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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.02.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192402288
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19240228
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19240228
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-02
- Tag 1924-02-28
-
Monat
1924-02
-
Jahr
1924
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^iM«»vch>: S'WWL^NLkSWWSW «vctund,wa>nta vioidpicnnigc. AaulUtLiian;eigcn von Privaten i.iro,Zelle sechs gioldpunniae. chrlcgenhriisanieiacn Sletlrnseliiche. Rcklamejeilen usw nach Tart«. Preisnachlass bei .«lbichlutz. Platz- uni» Taienvorschrillen unverbindlich, gür das -luSland cnNvrcchcuder Slusschlaa. ErsüllungSo« Leipzig Poltschcck Konio Leipzig 3i»t. ^urch die Poi« in Deutschland ttir Monat Mär; Z Violdin.: Ausland 6 Goldm eil., schliesslich Porto. erscheint täglich morgens, äusser Montags Höd. erewali schliesst Ertlill. aus. Lchrittleit .ÄeschäitSst. Drucker« i Leipstg. ^obanniSaalke 8 iFernspr.OrtSgesvr. Sammel-Nr.: 7V81I Aernac-^"- I7O^S-17O92> ebenda u. in aNeei Filialen Anzeigen» und Aboniicm ul-Annaymc; auch nimmt trdeü Postamt Bestellungen an. Das L«lpsi«er Daaablatt «nldSlt di« «»Utet«» Bekannt»»«-»»««« de» B»N»«i»r«isldi»»» LetnziA «erantwortttch sür den Text: 6be«redakicnr L. Gsldktoi«, Lc>p,ta. tkr. öl «erantwonltch slir O'lkeraie: Oswald «Mer. Leips'g - Nannbo». Druck ».Verlag: LetpsigerBeriaaSdruckeret 's.m.b H.vorm. Fischer L siiirstcn. Donnerstag, 6ea 28. kedruar 1924 Berliner Schcilrlettung: Dresdner Sa-riti'eiiung: Hallesche Schrtstletlung: Kochsiras-.e 21 «Fernsprecher :s6N0-.ll^Li» Loschwiv. Schiller r. :!ö sFernipr g47!N> Leipziger Slratzc 2t (Fernsprecher 8ü88> 113. Isürg. Reichstagssihe zu verkaufen! 28. Februar. kk. §ek. Wer Hit Hugo Stinnes in den Ne'chstag gewühlt? Man frage die Wühler in Nord und Süd, in Ost und W.st: keiner wird sich crinnrrn, einen Stimmzettel abgegeben zu haben, auf rem der Name Hugo Stinnes stand. Und doch sitzt Herr Hugo S.innes im Deutschen Reichstage als Mitglied der Fraktion der Deutschen Dolkspartei. Wie ist er da hinein, geko.i men? Im Zeitalter der Öffentlichkeit und der Den.okratie hat sich bei den Politikern die merk würdige Kunst ausgebildet, die Aufmerksamkeit «des Bottes von gew.ssen Lingen, die offen zu tage liegen, derart abzulenken, dass niemand etwas von diesen Dingen wahrnimmt. In dieser Kunst, durch Massensuggestion „negative Hallnzinotioncn" hervorzurufcn, leisten amc» ril'e mche Politttcr Erstaunliches, alxrr auch in De.ltfchiand hat sie sich so schnell cingelebt, daß schon fetzt mancher unserer Parteiführer den W.ttkampf mit einem indischen Fakir in dieser Beziehung aufnehmen könnte. Beweis dafür ist die Eleganz, mit dec man Herrn Hugo Stinnes und gewisse andere mächtige Leute auf gesetz mässigem Wege in den Reichstag ge—bracht hat. Auf gc,etzmcissigem Wege ist Herr Hugo Ssi nrs allerdings in den Reichstag gelangt, obwohl sich niemand bewußt ist, ihn gewühlt zu si chen. Des Rätsels Lösung geben die drei Runen lkXVV hinter seinem Namen im Berzeich» nis der Mgeordneten. K>VV bedeutet, daß dieser Abgeordnete nicht auf der Liste irgendeines Kre swühlvorschlags gestanden hat, daß er also in keinem der llö Wahlkreise gewählt worden ist, sondern daß er se.n Mandat