Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.01.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-01-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192301178
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230117
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230117
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-01
- Tag 1923-01-17
-
Monat
1923-01
-
Jahr
1923
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
LIttvycrck, ä«o 17. /uoliur Lslpulger Tageblatt Uü6 jll»o6eI»LEltuog rrt. i» »»rr» H ^aKesberickt Deutschlands vrot Verdoppelung der Getreldeprelfer Lr«»t»er,ch» unserer «erltn,» «christlettnn, Dle ReichSgetreidestell« hat den Abgabepreis für Roggen vom IS. Januar ab von SO 000 auf 197 000 Mark für die Tonne erhöht. Dementsprechend Ist der Preis für den Doppelzentner Roggenmehl von 13 000 auf 27 000 Mark heraufgesetzt worben. Der Abgabepreis für die Tonn« Weizen betrügt fetzt 212 000 Mark und für den Doppelzentner Weizen mehl 2S OOO Mark. Der Bedarf der versorgungS- berechiigken Bevölkerung, der für dai Jahr rund 4,3 Millionen Tonnen betrügt, wird etwa zu gleichen Tellen durch Ilmlagegetreide und durch Ausland- getreide aufgebracht. Der Preis für das Umlage getreide Ist auf mehr als das Fünffache erhöht wor ben, fo baß für die Tonne Roggen 28 300 Mark be willigt worden ist: noch viel höher aber find die Preise für das ausländische Getreide gestiegen. Der Durchschnittspreis sür ausländischen Roggen betrug im Dezember 340 000 Mark. Für die sich daraus ergebende BrotprelSerhöhung ist za berücksichtigen, daß der Getreidepreit zur Zeit etwa 60 Prozent des Brotpretses ausmacht. Aur Bestätigung der Vberbürgermeisterwahl Die Gründe der KrelShaoptmannschast Wie wir geltem milteilten, hat dle Kreis haupt ma n n f cha f t die am 2. Januar erfolgte Wiederwahl des Oberbürgermeisters bestätigt und die hiergegen erhoben« Beschwerde der sozialdemo kratischen Fraktion zurückgewiesen. Wir hatten das von vornherein erwartet und dem auch in unsrem Sitzungsbericht Ausdruck gegeben. Wollten di« Sozialdemokraten und Kommunisten den Wahlakt verhindern, so muhten st« von vornherein der gemeinschaftlichen Sitzung fernbleLen. Da sie aber an der Sitzung teilnahmen und Angehörige thr«r Fraktion auch mehrfach Las Wort nahmen, so muhte das nachträgliche Verlassen der Sitzung einflußlos bleiben, wenn noch die Mehrheit der insgesamt er schienenen Mitglieder des Rats- und Stadtverord nete nkollegi ums anwesend war. Größer« parlamen tarisch« Körperschaften, rote der Reichstag Landtagr ufw., fassen sogar ost Beschlüsse bei Anwesenheit von Ls/x>s«t/, L7ar»7^r»a/er»«>^aFs 6. Minderheiten und können das nach parlamen tarischem Brauch, so lange di« Beschlußfähigkeit nicht angezweifelt wird. In seiner Entscheidung führt die Kreishaupt- mannschaft au-, daß dir Einberufung der gemein schaftlichen Sitzung unter Beachtung aller hierfür geltenden Borschrtsten erfolgt sei. Das werde von keiner Seit« bestritten, ebensowenig, daß bei Beginn der Verhandlungen beide Kollegien in besch uh fähiger Zahl anwesend waren, denn die Anwesen- hettsltste führt 28 Ratsmitglieder und 72 Stadt verordnete auf, zusammen 100 Erschienen«. Damit war dem 8 4 der Geschäftsordnung für die gemetn- schaststchen Sitzungen beider städtischer Kollegien genügt, in dem hiesichtltch der Beschlußfähigkeit ge fordert wird, daß mehr als die Hülste der Mit- alieder sedeS der beiden städtischen Kollegien er schienen sein muß. Von Eröffnung der Sitzung an bildeteen beide Kollegien nach den Bestimmungen der