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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.04.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-04-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192404013
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- Saxonica
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- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
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Jahr
1924
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Monat
1924-04
- Tag 1924-04-01
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Monat
1924-04
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Jahr
1924
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Liftorenbündel und Wahl«« Bon einem römisch«» Mitarbeiter No«, Ende März. Am ersten Sonntag im April wird der brave Mann auf der Apenniuenhalbinfel den tapferen Schrtti zur Urne um. Aber heute schon ist da» neue Parlament gewählt, zeigt cs sich in seine.- glanzvollen Mehrheil dem Polle. Man braucht weder ein Prophet noch der Sohn eine» Propheten zu sein, um die Beruseruen mit Namen zu nennen und photographieren zu tönnen, wo» denn auch reichlich geschieht. Die neue Kammer ist di« Verkörperung des vierten Italien, wie da» faschistische von Mussolini» „Pent- nrchie" mit Stolz genannt wird, eine Dolksvertrc- lung aus schlachtenbewährten Kriegern, ein Sol» datenparlament. Zweihundert Front- 'Lmpscr werden darin den begeisterten Tribünen ihr« Medaillen und ihr« Wunden -eigen, 80 Kriegs, verstümmelte über Leid und Graus hinweg die un erschütterliche Treu« zum Vaterland bctunden, Kriegsfreiwillige den Opfergedanken hochhalten, lieber alles die Nation! So wollte Mussolini die .Besten der Nation" verstanden wissen, so schmiedete drr Sohn de» einfachen Vauernschmiedes den Griff zu sc.nem diktatorischen Schwert. Keiner l>Ltte weniger Recht als die Oppo sition, dem starken Mann Italiens, der seine eigene Kandidatur gleichzeitig in Mailand und Neapel ansstellte, um die Aussöhnung zwischen Nord und Süd zu versinnbildlichen, die Verwendung des Rutenbündels vorzuwerfen, das drohend die nativ- nale Liste schmückt. Denn wie kam es zu dem neuen Wahlgesetz, das der regierenden Panel, also dem Faschismus, von vornherein di« Zweidrittelmehrheit sicherte? Als der .Pedell" Mussolini an der Spitze seiner zwar kriegsmäßig formierten, aber nur mit Knüppeln bewaffneten Schwarzhemden siegreich in ter Hauptstadt eingerückt war, stellte er das alt- gewordene Parlament vor di« Existenzfrage und v!e Volksvertreter versprachen, alles zu unterschreiben, wrs ihnen der Diktator vorzulegeu geruhe. So er- hielt er aus legalem Wege — und' hier zeigten sich zum ersten Mal seine diplomatischen Fähig- reiten nach den draufgängerischen — unumschränkt« Vcllmachten und an Stelle der bisherigen Verhält niswahl ein Wahlsystem, wie er cs sich wünschte. Nun erntet der Ueberlegene, was er im Vertrauen auf den engstirnigen Egoismus und den Krämergeist verkalkter Parlamentarier das ancien rögime säen ließ. Von den 37S Minnern der nationalen List« gehörten nur 106 dem Parlament der ver gangenen 26. Legislaturperiode an und 15 mögen noch aus Vorkriegszeiten stammen, di« übrigen aber sind Iungmannschast. Also innerhalb der nationa- len Zweidrittelmehrheit wieder ein« Zweidrittel. Mehrheit von parlamentarischen Laien. Bezeich- uend für die agitatorische Jurisprudenz tn romani schen Ländern, daß man allem auf der Regicrungs- liste 136 Advokaten zählen kann, dreimal so viel wie Journalisten