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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.01.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192301212
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230121
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230121
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-01
- Tag 1923-01-21
-
Monat
1923-01
-
Jahr
1923
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^aKesberickt Line Stratzenbahnfahrl 150 Mark Al» in der vorletzten Stadtverordnetensttzung durch dle „prinzipielle" Gegnerschaft der rechten Seite de» Hause« und der Kommunisten di« Er höhung de» Stratzenbahnfahrpretse« um 10 Mark abgeieynt worden war. wiesen wir sosort auf die Zwecklosigkeit einer derartigen..Demonstration" hin. Heute kommt nun der Rat mit einer um so fühl bareren Erhöhung: Der Fahrpreis soll elnheiMch für einfache m»d Umflelgefahrt auf ISO Mark erhöht, dle Züsch löge l» de» Abendstunden und an de» Sonntage» solle» a»f se 10 Mark festgesetzt werde». Di« RabattsLtze für die Vorzugs- Karten uud Rachtz»schläge werden bei behalte», die Eiukommensgrenz« für die Arbeiter-Wochenkarte» wird ans 1,4Mil lionen Mark festgesetzt. Diesen außerordentlichen Sprung von 7V oder 80 Mark aus 150 Mk. begründet der Rat mit den seit Anfang Dezember mehrfach erfolgten Lohn erhöhungen und den neuen Lohnforderungen sowie mit der seit Anfang Januar eingetretenen unge heuren Verteurung aller Betriebs- und Verwal- kungSkosten. Wenn auch die Verhandlungen über die jüngste Lohnforderung von 150 Mark Zulage pro Stunde noch zu keinem Ergebnis geführt haben, so rechnet der Rat doch mit insgesamt 430 Millionen Mark Mehraufwendungen für Löhne usw.. wozu noch 185 Millionen Mark für Mehrausgaben von Strombezug. Beamtenbezüge usw. treten. Zusammen sind also 614 Millionen Mark Mehrausgaben zu decken. Der Rat kommt auch auf die von den Srgnern der TarifpoUtik vertretenen „Frequenz-Politik" zu sprechen. Er bemerkt dazu, datz durch diese FrequenzpoUttk der Straßenbahn die nötigen Mehr- einnahmen nicht zugeführt werden können, und daß die Benuhungsztffer in der letzten Woche trotz des unveränderten 70-Mark-Fahrpreises zurück gegangen ist. Rach einer zweiten Vorlage hat der Rat be schlossen, dle Rabatts Ütze für die unpersön lichen Wochenkarten von 20 auf 25 Prozent zu erhöhen. Er ersucht ferner die Stadtverordneten darum, zur schnelleren Anpassung an veränderte Wirtschaftslagen, die Fahrpreise (zwar zunächst bis zum 31. März) durch den Verwalinngsrat der Straßenbahn festsetzen zu lassen. 7V 000 Mark für eia Zwanzig«arkstück. Der An- kauf von Sold für Las Reich durch die Retchsbank und Post erfolgt in der Woche vom 22. bis 28. Januar zum Preise von 70000 -4t für ein Zwanz gmarksiück, 35 000 für ein Zehnmarkstück. Für aoSländisjche Goldmünzen werden entsprechende Preise gezahlt. Der Ankauf von Reichssildermünzen durch die Reichsbank und Post erfolgt bis auf weiteres zum IZOOfachen Betrage des Nennwertes. * Zur 5V-Millionen-Aaleihe der Leipziger Tech- ni'chen Messe. D e Anfang Januar zur Zeichnung angeborenen 50 Millionen Mark 7prozentiger Teil schuldverschreibungen sind bereits am 18. Januar voll aufgebracht gewesen. Obwohl der Zinssatz von 7 Proz. nicht hoch bemessen war, ist der ausgeschriebene Be- trag doch in verhältnismäßig sehr kurzer Zeit ge- zelchnet worden. Die Handelswelk mißt offenbar der Leipz ger Tcjchnischen Messe große Bedeutung bei. Kein Abrufes auf dem Havptbahuhofe. Dle