsgefangener mitgeteilt, daß Otto Reuter, der unlängst al- an geblich der letzte Kriegsgefangnee au, Frankreich zurückkehrte, nicht der letzte Kriegsgefangene ist. In französischer Gefangenschaft schmachtet noch ein Merseburger Kind, Otto Hoppe mit Namen, der im Jahre 1916 in französische Gefangenschaft geriet. Die Kciegsgefangenen-Dereinigung in Merseburg hat sich erneut an das Auswärtige Amt nach Berlin ge wandt, damit es energische Schritte zugunsten Hopper in Paris unternehme. Da» Elend der Straßenbahn«». Di« Straßen bahn in Heilbronn stellt wegen Unrentabilität am 15. Februar den Betrieb ein. Eine ganze Familie in d«» Flammen «»gek«- me«. Im Kanton Schwyz in der Nähe vo« Schindelleqi brannte das Haus der Familie Dunser nieder. Die vierköpfige Familie fand den Tod i« den Flammen. Die Ausländer in Sachsen Abnahme -er ansässigen Ausländer Die Ausländerfrage steht heute vietpach im reich der öffentlichen Diskussion. Hierbei muß man sedoch eine streng« Trennungslinie ziehen, nämlich zwischen den Ausländern, die dauernd ihren Wohn sitz hier haben und als Erwerbstätige in Betracht kommen, und solchen, die nur vorübergehend in Deutschland weilen, um in vielen Fällen lediglich den Borteil der besseren Währung ihres Landes auszunuhen. Bon den letzteren soll hier nicht die Red« sein. Gegen sie bäumt sich das Bolksbewuhtsrin auf. Allerdings nicht in allen Kreisen. Wir wissen ja, daß beim Bermieken und in manchen anderen Dingen die Ausländer bevorzugt werden. DeS höheren Gewinnes halber. Das Pharisäertum steht deshalb wirklich manchem sehr schlecht zu Gesicht. Was die hier ansässigen Ausländer betrisfk, so gehört Sachsen zu den Ländern, das bei seinem Grenzcharakler stets eine besonders hohe Zahl sol cher Ausländer autwieS. Die letzte Volkszählung (am 8. Oktober 1919) hat nun überraschenderweise ergeben, daß deren .Zahl stark abgenommen hat. * Die Zeitschrift des Sächsischen Statistischen LandeSamtes macht in dem soeben erschienenen 68. Jahrgangsheste die ersten Mitteilungen hier- über. Danach war in Sackssen die Zahl der im Aus lande Geborenen von 154 570 im Jahre 1907 auf 110 247 im liahre 1919 gesunken. Das bedeutet ein« Abnahme von reichlich 44 000 oder ungefähr 29 Pro zent. Die Zahl der männlichen Ausländer ging dabei von 87 700 auf 57 900 zurück (Abnahme 34 Prozent), die der weiblichen von 66900 auf 52 400 (Abnahme 22 Prozent). Me stärker« Ab nahme der Männer ist zweifellos eine Folge des Krieges. Bon den Ausländern in Sachsen stammten nämlich 80 Prozent auS dem unS benachbarten und im Weltkriege verbündeten Oesterreich. H'er l«t der Krieg bedeutende Lücken gerissen. Wenn auch die Frauen eine Abnahme erlitten hoben, so ist das zum Teil wohl darauf zurückzuNhren, daß so manche nach dem Tode ihres Ernährers wieder in die Heimat zurllckgewanderk sind. Aus dem einstigen Oesterreich waren im Jahre 1007*124 583 Personen gebürtig. Sm J<ch» 1019 waren eS nur noch rund 81 000. Man ersteht hieraus, daß fast der gesamte Verlust an au- lässigen Ausländern auf die früher« Donau monarchie entfällt. Bon den eben erwähnten bl 000 stammten 70 350 aus der Tschechoslowakei. Davon sind mehr als 90 Prozent Deutsch böhmen, denn ungefähr 64 000 haben Deutsch als ihre Muttersprache