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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.02.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192302096
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230209
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230209
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-02
- Tag 1923-02-09
-
Monat
1923-02
-
Jahr
1923
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Sstte 2 «r. » I-elprlger ^Lgedlstt uoü »ruräelsreltuag Rechtsbruch legt die deutsche Regierung Verwahrung ein." Wegen der Mitwirkung der Interalliierten Rheinlandkommission sind entsprechend« Darstellungen auch bei der englischen und der belgisch« Regierung erhoben worden. Lin Fragebogen über bie Ruhraktton für poinearL «tgeuerDrstzirertchtdeS »rtpztgerTagedlstt«» Paris, «. Februar. Zn der Kommission für auswärtige Angelegen heiten der französischen Kammer berichtete gestern der frühere Ministerpräsident George Leygue», der von seinen Kollegen beauftragt worden war, Poincarö über die allgemeine Lage zu befragen ins besondere über die Verhandlungen von Lausanne und die Ereignisse im Ruhrgebiet, sowie über die Zwischenfälle von Memel. An den Verlebt schloß sich, wie die Blätter mitteilen, eine lebhafte und lange Aussprache, an der sich Tardieu, Driand, Det- terlö, Mandel, Neynaud und andere Abgeordnete be- teiligten. Im Anschluß an diese Aussprache beauf tragte die Kommission Leygue», Ministerpräsident Poincarö aufzufordern, möglichst bald vor der Kommission zu erscheinen. Briand schlug vor, durch eine Unterkommisston von drei Mitgliedern einen Fragebogen aufstellen zu lassen, der Poincarö unterbreitet werden soll. Auf diese Weise soll der Ministerpräsident die Möglichkeit haben, auf die vorgelegtcn Fragen genauere Antwort zu geben, und zwar entweder schriftlich oder münd- lich. Der Vorschlag Briands wurde gleichfalls gut geheißen. Sanktionsandrohung gegen Ministerrelsen oioenerDrahtderichtdci» Leipziger Tageblattes Paris, 8. Februar Das Ministerium des Acußcrn führt in einer Mitteilung über die Reise des Reichskanzlers in dos Ruhrgebiet aus, daß nach den Bestimmungen, die auf dem linken Rheinufcr immer noch in Kraft seien, den Reichsministcrn der Zutritt zum besetzten Gebiet nicht verboten sei und daß sie nur verpflichtet seien, dort die Vorschriften der Rheinlandkommission zu beachten. Jetzt habe man auf Grund der Haltung des Kanzlers im Ruhrgebiet und die T tigkcit, die er dort auszuüben versucht habe, die nötigen Maß- nahmen getroffen, damit ähnliches nicht mehr ein treten und erforderlichenfalls Sanktionen ange- wendct werden könnten. Die Ernährungslage im Ruhrgebiet Drahtdcrtch« unserer Berliner SchrtftlrNunA Berlin, 8. Februar. Zn der heutigen Sitzung des Haushaltausschusses des Reichstages erstattete Reichscrnahrungsnünister Dr. Luther Bericht über die Ernährungslage im Ruhrgebiet. Er erkl. rte, daß die Lebensmittel beförderung ins besetzte Gebiet durch Lastkraftwagen erfolgen würde, falls die Franzosen die Lebensmittel zufuhr mittels Eisenbahn verhindern sollten. Im all gemeinen sei die Ernährung der Ruhrbevölrerung gesichert, doch herrsche große Milchknapphcit im besetzten Gebiet. Es sei aber Vorsorge getroffen, »M durch Einführung holländischer Milch und Trocken milch der notleidenden Bevölkerung zu helfen. Nach kurzen Erklärungen des Staatssekretärs Hamm versicherte Reichswirtschaftsministev Dr. Becker, daß der Kampf gegen den Wucher nunmehr von der Polizei und den Gerichten mit aller Energie geführt werden würde. Er habe in der vorigen Woche im besetzten Gebiet mit Vertretern der verschiedenen Bcrussgruppen Besprechungen ge habt, die sehr gute Ergebnisse gezeitigt hätten. Neichsfinanzministcr Dr. Hermes hielt dann