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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.02.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192302021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230202
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-02
- Tag 1923-02-02
-
Monat
1923-02
-
Jahr
1923
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Italien und die Ruhrbefetzung Cm um die Pflege guter Beziehungen zwischen Deutschland und Italien desorgler Ita liener, Rechtsanwalt Dr. Carlo Rtpan - delli in Mailand, Mitglied der Deutsch-ZK- llenischen Bereinigung in Berlin« schicht uns folgende .Zuschrift. Die sehr wenig Klare und ganz außergewöbui-ch nnrnlschlossene Haltung des Herrn Mussolini könnt« einigen unserer deutschen Freund« und Zeitungen veranlassen zu glauben, daß Italien soli darisch mit Frankreich sei. Ick möchte jedoch von vornherein bemerken, daß diese Unentschlossenheit und Unklarheit des Herrn Mussolini nichts mit der öffentlichen Meinung Italiens zu tun hat. Diese nämlich ist in ihrer weit überwiegenden Mehrheit dem Standpunkte »nd den Handlungen Frankreichs durchaus entgegen und feindlich ge sinnt, vor altem in bezug «ff dl« immer brennen der werdende Frage der Reparationen, die Deutschland durch den unbilligen und unausftthr- baren Versailler Vertrag auserlegt wurden. Und diese Gesinnung unseres Landes hat sich entwickelt, obwohl die Gewaltakte der Faschisten dem ehe maligen Minister Nitti die Meinungsfreiheit be schränkt, wenn nicht überhaupt aufgehoben hoben. Nitti bleibt doch der einzig« Politiker Italiens, der eine öffentliche politisch« Meinung über europäisch« Fragen geschaffen Hot. In Italien Haden die bei den Bücher Nittis, die sich mit der internationalen Politik der Nachkriegszeit beschäftigen (.Europa ohne Frieden' und »Das verfallende Europa') ein« ungeheure Verbreitung in allen Schichten der Be völkerung und allgemeine Zustimmung auch del seinen politischen Gegnern gefunden. In Italien durchleben rotr gegenwärtig infolge des Faschismus «ine innerpolitisch unangenehme Periode der Freiheitsbeschränkung. Aber dies kann nicht mehr lang« dauern. Und sogar, wenn unser« gegenwärtiae nicht rechtmässige Regierung es ver suchen sollte, Ration in ein 2kdent«u«r politischer oder militärischer Solidarität mit Frankreich zu stürzen, so würde Italien der Regierung nicht mehr folgen, sondern sich mit aller Kraft dagegen aus lehnen. Ich füge hinzu, daß Italien nach Frieden dürstet, und das, «S dringend wünscht, das Reparations problem bald zu sehen, wie es Nitti vorschlägt, d. h. vernünftig und praktisch. Vernünftig insofern, als Deutschland bas bezahlen soll, was es kann, ohne sein« Wirtschaft zu ruinieren. Praktisch in Berück sichtigung des llmstandeS, -ah die Gesundheit der deutschen Wirtschaft einen der wichtigsten Faktoren für dt« Gesundung und den Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft -arsteüt. Wir bitten unser« deutschen Freunde, wohl zu beachten, Last Italien der französischen Elsenindufirie niemals gestatten wird, sich im Ruhrgebiet als Herren sestzuseken, und das? wir niemals Vasallen Frankreichs werden (daS wir nur zu gut kennen), für