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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.01.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-01-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192301284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230128
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230128
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-01
- Tag 1923-01-28
-
Monat
1923-01
-
Jahr
1923
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8ett« L Nr. 24 Lnglissche NrltiL an der Neparationskommission Landoa. »7. Sana«. Dl» Ti»w» rüstt da» gestrigen Mehr-ells-e- schlub dar ReparationSkommissio», dt« «in Werkzeug zur Registrier««? der französischen Beschlüsse ge worden and lnsowetl ihr« legale AutortUR verlvreln hab«. Die französisch« Politik rechtfertige immer m«-r dt» Ansicht derer, die dahinter den Plan sehe», von Deutschland tm Interesse Frankreich» e!n reiche» denlsche« JivdustrtegebiÄ abzutrcnnen. Der polttifch« Mttardeller der Daily Nerv» er KUlrch der nea« Beschluß der ReparakionSkommtsstoa -ad« in britischen Kreisen da» bereit» herrschend« Unbetzagela »och vergröbert. Gerüch'.- wais« verlanle. daß die RechlSbeamte» der Kroiu die französisch« Aktion al» Verletzung de» Versailler Friw-enövertrage» ansehen. Dl« ReparatlonSkominission hat an di« devtsche Regierung den bereit» «mgekündigken Dries übrrsanük, in welci-om sie von -en am Frei tag gefotzten Beschlössen bezüglich -er „allgemeinen Verfehlung" »ich de» Moratorium» Mitteilung «acht. Grobe Formfehler bel den Mainzer Urteilen Deeyiserlcht >»f«»er v«rli»er «edriftlettung Berllu. 27. Januar. Der Kaupkverbechiger der vom französischen Kktejk^'.ertcht in Mainz verurteilten deutschen In- de^lriefithrer, Dr. Grimm, gibt elue Erklärung Wer den Verlauf de» Prozesses und die Rechbsgrunü- ßagen seiner RevistonSfchrift, der wir da» Folgende entnehmen: Die Revision Kaan sich allein wie bet den deut schen Schwurgertchtöversahren, nur aus Formfehler Wißen. Wenn sie von dem nach dem französischen Rächt dafür zuständigen General verworfen wird, s» beginnt da» sogenannte Kassatlonäverfah. ran, wofür der Pariser Kassakion«hof zuständig ist. Dessen Ausgabe würde e» insbesondere sein, sich mit -er Frage der Zuständigkeit de» Kriegsgericht» für die deutsche Zivilbevölkerung zu befassen. Die Bertetütgang lhat bereX» zu Beginn der Hauptver- -aichlnng sämtliche Frwien aufgeworfen, die dafür »o» Bedeutung sind: Ist die Besetzung überhaupt gerecht fertigt? Handelt et sich um eine rechtliche ob« nur um eine tatsächliche Okkupation? Sn diesem zweite» Falle wäre die Souveränität de» Deutschen Reiche» i» keiner Weise rechtlich beschränkt. Dr. Grimm weist darauf hin. daß der Pariser Kassa tion.pos DelSruf genieß sl und sein« Unab hängigkeit schon oft erwiese» habe. Außerdem liegt ader zweifellos ein offener Formfehler beim Haopkversahven vor. Die Anklage laute!» auf «Ge- harsam-verwetgerung gegenüber einem milllärischea Befehl', ein Delikt, da» mit Gefängnis bestraft wird. Diese eigentliche Schuld frage ist verneint worden. '^Rsivbe« di« Angelegenheit al» erledigt schien, Hal da» Gericht plötzlich die Angeklagten wegen