eine besonders von den Linksparteien sehr beifällig ausgenommen« Rede, in der er betonte, daß unbe dingt energische Maßnahmen getroffen werden müßten, um die Rcichsfinanzcn in Ordnung zu bringen. Er unterstützte die Steucrforderungen der Lins Lanze für „Raffke" Bon ^osvptt Kolk Der Sohn dieser Zeit ist Raffke, der Drohe, der Ahnherr kommender sÄ-e'.sHe.scchIecht«r, Kem Raubritter, wie sein Vorgänger in den Jahrhun derten des Schwerts, sondern ein Raff-Ritter in dem Jahrhundert des Merkantilismus. Er kommt aus kleinen Verhältni-ffon in große Paläste,' ier vernichtet die Degenerierten, gibt Tadeskan-l-aten den Gnadenstoß, zertritt die Armen und Schwachen, die auf den Wegen seines Trium phes liegen. Er besitzt keine geistigen Talente, aber den klugen Instinkt der Raubtiere, und was bei ihm Schlauheit" scheint, ist Diktat des Bluts, nicht Funktion des Gehirns. Sein« Erfolge verdankt er seinen unverbrauchten Sinnen, seinem Hunger nach Macht, der starken, primitiven Unbedenklichkeit, die Hindernisse >m Taumel nimmt, die j«der Widerstand berauscht, der das Ausmaß einer feindlichen Gegen strömung »unbekannt bleibt. Raffke, der Große, lxtt nicht die Fähigkeit, seinen Widerpart abzu schätzen und infolgedessen keine Furcht, den Kampf aufzunehmen. Er lebt, wie das wild« Tier, in einem steten unaufhörlichen Rausch, den das eigene Blut verursacht. Sein« große Kraft macht ihn blind, wie uns ander« eine große Leidenschaft. Raffk« kennt zu sehr sein« eigene Stärk«, er überschätzt ste so, daß er ein« fremde nicht anerkennt. Er besitzt nicht die Eigenschaft der „Objektivität", die Tugend der geistigen Menschen. Der verfeinert« Organismus schätzt ab, versetzt sich sogar in die Lag« d«s Gegners, «h« er in den Kampf tritt. Raffke, der Robuste, kann nicht adschähen, noch weniger sich in fremde Wesenheit hin«indenk«n. Di« Blöße deS Gegners weist ihm -er Instinkt, die Vorteil« der feindlichen Gewalt überwindet er aus Ignoranz. Di« hervorragende Eigenschaft -eS ver feinerten Menschen ist seine Fähigkeit zu zweifeln — das ist die Voraussetzung s«in«r Furcht, seiner Unsicherheit, zugleich auch seüner U«hett«genhe^ Raffke, der Große, aber zweifett nicht. Man legt Raffke jerve Aussprüche in -en Mun-, die von den Lippen der berühmten „Frau Pollack" fließen. DaS ist ein« verlogen« Charakterisierung und «ine Verwischung der Grenze, die Raffke vom Neuer Konflikt im Orient Ein Zwischenfall in Smyrna EtGeuer Dratztkertchides Lett>»tgerrage»tstte» Konstantinopel, 8. Februar. Der türkische Somnranvanl von Smyrna hat den Befehlshabern der alli ierten Krie-Sschiffe mitgeteilt, dass alte Schiffe mit über 1VV0 Tonnen Wasser verdrängung Smyrna im Lause des 7. Februar zu verlasse« hätten. Falls die Kriegsschiffe de« türkische« Be fehl, Smyrna r« verlasse«, nicht nach kämen, würde ihre Abfahrt erzwungen werden. Der französtfche Konsul hat dar auf um die Erlaubnis ersucht, die franzö sische Kolonie von Smyrna an Bord eines französischen Kreuzers einfchiffen zu lasten. Gleich nach dem Bekanntwerde« dieses Befehls haben die alliierten Lberkommif- sare in Konstantinopel eine Kollektiv note überreicht, in der erklärt wird, dass die Schiffe den Hafen von Smyrna nicht verlassen werden. Die Anwesenheit der Kriegsschiffe sei berechtigt auf Grund der noch in Kraft befindlichen Abkommen, «ach denen den Schiffe« der Alliierten keinerlei Einschränkungen in türkische« Gewässern auferlegt werden können. Fer ¬ ner wurde« zwei englische Kriegsschiffe von Konstantinopel «ach Smyrna av- gesandt, die mit weittragende« Geschütze« bewaffnet sind. Der Führer dieser beide« Kriegsschiffe wurde bevollmächtigt, de« türkischen Aufforderungen, den Hafen zu räumen, auf die Art und Meise zu ant worten, die er für richtig hält. Ablehnung