Rev. Städte ordnung einen Wahlkörper. Bei der Abstim mung wurden 57 Sllmmzetkel abgegeben, von denen 56 auf Oberbürgermeister Dr. Rothe lauteten. Er ist also von der Mehrheit der Ver- sammlung gewählt. Da allen gesetzlichen Be- stimmungen hiermit entsprochen war, so war di« Beschwerde der sozialdemokratischen Fraktion zurück zuweisen. Erwähnt sei schließlich, daß die Entscheidung vom Krelshauptmann Lange unterzeichnet ist. Ende der Zwickauer Vergarbetterstreikr Zwickau, 16. Janaar Der wilde Streik der Bergarbeiter auf den Schachten der Bürgergewerkschaft and von Dee- einSglöck ist auf Beschloß einer Bersammlang der Streikende« abgebrochen worden. Bereits znr Mittagsschlcht war die Belegschaft wieder vollzühllg «ingefahren. Nachdem ber alte Bergarbelterver- band in einer öffentlichen Kundgebung von dem wil den Streik adgerückl an- di« Bewegung lediglich a»f Bürgergewerkschaft und DereinsglüL beschränkt ge blieben war. war st« zum Scheitern verarleilt. Da ber Dergarbelterverband selber mit der Forde- rnng an die Werke herangetreten ist, war de« Strei kenden gewissermaßen eine Brücke zam Rück zug geschlagen, indem sie unter Verzicht auf ihre eigenen weitergehenden Forderungen sich fetzt abwar tend verhalte» wollen, was von diese» Forderungen des Bergarbeiterverbandes erreicht werde» wird. Dle Streiktage werdea sicht bezahlt. 100 Mark für eine Stratzenbahnfahrk. In Dresden betrügt vom 18. Januar ab der Preis für eine Strahenbahnfahrt 100 Mark. Bereits am 1. Februar tritt eine weitere Erhöhung der Fahr preise «in. Kommerzienrat E. P. Goerz s. Der Begründer der weitbekannten Optischen Anstalt C. P. Goerz, Aktiengesellschaft in Berlin-Fried,nao, Kommerzien rat Dr.-Jng. T. P. Goerz, ist am Montag in Berlin gestorben. Earl Paul Goerz, zu Brandenburg als Sohn des Strafanstalts-Direktors Wilhelm Goerz geboren, begründete im Jahr« 1866 sein Unternehmen für die Erzeugung von Apparaten der Optik und Feinmechanik, das im Laufe ber Jahre ein« große Ausdehnung erlangte und dank seiner ausgezeichneten Leistungen schließlich zu . einer Fabrik von Weltruf wurde, die den Ruf deutscher Präzisionsinstrumente in allen Kulturländern verbreitete. Es wurde später n eine Aktiengesellschaft umgewandelt, an deren Spitze Kommerzienrat Goerz bis seht als Vorsitzender des Aufstchtsrats gestanden hat. Brand im Wörlitzer Park. Der größte Dell der kostbaren Flora des berühmten Wörlitzer Parks ist bei einem Brande der Wörlitzer Orangerie in -er Nacht zum Dienstag ein Raub der Flammen ge worden. Der Schaden ist unersetzlich. Man ver mutet Brandstiftung. Die Stimme über den Ozean Newport-London drahtlos gesprochen - VteM-glichletien der drahtlosenLelephoate « > »», »,»- »«« »« »es » L Loudon, IS. Januar Zwischen London und New Doek sind heut« dl, erste» drahtlose» Telephon- gespräch« unter Leitung Marronis geftlhrt worbe». Ma» hat N«wD»rka»sg«zelch- a e 1 verstand«». Dem Gehilfe» Marronis lst es gelange», dle Stimm« des Sprechers so zu ver stärke», baß sie im ganze» Zimmer gehört wer- be« kaa». Marroul erklärt«, bah das heutige Gespräch nur eins eilig gewesen sei, da er noch nicht dle nötige» Apparate hab«. Binar» kurzem werbe »na» aber a»ch von Lösbar» »ach Nero Park spreche» können. Das Gespräch lautete folgendermaßen: -New Dork. Wir habe» hler «iaen starken Schnee stur»». Ich frag«, wrlches Welter ihr in London habt. Ich frage, ob Ihr mlch gnt versteht. Es ist das erst« Mal, bah ich das Vergnügen habe, trle- pbonisch zu fragen. London, hler lst New Bork." Diese Worte hat der Vizepräsident der ameri kanischen