angegeben, sind als» unsere SkammeSgenössen. Nur etwa 6000 haben Tschechisch (oder Slowakisch) als Muttersprache angegeben. Ferner waren aus dem heuögen Deutschöster reich 4900 gebürtig. auS Ungarn 1250. Nächst Böhmen stellte das heutige Polen de« stärksten Teil der Ausländer, nämlich insgesamt 23 888. Davon stammten 4961^aus dem e'm-nn'men Oesterreich (Galizien), 6810 aus dem ehemalig«» Rußland und 12117 aus den an Polen ab getretenen deutschen Provinzen. (Für welch« Staatsangehörigkeit sich die letzteren erklärt yoben, ist nicht ermittelt. Im Grunde genommen sind es in Deutschland, nicht im Reichsausland Geborenes Aus dem fetzigen Rußland waren gebürtig 12150 Personen. Zu erwähnen ist dabei, daß sich . unter den Russen und Polen 7000 russische Kriegs gefangene befanden, die 1919 noch hier waren ua- mikgezählt wurden. Ferner waren gebürtig aus Großbritan nien 1017, aus Holland 429, ans Belgien 553, aus Frankreich 522 aus Italien 841 (darunter 226 aus dem ehemaligen Oesterreich), aus Dänemark 269, aus Schweden und Norwegen 346, ans Jugoslawien 364, aus Bulgarien nnd d-r Türkei 459. aus den Bereinigten Staaten 932 vsw. Auch diese Länder zeigen sämtlich eine Abnahme gegen früher. Bon einem besorgniserregenden Anschwesten her Ausländer konnte demnach 1919 keine Rede sein, sondern es war ein betvSckt'lche' Rückgang ein getreten. Inwieweit sich die Verhältnisse in zwischen geändert haben, im behänderen hin sichtlich der vorübergehend hier aufhältlichen Aus länder 'ästf sich mangels neuerer Erhebungen nicht beurteilen. Ibsen im Zilin Don Skvlan Sroümsnn Auf dem Theater ist Ibsen verschollen. In Berlin nnd Wien sind in dem letzten Spicljahr keine zwei Ibscndramen zu hören gewesen. Dann und wann gastiert eine Mutterspielcrin als Frau Alving oder ein junger Charakterdarsteller als Oswald. Die „Gespenster* haben bloß fünf Rollen, das erfordert nicht viel Arbeit, so wurde das Schauspiel zu einer A t Nutzgegenstand, und dieser praktischen Theater nützlichkeit verdankt es sein nicht immer beneidns- wcrtes bißchen Dasein auf der Bühne. Für den großen Henrik, für den Problem-Ibsen ist kein Platz mehr im deutschen Spielplan. Weder die h.storis en Dramen, noch die realistisch-moralistischen, noch die symbolischen des Alters locken die Direktoren, die Darsteller und das Publikum, das sich für den großen Grübler nie sehr begeistert hat. Als ich vor acht Jahren in der Dossischen Zeitung zum erstenmal das Wort „Ibsendämmerung* wagte, da fuhr P ul Scklenther, der deutsche Botschafter Ibsens, entrüstet auf. Zwar hatte er selbst als Burgtheoterdirektor nicht allzuviel Ibsen gespielt, aber daß nun ein junger Mensch es wogte, von der Entblätterung und Vergilbung der Ibsenschen Dramen zu reden, das war schlimmer al« Gotteslästerung. Der Ibs n> d"mmernng ist ein Jbscnabend gefolgt, Ibsen ist eine historische Erscheinung geworden, und die Ri^tig'eit seiner kalten Wahrheit, d-ß eine Idee etwa dreißig Jahre lebe, ist an ihm selber erwiesen worden, denn er war ja immer mehr Idee al» Figur, er lebt; von Problemen, weniger von Gestalten. * Nun hat der Film sich an Ibsen herangewagt. Berthold Viertel, einer der vier stärkst-n Regisseure Deutschlands, daneben «in Dichter, hat die „Nora* für« Kino gewinnen