des Ultimatums «tuen er Dr«hi»«richtde» Leipziger Tage blatte» Pari«, 8. Februar. Auf die Aufforderung, die alliierten Kriegsschiffe aus Smyrna zurückzuziehen, haben sich die englische und die französische Regierung miteinander in Ver bindung gesetzt und beschlossen, das Ultimatum der Türken abzulehnen. Die französischen und die englischen Kriegsschiffe im Hafen von Smyrna wurden angewiesen, sich gefechtsbereit zu halten und sofort das Feuer zu eröffnen, wenn die türkische Regierung sie zwingen sollte, den Hafen von Smyrna zu verlassen. Im allgemeinen werden die Nachrichten aus Smyrna hier mehr als Alarmmeldungen aufgefaßt, die aus englischer Quelle stammen und deshalb mit gewisser Vorsicht aufzunehmen seien. Trotzdem wird der Nachricht Beachtung geschenkt, daß die Angora- Regierung allen Offizieren der aktiven und der Re servearmee befohlen hat, sich sofort zu melden. Linksparteien sehr lebhaft und erklärte, es müßten Mittel und Wege gefunden werden, um deren berech tigte Wünsche zur Durchführung zu bringen. HUferbing spricht in Paris Pari», 8. Februar Die Sozialistische Partei des Seinedepartcments hat für heute abend eine große öffentliche Ver sammlung für internationalen Frieden an beraumt. Es sprechen für die französische Partei Paul Faure, Leon Blum, Bracke, Paul Boncour, Jean Longuet, Pierre Nenaudcl, Georges Dumoulin; ferner für die belgische Partei: dc Brouckere und Vandervelde; für die österreichische Partei: Dr. Otto Bauer', für die englische Partei: Henderson; für die deutsche Partei: Hilferding. Oer ehemalige Kronprinz und die Kriegsgefangenen In dem Memoircnbuch des ehemaligen deutschen Kronprinzen heißt cs auf Seite 25'^: „Ein merkwürdiges Ergebnis halten diese ruhe losen Kämpfe. Es kam zu einer Art Selbstreini gung der Verbände. Was faul und ange fressen war, schied in die Gefangenschaft des Gegners aus, was uns verblieb, das war der gute Kern." Hiergegen verwahren sich die Veremigun-gcn ehe maliger Kriegsgefangener in Markneukirchen und Falkrnstein in einem Offenen Brief, den der Ober- vogtländische Anzeiger veröffentlicht hat. Die Mark- ncukirchner sagen: „Wir sind politisch neutral. 8 7 unsecer S'ahungen besagt: Mitglied kann jeder ehemalige Kriegs- und Zivilgefangcne werden, der sich keine ehrenrührige Handlung hat zuschulden kommen lassen. Darunter verstehen wir, daß uns mit sol chen Kameraden, denen Feigheit nachgesagt werden kann, keine Gemeinschaft verbindet. Ein solches Urteil, wie es der ehemalige Kronprinz fällt, zwingt uns. Kameraden als Intercsseuorgnnisa- kion, schärfsten Protest dagegen einzuleqru. Wir sprechen dein ehemaligen Kronprinzen die Fähig keit ab, ein Urteil über uns zu fällen." Die Falkensteiner äußern sich weit schärfer, in dec Sache stimmen sie aber mit ihren Kameraden überein. französisches Geld für Nationalsozialisten Bei dem nat onalsozialistischen Sturmkruppfahrer Lübeck« in München, -er wegen -eS Ver dachts -eS Landesverrats verhaftet wurde, hat man, wie -er Münchner Polizeiber cht meidet, große Beträge in französischen Franken und in Dollar gesunden. Lüdecke hat nach seiner Be kundung aus seinen Sp tzelgeldern einen Httlerschen Sturmtrupp ausgerüstet und unterhalten. Obwohl Lüdeckes große Gelüaufwendung'en auch der national- soz.alisti sehen Parteileitung so auffällig erschienen, daß sie seine Ausgaben nicht in ihren Gesthäfts- konlen verrechnete, hat sie sich seine Freigeb gkeit für die Zwecke der Partei doch gern gefallen lassen. Lübecks ist von Geburt Deutscher, hat aber im Kriege die mexikanische Staatsangehörigkeit erworben. Jetzt endlich hat sich -i« bayerische Staatsanwalt- schäft entschlossen, zu .prüfen", inwieweit die na tionalsozialistischen Sturmtruppen Strafgesetze ver letzt haben. Wie der Iustizminister