und Schriftsteller. Die Professoren stellen 41, Ingenieure, Aerzte und sonstige Akade miker, Doktordiplome 47 Mann. Sämtliche Kandi daten des aufrecht stehenden Liktorenbündels, dos heißt der Regierungsliste, und des römischen Adlers auf dem liegenden Liktorenbündel, der nationalen Ni! benlistc, in die di« formell nicht rein-faschisti' schen Namen ausgenommen wurden, also die so- genannten Liberalen, sind als gewählt zu betrachten: an der faschistischen Kammer ist nicht mehr zu zwei feln. Es wär« demnach Uebertreibung, von einem Wahlkampf zu sprechen. Wenn sich trotzdem di« Mauern der ewigen Stadt mit Plakaten bedecken, auf denen man Kommunisten Kindern die Hände abschneidon und Priester vor v«m Altor abschießen, die Lira unter der roten Herrschaft stürzen und unter dem Liktorenbündel klettern sieht und da» frühere italienische Mauerblümchen als um- schuxirmte Größe auf internationalen Konferenzen erblickt, so entspringt diese Propaganda weniger einem Bedürfnis, als dem Bestreben der Regierung, ihr Wohlprivilegium moralisch zu rechtfer- tigen. Die Gegner behelfen sich mit jenen mehr deutlichen als wirksamen Wandbeschmierunegn, wir sie schon im alten Rom Sitte waren und noch heitigentogs in Pompeji zu sehen sind. Ursprung- lich hatten sie di« Absicht, sich überhaupt nicht zur Schlacht zu stellen, womit der machtvoll geschlossene Aufmarsch der Faschisten zu einem fürchterlichen Lufthieb verpufft wär«. Dann aber befiel die Herren Sachwalter der sozialistischen Volks- Meinung bei dem Gedanken an die einträglichen Ab- qeordnctensessel di« Angst vor der eigenen Courage und sie beschlossen, sich mit verdoppelter Kraft um die Brosamen, di« vom Tische der Faschisten abftcren, zu raufen. Di« Klerikalen (Popolari) drängle es auch Ihrer gereizten Stimmung nachzugeben, und schließlich kam es so weit, daß einzelne Politiker be sondere Listen für sich und ihre Intimen aufstcllten, so daß man bald 1354 Kandidaten für insgesamt 535 Sitze zu verzeichnen und 22 Parteien zu unter scheiden hatte. Da» heißt: di« Unterscheidung fällt etwas schwer und daher verfiel man auf die niedliche Idee, die 22 Listen zu illustrieren. Je em Bild für ein« Partei. In diesem nur für reifer« Knaben gedachten Bilderbuch — denn in Italien haben die Flor- strümpfe nicht» zu suchen im Rat« der Vlänner — gibt es allerhand schöne Ding« zu schen: sitzende und »liegende Adler, strahlende und schwarze Sterne, die aufrechte und die umgedreht« Trikolore, ein.» feuerspeienden Berg, Schaufel, Sichel und Hammer, bald allein, bald gekreuzt über einem Buch, di« Weg: der Gerechtigkeit, die Fackel der Freiheit, die Libcrtt im Sonnenaufgang und die Libcrtä im lothringischen Kreuz, ein« weibliche Statuette, Pferd, Blume und Taschenuhr. Giolitti hat seine besonder« Liste, auf einer anderen steht der Nam« Donomi, für Nitti, der nichts mehr von Politik wissen will, zeichnet der frühere Kolonial minister Amendola usw. Allein die Verfassung»- mäßige Opposition ist wieder in drei Fraktionen unter besonderen Bildern gespalten. Und wenn man die Herren hört, find st« samt und sonder« weit ent- fernt von persönlichem Ehrgeiz, sie stellen auch ihre Familienwappen, zum Beispiel einen Bogenschützen im Boot, oder ihre Stande»inttr«ssen, wie die durch Aehven vertretenen Bauern, nur in den Dienst des Paterlande». Einen leibhaftigen Kommunisten im heutige« Italien aufzütreiben, gelingt einem Fremde« sicherlich nicht so leicht, wie einen Apoll «us-ugraben, ober in dem Bilderbuch ist di« .Partei" j vertreten. Dagegen