unser« Bedürfnisse an Elfen und Kohle. Italien rührt sich heute noch nicht, da es wei^ das, der Frühling den verdrehten Herrn PoincarS und seine sonst unbeachtlichen Mitarbeiter nicht mehr am Ruber sehen wird. Das Abenteuer der Ruhr wird immer wie ein Kapitel au» .Don Quixote' in der so unwahrscheinlichen politischen Nachkrtegsgeschlchte Europas anmuten, und all der .Rahm' und die Verantwortung dieser ganzen Abenteuer werden nicht auf das wahre Frankreich zurückfakftn, nicht auf bas tüchtige und große Frankreich, das auch ich liebe und achte, sondern auf das kleine Frankreich der Etseninbustriellen und des trds pettt kotvoar^. * Rom, 1. Februar. Dl« Erklärungen Poincares über die Ruhr- aktwn haben in Rom weder die Oesftntlichkeit, noch dle politischen Kreise befriedigt. Di« Jdea Na- zionale nennt sie geschickt, doch nicht geschickt genug, um das wahre französische Spiel zu verbergen. Der l-etp Tiger Tageblatt Nlondo führt aus, Poiicarös Worte kämen der These: .Hier sind wir, hier bleiben wir!' gleich. Dies sei jedoch absolut unzulässig. Poinoar-S Erklärungen fordern «ine klare Stellungnahme der übrigen Mit unterzeichner des Versailler Vertrages. Sie saug« vom RechlSstandpunkt aus weniger als dle deutsch« Version. Italien dürfe nichts dazu beitragen, «irren klaren Recht-bruch zu bemänteln. Es habe den Krieg nicht für die Formel: .Den Rhein an Frankreich!* geführt. Poincarät Erklärungen dürf ten auf keinen Fall für Italien bi»- ben- fein. Der engUsch-amErikanijchs Vergleich London, 1. Februar. Reuter meldet amtlich: Die Bedingungen, zu denen die britische Regierung das Arrangement mit Amerika angenommen hat, lnuten: Drei Prozent Ztns«n während IS Jahren, danach S'/„ ferner Ab lösungszahlungen von '/, Prozent und Rückzahlung der gesamten Schuld binnen 62 Jahren. mu! HüiLÜelLLStttMg Vie deutsch-polnischen Wirtschaftsoerhandlungen U,»««er Draht drrtchr dr« Letpzlgrr Ta»r»l«i»r» Warschau, 1. Februar. Die deutschen »nd die polnischen Delegationen ln Dresden begannen die Beratungen aber d « sogenannten Landschaftsschulden, Hypothokenbank- und Vemelndcobligotionen, serner über Valuten und Abänderungen des Moratoriums. An den Sitzungen nahmen beiderseits Delegiert« des Finanzministeriums und der Kreditanstalten teil. In Verbindung damit wird in kurzer Zeit die Besprechung über die Teilung -es Vermögens der Anstalten stattfinden, deren Wirkungskreis von der neuen Grenze durchschnitten wird. In dieser letzteren Angelegenheit werden die Besprechungen länger dauern, da sie außerordentlich schwierig sind. D«r Vorsitzende der polnischen Delegation, bevollmächtigter Minister Olschowski, kehrt Sonnabend, den 3. Februar, nach Dresden zurück. Kommunistischer Parteitag Leipzig, k Februar. In der ^iachmitlagS-Sitzung am Dienstag sprach zu dem Thema .Einheitsfront' als Korreferent Matzlow (Berlin): Die Kommunisten werden sich auf dem Parteitag streiten, draußen aber einig sein und die Bourgeoisie aufs Haupt schlagen. Aber dle Partei hat letzt keine alten populären Führer; diese muß sie sich erst schaffen. Das Bürgertum und die Sozialdemokratie sind heute wieder erstarkt. Unter den Faschist«» stehen heute ehe-malige Genossen, die