Gürtler tm LanLtagäausschutz rnttteilte, soll weiter .geprüft' werden, ob der frühere Polizeipräsident Pöhner eine strafbare Handlung -a-urch begangen hat, -ah er dem Kapitänleutnant Ehrhardt einen sogenann ten Deckpaß ausgestellt hat. — Die Volks gerichte sollen noch in diesem Jahre durch aeue Schöffengerichie erseht werden wulle verzichtet nicht Von der Deutschmttionalen Dolkspartet wird mitgeteilt, daA die Mitgliedschaft des Reichstags- abgeordneten Wulle durch seinen Uebertritt zur Deutschvölkischen Freiheitspartei erloschen sei. Der Wahltrcivvorstand von Potsdam II sieht sich des halb, wie die Deutsche Tageszeitung meldet, .zu seinem Bedauern gezwungen, ihn zu ersuchen, seinen Wahlauftrag niederzulegen". Reichs- tagsabgeordneter Wulle hat auf dieses Ersuchen mit einem Schreiben an den Landcsverbandsvor- sitzenden, Grafen Westarp, geantwortet, in dem er cs „mit Rücksicht auf seine nicht in der Deutsch- „Parvenü" trennt. Raffke ist nicht halbgebildet, infolgedessen nicht töricht. Wenn er ein Fremd wort verwechselt, so macht er damit die sogenannt« „Bildung" lächerlich — nicht sich selbst. Er gesteht nämlich, daß er ungebildet ist (der Parvenü gibt «S nicht zu). In Raffke, -em Unhold, schlummert ein« geistige Kraft, di« nur deshalb noch nicht geweckt ist, weil ihr Besitzer ausruhen muß von seinen Er folgen stofflicher Natur. Noch bedarf Raffke, der Hochbegabte, nicht des geistigen Luxus. Sem mäch tiger Körper hat sich noch nicht entschieden, welch« Art von Kissen und Sofas die größte Bequemlich keit bietet. Der materielle Genuß Ist primäres Be dürfnis. In -em Stadium -es materiellen Bedarfs findet sich heute Raffke, un- es fällt ihm nicht ein. Wissen vorzutäuschen — schon deshalb, weil er die Bedeutung -es Geistes nicht kennen gelernt hat. Rings um sich sieht er die Opfer -er Zett, -ie sein« Zeit ist, es sind „Geistige". Raffke beneidet keinen Verhungernden. Raffke Imitiert keinen Bettler. Raffke hält sich unü sein« Art für die klügste, weit st« die siegreiche ist. Dem Primitiven ist der Erfolg nur maßgebend. Es ist eher anzunehmen, daß Raffk« schweigt, wenn man von belanglosen Dingen spricht. Di« Musik ist ihm gleichgültig, er wir- also nicht fragen, wann denn die sieben ersten Sinfonien gespielt wor den seien, wenn er zur achten gekommen ist. Er protzt nicht mit seinen weihen Handschuhen, w.'tt sie daS gesellschaftliche Abzeichen -eS Kultivierten sind, son'-ern, weil Ihm sein Instinkt sagt, -aß man -ie gefährlich« Pranke im weitzen Handschuh fürchtet. Keine Karikatur kann ihn umbrinaen. Wir Armen, vom Dollar am Weg« Gelassenen, sollten uns mit Raffke „gutsteilen". Wenn «r «in- mal erwacht, wir- sein unverbrauchtes Hirn geistige Genüsse suchen un- Erziehung dankbar annehmen. Er wir- Kem herablassender Mäzen sein, sondern ein ehrlicher Konsument unserer Produktion. Er wir- nicht auf halbem Weg stehen bleiben, wie er sich mtt halben Gewinsten nicht zufrieden gab. Er wir- Bildung und Werk annektieren, eine unerhört« g«istige Expansionskraft entfalten. Dumpf ahnt er wahrscheinlich heut« schon die Göttlichkeit seelischer Dinge. Seine Ellenbogen wer den ruhen, er hat Raum geschaffen für -ie Bedürf nisse seiner kolossalen Körperlichkeit — nun wir sem« Seele erwachen un- Nahrung verlangen. Er wir- «in sehr anspruchsvolles Publikum sein. Di« Humoristen, die ihn heute bespötteln, werden ihm, fürchte ich, nicht genügen. Literarische- Kabarett „Di« Retorte", oder „Musi kalisches Kabarett", oder noch besser „Theatralisches Kabarett". Die Literatur ist immerhin auch noch da. Fritz Reiff spricht Verhaeren (aber auch schon mit theatralischem Hintergrund und garzu drama tischen Gebärden), eine begabte Schülerin von ihm, Thea Eckardt-SzarSky, tönt etwas in Anton-Tönen, man nimmt