vermißt man jeden Hinweis darauf, daß es einmal südlich de« Brenner» deut- sch«s Land gab. Drei von den bisherigen «ner Tiroler Abgeordneten, die ja nicht einmal der. Namen ihrer Heimat im Munde führen dürfen, sondern sich als Vertreter des «Alto Adige" (Ober etsch) bezeichnen müssen, hoben, des aussichtslos:» Kampfe» müde, ihr« Kandidatur nicht erneuert, und der vierte übersetzt« in einer Wahlversammlung die Rede eines Faschisten den braven Nachkommen Andeas Hofer» sofort ins Deutsche, mit der Er klärung, daß st« auch für di« national« Liste d«r Faschisten stimmen könnten. Nlehr — so schrieb dazu ein römisches Blatt — kann man von einem Panger- nanisten doch wirklich nicht verlangen! So ist der überwältigende Ei«g der Schwarz hemden tatsächlich unbestritten, di« geduldet« Oppo- sition nur geeignet, seinen Glanz zu heben. Un umschränkter Herrscher, hätte Mussolini auch bisher schon nach Gutdünken schalten und walten können wie irgendein Tyrann am alten Rom, wenn ihm seine überragende Allheit nicht von An- fang an verboten hatte, das echt italienische Wort» lein strsvincere: .übersiegen", .den Sieg über- spannen", in die Praxis zu übersetzen. Nun aber drückt ihm das neue Parlament sogar die demokra tische Waffe der Mehrheit in di« Hand. 6. V7. k. Deutschland und der Völkerbund Loodo», 31. März. (Lig. Tel.) Du „Observer" legt in einem Artikel seine» diplo matischen Berichterstatters die Gründe dar, die da- für sprechen, daß Deutschland Schritte unter- nehmen wird, um den Völkerbund beizu- treten. Das Platt schreibt, wen» die nächsten Monate vorübergehen, ohne daß Berlin einen Schritt in dieser Frage unternimmt, besteht di« Gefahr, daß Poincard etwa folgendes zu Macdonald sagen könnte: „Ihr Vorschlag, die Sicherung Frankreichs durch den Völkerbund zu garantiere», dem Deutschland angehört, ist unausführbar, weil Deutschland sich geweigert hat, dem Völkerbund beizutreten, und dadurch den Beweis lieefrt, daß es bösen Willens ist." Es sei aber ein Meinungsaustausch zwischen Berlin und London im Gange über di« Aussichten eines deutschen Antrages auf Eintritt in den Völkerbund und ebenso zwischen Paris und London, ob Frankreich bereit sein könnte, einigen der Bedingungen zu zustimmen, die Deutschland erfüllt sehen möchte, bevor es in den Völkerbund eintritt. Das englische Blatt meint, daß Poincorä nicht bereit sein werd«, Deutschland von vornherein dauernden Sitz im Völker bunds rate zuzugestehen, weist aber darauf hin, daß man von französischer Seite, besonders im „Temps", darauf aufmerksam gemacht hat, daß ein« Lösung ge funden werden könnte, die praktisch für Deutschland denselben Wert hätt>- Oer verlogene französische AnnexioniSuruS Pari», 31. März. (E i g. Tel.) Lus Brüssel wird gemeldet, daß General Mangin dem Ver treter der „Nation Bclgc" gegenüber Erklärungen ab- abgegeben habe, au» denen hervorgehe, daß er die Bildung einer Rheinischen Republik al« für di« Sicherheir Frankreichs und Belgiens un erläßlich betrachte. Obne eine Rheinische Republik würden Frankreich und Belgien genötigt sein, gemeinsam nach Mitteln zu suchen, die geeignet wären, die germanische Händelsucht niederzuhalten, da sonst der Revanchegeist in Deutschland andauern würde. Bei Bildung einer Rheinischen Republik würde Preußen den Besitz der großen Fabriken ein- büßen, die es mit Waffen versorgten. General Mangin führte weiter aus, daß man, vernunftgemäß gesehen, von Deutschland für viele Jahre nichts zu befürchten habe, daß ober Vernunft und Deutschland zweierlei seien. Man könne