sich enttäuscht fühlen. Ruth Fischer (infolge überlauten Organs sehr schwer za verstehen! ruft, Stöcker und Konsorten ständen auf dem Boden der Demokratie und der Weimarer Verfassung. (Lachen.) Sinowjew sage, Vie Arbeiteneoierung hänge nicht ab vom Verhält nis wr Sozialdemokratie. Zunächst mäste vielmehr di« Bourgeoisie gestürzt werden. Arbeiterregierung fei lurr möglich, wenn di« Waffenfrage konkret vor der Arbeiterschaft stehe. Tellmann (Hamburg) meint, man dürfe aus die Arbeiterse-gierung nicht wie ein Stier losgehen, son dern müsse dle Voraussetzungen studieren. Diese mühten den Arbeitern in den Betrieben klar ge macht werden. Wie bereits bl« französische Be satzung tarmee unsicher werde, so mäste die KPD. auch der Sipo, Schupo und Reichswehr die Bazillen einiinpfev, die sie gegen den bestehenden Staat ovs brtngem. » s 3n der Aussprache über die Einheits front des Proletariats wurden in lang atmigen Reden die gestrigen Ausführungen von Brandler und Mahlow noch einmal breit wieder holt, ohne daß einer der Redner neue oder tiefer eindringende Gesichtspunkte zutage gefördert hätte. Gegen die Auffassung d«r Berliner Gruppe war die Mehrheit b«r Ansicht, dich man «in Zusammen gehen mit der VSPD. zur Bildung einer Arbeiker- regieru-nq nicht adlehnen dürfe, und daß die Zett zur Errichtung d«r proletarischen Diktatur noch nickt gekommen sei. Dies mußte sich auch Mahlow ln seinem Schlußwort eingestehen, der ausdrücklich das B«si«hen von zwei Richtungen innerhalb der Partei feststem«. Branbl«r bezeichnete Zuletzt dt« Einwände dar Opposition ass .äußer« Hwach' und befür wortete noch einmal dos Zusammengehen mit der Sozialdemokratie, für deren Tätigkeit «r kehr an erkennend« Worte fand. Er vc-r»angte Einstel lung der Taktik auf die W t r klichneit und nicht auf gedankenlose Phrasen. Was die Opposition als Radtol-is-nws anpreise, sel in Wahr heit Angst und Flucht vor den Tatsachen. — Nur nach Niederwerfung der deutschen Bourgeoisie könnte die Vertreibung der Franzosen und die Aus hebung des Versailler Friedens erreicht werden. Di« ftn-osverräleri-schc Bourgeoisie müsse alte Kosten des Zusammenbruchs tragen. Erst wenn dft Bour geoisie beseitigt wäre, würden die sran.chfischen Arbeiter und Soldaten fick gegen ihre nationalistische Regierung wenden. (Slürimischer Beifall.) Die Leitsätze der Zentrale zur Tak-ttk der Ein heitsfront, di« der von Brandler vertretenen Hinsicht entsprachen, wurden mit Zweidrittel mehrheit angenommen, wodurch die Anträge der Berliner erledigt waren. lieber die Kommunalpolitik d«r Partei sprach Katz. Seine weitausholenden Darlegungen führten ein« erheblich« Flucht aus dem Saale herbei. Der Redner verlangte rin einheitliches Vorgehen der kommunistischen Gemeindevertreter. In den Ge meinden sei die Neigung zum Abschwenken in das reformistische Fahrwasser besonders groß. Eia bis ins einzeln« gehende» 'Programm loste sich nicht auf stellen, man müsse sich mit allgemeinen Richtlinien begnügen. Die kapitalistische Gemeind« sei zum Tode verurteilt und dieser Zerfall mäste als Kampf mittel gegen den kapitalistischen Staat benutzt werden. In den Gemeindeparlcvmenten müßten auch die außerparlamentarischen