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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.07.1919
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1919-07-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19190702019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1919070201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1919070201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-07
- Tag 1919-07-02
-
Monat
1919-07
-
Jahr
1919
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Morgen-Ausgabe ctt»«—-»z«- 1«r -I» -0or»r1, >»«>««1 ILlNch «»« Vezugsprers. Ä.L2S. „«".h-d.-l. M.L7»; >ur Tddol« monotl. M.S.0V d»rch »»!«» o«4»4rtte«» gUI«I«, m« K«»4 gebracht manall. M. Z.!U »larlaliidrl. M. I(U>0; »>kch »N Vvft anardald v«»tlchland DalamI-Bal-ad« «anatt. M. SVU, »I«N«ljLdrltch ?>i. S.00; Mar,«n-Au4-aI>« M. 2.M. Ldend Balgab« M. 1.00, Sanr-lag«. Altgad« W. S.kü manatltch ,a»t!chlteb>Ia> Pogl>«sI«Lgedildk). M»r-«n-B»«aada 15 P . Bdend-Butgade IS VI» Sonatagt Äatgab« AI Pf. Hauplschriflleiter: Dr. Erich Everkh, Leipzig Ne S04 Amtsblatt des Kates und des Pottzeiarntes der Stadt Lerp-ig 118. Jahrgang Anzeigenpreis: AaZaiaa» » TatzteS«, »I« NanparetlleiaU« 1UÜPf„ » an«», i» Vf.; »lain« »te A»»»ar«1S»jeU« 40 Pf. autwLri« 4S Pf^ reneennglznichl,,: 40^; Vapleraatziischlar Ueder 2«> Zeilen Umfa», M über Mi Zeilen: SS»«. Lelchatlianzeigen mit platzoorxdiltt«» :« Preif, eed»I»t. Platz nnb Laienoerlchrif! ahne 'DerdlnbilchkeU, Setlagrn: Velamtaas'.aa« M. 7.— da« Tanlent aaslchl. Posigevn^r. zeenspeach-AalchlatzRr. I4S«. ,46« und ,46,4. — 0»ft,ch«chd,»k, 7Mtz LcheifileiNi», »nd Seschafisstele: 3»da»»>4gost» Vr.il« Verlag: Dr. Reinhold L To- Leipzig. ISIS Mittwoch, den 2. Juli RegierlllWWtzNhinen gegen hie streikenden Eisenbahner Ausschreitungen bei der Abreise der deutschen Waffenstillstandskommisfion Spa, 1. Juli. (Drahtbericht.) Obwohl de« englischen und bel- gilchcu Behörden bekannt war. bah der Abtransport bet Hauptteils der Wafienstillstandskommisstoa heute abend S Uhr erfolge» werd«, haben sie starke deutschfeindliche Kundgebung«» »ad Aus schreitungen vor dem Hotel und in den Strassen vor dem Bahnhof nicht verhindert. Johlen, Pfeilen, Schreien und feindliche Rufe er folgten. Es wurden auch einzelne Steine gegen di« ob fahren den Automobile geworfen. Obwohl einige kleiner« Steine die Insassen trafen, gab es glücklicher««! e keine Verletzung««. Die Hal sung der englischen und belgischen Po izei und der Soldaten war tadel los. Am Bahnhof fand sich der englische General Green persönlich ein. Das wenig zahlreiche Aufgebot war gegen die Menge machtlos, ^die anscheinend von auswärtigen Elementen noch weiter ausgehetzt wurde. Ein von der belgischen Zivilbehörde trotz Ersuchens der belgi schen Gendarmerie nicht verbotener Umzug mit Musik trug auch zur Aufreizung der Einwohnerschaft bei. Rach den Vorkommnissen in Ver sailles hätten die englischen und belgischen Militärbehörden weit um- seflenderc Vorkehrungen treffen müssen. Verhandlungen über die Auslieferung Wilhelms II. Haag, 1. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Holl. NisuwS Bureau meldet: Im englischen Unterhaus« teilte HereSford mit, daß die Unterhandlungen mit der holländischen Regierung über die Auslieferung bes früheren Deutschen Kaisers eröffnet worden sind. Rotterdam, 1. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Die .Morning Post' meldet aus Paris: Llovd George erklärte einem englischen Pressevertreter, das; England unter allen Umständen auf AuS- Deutsche Nationalversammlung Skimmungsbild (Drahtbericht unseres Sonderberichterstatters.) ' , Weimar, 1. Juli. Heute nachmittag um '44 Uhr ist das Plenum der Na tionalversammlung wieder zusammengetreten, um zu nächst einige kleine Anfragen zu erledigen. Die Frak tionen hatten bereits gestern abend Sitzungen abgehalten, um über das Siedlungägeseh und dleAnträaezurDerfassung zu beraten. Die Fraktionen haben eine grobe Anzahl Abänderungs anträge eingebracht. In einigen Fällen ist aber ein Einver nehmen zwischen den einzelnen Fraktionen erzielt, so daß in manchen Punkten geschlossene Gruppen vorgehen. Die Ab geordneten sind ziemlich zahlreich erschienen, und Weimar, über den, heute zum ersten Male seit Tagen ein blauer Himmel, wenn auch nicht wolkenlos, lacht, bietet wieder einmal das altgewohnte parlamentarische Bild. Die Züge von Berlin waren heute beson ders überflutet, und mancher erzählt mit gemischten Gefühlen, daß er Len Weg von seiner Wohnung zum Bahnhof habe zu Fuß zurücklegen müssen. Man ist im allgemeinen recht froh, wieder in Weimar zu sein, zumal die beständige Skreikgefahr in Berlin die parlamentarische Arbeit erlxblich beschwert haben würde. — Begreiflicherweise hat man sich gleich nach dem Zusammentritt init dem Programm der Session beschäftigt, denn schließ lich muh man auch über den Sommer Dispositionen treffen können. Der Aeltcstenausschusz trat heute mittag zusammen und besprach die Geschäftslage. Er einigte sich dahin, daß morgen, Mittwoch, mit der zweiten Lesung der Verfassungs- Vorlage begonnen werde, die eigentlich von den Abgeordneten >ckon für heute erwartet wurde und den auffallend starken Besuch ,rr Versammlung verursachte. Bei den Besprechungen über Len Arbeitsplan machte sich das Bestreben geltend, die Beratung nach Möglichkeit abzukürzen, denn der Stoff, der vorliegt, ist ungeheuer umfangreich, und man will unbedingt im August eine vierwöchent- lichc Pause eirttreken lassen. In dieser Woche noch soll die zweite Lesung der Verfassungsvorlage erledigt werden. Der Vorsitzende Les VcrfassungsauSschusscs wird eine lieberstcht über die Aenderungcn uird Beschlüsse des Ausschusses geben. Die Bericht erstatter über die einzelnen Abschnitte sollen 25 Minuten, die Redner allgemein nur 15 Minuten Redezeit erhalten. In der nächsten Woche sollen dann die zehn Steuervorlagen in Angriff genommen werden. Man hofft, die Lesung dieser öteucrvorlagen in drei Tagen erledigen zu können und sie hierauf Len Kommissionen sogleich zu überweisen, unb rechnet dann etwa am 11. oder 12^ Juli dieVerfassungsvorlageindritter Lesung vorzunehmen. Dabei wird eine grohe Aussprache zu gelassen werden, die mindestens zehn Tage dauern wird. Von den Skeuervorlagen sollen die Kriegsgewtnnsteuer, darunter auch die als Drucksache nicht einmal vorliegende Mehr- cinkommensteuer, noch im Juli in allen drei Lesungen ver abschiedet werden, um sofort In Wirksamkeit treten zu können. Anfang August sollen nach dem bisherigen Plane die Tagungen in Weimar zu Ende gehen und die Nationalversammlung nach Berlin verlegt werden, d. h. die Steueraosschüsse werden nach der Ferienpause Ende August