sich auf die Deutschen nicht verlassen und müsse sich daher aus alles vorbereiten. Wechsel in der Gaarvertretung Frankfurt a. M., 31. März. (Eig. Tel.) Als Nachfolger des zum Mitglied der Regierung»- kommission ernannten Präsidenten des saarländischen Lundratrs, Koßmann, ist das bisherige Mitglied de» Präsidiums, der Redakteur Scheuer (St. Ing bert) in Aussicht genommen. Damit wird einer Forderung der politischen Parteien des Saargebietes Rechnung getragen, die bei der Ernennung Koß- manns zum Vorsitzenden de» Landesrates dagegen protestiert hatten, daß dieses Amt an einen von der Regierung abhängigen Beamten und nicht an ein Mitglied des Landcsrate» vergebe» werde. Die junge griechische Republik Athen, 31. März. (Eig. Te l.) Von französischer amtlicher Stelle wird mitgeteilt, daß die Firma Schneider-Creusot sich bereit erklärt habe, GriechenlaiK» einen Kredit bis zu 220 Millionen Franken zu eröffnen, damit Griechenland Kriegs schiffe auf französischen Wersten erbauen könne. General Mctaxas, aus den die Weigerung des - Königs, abzudanken, zurückgeführt wird und dem Ministerpräsident Papancstasiu die persönliche Sicherheit gewährleistete, obwohl vom Kriegsgericht gegen ihn ein Todesurteil gefällt worden ist, wird für Sonnabend im Piräus erwartet. Damvotsos, der wtzbrcnd der Abwesenheit des Generals die i Metaxastische Partei vertrat und als Germanophile bekannt ist, veröffentlicht eine Erklärung, in der er sagte, daß. wenn der König tatsächlich im Lande von nur 40 Prozent de« Volkes gehaßt würde, jeder mann zugcben müsse, daß seine Rückkehr nach Griechenland unmöglich geworden sei. Diese Er- klärung von einem der bekanntesten Royalisten, vor der Volksabstimmung veröffentlicht, erregt großes Aufsehen. Der beffarabische Zankapfel Moskau, 30. Mär». Der Bevollmächtigte de» Kommissariat» der au»wärtigen Angelegenheiten für die Ukraine, Schlichter, hat üb«r die Brr- Handlung mit Rumänien der „I»westija" zufolge beschlossen, die Sowjctregierung besteh« auf einem Plebiszit in Bessarabien nach vorheriger Räumung te» Landes durch di« rumänischen Okkupotion«tr uppen und die Regierungsbehörden. Linen neuen Abbruch der Verhandlungen mit Rumänien werde die Sowjetregierung mit noch größerer Ruhe hinnehmen al» da» Scheitern früherer Verständigung»« rsuche. Deutschnationaler Parteitag -auchurg, 31. März. (Lig. Tel.) Der außer- ordentlich« Dsutschnationalc Parteitag wurde am Sonntgg in Friedrichsruh bei Hamburg mit einer Bismarckfeier der deutschnationalen Jugend er- öffnet. Die Feier gab einen kleinen Vorgeschmack von dem, was man von diesem Parteitag »u erwarten hat. Fürst Otto von Bismarck begrüßte die er schienenen Abordnungen mit ihren Fahnen und sprach die Hoffnung au», daß bald eine starke national« Negierung kommen werde. Der Führer der deutsch- nationalen Iug«nd, Sieveking, entgegnete darauf mit einem Treugelöbni», nicht eher zu ruhen und zu raste», bevor nicht die Farben Schwarzweißrot wieder unangefochten von den Alpen bis zur Königsau und von der Memel bis zum Wasgenwald über ein kaiserliches Deutschland wehen werden. .Schwarz- weißrot," so fuhr der Redner fort, »sind die Farben, die uns Bismarck gebracht hat, für die es zu leben und zu sterben lohnt. Darüber wollen wir uns klar sein, daß diese Farben nur mit Blut und Eisen wieder zu Ehren gebracht werden können in deutschen Landen. Die Politik der deutschen Republik von Scheidcmann über Wirth bi» Stresemann hat nur einen klar erkennbaren Grundsatz gehabt und der lautete: „Wir deutschen Republikaner