11. Der deutsche Teufel im sechzehnten Jahrhundert. Auch die Wahngebilde des Menschengeschlechts haben eine Geschichte, sie formen sich um und entwickeln sich wie die Per sönlichkeit der Völker, denen sie wichtig sind. Und im Jahr hundert Luther's hatte eine solche Phantasiegestalt größere Wichtigkeit erhalten als die meisten irdischen Existenzen. Es ist die Kehrseite deutscher Bildung, welche an ihr sichtbar wird, ihr gebührt die letzte Stelle unter den charakteristischen Ge stalten der Reformationszeit. Die ältesten jüdischen Urkunden kennen den Teufel nicht. Die Schlange Eva's ist erst durch spätjüdische Deutungen, welche in unfern Glauben übergingen, zum Satan geworden; der Versucher giebt weder Kain den Gedanken des Bruder mordes ein, noch nimmt er dem jüdischen Gott die Mühe ab, die Zauberer Pharao's durch das massenhafte Erzeugen von Ungeziefer und Krankheiten zu schlagen. Erst seit der baby lonischen Gefangenschaft drang sein Bild aus der Religion der Perser zu den Juden. Der Teufel verdankt aber seinen Ursprung keiner Bolksreligion, d. h. keinem Gottesglauben, in welchem die Seele eines ganzen Volkes sich schaffend und umformend abspiegelt, denn er kam den Persern erst durch Zarathustra und dessen geoffenbarte Religion. Erst in der Seele des Einzelnen spannen sich die Gegensätze zwischen gut und böse, hell und dunkel, heilbringend und schädlich zu einem