Masten mehr als bisher zu Worte kommen. (Dor Saal ist so leer geworden, daß der Vorsitzende bitten muß, die Delegierten her- einguholen.) Am Nachmittag wurden di« Wahlen zur Zen trale, zum Frauenausschuß, zur Revlsionskömmlstion und zmn Zentralausschuß vorgenommen. In seinem Referat über De-mew-evolittk fort- sahrend, kam dann Genoss« Katz auf die Woh nungsfrage zu sprechen. Er verlangte für die Mieder wetkgehende Rechte; die Mleterräbe müßten kommunistische Stoßtrupps werben. Auch die Hausfvau«nbewegung soll von der K. P. D. erfaßt werden. Daun verlor sich Katz ln einem Gewirr von Einzelforderungsn, die nur als AgtkoilonsmUttelchen betrachtet werden können. Dann wurde «in Ausschuß zur Bearbeitung kom- munalpolMlcher Fragen eingesetzt. Darauf wurde nchh eia« Anzahl von Anträgen erledigt, die ohne größere Bedeutung sind. Lin Jugendoertreter verkündete dann, daß die französischen Soldaten im Ruhrgebiet bereits an fingen, mit den deutschen Arbeiten zu sympathi sieren; der lebhafte Beifall bewies erneut die Naivi tät der Kommunisten in avßerpolttlschru Fragen. In feinem Schlußwort stellte der Vorsitzende Böttcher-Leipzig noch einmal fest, daß di« unkS- radikale Richtung von der Arerwältlgenden Mehr heit der Partei entschieden abgelehnt lei. ,Mlr stehen am Vorabend eines faschistischen Putsche»; die Kom munisten werden ln der vordersten Kampfes!inie stehen. Wir werden alle Kraft ln die Förderung d«r Betriebsrätebewegung setzen. Die polttlssche Offen sive gegen den Kapitalismus mutz sofort etnsetzen.' Stehend gelobte dle Versammlung Unterstützung für Sowjetrußlond. Mit einem Hoch auf -le Kommu nistisch« Internationale und dem Gesang der Inter- nationale wurde um -45 Uhr der Parteitag ge schlossen. krSttsy, 2. kieDrULk Abweisung französischer Schernhöflichkeit Este», 1. Februar Nachdem gestern der Präsident der Retchsbahn- dterktton Esten fein« sämtlich«» Vertreter und «inr Reih« weiterer Oberbeamter aotgewiese» worben sind, hat heute der Präsident der französischen F«>detsonkahnkvmmisslon dem Dezernenten- «tue Er klärung abgegeben, in der es heltzt, gestern hätten mehrere Oberbeamt« der Retchsbahnoberdirektton Esten bestraft werden mästen, well sie dem Beföhle des Generals Degoutte nicht nachgekommen wären, darunl-er auch der Präsident und sein Vertreter Ricktsteig. Es werde daher geboten, einen Vertreter zu bezeichnen, an den sich die Unverkonrmiffion wendep könne. Hierauf wurde etwa folgend« Antwort erteilt: Gegen -le Bestrafung der acht höheren Beamten durch Verhaftung und Ausweisung werde i-m Namen der gesamten Arbeiter- um- Beamtenschaft schärfste Verwahrung eingelegt. Dwk gestellt« Er suchen werbe dahin beantwortet, daß die Uebrig- gebliedenen weder befugt seien, -ft Prästdial- geschäste ZN übernehmen, noch das Recht hätten, einen Vertreter des Präsidenten zu bestimmen, daß jedoch Oderegierungsrat Abel ass berj«ntge bezeich net w«rde, welchem Mitteilung gemacht worden könnte. — Di« Franzosen nähme« -ft Erklärung zur Kenn Kris. Die Votschafterkonferenz zur Memel-Frage Ets«nee Drah»ürricht des Lelpziser Tageblattes Pari«, 1. Februar. Die Bolschafterkonferenz hat gestern vormittag im Quai d'Orsay eine