fürchten Frank- reich und auch sonst alles auf der Welt." Demgegen- über muß der Bismarcksche Geist sich wieder durch setzen und sein Wort muß Richtschnur werden: „Wir Deutschen fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt!" Oie tolerante Republik Breslau, 31. März. (Lig. Tel.) Während die mecklenburgische Regierung damit beginnt, die parteipolitisch anders als sie selber eingestellten Beamten wie den Oberst Lange aus dem Dienste zu entlassen, während auch das deutschnationale Parteiprogramm deutlich die Absicht hervor treten läßt, alle in der Nachkriegszeit angestellten Be- amten von nicht unbedingt reaktionärer Gesinnung abzubauen, sind soeben durch die preußische Re gierung hier zwei sehr merkwürdige Beförderun gen ausgesprochen worden: In Liegnitz wurde Ober regierungsrat Negenborn zum Regierungs- direktor und der Oberregierungsrat Bossart zum stellvertretenden Regierungspräsidenten er- nannt. Negenborn ist deutschnationaler Abgeordne ter und hat in seiner Eigenschaft als Dorstandsmit- glied der Deutschnationalcn Dolkspartei unlängst in einer Wahlversammlung außerordentlich scharfe Worte gegen die „jüdische Sozialdemokratie" qe- braucht, mlt der ein Zusammengehen unmöglich sei. Ebenso ist. Oberregierungsrat Bossart ein einseitig reaktionär eingestellter Beamter, dessen Amtstätigkeit als stellvertretender Regierungspräsident es vor allem zu danken ist, daß der „Stahlhelm" und ahn- liche Verbände im Liegnitzer Bezirk einen ungcheü- ren Aufschwung nehmen konnten. Die Teilnahme der sozialdemokratischen Minister an der preußischen Regierung scheint für diese Herren also jedenfalls kein Grund» zu sein, die von der Regierung aus- gesprochene Beförderung abzulehnen! Völkische Radauszenen in Plauen Plaue» i. V., 31. März. Vor dem Kaffeehaus Tröm«l kam es gestern zu völkischen Kund gebungen. Die Ursache dazu war die Sistierung von 90 Teilnehmern an dem am Sonnabend in Adorf abgehaltenen „Deutschen Abend". Die Teil nehmer an diesem Deutschen Abend sind in Freilast kraftwagen, auf denen sich eine Musikkapelle befand, von Adorf nach Plauen gefahren und hielten am Kaffeehaus Trömel. Das Fahren der Wagen durch di« ein-elnen Straßen erregte Aufsehen, da dir Musikkapelle die bekannten völkischen Weisen spielte. Im Kaffoehaus Trömel konzertierte di« Kapelle weiter. Plötzlich hieß es, daß das Lokal von emer großen Anzahl von Polizeibcamten umstellt sei, und kurz darauf wurden die Teilnehmer, sämtlich aus Hof, aufgefordert, mit zur Wache zu kommen. Die Abfahrt dorthin erfolgte unter fortgesetzten Heil- rufen der auf der Straße Versammelten auf zwei Polizei-Lastkraftwagen. Nach Feststellung der Per sonalien wurden die Verhafteten wieder entlassen. Das Polizeiamt hat über die Angelegenhüit Bericht nach Dresden gegeben, und um Entscheidung dar über ersucht, ob cs sich um einen unter die Verordnung vom 28. Februar fallenden Umzug handle. Sine Komödie München, 31 März. Wie verlautet, ist das Der- bot der „ G r oß de ut s ch e n Z e it ung " , das bi« zum 4. April gelten sollte, aus die Beschwerde des Blattes hin wieder ausgehoben worden. Dagegen bleibt das Verbot der „Deutschen Presse" bestehen. M München, 31. März. (Lig. Tel.) Zur Ver- Hinderung von Ruhestörungen aus Anlaß der Ur* teilsverkündung im Hitlerprozeß werden Reichs- wehr und Polizei in A l a r m b e r e t s ch a ft sein. Auswärtige Verstärkungen sind nicht heran gezogen worden. Es wird von Seiten der Behörden versichert, daß mit der wünschenswerten Energie gegen alle Versuche der Störung von Ruhe