ein Volkslied, und Schäffer singt von Kormann vertonte Dichtungen mit Geschmack und schöner Stimme. Dazu drei Theaterstücke, von Schmiedel bemerkenswert inszeniert. Am besten gelang der Sketch eines nicht genannt sein wollen den Leipziger Journalisten (Koch-Meyerhofs). Auch die Uraufführung „Der Sprung" von dem früher dem „Bauche" ergebenen Herrn Schneider war in sauberer Aufführung beinahe interessant. Kotzebues Operchen „Der Käficht", dessen Vertonung E. M. von Weber dem Ludwig Kormann übrlggelassen batte und deren näher« Be trachtung man einem Musiker übriglassen möchte, wurde, flott gesungen, zu einer netten antiquarischen Belustigung. Dies und das und die wohlwollenden Scherze des zwischenredcnden Schmiedel hielten die zahlreichen Gäste bis gegen Mitternacht in maßvollem Behagen. Was ich vermisse, ist di« Sensation, die literarischen Leckerbissen und dl« lokale oder welt historische Aktualität. Da die Retorte den Erich Weinert verlor, suche sie Erich Weinert II. Suche den Maler für eine boshafte Schnihelbank. Sie verblüffe meinetwegen, ja sie erschrecke thr Publikum. Sie ist ein tüchtiges tdealralisches Ka barett, aber st« möge auch wieder mal ein kannibalisch lustiges werden. ts. 0. N. Potemktnsche Bücher. Der Fürst Gregor Alexan- drowitsch Potemkin, der Günstling der Zarin Katha rina, dessen Verschwendungssucht kaum je ihres gleichen gefunden hat, ist durch die „Potemkinschen Dörfer" berühmt, jene Attrappen, mit denen er die besichtigende Kaiserin hinter» Licht führte. Aber es gibt auch „Potemktnsche Bücher", die nicht minder originell waren. Von diesen und von ähnlichen Bibliotheks-Kuriositäten plaudert der bekannte Ge schichtschreiber der Bibliophilie A. G. E. Dogeng in krettag, üea 9. kedruar nationalen Dolkspartei organisierte Wählerschaft" — und das sei „die erdrückende Mehrheit" — ab lehnt, dem Ersuchen Folge -u leisten. Luden-orff als Anschlutzgegner Eigsuer D«stzl»ertchl»«»»eip»tgerr»»e»lstte» Wien, 8. Februar General Ludendorff hat gestern abend einer Kontrollversammlung der Nationalisten beigewohnt, aber nur eine kurze Rede gehalten und sich bald wieder entfernt, da zu erwarten war, daß das Polizeipräsidium schnell Meldung von seiner An wesenheit erhalten würde. Das Polizeipräsidium hatte nämlich gleichzeitig mit den sozialdemokratischen Verbänden beschlossen, unter keinen Umständen eine politische Betätigung des Generals bei den Nationalisten zuzulaflen. Als die Polizei dann auch in der Versammlung erschien, hatte sich Ludendorsf bereits entfernt, und abend» um II Uhr fuhr er völlig unbemerkt vom Westbahnhof mit dem Schnell zug nach Salzburg. Vor seiner Abreise gewährte Ludendorff auch einem Redakteur der christlichsozialen Reichspost ein Interview und hielt es für nötig, dem Blatte zu be stätigen, er könne die Auffassung „vollauf verstehen", daß „gerade Oesterreich ein deutscher Staat, der be sonders nur autonom zu lösende nationale Aufgaben im Dienste des ganzen deutschen Volkes zu erfüllen habe, im großen Deutschen Reiche verschwindend wenig bedeuten würde, und ein Oesterreich, das seine Staatlichkeit sich bewahre, gerade unter schwierigsten Umständen von erheblichem Nutzen für Deutschland sein könne." Ludendorff auch noch als Stütze der anschluß- feindlichen Rekchspost, ist wohl die höchste Lei- slung dieser unglücklichen Reise des Generals. Eberfein kommt vor den §taatrgersch1shof Gegen den kommunistischen Landtaqsabgeordneten Hugo Eberlein, der auch Mitglied der Zentrale der KPD. ist, schwebt seit dem Jahre 1921 ein Ver fahren wegen Hochverrat» und Anstiftung zur In brandsetzung und Zerstörung von Sachen. Wie erinnerlich, wurde im Juni IS21 der kom- munistischen Reichstagsabgeordneten Klara Zetkin beim Uebertritt über die Grenze nach Rußland