eine» Delikte» verurtetlt, da» in der Anklage schrift gar »icht enthalten war. Erst in feiner Schlußrede hat der französische Staatsanwalt die HllfSfrage »cd nbei angeregt, ob nicht «in Ver- staß gegen eine» Paragraphen einer wenig bekann ten RequisUlonSverordnunz vorsiege, und auf Grund dieser HilsSfrag« erfolgte die Verurteilung. Damit ist zwelsello» ein Formverstoß gegeben. Interessant ist dabei, daß die Mehrzahl der Verurteilten vorher überhaupt keinen Requlsttionrbefehl bekommen halte. Fritz Thyssen hat den Befehl sdgar erst mehrere Stunden nach der Verurteilung erhalten. 4vle tn Bersin verlautet, soll die Bezahlung der Geldstrafen der deutschen Bergwerks direktoren vnd Industriellen deS RvhrbezlrkeS aut de» Relchrsammlungen für das Ruhrrevler aufge bracht «erben, fall» e» tatsächlich zu der Notwendig, beit der Bezahlung dieser Strafen kommen sollte. Vie zwei Methoden Etndrück« von der Ruhr-Front Bon StVtan Srostmarm Esse», 28. Januar. Mer nacht» durch» westfälische Revier fährt, weiß, daß hier Deutschland» letzte Größe liegt. Flam» »«»-« Hochöfen, weltgiänzend« Fabriksenster» frvnten, Alleen von Bogenlampen ... hier knallert dar A»g über auSgehöhlle Erde. Jeder Bahnhof «in geordnet«», vielstrongige» Labyrinth von Schienen, auf »nzähsigen Streiken unzählige Magenzüg«. Alle Reisenden starren aus den Fenstern in die Nacht. «Verstopft!" lagt der eine. »Da sollen die Fran zosen Ordvung machen!" lacht eia Aller. Im Gewirr de» Dortmunder Bahnhof» hat ein fran zösischer Lokomolivführer vor zwei Tagen den i Versuch gemacht, einen Lastzug herauSzusühren. Nach einer Stund« kam er von der anderen Seile wiader in Dortmund an. E» war ihm, zum Glücke ohne Unfall, ein» hübsch« Rundfahrt gelungen, eigentlich wollt« er in die Richtung Düsseldorf. Seither tnteressteren sich die Franzosen oußer- ozden'sich für Stcllstationen, dt« ihnen zu House nicht veriraut sind. Der zurückgekehrte französische Lokomotivführer wurde in Dortmund freundlich lächelnd «mpfangen. stein dröhnende» Gelächter. Kain vielstimmiger Hohn, nur eia Schmunzeln auf ein paar Gesichtern, da» ist die westfälisch« Melhodr. Stiller technischer Widerstand. R» da« Abend, an dem ich von Berlin weg. fuhr, zogen singende Masten über den sturfürsten- Kumm, »rst sangen si« vaterländische, dann repvbltk- fvtndiicha, z»t«ßt sudensr«sterisch« Lieder. Au» München wurde an diesem Tage gemeldet, dl« Hotel» wollen die französischen Offizier» an di» Luft fetzen und di« stellner brächten ihnen weder Speis« noch krank. Und E«werkschaft»l«vlen, dl« -'« schwarzrotgolden« Fahn« trogen, wurde da» Luch chttritzan. Da» ist di» and«r« Methode, dl« ' koperstche. E» ist die Front de» Hinterlandes. 2» Esten selbst gehr «», oder ging e» bl» gestern Lorurtstg, üea 23. jturuar Leipziger 1'agedlLtt vaä NLaäelsreltirng Hitlers Fahnenweihe gestattet Ruhe ln München «»»«»«rrr«ktK«richr»«»Let»i«grrr»,e»l»t<«» München, 27. Iannar Dl« Verhängung de» Ausnahmezustandes Hal dazu beigekragen, daß btSher in München alles ruhig st. Zwischen dem neuernannten SlaatSkomm ssar Dr. Schweyer und d«n Führern der Nat onalsoziälislt- sche» Partei Haden die Verhandlungen inzwischen chren Fortgang genommen und dazu geführt, daß dis Abhaltung de» Aatlonalsoziallstlschen Parteitage» mrnmehr gestattet wird. Aller dings bleiben d!