einem „Reichs- w a h l v o r s ch l ag" verdankt. Der ist das gehe mnisvolle Ding, das zwar schwarz auf weiß im Rttchswahlgesctz zu lesen ist, das aber trotz- , dem niemand (außer den eingeweihten Partei- ll regissenren) kennt. Es ist durch Massensug gestion für das Volk unsichtbar geinacht worden. Bor «den Wahlen sollte man sich aber doch einmal von dieser Suggestion frei machen und den ein wenig unter die Luve nehmen!' Wie ist er in dos Gesetz hineingekonnnen? Als man nach der Revolution das Verhält- niswahlverfahren für die Wahlen zur National mr, .ummung eingcführt ha.te, gellte sich heraus, doß die Berechnung der auf die einzettren Par teien entfallenden Mandate ziemlich umständlich war. Deshalb sann man in der Nationalver sammlung darüber nach, wie man das Rechen- versah.en vereinfachen könnte, und man verfiel darauf, zu bestimmen, daß jedem Kreiswahlvor- schlage so viele Abgeordnetensitze zugewiescn werden sollten, daß je einer auf 60 000 für ihn abgegebene Stimmen komme. Die Reststimmen werden innerhalb eines Wah.kreisverbanües (z. B. Sachsen, W.stfalen, Hessen) zusammen gezählt, soweit sie auf verbundene Alahlvor- schlüge gefallen sind, und auf je 60 000 so ge- mo.mene Neststimunn entfällt ein weiterer Abge ordnetensitz. Soweit ist alles in Ordnung, denn mit diesen Reststimmen kann doch immer nur ein solcher Kandidat in den Reichstag gelangen, der auf einem Kreiswahlvorschlag gestanden hat, für den also irgendwo Wühler wirklich gestimmt haben. Wenn nun -aber beim Zusammenzählen der Reststimmen innerhalb «dec Wahlkreisverbände wiederum Reste bleiben, so werden diese dem Nei.hswahlausschuß überwiesen, der jeder Partei ncch auf je 60 000 Reststimmen einen weiteren Abgeordnetensitz zuleilt. Diese letzten Sitze kommen jedoch nicht den Kandidaten «der Kreis- rmchlvorschläge zugute, also nicht Leuten, die irgendwo vom Volke gewählt wurden, sondern werden an die auf dem !<>VV dec Partei stehen den Personen vergeben. Wer aber hat die Reichswahloorschläge gemacht? Nach dem Gesetz „min.cstens zwanzig (!) Wähler". Diese zwanzig Wähler sind in der Praxis die engeren Partei Vorstände in Berlin. Diese Herren und Damen, bei denen die Parteischatz meister ein gewichtiges Wort mitzusprechen pfle gen, haben also die Macht, Reichstagssitze nach Gutdünken zu vergeben, d. h. Abgeordnete zu ernennen, wie in der Monarchie die Könige und Gr:ßh:rzöge Mitglieder der Ersten Kammern ernannten. Zu den so ernannten, nicht vom Volke gewichsten Reichstags rbgeorüueien gehören außer Herrn Hugo (stinnes noch der den ' S innesschen Interessen nahestehende Erste Syndikus der Handelskammer Essen—Mül- Hein.—Oberhausen Dr. R. G. Qua atz (DDP.), ferner bei der Deutschnationalen Dolkspartei der Sy d kus G. Budjuhn (Hannover) und der jetzt gestorbene Vorsitzende «des Reichslandbundes ! Rittergutsbesitzer Dr. G. Roesicke, bei der Bäurischen Dolksvartei, einer ausgesprochenen Kleinbürger- und Bauernpartei, der Dankdirektor Josef Böhm in München, dann die Generale v. Gallwitz (DNV.) und v. Schoch (DVP.) Vor einer Reichstagsauflösurig? Don unserem Berliner Vertreter U. Berlin, 27. Februar. Der Berliner Morgenprcsse läßt der Hitler- L u - e n d orf f - Prozeß nur wenig Raum zur Kommentierung der gestrigen Reichstags- sitzung übv.g. Inskxssondrre di« Presse der Rechten behandelt in offenbarster Msicht den