Reichsbahndireklronen Dresden und Halle geben in dieser Zeitung bekannt, daß in allen Warteräumcn des Leipziger HaoptbahnhoseS die Züge nicht mehr obgerrrfen werden. Einräumung eine» Vorzugstarife» für Ilmzugsgut. Zu der sich bereits aus der herrschenden Wohnungs not ergebenden Beschränkung der Freizügigkeit der Angestellten ist in neuerer Zelt durch lxü starke An steigen der Gütertarife eine neue Bindung hinzu getreten, und zwar durch die fast unerschwinglichen r-' ' > >> > , . > . > - .I. Möbel trän Sporkkost en auf der Eiseickahn. Ergeben sich doch selbst bei vechÄtni-mäßig geringen Ent fernungen Frachtsätze, die der Angestellte nur tn den seltensten Fällen aus seinen Mitteln aufbringen kann. Dom SsweftrschaftSbund der Angestellten sGDA.) wurde deshalb da» RelchSverkehrSmtulste- rium m»f Kiese sicherlich nicht beabsichtigte Wirkung seiner Tariifpolivk mit dem Anträge aufmerksam gemacht, die Linräunmng eines Vorzugstarif» auf der Grandloge einer etwa SOpryzentigen Ermäßigung der gegenwärtigen Sätze tn wohlwollend« Erwägung zu ziehen. * Reu« KranktnversicherungSgreaz«. Der sozial politische Ausschuß des Reichstages hat beschlossen, dle IahreZarbeikSverdienstgrenze für die Verstche- rungspfllchl bei den .Krankenkassen auf 2 400000 -st zu erhöhen. Fabrlkbranb in Leipzig-Neustadt. In der Me tallwarenfabrik und Apparatbau Clemens Hu- mann in der Wißmannstraße 29 entstand am Sonnabend mittag ein größeres Schadenfeuer. Eine Arbeiterin war dem brennenden Gaskocher zu nahe gekommen und brachte mit ihren brennenden Klft- dungsstückne einen Behälter mit Benzin zur Ex plosion. Die Arbeiter der Fabrik gingen Brande zwar sosort zu Le be, konnten aber nicht verhindern, daß mehrere Benzinbehälter explodierten und der Raum vollständig aoZbrannte. Mit mehreren Schlauchleitungen griff die Feuerwehr der Ost- und der Haupkwache den Brandherd an und wurde des Feuers Herr. Einige Arbeiter, di« auf das Dach geflüchtet waren und keine Aückzugsmögltchkeit fanden, wurden von der Feuerwehr gerettet. Die Arbeiterin erlitt erhebliche Brandwunden. Obwohl der Schaden ziemlich bsdukend ist, kann die Arbeit im Fabrikbetrieb am Montag in vollem Umfange wieder ausgenommen werden. Starke Schneefalle tn ganz Deutschland Nachdem der Winter dieses Jahr ziemlich lange auf sich warten ließ, ist es tn den letzten Tagen fast in ganz Deutschland zu außerordentlich starken Schneefällen gekommen. Das Winterwetter setzte besonders in -er Nacht zum Sonnabend lebhaft ein und brachte umfangreiche Schneemasten: da es aber zum Glück n chk von Sturm begleitet war, sind uns größere Verkehrsstörungen, wie sie sonst häufig im Gefolge der Schneefälle einkrcten, erspart geblieben. Nach unseren Erkundigungen bei der O. P. D. Leipzig hat der Telephon- und Telegraphen verkehr nicht gelitten, auch von auswärts wurden keinerlei Störungen gemeldet, und im Eisenbahn- verkehr sind außer einigen Verspätungen nennens werte Störungen nicht eingekreterr. Der Verkehr in der Stadt selbst bot allerdings besonders iu den zei tigen Morgenstunden des Sonnabends einige Schwierigkeiten. Die aus den Vororte zur Stadt fahrenden Marktgeschirre konnten sich nur mühsam durch die Schneemassen Bahn brechen, und di« Glätte a»f de» Straßen machte den Zvgüeren viel zu schaffen. Bei der Straßenbahn gab es reichliche Verspätungen, der normal« Verkehr mit Anhänge- wagen konnte auf den meisten Linien nicht aufrecht erhalten werden, und man mußte sich entschließen, nur mit Motorwagen zu fahren. Wie uns aus dem Vogtlands gemeldet wird. Ist es trotz -es anhaltenden starken Schneefalles nicht zu größeren Betriebsstörungen im Eisenbahn- oder Postverkehr gekommen. 