« Versammlungen unter freiem Hlm- mil und alle Umzüge durch di« Straßen der Sladt verboten. Dagegen sind die für heute angekündigl.n Generalversammlung«!» «rlaubl worden, wenn auch mit der Beschränkung, daß nur sechs Versammlung n stattfinden dürfen. Demgegenüber erklärt die Pa t.i- lellung, daß sämtliche Versammlungen programrn- gemätz abgehalten werden. Auch die für morgen vorgesehene Fahnen- wethe ist vom SlaalSkommissar gestattet wo:» den. Inzwischen treffen die Partcianhänger von außerhalb tn München ein und werden am Bahnhof church eine Musikkapelle begrüßt. Umzüge durch die Stadt, haben sedoch bisher, nicht statbgesunden. Die Nationalsozialisten haben im HofbräuhauS ibre Fahnen und ihren Schmuck aufgezogen. Die Re ¬ gierung hat ihre Polizei durch Schupo «u» a«d«ren bayrischen Städte» verstärkt. Im allgemeinen herrscht tn weitesten Rveire» München» Befriedigung darüber, daß die Regierung endlich den Mut gefunden hak, dem Treiben der Nationalsozialisten etwa» energischer als bisher ent- gegenzukrelen. Nur die Münchner Neuesten Nach richten haben die Stirn, von Mißverständ nissen zu sprechen, die keine Veranlassung zur Verhängung deS DelagerungSzr stndrS gegeben hätten. Hitler habe nicht beabsichtigt, zu Gewalt- akter» zu «reisen, da matz oder an seiner subjektiven Glaubwürdigkeit nicht Zweifeln würbe, und ncch we. Niger an der dcS StaatSministers, mühten Miß verständnisse vorllcgen. ES ist noch ein Rätsel zu lösen: Ist e» wtrk"ch nur dle Rücksicht auf die Zelt, was dt« bayrisch« Re- Lierunq zum Einschreiten veranlaßt hat? Wenn dem so wäre, so bedeutete daS eine schwere moralische Belastung der Verantwortlichen. Der National- soziali-mus in Bayern ist von dem Geschehendflen, das hier üblich war. groß gezogen worden. Die Mit- läufcrschafk st.ht fetzt beschämt beiseite. ES durfte nickt so weit kommen, daß zu solchen Mitteln ge griffen werden mußte. Wäre man früher vor gegangen, so wäre diese schwere Belastung ver- mi«den und d e im Augenblick für di« Republik so bitter notwendige EinheUtsront ulcht bedroht worden. volle Schadloshaltung Berlla, 27. Januar. Von zuständiger Stelle wird milgeieill: Reich und Länder werden allen Reichs-, Stact.»- und stoinwunalbeamten, Geistlichen und L:hrp:rson«n in den alt» und neubrsehten Gebieten seden Schaden ersehen, den sie in Erfüllung ihrer öffentl chcn Pflichten durch die rechtswidrigen Maßnahmen der Besatzungsmächte erleiden. Im übrigen nehmen die Verhaftung«!» und Aus weisungen durch die BesahungSbehörden ihren Fort gang. Neuerdings werden namenäich Forftbeamle hiervon betroffen. Spende der sächsischen Landwirte Au» Anlaß der sächsischen Landwirtschaftlichen Woche hielt der Sächsische Landbund am Freitag namittog tm Zirku» Sarafant zu Dresden seine Hauptveriamlmung ab. Der ReichStagSadge-' ordnet« Dr. Obortohren hielt den Haup.vor.iug über Politik und Landwirtschaft. Er forderte unter stürmischem Beifall der Landwirte, dl« Regierung, häk.e nicht nur die Botschafter in Pari» und Brüste! zurückztehen, ».nd«ln auch di« ganze «zprelsionlststche