Reichstag in der wegwerfendsten Art, um die Aufmerksamkeit auf die Münchner Angeklagten, aber auch auf die Breslauer Landbun d-T agung konzcntriern zu können- Die „Deutsche Tageszeitung" etwa ver- breitet sich langatmig über „Held Ludendorff, der stolz und aufrecht als eherner Ritter durch den Saal schreitet" und dessen „fester Blick das Gewölk zer stäubt". Den Sitzungsbericht vom Reichstag dagegen überschreibt das Agrarierorgan mit „Der tote Tag" und es äußert sich weiterhin folgendermaßen: „Unten räkeln sich einige Abgeordnete auf den Bänken herum und lesen Zeitungen oder besehen Bildchen. Trcgt- und Hoffnungslosigkeit. Auch nicht eine Oase des Lebenswillens. Sieht man in starrtrampfähnlichrni Zustande den gewaltsamen Tod vor Augen? Oder ist nunr schon des frühzeitigen Entschlummerns ge- wiß? Etwas Spannung sckzeint zu entstehen, als der Kanzler den bctannton Konfliktsstoff der Er wach tigung leise anrührt. Doch es scheint wirklich nur so. Der Tierbändiger hebt die Peitsch«- Sie ist nur ein kleines Stöckckxn und ruht in milden Händen: Stört mir unsere Kreise nicht, sonst wird der Freikihrtschün zur Rückfahrkarte!" Ganz ähnlich verhält sich der schwcrindustrielle „Tag". Er schreibt über d e Kanzl-rrcde unter ter Ueberschrift „S'ist alles egal!": Der praeesptor l-armaniae dort am Rednerpult ist ja nie kurz weilig, ist es jetzt nichr einmal. da er die „Erfolge" seiner Politik aufzählt. Monoton rollt das oftmals Gehörte und in tausend Leitartikeln Gelesene dahin. Ab und zu quält sich ein Abgeordneter aus der Mitte ein mühsames „Sehr richtig!" oder „Hört; hört!" ab. Das heißt: Allzuviel hört man nicht, denn man sieht im Gange die Abgeordneten, die — nicht da sind, wegen „Wahlagitation." Sachlicher äußert sich die Sti n n e s-s ch c „Deutsche Allgemeine Zeitung": „Man beachte.wohsi Zwischen der ersten Drohung mit Auf lösung und der jetzigen Wiederholung vor dem Reichstag selbst liegen viele Verhandlungen mit den Parteiführern. Gescherterte Verhand lungen. Was damals noch als taktisches Druckmittel erscheinen konnte, wird nun voller Ern st. Das ist weder in zeitlicher noch in politischer Eile ge schehen. Reichskanzler Marx hat diesem ganzen Rede- kampf das Motto vorgesetzt: „Ls geht nicht um zug kräftige Wahlparole, es geht um Leben und Sterben unseres Volkes!" Dieser Ruf wird verstanden werden — wenn nicht im Parlam .it, so doch im Lande draußen." Dieser Pessimismus, mit dem das fernere Schick sal des jetzigen Reichstages hi«r beurteilt wird, findet sich auch in der Presse der Linken, wmn man will, sogar noch in verstärkter Form. So schreibt Dombrowski im „Tageblatt": Dr. Marx hat geendet. Der Reichstag weiß, woran er ist. Er selbst mag über sein Schicksal ent scheiden. Leicht ist die Wahl nicht. Jede Partei hat einen Ianuskopf. Zwei Antlitze: eins, das sich der staatepolitischen Verantwortung nicht entziehen will, das andere, das von den Dählermrssen suggestiv angestarrt wird, die, in tausend Interessen verfallen, mit vielen drakonischen Bestimmungen der Notverordnungen höchst unzufrieden sind. Niemand kann zween Herren dienen. Entweder. . . Heber das Oder werden schon die nächsten Tage Klarheit bringen." In der „Dossischen Zeitung" he ßt es: „Man ist freilich noch nicht am Ende der politischen Debatte. Die Rede und Gegenrede wird noch einige Tage in Anspruch nehmen und während