in Berlin zusammentteten, wo im Reichstagsgebände bereits die Räumlichkeiten wieder in Ordnung gebracht sind. Das Plenum wird im ReichskagSgebäude in Berlin von Oktober bis Dezember tagen. Die Neuwahlen zum Reichstag dürften voraussichtlich erst im Januar stattfinden. So wenigstens hat sich der AelkestenLosschutz über die Ge schäftslage ausgesprochen. Es ist dabei die äußere Politik voll ständig unberücksichtigt geblieben, und -le Wirkung, die sie auf den Gang der Gesetzcsmaschine im Innern ausüben muß. Kein Wort von der Ratifizierung des Friedens, die natürlich auch vor genommen werden muß, und von all den zahllosen Ausführungs gesetzen zum Friedcnsvertrag. die die Durchführung der Friedens bedingungen fordern wird. Wir glauben deshalb kaum, daß dos beute vom Aeltestenrat so schön aufgestellte Programm ein- gebaiten werden kann. (Sltzmrgsdettcht -eh« Sette H lleferung des ehemaligen Kaisers und deS Kron- Prinzen und der deutschen Generale auf Grund des Frtedensvertrages bestehen werde. Die Annahme des Friedensvertrags durch die Nationalversammlung Berlin, 1. Juli. (Drahtbericht unserer Berliner Schriftleitung.) Die Entente hat sich bekanntlich bereit erklärt, die Blockade sosort nach der Ratifizierung des Friedensvertrages seitens des Rativnalverbandes auszuheben, ohne auf die Ratifizierung des Vertrages durch die anderen Mächte zu warten. Die Reichsregierung beschäftigte sich deshalb, wie eine Korrespondenz mitteilt, mit dem Ge danken, den Friedensvertrag so bald wie möglich durch die Nationalversammlung annehmen zu lassen, damit die Ratisizierung des Vertrages seitens der deutschen Regierung bald er folgen kamu Nach dem preußischen Recht muh vorher, da es sich um Abtretungen preußischer Gebiete handelt, auch die Zustimmung der preußischen Landesversammlung eingeholt werden. Die Annahme des Vertrages durch die beiden Parlamente soll noch vor der parlamen tarischen Sommerpause erfolgen. ZK Rotterdam, 1. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Die .Times' melden aaS PariS: Die AllUerlenkonfcrenz hat beschlossen, mit der He'imsendong der deutschen Kriegsgefangenen vierzehn Tage nach der Bestätigung dcS FriedenSvertrageS durch die deutsche Nationalversammlung zu beginnen. Die Verteilung der billigen Leb ensrnittel Berlin, 1. Juli. (Drahtbericht.) Der .Voss. Ztg." wird von zuständiger Seite mitgeteilt, daß mit der Ausgabe der ver billigten Lebensmittel bereits am 7. d. M. be gonnen wird. Zwangsmaßnahmen der Regierung gegen die ausständige« Eisenbahner Berlin, 1. Juli. (Drahtbericht.) Der Minister für öffealllche Arbeiten erläßt folgende Bekanntmachung: .Dem Wunsche der Eisenbahner folgend, stellt die Regierung wert volle AuslavdSlebensmittel zu bedeutend herabge setzten Preisen zur Verfügung, die einen Auswaad von 18 Mil liarden erfordern and dem gesamten Volke zugute kommen. Damit hat sie das Aeutzerste getan, was nach Lage der SlaatSsiaanzen möglich ist. Sie wird aber auch weiterhin ihrem Personal za Helsen bemüht bleiben, soweit die allgemeine Not des Volkes dies noch irgendwie erlaubt. Di« Demokratisierung d«r Lis«»bahav«rwaltu,g erfolgt in voller llebereinstimmang mit dem gesetzgeberischen V'orgehea im Reiche und den Anschauungen der LandeSversammlung; durch die Einführung der Betriebsräte auf Grund des ReichSgesetzeS wird dem Personal ein