EntenrekommHiyn zum Teufet jage« müssen. Daun beschäftigt« er sich wtt der Not der Landwirtschaft und verstteg sich zu der Behauptung, aus der Ge- kretdemnlane gehe kehlen Endes eine Unterstützung deS feindlichen Auslandes hervor. Die Landwirte nahmen diese Feststellung natürlich mit grotzem Bravo auf. ES wunde eine Entschließung angenom men, die sich mit der Besetzung des RuhrgebieteS ' besaht. Die Versammlung beschloß dann, dem Reichs kanzler den Wert von 1000 Zentnern Roggen zu, Lmderunz der Nok zur Verfügung zu stellen. Da der Zentner Roggen augenblicklich 35 000 kostet, bedeutet die Spende «ine Summe von 35 Millionen Mark. Neuer kllarm aus Lausanne Lausanne, 27. Januar. Die Vorbesprechungen, die grstcrn zwischen dsn französischen, italienischen vnd türkischen Dele gierten und Sachverständigen über di« heute in d:n Ausschüssen zu behandelnden Finanz- und Wirb- schqflSfragen stallgcsunden haben, find ergebnis los verlaufen. Verschiedene türkische Sach verständige werden heute berel!» Lausanne verkästen. Die Lage wird allgemein als sehr kritisch de. zeichnet. Man bezwetselk, daß vor dem 2. Februar, dem Tage der Abreise Lord Curzon», die Gegensätze zwischen den Alliierten und den Türken noch über brückt werden können. Indessen ist e» nicht aus geschlossen, daß dle Arbeiten der Konferenz später an einem anderen Orte — vielleicht tn Konstuntinpel — wieder ausgenommen werden. Meine politische Nachrichten Der ReichstagsauSschuß zur Untersuchung der Vorwürfe gegen die Reichswehr hat seine Arbeiten abgeschlossen. E» wurde festgeslelll, -aß ln der Marineschule Mürwick zweifellos zahl reiche Uqgehürigkaiten vorgekommen sind, daß aber gegen sie mit aller Schärfe eingeschritteu worden ist. Der Ausschuß stellt« ferner fest, daß der Reichtwehr- mlnister alles getan yat, waS in seiner Macht stand, um di« Leute tn ihrer politische» Gesinnung zu schützen, * Reichspräsident Ebert hat tn einem Dank schreiben füv dt« Sympachiekunbgebung de» Wiener Gomrtnderat«» de« Bürgermeister der Sladt Wien erklärt, da» deutsche Volk und seine Regierung seien einig in dem Bewußt sein, daß sie nicht ander» handeln konnten. Sie seien zu Opfern und weiterer entschlossener Abwehr bereit. Romsav Macdouald, der Vorsitzende der parla mentarischen Gruppe der englischen Arbeiterpartei, hat eine dringende Versammlung der Arbeiterpartei in London kür Montag, vormittag einbernfen, um über die RnyrfrageZl verhandeln. Die französische Kammer nahm den Haoshaltptan für 1923 in seiner Gesamtheit mit 480 gegen 81 Stim men au. Dte Lemberger Behörde« Haden eine weit verzweigte Spionageorganisakion auf- ' gedeckt, dte tm Auftrage der russischen Sowjets arbeitete. Dreizehn Personen wurden verhaftet, darunter zwei Unüerofflz'ere der polnischen Armee. Die Zentral« der Organisation befindet sich nach polizeilichen Angaben in Wien. Vas Jugendgerichts-esetz Deutscher Reichstag rradidertcht unserer vrrl»««r «chrrftleltv», , BerL», 27. Januar. Der Re ch»lag begann heule mit einer recht stillen Sitzung, mit der zwe ien Lesuag Le» Jugend- gerlchlSgefetze». Der Retch-justizmiu st«r Dr. Heinze bezeichnete e» al» den Zweck de» Gesetze», dle ger chtl chen Strafen bel Jugendlichen