Telephon- «mb Telegraphen-Eompaay Corty in den Apparat gesprochen. Die Ent- fernuag beträgt 3200 englische Meilen. Am Auf- »ahmeapparat in London waren 60 Personen an wesend, bi« all« das Gespräch gut verstanden hob«»». Man erklärte, bah die Stimme bester auf drahtlosem Weg« hörbar ist als auf dem gewöhn liche» telephonischen Wege. * Die Tatsache der Iteberroindung der Streck« Nero <Dork—London auf drahtlos-telephoni schem Wege kann nur insoweit al» etwas Neues betrachtet werden, als bisher Gespräche über den Ozean unbekannt waren. Ein grundlegender tech nischer Fortschritt kann somit in diesem ersten Gespräch New Vork—London nicht erblickt werden, wenn seine Bedeutung auch nicht unterschätzt wer de» soll- .. - _ „, Die drahtlose Telephonle an sich Ist In Deutsch land keineswegs mehr unbekannt. So ist auch auf der Strecke Be rl l n — L ei pzig schon häufig telephonisch gesprochen worden. Auch Konzerte, die in Berlin stattfanden, sind mehrfach in Leipzig ob- aehört worden. Vor kurzem ist sogar eine ganz« Opernaaffiihrung in ber Berliner Staatsoper auf drahtlosem Wege nach Leipzig übermittelt und hier ganz genau und fehlerlos verstanden worden, und zwar ohne daß die Hörenden zur Ausnahme der Oper sich eines Fernhörers zu bedienen brauchten. Durch den Schallverstärker ist es nämlich ohne wei teres möglich, leben ankommenden Ton so zu ver stärken, daß jede Person in dem betreffenden Raume ihn ohne Zuhilfenahme anderer Apparate oder Instrumente mühelos verstehen kann. Auch im Interest« der breiten Oeffentlichkeit ist die drahtlos« Telephonle Berlin—Leipzig schon, und zwar während der letzten Messe, in Anwendung g«- bracht worden. Die Huth-G. m. b. A. hat mst Hilfe -er Telefunkengefellschaft unter Anwendung des Lorenz-Paulsen-Senders täglich drahtlos nach Leip zig gesprochen und u. a. täglich hier die Dollarkurse verkündet. . , , . Trotz aller dieser Erfolge muß ober zugegeben werden, daß dk drahtlose Telephonle bisher noch durchaus in den Kinderschuhen steckt. Noch immer sind -le Anlagen außerordentlich kompliziert und jo kostspielig, daß sich — zumal auf kurze Strecken — bi« Einführung der drahtlosen Telephonie anstatt des bisher obttchen FernsprechfystrmS mit Draht noch nicht lohnt. Besonders die Verstärkerlampe-n stellen sich vorläufig noch unverhältnismäßig teuer, zumal ihnen nur eine relauv Kurie Brenndauer innewohnt. Dag» kommt, daß zurzeit noch kein Dinhoitsemp- fangssystem besteht, obwohl «in« Anzahl Firmen sich « d«r Letefonkenoefellsckaft zusammengeschlossen hat. Die RelchStelegraphenverwaltung Ist zurzeit damit beschäftigt, ein eigenes EinheitsempfangS- fystem zu konstruieren, das sie von den verschiedenen pakenSerien Systemen der «tnzetnen Firme» unab hängig machen und somit den drahtlos«» Fernsprech verkehr in solchem Maß« vervilitgm wird, daß trotz -er augenblicklichen Teuerung daran gegangen «er den kann, der drahtlosen Telephonle im öffentlichen Verkehr ein wesentlich größeres Feld einzurä«« als bisher. Di« Geschichte der drahtlosen Telephonie ist kurz. Dies« technische Errungenschaft ist recht eigent lich eine Errungenschaft der Kriegsjahre. Im Krieg« wprde der Kostenpunkt vernachlästlgt und dle draht, lose Telephonie ohne Rücksicht avf di« Gestehungs kosten ausgobaut. Dl« dadurch gewonnenen Erfahrun gen kommen uns natürlich heute zugute. Theoretisch sind wir heute tatsächlich schon so well, ied« beliebige Strecke auf der Erde durch die drahtlos« Telephonie überbrücken zu können. Wir brauchen nur elektrische Wetten von solcher Energie zu erzeugen, datz st« sich