weitgehendes MilwirkungSrecbl eingeräumt. Sämtlich« Eisenbahaorganisationen habe« ausdrücklich erklärt, daß sie den gegenwärtigen Streik nicht billige», auch sonst haben weite Kreise d«S Personals wiederholt betont, daß die Arbeit wieder ausgenommen werde, sobald der Streikerlatz des RelchSwehr- ministcrlumS, durch den sie sich in ihrer ArbeitSfreihcU beeinträchtigt fühlten, aufgehoben ist. Im Vertrauen auf diese Zusicherung ist der Er laß aufgehoben worden, trotzdem wird der Streik fortgesetzt. Abgesehen davon, daß die Arbeiter große Lohnausfälle erleiden, dah die streikenden Beamten Kraft Gesetzes ihres DienstcinkommenS für die Tage der Arbeitseinstellung verlustig gehen, sind die Folgen für die Allgemeinheit unabsehbar. Alle Zufuhr »ach Berlin kommt ins Stücken, gegen VUÖO Wagen allein für Berlin sind auf weiten Strecken unterwegs zum Stillagcrn gekommen. So müßen wertvolle Lebensmittel zugrunde gehen, Vieh muß unterwegs verhungern, Fleischladungen verderben. Der Streik würde aber auch verhindern, dah die Senkung der Lebensmitteloreise and die Verteilung der verbilligten Rationen völlig und rechtzeitig durchgeführt werden könnte. Hierdurch wird nicht nur die Ernährung der Millioncngroststadl Berlin, sondern auch der gesamte DolkSkSrper anfs schwerste bedroht. « Angesichts der furchtbaren Lage, in der sich der Staat infolge deS unglücklichen Ausganges deS Krieges befindet, muh setzt das wirtschaft liche Leben unbedingt und mit asten Mitteln wieder in Gang gebracht werden, um das Land vor dem Zusammenbruch und die Bevölkerung vor weiterem Hanger zu bewahren. Schweren Herzens, aber im Bewnhtsein der ernsten mir vor dem Volke obliegenden Deraniwonung seh« ich-mich daher genötigt, nun mehr die Aufnahme des Betriebes mit äuhersten Mit teln durchzusehen. Die Beamtenschaft ist sich zmn allergrößten Teil ihrer Pflicht gegenüber dem Volksganzen bewußt and bestrebt, gemeinsam mit zahlreichen gleichgesinnten Arbeitern den Verkehr vor dem Erliegen zu bewahren. Alle diese Kreise der Beamten unb Ar beiter werden eS mit mir nicht nur als notwendig, sondern es geradezu als eine Erleichterung des auf ihnen lastenden seelischen Drucke« emp finden, wenn ich nunmehr folgendes bestimme: „Arbeiter, die nicht bis spätestens am Dienstag, de» 3. Juli, ihren Dienst wieder anfnehme», sind entlasse«, ebenso erhalten Beamte, bte nicht bis zu dem gleichen Tage den Dienst wieder aafnehmen, ihre Entlastung nach den diszi plinarischen Bestimmungen. Für die Sicherung der Arbeitsfreiheit ist Sorg« getragen.' Oefer.' O Berlin, 1. Juki. (Drahtbericht unserer Berliner Sch ri f t l e ! k n n g.) Von zuständiger Stelle wird der .Voss. Ztg.' noch mitgeieilt. in Verl n werde man versuchen, den Verkehr trotz des Streiks der Straßenbahnen, Hoch- und Untergrundbahnen so weit als möglich aulrechlzucrhalten. Der Droschken- und Autoverkehr wirb militärisch geschützt, außerdem werden die militärischen Kraft wagen zur Personenbeförderung herangezogen werben. Ob fick der Omnibusveckehr aufreckkerhalken losten wird, ist noch nicht ganz klar. Auch bei der Eisenbahn ist eine regelmäßige Wiederaufnahme des Verkehrs nock nicht erfolgt. Wie schwer der Eisenbohnerstreik ans das Wirtschaftsleben wirkt, acht - daraus hervor, daß dos städtische Elektrizitätswerk nur nock Kohlen für 3 bis -t Tage bat. Die Zufuhr von