durch Er ziehungsmaßnahmen zu ersetzen, wenu diese Erso g versprechen. AiS Zugendlisher gilt, wer über vierzehn Jahre, aber noch nicht über 18 Jahr« alt ist. Die Statistik über die Straftaten der Jugendlich«» be weist, welche große Bedeutung di Heu, Gesetz gerade ln der jetzigen Zeit zukommt, tn der stch dle Zahl der strafbaren Vergehen Jugendlicher so außerordentlich vermehrt hat. Al» eineu Lichtblick bezeichnet e» der Minister, daß die AuSschußsthung über da» GeseheS- werk, da» auf der Arbeit de» Slrafreschtslehrer» von Liszt ruht, in schneller Arbeit erledigt werden konnte, weil die Parteigegensätze dabei vollständig hinter den sachlichen Zielen zurückgelrete« sind. Nachdem der sozialdemokratisch« Abg. Dr. Herz, feld daS Gesetz al» einen Fortschritt begrüßt hatie, well nunmehr Schulkinder nicht mehr ln» Gefänrn S geschickt werden können, stimmt« das Haus den erst n 14 Paragraphen Lebattelo» zu. Auf Antrag de« deutschnationalen Abg. Warmuth wird -egen dte Stimmen der Linken öle Regierungsvorlage wieder hergestellt, insoweit sie bestimmt, daß der Strafvollz g gegen einen Jugendlichen so zu bewirken ist, daß .unter Wahrung de» Ernste» der Strafe' feine Er. Ziehung gefördert werd«. Der AnSschvh HEe die Worte .unter Wahrung de» Ernstes -er Strafe' ge strichen. Bei einem Anträge de» Abgeordneten Beyerl« von der Bayrischen VolkSpartel, auch l» einem anderen Punkte dir Regierungsvorlage gegen den Antrag der Linken wiederherzuflellen, ergib! stch di« Beschlußunfähigkett de» Hause» bel Anwesenheit von 190 Mitgliedern. Präsident Loebe beraumt deshalb für zehn Minutrn später eine zweite Sitzung an, tn der die Gesetzesvorlag« über Kleinrentnerfürforg« -em sozial- politischen Ausschuß zugewiesen wird. Dann wil der Gesrhentwurf, mit dem ber letzte Termin für die Ablieferung des Umlagegelreide» vom IS. April auf den IS. März zurückoerlegt Mir-, ohne Debatte ln alle« drei Lesungen endgültig an genommen. Schon vor S Uhr vertagt sich dann bas Hau» «f Mittwoch nächster Woche. „Enthüllungen" aur Voorrr SensattonSblätler des Auslandes wist«» vauZe» zu Zelt immer wieder Neues vom ehemalige« Deut schen Ka ser zu berichten. Diesmal ist «» die Aorkchir« Evening New», dt« es, ausgerechnet zu» Geburtstag Wilhelms H. für notwendig hält. «« .Wahrheit' «ber die Zustände im Schloß Doorn«, zudecken. Sie behauptet, dte zweit« Ehe -es Ex kaisers habe stch als sehr unglücklich herauLgefiellt und die Trennung zwischen dem Kaiser mck ssiues Gemahlin fei eigentl ch so gut wt« vollzog«». B«'-« bewohnten getrennte Schlohtetle und bi« Kinder der Exkaiserin au» ihrer früheren Ehe stän-en mit ihre» Stiefvater in keinerlei Beziehungen. Ferner V-r- dehauptet, seit einigen Wochen hab« sich dt« Um gebung des Kaisers sehr ungehalten darüber aus gesprochen, daß sich sein Wese» sehr verändert hab« und daß es fast unmögl ich sei, mit ihm auSzakommen. . Daß Wilhelms N. Stimmungen schnell wechseln, weih alle Welt. Aber da er jetzt Privatmann ist, hat stch dle Oeffentlichkeit nicht daran, za kümmern. Am allerwenigsten aber hat st« Anlaß, stch m k seinem Eheleben zu befassen, -as feine ureigenste Angelegenheit ist. Lloyd Georg« hat aus sesimm spanischen