dieser Zeit wird es an Wünschen über einen Ausgleich nicht fehlen. Aber daß sie Erfolg haben werden, ist gestern schon stark angezweifelt worden und wenn nicht alles trügt, wird man am Schlußtag der De batte auf dem Platz vor dem Reichskanzler die be- und noch etwa drei Dutzend andere, für deren Ernennung jedoch offensichtlich andere Gründe als die Rücksicht auf Wünsche von Geldgebern maßgebend gewesen sind. Es soll überhaupt nicht behauptet werden, «daß die gegenwär tigen Abgeordneten ihre Sitze gekauft haben, aber cs soll die Aufmerksamkeit darauf gelenkt werden, daß nach dem geltenden Wahl- gesetz die Möglichkeit besteht, Reichs- tagssitze zu kaufen. Diese Möglichkeit allein ist ein schlimmer Konstruktionsfehler im Reichswahlgesetz der der Korruption Tür und Tor öffnet. Wenn der Reichstag jetzt vor seiner Auf- lösung nicht mehr dazu kommt, das Wahlgesetz zu andern, so sollte die Wählerschaft bei den kommenden Wahlen die Augen offen halten und keiner Partei ihre Stimm« geben, deren — vor der Wohl zu veröffentlichender — Re ichs- wahloorschlag verdächtige Namen enthalt. konnte rote Mappe mit der Auflösungsorder liegen sehen." Dor „Vorwärts" — das Organ der Partei also, bei der die nächste Entscheidung liegt — meint: „Hält man den Erklärungen des Herrn Reichs kanzlers der Rede der sozialdemokratischen Sprecher gegenüber, so muß man zu der Auffassung kommen, daß sich sehr schwer e ne Prücke zwischen Regie rung und Opposition noch finden lassen wird. Wenn die Reichsregierung, wie dies am Dienstag bei der Mehrheit der Min ster der Fall war, auf ihren Mangel an Entgegenkommen gegenüber der Volks vertretung beharrt, haben wir noch im Lause der nächsten Woche mit der R e i ch s t ag s a u f- lösung zu reckmen." Oie Fortsetzung der großen Aussprache Berlin, 27. Februar. (Eig. Tel.) Die heutige Reichstagssitzung bcgann 20 Minuten nach 2 Uhr mit einer Rede des Zentrumsabgeord- ncten Zoos. Sie war eine im wesentlichen sach liche Kritik der unter dem Ermächtigungsgesetz er lassenen Notverordnungen der Regierung. Joos führte u. a. aus, die Maßnahmen der Rcg rung seien zwar an sich verständlich, die Regierung selbst aber müsse zugestehen, daß d'c Volksvertreter, die alle Wirkungen dieser Maßnahmen im Volk-e draußen unmittelbar zu spüren be kämen, nur sehr schwer die Zurückhaltung üben könnten, die der Reichskanzler in seiner Rede ge wünscht habe. Immerhin seien die Verordnungen notwendig gewesen, wenn der Lebenswille der Nation über den tüfteln den Verstand habe siegen wollen. Die Kritik, die der Abgeordnete an den einzelnen Verordnungen übte, ging sehr ins einzelne, beschränkte sich aber auf Formulierungen wie: „Wir l-offen . . „Wir erwarten . . ." ulw. Joos teilte schließlich mit, daß das Zentrum keine Anträge zur A bände rung oder Aufhebung von Notverordnungen stellen werde; es werde lediglich in einer Re so - l u t io n seine Wünsche formulieren und rechtzeitig vorbringen. Zur außenpolitischen Lage meinte der Abgeordnete, die Regierung sol'e dir europäische Völkergemeinschaft und die W e er- stcllung der wirtschaftlichen Freiheit aus der Zeit vor dem Krieg« erstreben. „Wir im besetzten Gebiete erwarten von ihr eine Wiedererlangung der politischen und wirtschaftlichen Freiheit, und daß sie uns das Leben drüben wieder erträglich macht." Joos verteidigte besonders noch den dem Zentrum