und Ordnung vorgegangen werde. Demokratisch« Reichstagskandidaten Zwickau, 31. März. (Lig. Tel.) Auf dem gestern abgehaltenen Kreisparteitag der Deutschen Demokratischen Partei für den 33. Wahlkreis (Chemnitz—Zwickau—Plauen) wurden zur Reichstagswahl folgende Kandidaten ausgestellt: 1. Landgerichtsdirektor Alfred Brodaus-Chemnitz, 2. Fabrikant Dr. D e m m e r i n g-Glauchau, diese beide einstimmig, 3. Städtischer Angestellter Guido Wagner-Chemnitz, 4. Hausfrau Ida Schreyer- Annaberg, Vorsitzende im Reichsverband deutscher Kriegsbeschädigter und Kriegshinterbliebener. Dresde», 31. März. (Lig. Tel.) Die demo kratischen Kandidaten für Ostsachsen für die Reich,tag»wahlliste sind nun endgültig festgesetzt: 1. Dr. Külz, Bürgermeister in Dresden, 2. Ministerialdirektor Dr. Dehne in Dresden, S. Fabrikbesitzer Aütter-Awickau und 4. Frau Elisabeth Müller- Dresden Vartel Rr. 26 VtUttze», SS. März. Wie in politischen Kreisen verlautet, haben d»e radikalen Wenden dl« Absicht, zur kommenden R«ich»tag»wahl al» Lau» sitzer Volkspartei eine eigen« List« auf- zustellen, analog dem Vorgehen der Polen, Walfen, Dänen u. a. Die Lausitzer Volk»part»i ist bereit» bei der letzten Reichstagswahl mit einer besonderen List« hervorgetreten, wa» allerdings mit einem klägliche» Fiasko endet«, da sie nicht einen einzigen Kandidaten durchbringen konnte. Die -«mäßig- ten wendischen Kreise werden die Liste der Deutschnationalen unterstützen, für di« sie an aussichtsreicher Stelle zwei Wenden in Vorschlag bringen. Bei den Wahlen zum sächsischen Landtag haben die Wenden auf eine eigene Liste verzichtet, weil die Zahl ihrer Wähler in Sachsen gering ist. Bei den Reichstagswahlen hoffen sie offenbar auf Zuzug aus d«» preußischen La""^ Deutschland in der Weltwirtschaft In der „Deutschen Weltwirtschaft lichen Gesellschaft" in Berlin sprach dieser Tag« Professor Dr. Kurt Wiedenfeld von der Universität Leipzig über das Thema: „Deutsch- land und die Weltwirtschaft." Der Vortrag bewegte sich aus folgender Gebankenttnie: Deutschlands Ver hältnis zur Wirtschaft der übrigen Welt hat sich durch den Krieg und seine Folgen in wesent- lichen Zügen verändert. Die Umwälzung acht vom Quantitativen aus, das heißt: Die Abtrennung großer Stücke vom Deutschen Reiche bedeutet, daß wir einen beträchtlichen Teil von Nahrungsmitteln und industriellen Rohstoffen jetzt aus dem internattonalen Wettbewerb hereinholen müssen. Die Einkaufsbedingungen sind also erheb lich verschlechtert worden. Wesentliche Einschrän kungen der Einfuhr vorzunehmen geht nicht an, denn di« Fernhaltung ausländischer Gcnußmittel würde die fremden Märkte für unsere Produktion teilweise schließen. Der Ausgleich unserer Handelsbilanz muß aus der Ausfuhr feite herbeigeführt werden. Zwar ist uns auch dies ersckpvert, da das Ausland selbst während des Krieges mannigfache Industrie zweige aufgebaut hat, die jetzt den Bedarf ihres Landes selber decken, aber die Entwicklung greift ins Qualitative hinüber und ist schließlich gerade qualitativ von besonderer Bedeutung. Für uns gilt es, gerade diejenigen Zweige unserer Fabrikation besonders zu betonen, in denen die gelernte Feinarbeit vorherrscht. Dazu kommt die Preis- frage. Die Selbstkostenausstellung zeigt heute viel- fach noch allzuviel Aehnlichkcit mit der aus der Zeit der Inflation und der früheren Friedenszeit. Bor allem aber fordert die Ausnutzung der Maschinerie eine Steigerung der Produktton gerade auch vom Inlandsabsatz aus. Diese Steigerung ist ober unmöglich, solange sich das Einkommen