3m oberen Vogtland haben sich Zugverspätungen infolge der stark verwehten Bahnstrecken ergeben. Der Himmel hängt voll von tiefgehenden grauen Wolken, und es wird auch für dis nächsten Tage mit starkem Schneefall im ganzen Vogtlande gerechnet. In Thüringen herrscht seit zwei Tagen außerordentlich starkes Schneetreiben, sedoch ist eS bisher nicht zu Störungen im Eisenbahn, oder Post verkehr gekommen. Auch die nächsten Tage wer- den Sckne^ällc bringen. Ungünstiger lauten die Nachrichten aus dem ost- ltchen Erzgebirge. Da hier vielfach Schnsestürme zu verzeichnen waren, haben sich wieder erhebliche Stö rungen im Fernsprech- und Telographenverkehr er geben. Im Bereiche des Bezirkes Dresden ist der ganze Linienzug Dresden—Chemnitz—Frankfurt a. Main zwischen Dresden und Freiberg gestört. Srvei raffinierte Scheskschwindler gefaßt Vor mehreren Tagen hatten zwei Gauner einen Fabrikant« tn Königstein um ein Auto be- trogen, indem sie ihm einen gefälschten Scheck über 14 Millionen Mark aushändlglen. Di« Gauner fuhren nach Rossen und versuchten dort einen Benzintank zu stehlen. Dabet wurden ste gefaßt, aber gegen Hinterlegung einer Sicherheit wieder entlasten, Inzwischen wurde der Königsteiner Be ¬ trug erkannt. Das erschwindelte Auto wurde in Meißen beschlagnahmt, di« beiden Scheck- schwindler entkamen zunächst, wurden dann aber in Dresden sestgrnommen, als von ihnen gerade ein ähnlicher Streich ausgeführt werden sollte. Die beiden Verhafteten sind die Brüder Eckel mann au» Chemnitz. Der eine entpupppie sich als der jenige Unbekannte, der bereits seit dem Herbst in verschiedenen großen Städten Deutschlands unter adligen Namen auskrat und mit gefälschten Schecks Pelze und Schmucksachen ergaunerte. Deutscher Kliegerbesuch in London Der Pilot Frantz von den Junckers-Flugzeug- werken ist am Mittwoch von einem zehntägigen Besuch tn London wieder nach Johonnischal zu- rückgekehrt. lieber seine Fahrt nach England mit dem Junckers-Flugzeug v 220 und die Ausnahme in London berichtet« der Flugzeugführer einem Der« treter der Vostischen Zeitung u. a. folgendes: Di« Royal-Aeronauttcal-Society, die führend« flugwissenschaftllche Körperschaft in England, hatte vor kurzem Professor Junckers, den Erfinder deS Metall-Flugzeugbaues in Dessau, eingeladen, einen Vortrag über seine Flugzeuge in London zu halten. Der Erfolg dieses Vortrages, den Prof. Junckers Anfang Januar in London höelt, war so groß, daß d e Gesellschaft an Junckers die Bitte richtete, eines seiner neuesten Flugzeuge zu einem Besuche auf d«m Luftwege nach Croyden, dem großen Luft verkehrs-Flugplatz bei London, za senden. Diese Einladung traf den Junckers-Luftverkehr so überraschend, daß Vorbereitungen irgend welcher Art oder gar Erkundungen der Strecke Berlin— London nicht vorgenommen werden konnten. Ein normales Landverkehrsflugzeug, v 220, startete am 7. Januar um 11.35 Minuten unter meiner Führung auf dem Flugplatz tn Johannisthal bet Berlin. In glattem Fluge wurde dle Gegend über dem Teuto burger Walde erreicht. Dann nahm dichter Rebel die Maschine auf, der ste bis Gelsenkirchen, -em unvorhergesehenen Zwrschenlondeploh, nicht mehr freiaab. Ohn« Kenntnis einer Landemglöichkett ging ich hinunter und landete — auf einer großen alten KcchlenhalLe, so glatt, wie auf einem ebenen