angehörenden Reichsarbeitsminister Dr. Brauns. Die Angriffe, die d eser im Lande er- fahren habe, seien durchaus unberechtigt. Die Verordnungen über die Arbeitszeit seien elastisch und tasteten die Grundrechte der Arbeiterschaft nicht an. Allerdings sei auch auf der Gegenseite der Arbeitgeber «in durchaus überspannte» Kraftgefühl nicht zu verkennen, das zu schweren Besorg nissen Anlaß gebe. Mr erkennen die Rechtsgüliigkeit der Verord nungen an, ober man kann sie nicht durchweg Meisterwerke nennen. Der Deamtenabbau ist Vertretern der alten Richtung übertragen woren, die aufräumen mit den ihnen mißliebigen Leuten. (Sehr wahr!); konfessionelle und poli tische Gesichtspunkte spielen dabei eine bedenk- liche Nolle. Die Steuernotverordnung enthält Be stimmungen, die einer Aenderung dringend be dürfen. Wir hoffen, daß dies aus dem Wege der interfraktionellen Besprechungen ge schehen kann. Die maßlosen Angriffe gegen den Ar- , beitsminister sind, wie gesagt, ungerechtfertigt. Nicht sein« Verordnungen sind schlecht, sondern ihre Durchführung. Große Teile der deutschen Unternehmerschaft haben eine Haltung eingenommen, die auch politisch sehr schlimme Wirkungen haben kann! Hierauf ergreift ReichSjltskizminifter Emminger das Wort. Er gibt «ine Uebcrsicht über die Tätigkeit seines Refforts unter dem Ermächtigungsgesetz und erklärt u. a.: Den Entlastungsvorschlägen des Reichsgerichts bin ich nur unter großen Be denken gefolgt, denn die Beschränkung der Re visionen in Ehescheidungssackmn bedeutet allerdings zum Teil eine Erleichterung der Sehe.düng. Die Notlage mit den Zivilprozesicn ist aber von allen Parteien anerkannt worden. Indessen hat die No velle nicht alle die Erleichterungen gebracht, die wir gewünscht hatten Die Verordnung bietet ein In strument zur Beschleunigung des Zivilverfahren* Ob es richtig gehandhabt wird, hängt von den Richtern und den beteiligten Parteien ab. Im Straf prozeßverfahren war die Durchführung von Erspar nissen wett schwieriger. (Abgeordneter Lede- bvvr: een S'e l'eber be d-m über ¬ flüssigen Landesverrat». Prozessen!) Der Gedanke, das Schwurgericht unter Beibehaltung diese» Namens zu einem großen Schöffengericht uni- zuwaadeln, w.rr schon in dem Entwurf enthalten, der dem Reichsioge am 6. Juni 1023 novgelegt wurde. Damals regt« sich dagegen k«tn Sturm in her O-ffsntlichlett. Don so»ial-«mokrati- scher Seit« wurde gesagt, di« Sozialdemokratie j sehe im Schwuroricht kein demokratisches Heiligtum, sondern e«ue ju tu z rechn isch-c Frage." Pro MH er Kihingcr nannte das Schwurgericht di« ver- kehriestn Form der Laicnlmteiligung an der Rechts pflege; auch der frühere sozialdemokratische Iult:z- ministcr Thüringens, Dr. Rittwcger, hat sich m der „Deutschen Iuvistenzeitung" ähnlich geäußert- (Die Sitzung dauert fort.) Der Hiller-Prozeß Münchner Heldenverehrung Von unserem Sonderberichterstatter W. M ü n che n , 27. Februar. Heule wurde der Oberland-Führer Dr. We- der, der Schwiegersohn des bekannten Mün chener iiteclagsbucyyändicrs Lehmann, vernom men. Weber ist em junger, hagerer Monn, die typische Erscheinung des Kemps,moenien. Im Mittelpunkt der Aussagen Webers stand die Sitzung vom 6. November, in «der die Rollen, zwischen Kahr, Lossow, Seißer und Hitler ver teilt wurden. In Kreuz- und Querfragen suchten die R.chlsanwmte die Schuld der Kahr- Gruppe stark