Aufenthaltsort mitgeteill, daß er am Mittwoch nächster Woche nach England zurückkehren wevd«. weniger geräuschvoll zu. Noch nie sah ich ähnliche Beispiel« etn«r disziplinierten Masse. Als man gestern nachts in Len Straßen von Essen auf da» Tüyssen-Urteil wartete, da begnügte man sich mit längeren Spozlergängen durch dte Hauptstraßen. Bis nach Mitternacht promenierten dte Leute, ober bloß tn losen Gruppen. Von Zeit zu Zett kam «in französischer Offizier, rechts und UnkS von zwei Sol daten mit aufgepflonzten Bajonetten begleitet, man ging thm nicht absichtlich in den Wey, aber wich auch nicht ehrfurchtsvoll zurück, man kümmerte sich um dl« fremden Herren fast gar nicht. Die Lokale werben hier «rst um Mitternacht geschlossen, viel« Menschen sind hier gewohnt, abends ihren Haiden Schoppen Wei» zu trinken, der hier «rfchwlng- llch ist. Dennoch gab's n i r g « n d wo ei ne Radau- szen«. Nirgendwo bis gestern «ine Rempelei. Vor Mitternacht kamen Extrablätter mit den Geld strafen tm Thyssen - Prozeß. Die Zeitungsfrauen waren umlagert. Eine schrie di« Nachricht gellend über den Platz. Die prünen Polizisten, die hier Wuicher an taktvoller Beruhigung vollbringen, er mahnten die Schreienden: .Keine so grellen Aus rufe." Ein breiter Westfale kam auf dt« Alt« zu: .Rufen Si« doch nicht fünfhundert Millionen Mark Geldstrafe, rufen Sie doch nur 500 Mart Geldstrafe." Dt« iimstebenben lachten. Gin Herr ouS ter Meng« vollendete den Scherz: .Rufen Sie doch nur, Ver weis für Thyssen." Allgemeines Schmunzeln. Mo tn oller Welt löst sich Entrüstung tn so intelligenter Heiterkeit auf? Ich bin für di« westfälische Methode. Dabet wär« es falsch, anzunehmen, baß hier nicht ti«fsi«r Ernst auf dem Grund« aller läge. Wahr- fchetnlich ist dies« HeiterkeU so erquickend, weil sie auf dem B»b«n «ine» dunkeln Ernsie» entstanden ist. Dieser Ernst hat setzt «Ine unseheuere Span- nung erzeugt. E» Ml ß heute kein Versr.ü^n sein, als fren.'ipcher Lridot, vesibrsrckt in Fe'tLi - röstuny, ober mit ausg«l sion-t m Aosrnett ti rch kl« ökersüvien Straßen vcn Essen zu yehe». Pkbrleien, billige Witze gibt es nicht, ober wen» «tn Plou-Piou in «Inen Lebevtmlitellaten tritt vnd dort von em «entgen, bas plötzlich jäh »«Neuert wurde noch etwa» wegkaufb so Kanne» geschehen, daß er mit etnemmal «in paar hundert Zeugen durch dt« Auslagefenfler auf stch starren fleht. ES wird lkm kein Haar gekrümmt, aber eS Ist doch unbequem, die Augen von hundert erregten Menschen auf stch zu fühlen. Die Franzosen haben offenbar die Ordrr, stch so lautlos vnd vorsichtig als möglich z« benehmen, tzeut« nachmittag belagert« «tn« unübersehbare Men^e den BahnhofSplatz, Thyssen zu erwarten. Gegenübcr dem Bahnhof, tm Hauptpostamt, hatten stch Franzosen eingentstet. Sie hatten keine Lust, aus den Fenstern zu schauen, nur von dem hohen Turm d«< Telegraphen- Amtes sah man zuweilen blaugraue Uniformen leuchten. Dann und wann muhte eine französische Patrouille durch daS Gedränge. Anderswo wäre dl»,er Durchmarsch zweier kleiner bepackter Soldaten durch ein Meer von Menschen gefährlicher ver laufen. E» wäre wenigstens zu einem Krawall ge kommen. Die Wesifäler, junge, alle, Männer, Frauen — dte