Kohle Hal bis jetzt auck deshalb versagt, wett die Abtakrt von Kohlenzügen verhindert worben ist. Das Elektrizitätswerk ReukSklu hat nur noch Kohlen für Tage Auck da^ donige Gaswerk, das vielleicht aushelfen könnte, verfüg» nur nock über geringe Vorräte. In dem Berliner Es«kttl;ttäts werk lind nock lür 7 Tage Kvhlen vorhanden. Entscheidungskampf? sVon unserer Berliner Schrlftlelkang.) Die Gesamtheit der Streiks, deren Ziel unverkennbar politisch, und zwar das Bestreben ist, durch Erschütterung und Zerstörung jeder Wirtschaft, jeder öffentlichen Ordnung die bestehende Re gierung zum Niederbruch zu führen, wird von den leitenden Stellen des Reiches wie Preußens als ein Angriff eingeschähk, dessen Planmäßigkeit nicht minder als seine Wucht zu einer Ent scheidung reift. Der politische Sinn des Kampfes wird ron niemand verkannt, ja nicht einmal von den Urhebern mehr ge leugnet. Und so geschickt die zahlreichen gestrigen Versammlungen der Unabhängigen in Szene gesetzt waren zu dem Zwecke, nach außen hin den Eindruck vollkommener Harmlosigkeit zu erwirken, so ist doch daS Wort .Räteherrschaft' und das Losungswort der kommenden .herrlichen Zeit' als die Parole für die in Aussicht stehenden Kämpfe an mehr als einer Stelle aufgeslammt. Gehört und verstanden wurde es auch da, wo es niemand besonders aus sprach; die Kreise, die sich da öfter zusammenfanden, verstehen sich bei gemeinsamer Arbeit in kleinem Kreise ohne viel Worte. Die Regierung schätzt den drohenden Angriff in seiner ganzen Schwere richtig ein und erklärt, gerüstet und guten Muts in den Kampf zu ziehen. Man hört allerdings seit Beginn des Eisenbahnerstreiks täglich mindestens einmal, daß die Regierung gewappnet und entschlossen sei, und dah sie alle ihr in reichem Mähe zur Verfügung stehenden Machtmittel rücksichtslos an wenden werde. Bei diesen geharnischten Worten aber bleibt es vorläufig. Man kann verschißener Meinung darüber sein, ob der Noske-Lrlaß nicht eine sehr zweischneidige Waffe gegen die Streikenden war. Nachdem er aber einmal heraus war, durfte er nicht in geradezu bänglicher Weife wieder zurückgezogen werden. Das hat nach beiden Seiten einen schlimmen Eindruck gemacht. Di« Streikenden wissen, -ah sie sich selbst vor wehrministerielien Gewaltworten nicht zu fürchten brauchen. Und die Kräfte, die be rufen und gewillt fein sollen, den Machtworten der Regierung Nachdruck zu verleihen, verlieren ihr Vertrauen in ihre Lenker, wenn sie ihre Unentschlossenheit sehen. Tätigkeit sieht man bis zur Stunde nur auf der Seite der Streikschürer. Dort ist sie freilich um so reger. Die .Freiheit" schreibt heute abend: .Wie wir hören, besteht die Absicht, die Streikenden durch Zwangsmaßnahmen zur Arbeit zu zwingen. Es soll ein Dekret ausgearbeilet werden, wonach sich die Arbeiter durch Unterschrift verpflichten »ollen, vie Arbeit bedingungslos wieder aufzunehmen. Wer nickt unter schreibt, soll als entlasten gelten. Sollte dieses Dekret tatsächlich erscheinen, so steht zu befürchten, daß -er Streik nock weiter an Ausdehnung gewinnt, da anzunehmen ist, daß dann der jetzt noch beiseite stehende Zentralvorstand des Eisenbahnerverbandes Gegend maßnahmen ergreifen würde." DaS find zwar im Augenblick auch nur Worte, aber Worte, die ihren Widerhall finden und ihre Wirkung haben. Das möchte man von den Morten der