heraustceten zu lassen. Es ist tats. chttch nnc aus den bayrischen it^crhältnissen zu erkauen, daß die Anklage gegen diese .drei Männer noch nicht erhoben worden ist. Kahr hat in jener Sitzung erklärt, daß jetzt der normale Weg zur Befreiung Deutsch.anos nicht we te. begangen werden tonne, cs müsse der anormam beschritten werden. Lossow sagte damals, er semst wolle nach Berlin marschiclen. Er sei zu jcüem Staatsstreich bereit, dec al Prozent Sicher heit hätte. Seißer hatte nur noch Bedenken wegen der notwendigen Geldmittel. Dr. Weber stellte fest, daß die Weinrarer Ver fassung in Bayern seit Ende Oktober überhaupt nicht mehr gegolten habe, da sie von den teilen bayrjslixm Stellen tatsächlich außer Kraft gesetzt mrmdcn sei. Personaibeschlüssc des Reichswehr ministeriums liabe Lossow nicht .durchführen lassen. Kahr habe den Oberiandcsgerichtsrak Poehner, der ebenfalls auf der Anklagebank srtzt, als Ge n e r a l st a a t s ko m m if s a r für Thüringen undSachsen in Aussicht ge nommen. Bei dieser Mitteilung tonnten sich die Zuhörer eines L ichems nicht entlxrltcn. Es kam dann zu einer aufregenden Szene, ars ein Rechts anwalt den im Saale als Zuhörer anwesenden General Epp fragen ließ, ob er nicht .das Protokoll der Sitzung vom 6. November in Hän den hätte. Epp trat vor und erklärte, er wisse nichts davon. Der Vorsitzende ließ Epp sofort wiekier abtreten. Man hatte das Gefühl, daß hier etwas unterdrückt werden sollte. Ueberhaupt gewinnt man allmählich den Ein druck, daß dec Orozcß nach und nach in poli tt s ch c s F a h r w a > s e r gerät. Als der zweite Staatsanwalt einige Fragen über Geschütze stellte, ging sofort ein Grollen durch den Saal. Ein Rechtsanwalt erhob sich und erklärte, solche Fragen stelle man einem deutscl)en Offizier nichr. Man hat den Eindruck, daß mindestens 00 Pro- ,«!nt aller im Saale anwesenden Zuhörer und Pressevertreter auf feiten der Angeklagten stehen. Ich habe in den zwei Tagen des Prozesses im Ge„ia)tsgebäude nicht eine Verurteilung des Vorgehen Hitlers, wohl aber tausend Lobsprücke auf ihn gehört. Offensichtlich l>aben es alle Angeklagten darauf abgesehen, General Ludendorff beson- ders hervorzuheben. Gestern sprach Hitler von dem von ihm vergötterten General, Heu e erklärte Dr. Weber wiederholt, daß die Nationalsozialisten niemals daran geglaubt l)ätten, daß ans den größten Feldherrn Deutsch lands deutscl)e Polizei schießen könnte. Aller Au^en richten sich dann immer wieder auf Ludcndorff, der fortwährend seinen Schnurrbart streicht und nur äußerst selten einige Worte mit seinem Verteidiger spricht. Zum Schluß nahm Dr. Weber für die Taten des Bundes „Ober land" die Verantwortung auf sich. Seine Unter führer l)ätten von ihm unterschriebene Befehle unter allen Umständen durchführen müssen. Mir aehobe er Stimme stellt er dann fest, daß es das Ziel des Bundes „Oberland" gewesen sei, nach der inneren Abrechnung die scknvarzwcißrote Fahne über den Rhein zu tragen. Die Versamm lung stimmte sclbstverst Indlich zu. Danach aber, wie dicke Absicht in Wirklichkeit l>ätte durch geführt weiden können, fragt niemand. Mün- Oollarpariiäten an Atuskandsbörfen tn Billionen Ätark 1 27. Stbruar I 2« Februar Zürich 2 Amsterdam 4.» 1-l 4.S London 4.4 4S Prag 4.5 45 New Jork (Vorbörse). 4 5 4A , . lSrachbörse.I — 42
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