Sitzung «-gehalten »nd sich mit der Memel-Frage besaßt. Der Peuple glaubt zu wissen, daß nach Kenntnisnahme der Telegramme, dle von der UntersuchungSkommtsflon eingelaufen sind, die Botschasterkommission beschlossen habe, einen neuen Schritt bei der litauischen Regierung zu unternehmen, an die eine energischere Note als die vorhergehende gesandt werden wird, die sie auf fordert, die Elemente der litauischen Armee zurück zurufen, die in das Gebiet von Memel eia- gedrungen sind. Aufforderung zu politischem Mord? Die Münchner Neuesten Nachrichten, die In -er Vorhalle ihres Verlagshauses, wie «andere Zeitungen auch, Bilder vom Tage ouszustellen pflegen, kündigen als neu ausgestellt an: .Der bekannte Mitarbeiter deutschfeind licher Blätter, Helumth v. Gertach, veranstaltete dieser Tage in Berlin eine Versammlung zugunsten des Landesverräters Fechenbach; wir stellen tn unserer Vorhalle ein Bild der Redner aus, unter denen sich der Münchener Rechtsanwalt Dr. Philipp Loewenfeld befindet.' Man muß dazu wissen, daß Dr. Loewenfeld <tts klä-zerischer Anwalt in einem BeleidigungSprozeß gegen Professor Coßmann, Mitglied -es Auf- sichtsrates der M. N N., im Januar d. 3. Beweis dafür angebolen hat, daß Coßmann .sich im Laufe der letzten Jahre wiederholt demrnzlatortsch betätigt und dabei den Vertrauensbruch als eine Art Recht für sich tn Anspruch genommen' Hobe. Seitdem die ser Berveisanlrag gestellt worden ist, haben die M. N. N. den Rechtsanwalt Loewenfeld schon dreimal als .valerlandslos" denunziert. Und nun stellen sie sein Bild mit der oben wledergegebenen Ankündigung auS. Wenn aber eines Tages ein verhetzter Jüng ling einen Mordanschlag auf Len so dem Haste der Natlonalisten Empfohlenen verübt hat, dann werden die- HMlnchnrr Neuesten Nachrichten dieses Ver brechen natürlich aufs höchste verabscheuen. Die Mebhode der Hehpresse ist in München die gleiche wie in Leipzig. Im Millionenrausch Von Ivvndvft lieber Nacht ist «s gekommen. Nun sind auch wir von -en vielen Nullen ganz torkllg geworden. Eines Morgens standen wir aus an- waren all«, all« Allllionär«. Juchhe! Mein Grünkramhändler ist Millionär uv- rn«in Fl-ckschufftr auch, denn er besitzt sechs große Stücke Kernleder; vielleicht lst er tn vierzehn Tagen bereits Mltionär; das kommt ganz aus die Lr--«rhausse an. Unser Nachbar oben ln der vierten Etage, er lst Vtcebetrlebsvorftrhee oder Betriebsvicevorstecher, lch weiß nicht genau, ist natürlich auch Millionär, und unsere Milchfrau wird es morgen werden. Denn fle hütet zwei dänische Kronen wie ihr« Aug äpfel und schwört darauf, daß fle noch sehr steige- rwngssähig stab. Wir sind eine fein« Gesellschaft geworden. Ueder- Nacht-Mtllionäre, Bptkel-Mtlllonäre, Spekulations- Millionäre, Inflations-Millionäre. Millionäre in -er alerten Dezimal« -es New Parker Kobelkurses. * Erst wart Sowfttrußland, dann Polen, Ungarn, Oesterreich und jetzt stnd wir's. Ist die Reihe schon zu End« oder geht»- weiter? Wer kommt alt näch- ster dran? Der wacklige französisch« Franken viel leicht? Komm, Brüderchen linkt und rechts vom Rhein, willst nicht auch eia bi Herl Millionär mit uns sek,? * Gew wft Heu, sagt« man «tast, wenn ft Geld wie