Flug platz. Kurze Orientierung ergab, daß der Flugplatz nur wenige Minuten davon entfernt lag: -er Start auf der Kohlenhalde gelang und um 5 llbr nach mittags stand das Flugzeug geborgen im Schuppen des Flugplatzes von Gelsenkirchen. Zwei Tage hielt dichter Nebel, der nicht welchen wollte, das Flugzeug in Gelsenkirchen fest. Um die Engländer nicht allzu lange warten zu lasten, stieg ich am 9. trotz des Nebels um 12.40 Uhr mittags auf und flog bei Rogen rechts -es Rheins, das besetzte Gebiet vermeidend, bis zum Eintritt des Rheins m holländisches Gebiet. Dann quer über dos Nackbar- Königreich bis nach Vliflingen. Um mit d«r Land maschine eine möglichst kurze Strecke über See zu sein, flog ich die ganze Kanalküste entlang bis Ost ende. Dort wich ich vor einem schweren Hagelschauer tief in das flandrische Land hinein auS, gewann bei Dünkirchen wieder die Küste »nd steuerte dann ge radeaus den Leuchcturm von Dover an. Der kleine Flugplatz Lympfhe war in der Dunkelheit nicht leicht zu finden. Die Landung gelang aber kurz nach 6 Uhr abends glatt. Am nächsten Vormittag gingen wir um 11.40 Uhr bei außergewöhnlich böigem, starkem Gegenwind hoch und erreichten Croyden um l Uhr. Die Aufnahme In Croyden war überaus herzlich. Unsere Maschine wurde von einer riesigen Menschenmenge erwartet, die nach der Landung allgemein erklärte, ein so seit. sameS Flugzeug noch nie gesehen zu haben. Das war begreiflich, denn zum Unterschied von allen anderen b'sher gebauten Flugzeugen hat die Junckers- Maschine ihre völlig freitragenden Flügel nicht über, sondern unter dem Rumpf. Schnell hatte unser Flugzeug seinen Spitznamen weg: «fiwmv vilä io tds air^ sein englischer, sehr populärer Boxer von untersetzter Figur, an -en unser gedrungenes Flug zeug mit seinen kurzen, brvttprosiligen Flügeln sie wohl erinnerte). Allgemeines Erstaunen herrschte, als wir erklärten, daß der Motor streng nach der Vorschrift des Friedsnsverkrages nur 185 PA. leiste. Wir waren kaum gelandet, als -er zufällig auf dem Platz zu einer Besichtigung anwesende Staats sekretär des englischen LuftamteS, Str Samuel Hoavre, hinzukam, uns freundlich begrüßte und sich unser Flugzeug vorfliegen ließ. Er äußerte sich in liebenswürdigster Weis« sehr anerkennend über seine Flugeigenschaften, inrmer wieder tn Erstaunen versetzt durch die Leistungen unseres schwachen Motors, den er, wie alle anderen englischen Fach leute, einem 500-?8.-Motor fremder Konstruktion durchaus gleichsehte. Am nächsten Lage nrachten wir einen Rundflug mit vier Passagieren, zwei Damen und zwei Herren, unter ihnen Dr. Stern, einer der ersten Motoren fachleute Englands und Mitglied der einladende^ Gesellschaft. Am nächsten Tage wollten dreißig Mitglieder der Wissenschaftlichen Gesellschaft die Maschine sehen und mit ihr fliegen. Aber ein echt englischer Nebel hindert« uns am Aufsteigen. So kletterten dann die Herren gründlich um und durch die Maschine herum, zeichneten und skizzierten nach Herzenslust: wir nahmen die Maschine dazu so weit auseinander, wie irgeird möglich, und freuten uns, daß unser Flugzeug, bei uns schon seit drei Jahren so durchkonstruiert wie beute, ihnen als etwas so ungewöhnlich Neues er schien. Skeptisch äußerten sie sick nur über unser Baumaterial, das Duraluminium. Wir belehrten sie sedoch darüber, daß wir es durchaus für ein Kon- struktionsmetall hielten, da wir auf vierjähriger Er fahrung ausbauen könnten. Ist Deutschland dock der einzige Staat, der nach dem Kriege einen wirklicken Fortschritt im Flugzeugbau, nämlich die ausschließ liche Verwendung von Metall zum Rumpf, und Flügelbau, zu verzeichnen hat. Andauernder Nebel machte jeden Flug in Eng land selbst unmöglich, so daß wir uns zum Rückflug am 16. entschlossen. 