wollen. Als ich von dem Plan hörte, erschrak ich, um Viertel» willen. Da» Veste am „Puppenheim* Ibsen» schien mir filmisch nicht ausdrückbar, nämlüh die innere Ent- wicklnng der Nora. Es ist nickt die Aufgabe de» Film«, uns di- Station-n ein-s f-eliscken Prozesse» vorzuführen. Maßt der Film sich an, Psychologie zu treiben, so begibt er sich auf ein Terrain, auf d-m er versagen muß, denn er ist an Leiblichkeit-und Wirk- i lichkrit gebunden, nnd da ihm dos Wort und der I Ton fehlt, fehlt ihm das eigentliche Instrument der geistig-seelischen Verständigung. Gewiß kann er momentelang mit mimischen Mitteln seelische Wir kungen erreichen, aber die Kontinuität des psychisch:« Darstellungsprozcsses ist dem stummen Bildstreifen versagt. Da Viertel alles, was er ergreift, mit tiefstem inneren Ernst anpackt und da er auf -em Theater für diesen hohen Ernst kein Wirkungsfeld mehr finden kann, tat mir sein Fehlgriff leid. Ich muß nun gestehen, dcß die „Nora* ein viel schönerer und wirksamerer Film geworden ist, als ich dachte, und ich glaube, daß das erquickend saubere Werk viele tausend schlichte Menschen ansprechen wird. Viertel hat (der Romanschriftsteller G. Fröschl hat beim Film-Manuskript mitgedichtet) aus d m Problemschauspiel der unverstandenen Frau ein Familiendrama gemacht, in dem nicht geschossen und vergiftet wird, ein gemütvolle» Familien drama, das mit loyalen Mitteln wirken will. Da bei hat der Dichter Berthold Viertel mit seinem Sinn für die häusliche Idylle mitgewirkt. Gleich zu Anfang hat er reizende Variationen des Thmas: „Spielende Mutter* geschaffen. Frau Olga Tsche chow, Viertels Nora, hat die melancholische Schön- heit der russischen Darstellerinnen, sie hat diese Spielerei mit drei Kindern ohne jede kitschige Lustig, k-ut. mtt einer sckönen, sanften Diskretion da^g-sttllt Sehr hübsch gelingt ihr auch das Kindhafte der Nora, ihre Dernaschtheit, ihre heitere Verträumtheit. Diese scharmante kleine Frau hat einmal einen Wechsel gefälscht, und das Drama bestebt darin, daß dieser Schwindel rauskommt. Die Fälschung ge schah natürlich au» Güte, um den kranken Gatte» nach Italien zu bringen. (Die etngefchobensn B'lder mit dem im Bette stöhnenden Kranken sind ,ur mein Gefühl die bedenklichsten, kitsch-nachbarlichen dc» Films.) Nun wir- Nora von dem Wucherer bedrängt. Dieser schmutzige Mensch ist eben au» der Bank ihre« Gatten entlassen worden. Der Wucherer ist ei« Menschenfeind seit seine Frau starb. Aber Frau Linden, Nora» Freundin, versöhnt ihn. Wann? Am Weihnachtsabend. Wie? Indem sie seinen (wildfremden) Kindern nach dem ersten Besuch ein Christbaumchen anzündet und mit ihnen still« Nacht, heilige Nacht empfindet oder stnat. (Hier wird die Viert-lsck- Idylle unerlaubt.) Aber die E-leuchtung de» Christbaumes und de» Gemütes des Wucherer» kommt zu spät. Nora, vom Ballfest (mit einer Tarantella, die Frau Tschechow nicht tanzen kann) heimgekehrt, wird vom entsetzten, moralischen Gatten beschimpft. Eie verläßt das Haus. In dem Film fehlt nur die entschiedene Wendung: Das Hinaus- wachsen der Nora über ihren mittelmäßigen Mann. Es ist das eigentliche Ibscnthema, es ist das »igent- lich nordische Thema. Alle Werke Ibsens bedeuten ein Hinaufschauen zur adeligen