eine Anzahl Berichte über die Märzaktion des Jahres 1S2I beschlagnahmt, auf Grund deren gegen Eberlein nach Aushebung der Immunität rin Haftbefehl erlassen wurde. Eberlein floh nach Ruß land und kehrt« erst zurück, als der Landtag seine Immunität hinsichtlich des Haftbefehls wieder her stellte. Das Verfahren gegen ihn ging aber weiter uird ist nunmehr vom Reichsgericht an den Staatsgerichtshof zum Smutze der Republik abgegeben worden, da es sich bei oer M"rzaktion in Mitteldeutschland um einen gegen die Republik ge- richteten Anschlag gehandelt hat. Entscheidung am nächsten Montag? Lradt»ertcht »userer Dresdner «»rittlettuag . Dresden, 8. Februar. Wie wir erfahren, tritt am Sonnabend in Dres den der Landesausschuß der Demokratischen Partei mit der Landtagsfraktion zusammen, uin Stellung zu der Frage der Regierungsbildung zu nehmen. Die Fraktion hat aber die Beschlüsse nicht abgewartet, sondern bereits der sozialdemokratischen Fraktion mitgeteilt, daß sie ihr Vorschläge zur Regie- rungsbildung machen wolle, und hat ein« Aus sprache für nächsten Montag vorgeschlagen. Gegenüber der von Paris aus verbreiteten Nach richt über Verhandlungen, die Stiunes mit Ver tretern der französischen Industrie führe oder ge führt habe, erklärt die Deutsche Allgemeine Zeitung, daß Herr Stinnes seit dem französischen Einfall ins Ruhrrevier mit keinem Franzosen ver handelt habe. Das Vermögen des iKapikänleutnantzs Ehr- Hardt, der im Kapp-Putsch «ne Hauptrolle ge spielt hat un- sich jetzt in Leipzig in Untersuchungs haft befindet, ist beschlagnahmt worden. der im Münchener Phantasus-Verlag erscheinenden Zeitschrift „Die Bücherstube", Wie sein Sekretär Et. Jean berichtet, legte sich Potemkin eine Bibli- thek an, deren Bücher aus lauter Banknoten von 4000—10 000 Rubel bestanden. Jedes Blatt war eine Note von 26, 50 oder 100 Rubel, und diese Bande waren in verschiedene Formate gebunden. Wenige Privatbiliotheken mögen so viel wert sein, als einer der durchschnittlichen Bände dieser sel tenen Büchersammlung. Rockefeller wußte nichts von der Bibliothek Potemkin», als er in den 80er Jahren des vorigen Jahrhundert» seinen staunenden Gästen eine Sammlung aller Wertpapiere, die ihm gehörten, in wohlgeordnete Mappen gebunden, vor führte. Freilich folgte der Dollarkönig nicht nur einer phantastischen Laune, wie der russische Fürst, sondern er hatte bei der Anlage dieser „Bibliothek" sihr praktische Gründe und rechnete mit dem gewal tigen Eindruck, den er damit machen würde. Mussolini «nd die deutsche Musik. Der Vossi- schen Zeitung wird aus Rom geschrieben: Der italienische Kapellmeister Alessandro Vessella, ein begeisterter Wagner-Freund, der bei Kriegsaus bruch den Dirigentenstab niederlegte, weil man ihm verbieten wollte, deutsche Musik zu spielen, ist setzt zum „Konsul" im römischen Faschistenkorps, dessen Kapelle er leitet, ernannt worden. Bei einem Fest, das jüngst zu seinen Ehren gegeben wurde, rechnete Mussolini es dem faschistischen Kapellmeister in einer Ansprache besonders hoch an, daß er es gewesen, der Wagner und Beethoven den Weg ins italienische Herz geöffnet habe. Voktoren-Induftrie Wir lesen in der „Weltbühne": Auch die Uni versität Gießen verleiht den voctor bvnoris causa neuerdings pvcuniav causa Kein Großindustrieller, der sich solche Würde nicht ein schweres Stück Geld kosten ließe. Aber jetzt ist in einer Gießener Zei tung das folgende Inserat erschienen: „Wie kann Direktor eines größeren Handels- und Industrie- Konzerns den Doktortltel ohne BerufSstörung er halten ? Hohes Honorar zuaesicherk. Offerten unter F. D. E. 1474 an Rudolf Mosse, Frankfurt a. M." und daS ist der Bequemlichkeit vielleicht doch ein bißchen zu viel.
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