12,45 Uhr mittags englischer Zeit starteten wir in Croyden und erreichten nach Ueberwnrduna starken Gegenwindes den Rotter damer Flugplatz um 4 Uhr. Er ist der modernste und besteingerichletste Platz, den ich in meiner viel jährigen Fliegerpraxis kennen gelernt habe. Der englisch« Flugplatz Croyden ist auch nickf schlecht, aber ein früherer Militärflugplatz, und gibt daher keinen geeigneten Maßstab für eine Neuanlage. Ich stieg dann um 11,45 Uhr in Rotterdam auf and zog, trotz starken Seitenwindes, in gerader Linie, wie nian so sagt, .stur' nach Hause. Kurz nach 5 Ubr landete ich in Johannisthal. Die Tage in England waren durch kek.n« Un freundlichkeit getrübt. Di« Aufnahme war korrekt englisch, höflich, zuvorkommend. Jede Unannehm lichkeit wurde uns ferngehalten. Zollkontrolle sehr streng, aber nicht schikanös: unser Privakgepäck wurde überhaupt nicht angefaßt. Der Wetterdienst auf dem Croydener Flugplatz funktionierte tadellos. Alle dort ankoimnenden und abflieqenden englischen, französischen und holländischen Flugzeuge haben drahtlose Telephonanlagen und sind in ständiger Verbindung mit der Erde. Fünf Linien berühren Croyden, zweimal täglich von und nach Rotterdam, einmal täglich von und nach Paris, Manchester und Köln. Für Deutschland ist diese Einrichtung leider nicht durchführbar, da die Post zwar ein Monopol auf Nachrlchtenrib rmitklung, aber kein Geld bat. Sehr interessant für mich waren die Aeußerungen der englischen Flieger über den französischen Ein marsch ins Ruhrgebiet, dessen Beginn ich in Eng- land erlebte. Sie äußerlen ihre große Befriedigung darüber, daß England nichts damit zu tun habe, un erklärten. daß England bald seine Truppen aus dem Rheinland«, nach dem amerikanischen Vorbild«, zurückziehen werde. Kurzes Abenteuer Don »n»»nel«v»r "Der Gastgeber wartete auf das Erscheinen seine c Gäste. Er übersah noch einmal den Lisch, die Blu men, er ordnete die Gläser, prüfte den Wein. EL war für drei Personen gedeckt; er faß Mischen Mutter und Tochter. Er halte die Tochter auf einem Ball kennen gelernt; nach Monaten der Einsamkeit fühlte er plötzlich wieder dos Bedürfnis, mit Frauen za reden; sie waren beide schön, kaum durch ihr Ait«r verschieden, erfüllt von jenem Fieber der Erwar tung, das der Abend mit einem fremden Mann erregt. Man hatte zu Ende gespeist. Die blaae Flamme der Kaffeemaschine zuckte über den Tisch, dunkelsardiae Liköre spiegelten ihren Schein wider, fern and schwach wie das Licht eines herbstlichen Gestirns leuchtete di« rosa Schale des Rauchverzehrers vom «schrank der vielen Bücher. Die Mutter lag auf dem Sofa. Leicht abgewandk in ihrem dlaulchwarzen Haar empfand sie das Liebes spiel der Tochter hinter sich im Sessel, fühlt« ste die Äugen des Manne» an sich vorübergletten: Ihr Kör per, zwischen den beiden ««»gestreckt, empfing den Reiz ihrer Begegnung und das Feuer der unge- zügelten Sehnsucht ergriff auch sie. Die Anwesenden ahnten, daß hier ein Rausch genoßen wurde, der jede Leidenschaft überschritt; dies« Stunde würde nlcht wiederkehren: leise brannte bi« Kerze aas dem Rauchtifch zu Ende, und di« geflüsterten Worte verschwanden im Raum. .Sehen Sie.' sagte die Mutter. .Lucy ist neun zehn Jahre. Sie gefällt den