über Tausende und aber Taufend« von Kilometern ver, breiten können. Wie die Wellenrlnge, di« von einem ins Wasser geworfenen Stein« ausgehen, sich ma so weiler verbreiten, je größer d«r Stein ist nm la kräftiger und energiegeiältlgter sind auch di« «len» krischen Wellen, je stärker die S«ndemaschtn« ko» strulert Ist. Wenn »vir hier tn Deutschland zsrzeü in ber Lage wären, unbegrenzte Mittel urr Her« stcllung starker Sendemaschtnen aulzuwenden. fst wäre es uns ohne weiteres möglich, gleichfalls «le»*' irisch« Tonwcllen mit einer Spannweite za erzmgm^ die genügen würde, Ozeane zu überquere»». Das größte Hindernis, das sich bis vor twrzem der drahtlosen Telephonle auf weite Entfernung»» enkgegenstellte, war die zu hohe SchwingungSza-1 der) elektrischen Tonwelken. Das menschliche Ohr vev, mag einen Ton, der mehr als tausend Schwingen«»« in der Sekund« aufweist, nicht mehr alS Ton wahr», . zunehmrn. Da aber nun die SchwingungSzahl dey elektrischen Wetten über so weite Entfernung« mehrere tausend beträgt, mußte eine Umwandlung.., des ankommenden Tones und Herabseßonq seiner") Scbwlngunpszahl bis unter tausend Sckwlngungöst erfolgen. Nachdem der Technik dies möglich worden war, war die letzte praktische SchrolerigkevkU; drahtlos über weite Strecken zu telephonieren, aoN- dem Wege geräumt. Ganz fraglos werden sich dem drahtlosen Fevw»? sprechen in Zukunft h«rte nock ungeahntes Möglichkeiten biegen. Es läßt sich schon setzt') Voraussagen, -aß in ccksehbarer Zelt die drahtlos«-" Telephonie nach lleberwindung ihrer Kln-erkr«»»« beiten daS blsker Üblicke Fernsprechlnstem mit -ms tzo^vtetinen Drähten überrunden Huben wird. Im Anschluß an die Meldung von dem erste» drahtlosen Gespräch New Bork—London sei übrigen bemerkt, daß Ferngespräche auf drahtliche« Wege zwischen New Pork und London bisher noch nicht stattgesunden haben, wenn dies auch, nachdem eß^ gelungen ist, durch geeignete Apparat« die Selbst Induktion der Kabel zu beseitigen, praktisch durchführt bar wäre. — Als Vorbereiiung des weiteren Ans^- ' baues der drahtlosen Telephonie müßen z. Z. ftatsih*. findende interessant« Experimente angesehen werdei^H inwieweit die geographische Beschafsenheit der vo»j> elektrischen Wellen zu dorchmessenden Strecke auf diq N Energie der Wellen selbst von Einfluß ist. BlShey» hat man mit ziemlicher Gewißheit festgeflellt, datz-s weit« Wasserflächen elektrischen Wellen keinerlei^ Hindernis darbieten, wohl aber werden Wälder rock Wüsten, auch erzhaltiges Gestein, wie es besonders zahlreich in manchen norwegischen Fjords vornommL zu gewaltigen Hemmnissen der elektrischen Welle», Der Direktor der Telefunkengesellschast t» Narre» befindet sich zur Zett in Buenos Aires nnd dürft« von seiner Reis« interessant« Erfahrungen ans dem gesav-, ten Gebiet heimbrlngen. 0r. Isw »»vtiwt. Vereine »ad Dorträg« «tadtbun»» Leipzig, grauenvereiue. MiMooch, 17. A»- nuar, 7H Ubr, Im Augustc-Tchmidt-HauS, Vorlraa vo» Nrau Regicrungiikat Dr. «tll« Uhl ich-Beil Des» den) über .Das soziale AuSbtldungSwesen und die e-*» malige Leipziger Hochschule für Krauen". Korum: Kreilaa 8 Uhr «orirag mit trete, Aussprache in Hotel Stadt Naumburg, Blücherstrabe 1L. Henny, die andere Auch ein Stück Theatergeschichte Von krlartrluti k-iettsat Der Ton lisgt auf dem ersten Wort: auch Theatergeschichte! Das will heißen.... Ader man wird ja sehen, was es heißt. Die Szene des — soll ich «S wagen? — des Erlebnisses ist der Lesesaal der Bibliothek. Man sieht, riecht, schmeckt und hört Gas. DaS ist ermüdend. Und dazu vor mlr die rund vierzig