He» gab. Das Heu würde sich dreftri verun glimpfenden Verglich heote ganz energisch »er- bitten. Mtt Heu kann man wenigstens einen Esel satt machen, während ans« Papiergeld dt« Eigen schaft hat, baß -er Mensch immer hungriger wird, ft mehr er davon besitzt. — Früher sagte man: Billig wt« Brombeere». Laßt bas -ft Beoenbeeren ft nicht hören, sonst treten fle wegen Kränkung der Siandesehr« in den Streik. * In Len schönen, licht- und wärmedurchrieftlken Hallen unserer Großbanken stehen sie tu langen Ketten, die Söhne der ärmeren Länder: der haaere Brite, der behäbige Schweizer, -er breite Amerika ner, -er dunkeläugige Italiener, -er noch nicht hin- reichend markante Tscheche. Da stehen sie geduldig und tauschen ihr gutes Kleingeld tn schlechtes Groß geld um. So dumm stnd di« Menschen. Sie geben ihre Franken und Pfand« her and gehen als Mark- Millionäre von Launen, die Armen! Hinter den matten Scheiben der Bankfchaiter zeichnen sich die Silhouetten der übereinander geschichteten Papftr- marktüvme, alles frisch aus der Druckerei. Und der nett« Bankbeamte, hinter Brillengläsern lächelnd, reicht dem verdutzten Engländer zwei solide Blöcke von Zehnbauftnbmark-Note-n. „Soll lch ein schlagen, bitte?", fragt er freundlich. Fehlt nur noch die handfest« Wage; und daß «S von einer Millloa aufwärts fünf Kilogramm Agio gibt. » Bis 1S14 kamen wlr mtt Portefeuille und Porke- monnote aus und waren froh, wenn etwas drin war. Rach Kriegsausbruch trug man nar di« ver- -«ttfchte Brieftasche. Rach der Revolution trat für den Geldbedarf die Mtenmappe in Aktion, «rst beim Schieber, später beim Kleinbürger; tn ländltchen Kreisen trägt man das nötige Kleingeld ln -em für -ftsen Zweck mtt Recht beUebten Rucksack. Für das nächst« Monatsgehalt requirier« ich d«n Wäsche- Kott, meiner Fra». Hoffentlich reicht er. Sind wir nun «IgenMch arm oder reich? Das ist eine teuflisch verzwickt« Frage 2« mehr Geld wlr hoben, um so ärmer werden wlr, «nd ft ärmer wir wenden, um so mehr Gew müssen dt« Druckmaschinen tn Tag- und Nachtschicht hlnaoFschleodern. Infolgedessen Halm, wir immer mehr Vttd, infolge-efftn werden wir immer ärm«r, infolgedessen wird immer mehr Gew gedruckt, t»- folgcdessen haben wir immer mehr Geld, infolge- -essen werden wir immer ärmer, infolgedessen . . . gedruckt . . . infolgedessen . . . Man kann diesen Kreislauf endlos fortsetzen. In ihm liegt das Wesen -er Inflation beschlossen. Die Wilden haben Ihre Kaurimu-schel-n, -ft ziehen sie auf Schnür«, gehen auf -en Markt and kaufen dafür einen fetten Hammel, Melonen «nd Ananas. Machen wir es doch auch so! Wlr Haden unsere Papte-rmark, ziehen wir sie auf Schnüre, gehen wir auf den Markt und kaufen wir »ns einen fetten Hammel, Melonen, Ananas oder wenigstens Kar toffeln. Nichts zu machen! Leute, -ft Kartoffeln haben, lassen sich von bedruckten Kaurimuscheln nicht beeindrucken. Wlr stnd f o reich an Kauri muscheln, daß wir Karloffeln gar nicht bezahlen können. Auch di« Franzosen, -ft immer behaupten, wir seien immens wohlhabend und wlr stellen uns bloß arm, wollen unsere Kaurimuscheln nicht haben. Sie for-ern, -aß wir mffere Kaurimuscheln In Gold ver wandeln, »nd das Gold, ja, da» würden sie