Männern. Sie ist jung. Sie ist tübsch. Soll ich ste schutzlos der Welt preiSgeben? Sie möchte reisen, st« möchte erleben. Sie könnte längst verheiratet sein. Solang« st« bei mir ist, wend« ich ste bcküten. E» gibt kein Ge heimnis zwischen un» beiden.' DK Tochter ergriff die Hand der Mutter und küß e ste. Wo» nützt «»,' sagte ste. .doß du mich bewachst. Da vergißt di« Gedanken! Ich lebe sa unauchaltsam. Wenn mein Herz ia Abenteuer ver- strickt ist: da wirft e» nicht hindern. Vielleicht Hobe ich mehr erlebt al» d».' Sie verschränkte die Beine im Sessel, sie blickte hinüber. Das rosa Licht der Lampe kam näher; im Fenster schien der Dezembermond. Der Gastgeber sagte: .Süße Frauen! Das Schicksal pocht an die Türe. Keiner kann den andern schützen; jeder wird von ihm gepackt. Ist die Tatsache, daß wir beisammen sitzen, nicht schreck licher und gefährlicher als jede Gefahr? Gibt es ein größeres Wunder? Wir trennen uns bald, wir sehen uns nicht wieder, und doch haben wir unS geliebt! Ein Augenblick Lieb« Im Reich der Er eignisse: welch ein Wechsel auf die Zukunft, welch ein Trost!' Das Licht der Lampe war fast erloschen; Mutter und Tochter kracken auf. Der Gastgeber geleitete di« Mutter zur Garderobe, dann kam er inS Zim mer zurück. Er fand die Tochter hinter dem Vorhang ver-' steckt. Er nahm ihre Hand. Da sagte sie schnell und lächelnd: .Mama hat uns allein gelassen- Küß Michl" Die Massage der Tlgerlu. Eine mächtige in dische Tigerin wird jetzt täglich an der Rase und an der Kehle von ihrer Wärterin massiert, um ihr die durch eine schwere Erkältung hervorgeufenen Be- schwerden za erleichtern. Die Frau, die diese kühn« Tat vollbringt, ist die Wärterin dieses bengalischen Tiger», Mrs. Lambert, die ihn im Roubtierhaus de» Zoo von Manchester versorgt. Die Tigerin, der das rauhe Klima augenscheinlich nicht bekommt, leidet schon den ganzen Winter hindurch an einer schwe- ren Erkältung und wird von der Wärterin rührend gepflegt. Sie verbringt täglich mehrere Stunden damit, dem mächtinen Raubtier he'ße Eukalyptus- Umschläge um den Hals zu machen. Es ist «in eigen artiger Anblick, wenn man beobachtet, wie gefügig di« Bestie sich die Umschläge anlegen läßt und wie sie pelehrta dabei den Hal» hiickält. Auch die Massage läßt sie sich ganz r«blg gefallen. Ein Pfau, namens ..Luzifer', der seit dem vorigen Sommer der intime Freund dieser zugänglichen Tigerin «st, ftrbt aufmerksam dabei und findet viel Freude an dieser Behandlung. Klein« Konftnokiz. Di« Münchner Pinakothek Hot «ine größere Anzahl Werke von Erich Gruner, Leipzig, die für da» Schaffen Les Künstlers be ¬ sonders charakteristisch sind», erworben; darunter die Radierungen .Begegnung' und .Vang zur Futter stelle'. Kunstverein Dle Berliner Sezession, der gegenwärtig sämtlich« Räume des Kunstveretns zur Verfügung stehen, erhält Prägung wnd Niveau durch iyren ersten Präsidenten LovtS Corinth, d. h. man sieht vier in erster Linie auf geschultes Handwerk und persönliches Temperament, während die Richtung, in der es sich ergeht, ziemlich liberal behandelt wird. So findet man fast alle Schattierungen der modernen Maleret beieinander, von der realistischen Milieu schilderung mit sozialem Einschlag bis zu den Farben, experimenten und Kompositionellen Bestrebungen der langen Generation. Corinth selbst, -er noch langer Pause zum erstenmal wieder bet uns zu Gafte ist, präsemtert sich vor allem als Porträtist. Der 1S13 gemalte Fritze Proels, in knappem AaumauSschnilt