halbe Stadt lagerte um den Bahn- Hof — benahmen stch musterhaft! .Arm« Jungens", hörte man zuweilen sagen, aber dem Mitleid mit den Knobengestchern unterm schwarzen Helm war d ch e'n kleiner Schuß Verachtung belgemengt. So fremd und lächerlich erscheint uns Deutschen setzt schon ein vcll^epackter Insanterlst tn Marsch^nS- rüstung. Aber als endlich nach vielstündigem Warten der Zug aus Mainz ankam, da gab eS auf dem BahnhofSplatz und schon auf dem Bahnsteig b!S hinüber zum Hotel Kaiserhof Kundgebungen, dl« auch den Amerikanern und Italienern, die neben mir standen, das Wasser ln di« Augen trieb. T?yss«n wurde auf dem Bahnsteig, auf der Bahn treppe »nb vor dem Hotel Kaiser-of umarmt, von wildfremden Leuten gekißt. Hvndert« Hände streck en sich ihm enleegen, und er vermochte kein Wort zu lpreckkn. Plötzlich begann di« Meng« auf dem Ba nhofSpl h Hu singen, nnb nie ist di« „Macht am Rhein" mit heiligerem Recht als an diesem Nachmittag hinauf zu den Fenstern der französischen Offizier« im Hauptpostamt gedrungen. Mitten durch dies« unübersehbar« Meng« knai irrten französisch« Lastauto» »n- noch lmme patrouillierten graublaue PtouS-Plou» durch dte heiß erregte Menge. Man ließ si« durch, man begriff dte Willenlosigkeit der zwangsweise elngekleideten Jungens. Aber je dunkler der Abend wurde, desto mächtiger wuchs der ungeheuere Zug. Die ganze S adt dröhnte tm Innern von Liebern und R- en, e ne uv"«''»'«re Ard-«» 'astet auf ber grünen Polizei, bl« zu Fuß und zu Pferd« vor den franzöflschen Quartieren ausgestellt ist. Einheimisch« erkennen ihr Essen nicht mehr. An diesem Abend liegt «S im Fieber. Ich wollte eigentlich von -er anderen Methode erzählen. Don der Melhod« -«» stillen Widerstandes. Wenn die Stadt morgen M.ever ,.!ü w.ro, wttü man uut rupigem Ropj« darüber sprechen können. Eia Vortrag -e» RelchSgerichtSpräfideak«» Dr. Simon». Am Freitag, den 2. Februar, Hörsaal 80 der Unlversi ät: abends 8 Uhr spricht tm Rahmen der Abende .Weltkrist» und Welkgew ssen" Herr Dr. Simons, Präsident de» Reichsgerichts, über da» Thema: Die deutsch-franzöflfch« Krisis und der Völkerbund. Alfon» Peßolb s. Der österreichisch« Lysiker und Ar. eiterüichker AlsonS Pehoid ist, wie au- InnSbruck gemeldet wird, im Atter von 41 Jahren tn Kihbühl an der Influenza gestorben. Au» armer Arbeiterfamilie stammend, ln feiner Jugend in einer Glasbläserei, dann al» Laufbursche be- schäsNgt, trat er, 28sährig, mit seinem ersten Buch« „Trotz alledem" voll gedankenschöner, tl«f empfunbener Vers« hervor, fon) zunächst in -er soziai-emokra- 1 schen Presse, dann aber auch t» der bürgerlichen mehr und mehr Anerkennung. Sein« Lylikkänd« .Seltsame Musik", .Der Ewige »nb dl« Stunde", .Heimat vnd Welt", .Der hetltge Trieb", ^tri g" .Volk, mein Volk!" und sein« Roman« .Erle", ,.Au» der Werkstät e eine» Werdenden", „Dal Lächeln GoiieS" u'w. zeugen von seiner «drlichen soz al- ethischen Leben»auffassung. D« Verleihung dr» Dauernfeldprelfe», früher schon Geldspenden Kaiser Franz Joseph« nnd ein« regelmäßig« Pension d« Stadt Wien bewirten, daß der Klassengegensatz »oe einer so lautere» PerföaUchkell »«rstoauvl^
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