geruhrn in Gnaden anzunehmen. Aber wie kann man Kauri muscheln in Gold verwandeln? Di« Welk überläßt uns der wachsenden Not un- ftres Reichtums. Wir ersticken kn Gewüberfluh und haden doch nicht genug für -en nöllgsftn Bedarf. Wir hab«, ein verzaubertes Geld: es nährt nicht, sondern es frißt, «S frißt immer größer« Löcher, es frißt uns auf. 3« mehr einer davon hat, um so weniger weiß er, wohin damit; okm panikartige Angst befällt Ihn — -ie Markflucht — er flieht vor seinem eigenen Besitz. wft vor etwas Schrecklichem, das man nickt schnell genug loswerden kann. Sind wir nun arm oder reich? Niemand weiß et. Wlr sind so furchtbar reich, daß wir gar nicht wissen, wft arm wir sind. Et ist «ln mllltonärrffcher Austanv. Ernst Troeltsch st. Aus Berlin wird uns ge drahtet: Der bekannte Theologe und Philosoph Professor Ernst Troeltsch ist tm S8. Lebentayr« ge storben. Troeltsch, feiner politischen Richtung nach Demokrat, war nach der Revolution al» Staats sekretär im Kultusministerium lätlg. Ehrung eines Leipziger Gelehrten. Der Leip ziger Assyrlologe Geheimrat Professor Dr. H. Zimmern ist von der Kömgl. Gesellschaft der Wissenschaften ln Gotenburg (Schweden) zum aus wärtigen Mitglied ernannt worden, Eine Volksausgabe von Valhtngers Philosophie d«t Alt Ob. Der Leipziger Verlag von Feltr Meiner hat soeben eine von Dr. Raymund Sch-mtdt bearbeitete DolksanSgabe des bettchmlen Werkes Hans Vaihtnaers erscheinen lasten. Das unverkürzte Original ist seines llmfanges w«g«n der großen Menge der Gebildeten unzugänglich, es ent hält auch eine Anzahl von Partien, -ie das klare Verständnis für -en Laien hemmen. Die Volks ausgabe fak diese Parkten ausgefchaltet, hat den Text, der schon an sich packend und lelchtverständllch ist, verelnsiicht, damit die großen Linien schärfer heraustreten. So lst das Werk einem größeren Leserkreise zupängllcher geworden. Der Aufbau ist unverändert geblieben. Ein« Verftld-Zentral« für bandschrlftllch« Orchester und Chorwerke hat der Verlag der „Zettschrlfk für Musik" (Leipzig, Seeburgstraße 100) ins Leben gerufen, um -er Not der beutlchen Komponisten hinsichtlich der Auffährungsmöaltchkelt ihrer Werke einigermaßen zu steuern, da dle Aus sichten auf Ihre Drucklegung Immer geringer werden. 2n Betracht kommen nur künstlerisch ernst zu nehmende Werke. Ci» Beispiel aus dem tägliche« Lebe«. Wlr lesen ln der Weltbühn«: Der betzannte Göttinger Mathe matiker Httbert wind von seinen Schülern gebeten, doch sein« Deduktionen durch .Beispiel« ans dem täglichen Leben' anschaulicher zu mach««. 2m näch- sftn Kolleg hebt er also an: .Denken Sie sich etn«n Berg, lieber den Bergrücken läuft «tn Ätn-fa-en. An jedem Ende -e- Bindfadens hängt «ln« Lawine- Da hoben Sft «tn Beispiel aas bem täglichen Leben.' «u» den Tde«ttr»ur«auS. «onnabcnd, dm S. yebr., wird nach längerer Pause Wedekind» wir- d« in den ckpftlpian ausacnowmxn. Da» wett, da« in der vorft.n Spiel,«» m«, starkem »ttola «n Erst- «ttttidrung kam könnt» wearn dr» Umbaue» de» Klien Ddenicr» nur wrnw« §»!»««>» w«drn. Tft Hauvnwttrn, straneftka UN» vrlt Kun,, softlrn wtrvrr wa«aar«te Arnoa und Ewald E-chtndlrr.
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