Regierung auch gern glauben können, sonst kann man bang werden vor dem großen Wort .Ent scheidungskampf'. O Der Gewerkschaftskongreß gegen »en Berliner Eisenbahnerstreik Nürnberg, 1. Jul». (Eig. Drahtbericht.) Am zweiten Vcr- Handlungstag deS Kongreßes der Gewerkschaften Dculschlands wurde die Diskussion fortgesetzt, die sich u. a. auch auf den Streikerlaß RoSkes erstreckte. Ein Antrag S ch u ltz - Brandenburg will den streikenden Eisenbahnern die Sympathie des Kon gresses aussprechen und fordert Aushebung deS Erlasses forme deS Belagerungszustandes. F r e y h - Frankfurt begründet den bereits ge meldeten Vorstandsantrag und weist darauf hin, daß dem Slreikcecht die Pflicht des Wiederaufbaues unseres Wirtschafts lebens entsprechen müsse, was unausgesetzte Arbeit verlange. Der Streik sei nur auf politische Beweggründe aufgebaut und führe zum Untergang der Arbeiterklasse. Von der Opposition wurde lebhaft widersprochen. Redakteur Lange hob hervor, daß die Frank von der Heimat aus zermürbt sei, und rechnete seinen Gesinnungs genossen diese Abschüttelung deS militärischen Joches als Verdienst air.- AlS er die von der unabhängigen und kommunistischen Mehrheit ent lassenen Beamten als Polizeispitzel bezeichnete, gab eS stürmische Szenen. In «der Nachmittagssitzung kam Brunner nochmals aus den Eisenbahn er streik zu sprechen und lehnte ihn ab, da er aus poli tischen Motiven aufgebaut sei. Nach längerer stürmischer Debatte wurde ein Antrag aus Schluß angenommen. Das Schlußwort erhielten D t e st ur a n n - Frankfurt und Legien - Berlin, wobei prinzipielle Meinungs verschiedenheiten der beiden Richtungen besonders auch hinsichtlich dcS FriedenSvertrageS nochmals in lärmenden Zurufen zum Aus druck kamen. Auf die Behauptung Diekmanns, der Friede von Ver sailles sei »rur die Antwort auf den Frieden von B r e st - L i t o w s n. stellte Legten mit besonderem Nachdruck fest, dah Deutschland im Brester frieden nicht einen Fuß breit fremden Bodens sich angceignet, keinen Volksteil von seiner Nationalität obgetrennt und Rußland nicht Be dingungen auferlegt habe, die ihm jeden wirtschaftlichen Aufstieg un möglich machten. Als Zweck des Friedens von Versailles be zeichnete er die völlige Ertötung deS deutschen Wirtschaftslebens und damit die Vernichtung der deutschen Arbeiterschaft. In sehr wirksamer Weise verglich er die drakonischen englischen Kncgs- gcsetze mit dem harmlosen deutschen Hilfsdienst und sorverke die Og nenten auf, sich bei den Genoßen aus den besetzten Gebieten zu :c- kundigen, was dort aus den Errungenschaften der Revolution geworden sri. Wiaderholt nahm er für die Sozialdemokratie daS Verdienst an der Revolution in Anspruch und drückte die Ueberzeugung aus, daß -le revolutionäre Welle vor den Enkenkeländern nicht halkmacken wcrde. Legten schloß mit der Bitte um Annahme einer Entschließung, welche d r Generalkommisston das Vertrauen ausspricht. D.e Zlb- stinunung wnrd« auf morgen vertagt. Die Schweiz wartet auf Oeffnung der Gre-r'cn Zurich, 1. Juli. (Eigen«' Drahtbericht.) Dem „Züricher Anzeiger' zufolge liege» in der Schweiz für mehr als 15N Millionen Franken Lebensmittel »nd Rohstoffe ,ur Ausfuhr »ach Dentfchland bereit. Ma» erwartet bi« Aushebung bcr Pt'chnd« «nb dle Freigabe der Einfuhr nach Deutschland.
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