Bände des Theater-Almanachs. Gewiß: wenn man anfängt, ist es höchst amüsant. Diese Annalen sind ja voll von Namen und Daten, von denen j^es -em Thectterltebhaber viel zu sagen hat: Wissenswertes (daß Kleistens «Pen thesilea' auf Klara Ziegler und bas Fahr 1878 zu ihrer Auferstehung warten mußte). Kurioses (daß Max Marterstekg am 1. Mai 1874 als Offizier tn «Maria Stuart' in — Döbeln seinen Bühnemoeg begann: nach der Vorschule bei Otto Devrient, fügt man hinzu), und schließlich auch allerlei, was an eigene Sommertbeater- Schwärmerei und deren heldenhafte Objekte er innert. Ader wenn man zehn Bände hinter sich hat, lst Nmnmero Elf kaum noch ein taug licher Mtstreiter tm Kampf gegen Gas und Schlaf. Halloh — was aber ist das! Ich habe dem Elfer unrecht getan. Statt der Bibliothek- nummer auf dem Schmutztitel ein Name? und was für einer! Und wie geschrieben! Und welche genialen NamenSzug-Arabesken, Schnör kel, Linien — kurzum, lch dtn wied« wach und lese: «Etgenkhum Henny A...^ 1. Liebhaberin. Aschersleben. Dir. Sch Weihnachten.' Kein Zweifel: vor mlr liegt das ehemalig« Glanzstück aus der Bücherei elner ersten Lt^- haberin. Schwelg stille, mein Herzl Nicht so hastig, ihr Finger, in diesen Blättern, die einst unter zarten Händen knisterten. Das Geschenk des Herrn Direktors? Goch wohl Kaunr. Auf der Rückseite der beiden Titelbilder steht-, «6. Oktober, Geburtstag.' Doch freilich keine Jahreszahl! Aber erste Liebhaberinnen haben längst vor Einstein ihre Relativitätstheorie, was sag ich- -Praxis des Geburtsjahres gehabt.... Weiter also! Aber -aS rasch durchblätterte Kalendarium zeigt ernüchternde Lücken! Man kennt dos ja, aus eigenen Jahren der Schreib kalender - Jugend. Nicht anders unsere Henny. (Henny — er laubt mlr die Zwischenfrage: wirkte damal» wohl. Anno 1901, schon len« berühmtere Henny namengehend?) Henny also beginnt am I.Ianuar ihre Eintragungen mit einem «Bries von F...*. Am 2. spielt sie die Amalie im «Verschwender', dann im «Iägerllebchen', tn der «Familie Buch holz', im Fürstenhof und im Schützenhaos. Am 5. spielt sie die Potiphar in einem .Joseph' un notiert dazu: «Stadttheater, gefroren.' Am 6. : «Hasemanns Töchter. Rosa. Kamen sehr wenig heute' (oder soll es, tn freilich unglaub hafter Selbstbezichkigimg heißen: Kann sehr wenig? Ihre Schrift verrät, daß fle wohl auch beim Schreib»» frieren muß). Am 7. Januar ist frei, Probe zum «Hllttenbeflher", tn dem fle am nächsten Abend die Clair spielt: «Mein Benefiz. Sehr aut besetzt gewesen. 80 Mk. heraus- bekom.* 80 Mn. — wirklich, so etwas gab es und — noch verwunderlicher für uns valnta- verseuchken Nachfahren — man freute sich über 30 Ärk.l Henny vergißt darüber gleich sür Mei Tage ibr Tagebuch. Am 11.: «Letzte Vorstellung Aschen.... 12. Reise nach Neuhaldensleben, frei, Wohnung suchen. 18. Jägerltebchen. Erste Vorstellung Neuhaldensleben.' Und diese treffliche SSodt läßt Henny nicht mehr zam Schreiben kommen. Erst am Tage der Abreise, am 1. März, notiert sie eine Vor stellung, am 2. die Ueberfledelung nach Apolda, wo am nächsten Abend beretts gespielt wird. Der 4. März ist frei, und schmerzliche Erinne rung an NeuhaldenSlebener Amouren scheinen das Herzchen zu quälen: «GroheSehnsucht n. L.' Am Lu «Flottewmanöv«:' — damatt Rmchett von Kratz und Stoblher — am 6.- «frel. Dir. Weimar. Sehr gelangweilt nachmittag.' 