Frau. Rebekka West ist größer als Rosmer, Frau Alving ist größer als Oswald, Hilde Mangel steigt höher als Solneß, Nora wächst in eine seelische Atmosphäre hoch über Helmer hinaus. Wer Ibsens Werke verfilmen wollte, mußte diese« Grundmotiv geben. Und git-de das wäre filmisch auszudrücken gewesen. An di-ser eigentlichen Aufgabe ist Viertel vorbeigeaangen. Etz gab ein bürgerliches Familiendrama im'Film. MM sehr schönen Wnterbildern. Mit sehr warv^ Bildern vom häuslichen Glück. Mit ein bisichW Ironie über den korrekten Bureaumenschen Sehr viel hat Viertel am mimischen Ausdruck Mitwirken den gearbeitet. Es ist keine triviale siM dramatik durchgelaufen, kein abgeschmacktes ArmW starren, kein theatralisches Zusammenbrüchen. ssW Geste ist echt, jede seelische Bewegung mit selM erlebter Mimik ausgedrückt. So wurde Ibsen dem Film erobert. Man gab ein Ibsenstück ohne Ibsen. D«4 ethische Vrinzip VeS AgschiSmuS. Aus Nom wird gemeldet: Di« faschistischen Studenten in Neapel beschlossen auf die Meldung hin, Nttti wolle seine Vorlesungen wieder auf nehmen, die» um ieden Pret4 zu verhindern, weil e« dem „ethischen Prinzip" des Faschismus wider sprechen würde. Der Tot« deurrutiert. Daß jemand seine eigene Todesanzeige In der Zeitung findet, ist ein Fall, der gar nicht selten vorkommen soll. Gewöhnlich wird dann erzählt, wie der vorzeitig Nekrologisierte mit Schmunzeln seinen eigenen Nachruf gelesen hat, weil einmal der Grundsatz ve martiu»... (Ueber Tote nur Gute») ihn davor bewahrte, irgend etwas chackteilt- ge» über sich publiziert zu sehen und dann überWtupt, weil «in-m vorzeitig Totgesagt-n gemeinhin ein lon- gere» Leben gewährleistet ist. Nicht ohne Original'tät ist aber die Form, mit der im fernen Westen der Ber einigten Staaten — Anaconda irgendwo in Kolorado heißt die Stadt, aus der die Geschichte der Frank furter Zeitung berichtet wird — ein in die oben ge schilderte Lage versetzter Zeitgenosse zu dem Nachruf, den ihm das dortige Lokalblättchen gewidmet hatte, eine preßgesetzliche Berichtigung schrieb. Der Bries, in dem er das tat, lautete: „Mein Herr, ich erlaub« mir Ihre Aufmerksamkeit auf einige Irrtümer zu lenken, die Ihnen in dem meiner Person gewidmeten Nekrolog unterlaufen sind. Ich bin in Washington, nick^inWheeling geboren, und daß ich mich seinerzeit und Diktualienhandel zurückzog, war WE» Krnnkheitsgründe veranlaßt, sonder« schleckte Zeiten. Die Ursache meines M^QWächt Lungenentzündung.* Der Tote also weder seinen Humor noch sein Leb«, * veranNEe« am 1« NKSrnar im K««f- ItHWMtttzma'iaen dumoiIMs<^»en -N»env aut Mjpmkelnageineuen Programm. und die VSrse M so lang er strebt.* Me Schwachen mächtig.' — — e. und »t der Welt.' — — Der Mklflich hohen Werke.* — — Di« „ErMM es, um es zu besitzen.* - — Da» Pfund Sterling. „Me schnellen Herrscher sind'», die kur, regiere«.' Die Filmaktien. „Seid umschlungen, Million««.* — — D r« große Börsentag. „Der Wahn ist kurz, die Reu' ist lang.* Der Schlager! „Denn was man schwarz auf weiß besitzt.* — — Da« Bezugsrecht. „Holder Glaube, süße Einfalt.' — — Dee Glaube an die Stabilisierung. „Gegen Dummheit kämpfen Götter selbst ver gebens.' — — Das spekulierende Publi kum. . ktsik.
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