breitester Schichten unseres Volkes unmittelbar am Existenz- Minimum und darunter hält. Eine Verbilligung der Produktion ist nur durch eine Erhöhungder Löhne der gelernten Arbeiter zu er- reichen, weil eine solche die Absatzmöglichkeiten so erweitert, wie es zur Kostensenkung erforderlich ist. Da wir eine heimische Rohstossacwinnung nur noch ausnahmsweise zu schützen haben, so werden industrielle Schutzzölle nur eine ziemlich geringe Rolle spielen dürfen. Die Getreidezölls haben eben falls in der Gegenwart nicht mehr die Bedeutung, die sie in der Acra Eaprivi besessen haben, »veil sie aus einem Gegenstand innerpolittschcr Auseinander setzung »u einer rein wirtschaftlichen Frage aeworden sind. Dagegen wird der Kamvf zwischen der Schwerindustrie und der F e i n i n d u str i e mit erhebficher Schärfe geführt werden, und es ist notwendig, daß die Feinindustrie stch tms Schwer gewicht erzwinat, wenn sie ihr Interesse an un gehinderter Ausstibr gewahrt sehen will. Die Gesundung der italienischen Finanzen Frankfurt a. M., 31. März. (Lig. Tel.) lieber die Finanzen Italiens wird au« Rom gemeldet: Gerade eine Woche vor dem Wahltage hielt gestern der Finanzminister de Etefani im Mailander Scala-Theater unter besonderen Feierlichkeiten eine Rede, der er ein Finanzexposc gab mit der Ankün- digung, daß der Staatshaushalt nunmehr das Gleichgewicht erreicht habe und für die künf- tigen Budgetjahre in dieser Lage bleiben werde, ob- wohl noch im vergangenen Mai ein Fehlbetrag von 1187 Millionen veranschlagt gewesen sei.. Dieser Erfolg beruhe auf der Verbreiterung der Steuern und der Zunahme der dauernden Staatseinnahmen, ferner auf der Innehaltung der veranschlagten Aus- gaben, auf einem Verschwinden der Passivsaldi, der Vereinfachung der Arbeitsverwaltung und der Balancierung der Staatsbetriebe. Die Wirkung der gebessert«» Finanzen zeige sich auch bei der schweben, den Schuld, die bereits um 1 Milliarde — durch Tilgung von Schatzscheinen — habe herabgesetzt wer- den können. Unter der Vorarlssetzung, daß-neue Schulden und neue Fehlbeträge vermieden würden, stellte der Finanzminister Steuererleichte, rungen in Aussicht. Die Zahlungsbilanz sei bereit« aktiv und noch in fortschreitender Besserung begriffen, so daß Italien 1923 imstande gewesen sei, seine Auslandsschulden zu vermindern und größere Kapitalien im Auslande anzulegen, als da» Ausland seinerseits in Italien. Oie Lohnbewegung in Hannover Haunover, 31. März. (Lig. T«l.) Zur Still- legung der „Continental»» Coutchouc und Guta- perchoCompagnie" ist noch zu berichten, daß e» am vergangenen Sonnabend in den Werken zu neuen Unruhen und Unbotmäßigkeiten der Arbeiter schaft kam. Die Leitung sah stch infolgedessen veran- laßt, den Betrieb still zu leg«n und die Arbeiter einschließlich der Werkmeister und Vorarbeiter heute zu entlassen, wovon 11500 Personen betrostrn werden. Das kaufmännische Personal fällt nicht untre diese Maßnahmen. Bei der außerordentlichcn Verschärfung der Situation muß jedoch damit ge rechnet werden, daß sich d«r Streik auf länger« Zeit erstreckt. Line Stockung in der Belieferung der Kon- sumenten ist für viele Wochen nicht zu befürchten, weil in den Monaten November, Dezember und Januar voll auf Lager -«arbeitet worden ist, um die Arbeiterschaft durch den Winter »u bringen. Die Streikbewegung geht von nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitern au« und wird von den Gewerkschaften aus Erkenntnis der schwere» Folgen verurteilt.
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