7.: «Großkaufmann" — abermals Neuheit des Jahres von Firma Walter und Stein — «vor mittag d) einen Kuß gegeben.' Halloh! Was »eißt das? Und dte groß« Sehnsucht n. L. ist chon dahin? Und was »st das für ein mysteriö- eS Zeichen für den Geküßten? Unwillkürlich lenkt man an die kleine Weimarer Komödiantin aus Goethes Tagen, die Demoiselle Ernestine Engels, deren Tagebuch Albert Köster tm ersten Band des Jahrbuches -er Sammlung Kippenberg mitgeteilt hat: sie hat ihre geheimen Zeichen für Liebhaber und Beifall, Symbole auS dem Kartensviel, Coeur und Pique. Sollte derlei Geheimschrift beim Bühnenvölkchen üblich sein? Nach diesem Kutz müssen »vir abermals fasten. Erst am 18. Mai schlägt Henny den Almanach wieder auf, aber schon längst nicht mehr in Apolda: «Letzte Vorstellung. Glück im Winkel, in Friedrichsort bei Kiel? Und datz die kleine Liebhaberin aus dem «Flottenmanö ver' inzwischen ein bihchen mit der Flotte manövriert bat, verrät der Stoßseufzer unterm 19. Mat: «Abschied vom schönen Kiel.' Am nächsten Tag geht's »»ach Münster t. W. 21.: «Doraestellt, guten Begriff bekommen.' Und dann folgen, nach diesen Tintenkrak elf aßen nur noch ein paar hastige BletstistzeNen tm Sep tember: 12.: «Reise nach Pforzheim. 22. Erste Vorstellung. Stützen der Gesellschaft. Lona. 23. frei. 24. Wiederholung? Aus. Kein Strichlein mehr in dem ganzen dicken Almanach. Aber wär'S anders möglich? Sollte sie, die letzt eine Lona Hessel vom großen Ibsen spielt, sollte fle noch Zeit hoben fürs Tagebuch? Den Almanach von 1920 her! Da wirb man sie ja finden als Heldin bei Reinhardt, an der Burg. Ach, keSder nein! Der Almanach von 1920 kennt Henny nicht mehr. 1912? Auch nicht. 1910? Nein. Dann also »rüsten wir den Weg god«s H«MU machen, 1902 finden wir sie als «1. Heldin und Liebhaberin' In Pforzheim, wa wir sie, wo sie uns verlassen. 1903 in gleichen Würden in Offenburg in Baden. 1904 in Bay reuth — versteht sich: nicht in Wagners Weihe haus. 1905 in Olmüh — o weite Welt und, Wanderschaft! Aber 1900 steht tm Almanach: «Gastiert. Adr. BerUn, hauptvofilagerud." Und da scheint denn wirklich einer geschrl» den zu haben. Henny ist seither aus den Theater-Annalen verschwunden. Vielleicht lebt fle irgendwo als fleißige Hausfrau und rund» Mutter schon schauspielernder Töchter. Dlel^ leicht benutzte der Teufel das Hauptpostamt und holte Henny nach seiner modernen Manier wer weiß! Was mich anlangt, so habe ich nicht ver säumen wollen, Henny öffentlich meinen Dank zu bekunden. Ich schmeckte das Gas nicht mehr. Aus dem Staub der Bücher war ledendiges Theater erstanden: Lust und Schmerz, Irrur»- gen. Wirrungn, ein Stückchen Mensch... ei« mystischer Kuß... Lona Hessel- «Ich will aus lüften, Herr Pastor!' Ein Kuratorium an -eu Wiener Staatstheater» Aus Wien wird gemeldet: Nach Auflösung -er bisherigen Intendantur der Staatstheater soll «dz Kuratorium zusammengesetzt werde»», das da» stehen wird aus dem heutigen Präsidenten -er MaalSkhvaler Vetter, Ministerialrat Renkin, fe einem Vertreter des Kultus- und FlnanMMtstertzemS^ aus den Opcrndirektoren Strauß und Falt, sowie auS dem inzwischen wohl zum Direktor «r» nannten jetzigen .Letter' deS BurgthaaterS, Ober- reatsseur Paulsen, ferner auS drei Vertreter» -er politischen Parteien. Dte Intendanz wird abgebmrt, weil dies Im Plan der BeamtenentlassongM vorgesehen wurde: tn Wahrheit aber werden di« Abgeboote» durch eine Hintertür mtt dem Namen Kuratorium wieder hervortreten. In -eutscher Sprache... Eine tschechische Sängerin, Sonja Hern«, aab tm Paris« Sani Gaveo» ein Konzert, das großen Erfolg hatte. Den meisten Beifall sand eine Arte Mozarts. -Se tz» deutscher Sprach« gesungen wurde — tu der wärtige» Krise immerhin et» Waguist
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)