ein« sprechend« Momentaufnahme, zeigt die saftige Ursprünglichkeit genialer Improvisation, die einem zunächst etnfällt, wenn man den Namen des Meister» hört. Drei Jahre später entsteht di« Aalbstgur de» Dr. Schwarz mit der großartig ruhigen Sachlichkeit d«r Charak teristik und dem tiefen Glanz gesättigter Farben. Für die letzte Entwicklungsphase. wo je« Einzelheit ausgelöscht und die ausS Typisch« hin gesehen« Er- lchrinirng in eine Ä.mosphäre von verhaltener Glut gehüllt wird, steht hier da» Bildnis der Frau. Lin biblische» Motiv, Kain und Abel, wird mit ganz unkonventioneller Erfindung, aber mehr mit graphischen als mit malerischen Mitteln angepackt. Philipp Franck, nun auch schon über sechzig, bringt eine interessant« Verkündigung, die an «wisse Arbeiten de» jungen, unter Rembrandt» Einfluß stehenden Slevvqt denken läßt, und ein« klare» leuchte«-« Frühlingslandschaft Dl« wtte malertsch« Tradition der Sezession von «Hedem findet man bei Llnde-Walther, der sowohl ln dem Kinder- btldniS als auch in dem Atzt am Strande sehr delikate Reize entfaltet, und, etwa» schwächlicher, in den Interieurs und Sttandszenen von Ernst Oppler. Charlotte Derend fFimr Eorinth) erweist ihre Begabung in der koloristisch zarten, räumlich nichf ganz festen Walchenseelondschaft, während das große Blumensiill-den mit den berühmten Stücken ihres ManncS nicht ganz glücklich konkurriert. Für da» Wetter leben des Berliner Impressionismus zeugt Paul Paeschke vor allem mit einer Serie radierter Hafen- und Gädlebilder. Den Uebcrgang zu der Anschauungsweise der Jüngeren vermitteln ein paar Namen, deren Träger statt noch Helligkeit viel mehr nach Schönheit des Kolorits und Tiefe de» Tones streben. Erich Klossowski. dessen an Delacroix geschulte Mal- kusiur in dem Bild mit Philippus und dem Kämmerer sehr reich zur Geltung kommt, steht hier obenan. In einigem Abstand folgen Le o v. König und Eugen Spier o. Etwas abseits, mehr nack Süddeutschland hin, führt die Entwicklung von Elsa Hofmann, deren kleine, auf gedämpften Ton ge stimmte Landschaften zu Thoma und Trübner Be- Ziehungen haben. Die Produktion d«r Jüngeren, wenn sie auch in der Ausstellung einen ziemlich breiten Raum ein- nimmt, besitzt doch nicht eben viel Gewicht. Wtlln Iaeckel, der einmal eine Hoffnung war, gerät immer mehr ln das Experimentieren mit der Gc- dankenmalerei hinein, und wenn das Damenporkät die qualitätSreiche Malerei seiner früheren Zett wenigstens noch ahnen läßt, so wirkt die Stilisierung in dem großen Liebespaar zu gewaltsam and nicht einmal originell. Erich WaSke schadet ebenfalls da» übereilte Verarbeiten fremder Anregungen, Heckendorf eine allzu ausgeschriebene Han- Alle diese Talente, von denen man gern Gutes sagen mochte, befinden sich auf einem toten Gleis Einen beachtenswerken Verluch monumentaler Gestaltung unternimmt in seinem .Abraham mit den drei Engeln' Jacob Steinhardt, von -em man aleichzeitig in der graphischen Äbtessung sorgfältige Studien aus dem jüdischen Volksleben findet. Brun« Krauskopf dagegen weiß .zwischen Sle«"<ss und Kokoschka nicht äuS und ein, und waS di« Derglandsckatt In Oel an Hoffnungen weckt, w'rd durch di« Fixigkeit de» Aquarellisten zum großen Teil wieder vernichtet. Von den übriger, Arbeiten ragon die streng geschlossene Gruppe .Mutte» und Kind' von Robert Genin und die lavierten Zeicknunien von Ernst Fritsck als Proben elneS ernsten Sttlwillens hervor. v . HE. Dalr»r
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