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Sächsische Volkszeitung : 08.03.1940
- Erscheinungsdatum
- 1940-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-194003084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19400308
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19400308
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1940
-
Monat
1940-03
- Tag 1940-03-08
-
Monat
1940-03
-
Jahr
1940
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 08.03.1940
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In tvien vev I2S Inheen r „Der Aongretz fliegt auf!" Vev letzte walzertVaurn einee versunkenen Welt 1. Fortsetzung. In -er Reitbahn drunten harrten die Herolde in präch tigen Kostümen — und Punkt 8 Uhr dröhnten ihre Fanfaren auf: sie kündeten die Ankunst der 24 Turnierschönen — der auserwähsten „Llebeskönlginnen". wie sie längst im Wiener Bolksmund hietzen. Staunend betrachtete der Graf de la Garde den prunk vollen Auszug, den der Fürst von Ltgne mit seinen Erläute rungen begleitete. „Sehen Sie dort, Gras: Lady Eastlereagh, die Gattin des englischen Gesandten! Sie trägt in Form eines Diadems den Hosenbandorden ihres Gernahls in Diamanten aus der Stirn — eine Abschweifung der Eitelkeit, an die der galante eng lische Eduard sicher nicht gedacht hat, als er das blaue Band auf hob, das den Strumpf der schönen Alix Salisbury schürzte.. Er schmunzelte vor sich hin und schnippte nach seiner Gewohnheit mit der Hand. „Ueberl)aupt di« Orden . . . Kaum waren die Souveräne in Wien eingetroffen, als sie sich auch schon gegenseitig die Grobkreuze ihrer Orden gaben. Kein Mensch vermag sich noch zurechtzu finden unter all diesen Dekorationen von allen For men und Benennungen, von Kalenderheiligen bis zu den selt samsten Titeln wie Elefant, Phönix, sclpvarzer, roter, weißer Adler, Schwert, Nordstern, Löwe, Vlies und so weiter. Das ist das Vorspiel gewesen zu anderen und wichtigeren Gaben — den Geschenken von Königreichen, Provinzen, einer gewissen Anzahl von Seelen, Uber deren „Verschiebung" ja nun seit Monden beraten wird. — Tja, und dann haben sich die hohen Herren Regimenter in ihren Armeen verliehen — Herrgott, haben da die Schneider Beschäftigung erhalten . . . Sie lachen? Ich bitte Sie, Gral, das sind enorm wichtige — ah bah, sind die wichtigsten Dinge dieses famosen Kongresses, das werden auch Sic bald erkennen. — Uebrigens, der ganze Kongreß kostet das österreichische Kaiserreich täglich eine halb« Million Gulden! Wenn das so weitergeht, ist bald der Wert mindestens einer der Provinzen, um die. man sich hinter den Kulissen balgt, schon ausqczehrt, vcrtanzt, verseierti Na, es ist ja schlietzlich nicht unser Vermögen, das hier draufgeht." Unablässig starrte der Gras zu der Galerie hinauf, wo die „Liebesköniginnen" Platz genommen. „Durchlaucht, bitte!" raunte er dem Fürsten zu. „Wer ist dort die Dame in Karmesinrot, die —" Der Fürst von Ligne berührte in scherzhafter Mahnung Minister des Aeutzcren und Präsident des Kongresses... der- zeit die größte und — gefährlichste politische Begabung des Kontinents. — Uebrigens: der Zar und M.-Iternich sind sich spinnefeind! Der Zar spricht in Gegenwart des Staatsmannes von sich und seiner Umgebung nur überlegen unter der Be zeichnung: „Wir Soldaten" — um dem Fürsten zu zeigen, datz er in seinen Augen nur ein vermaledeiter Federfuchser, Büro- krat und Ränkespinner «st. Er weih, daß ein gut Teil der vor- nehmen und vornehmsten Damen, die ihn umschwärmen, von dem Fürsten zum Aushorchen und Meinungmachen vorgeschickt sind — schon ein paarmal hat er solch eine Dame betrachtet und nickend festgestellt: „Absolut Metternich!" Und neulich soll es zwischen den beiden einen derart heftigen Streit gegeben haben, daß Metternich später einaestand: „Ich habe Im Augen blick nicht gewußt, ob Ich zur Tür oder zum Fenster hinaus gehen sollte, so schrecklich war es!" — Aber kommen Sie: wir wollen schauen, nicht nur reden." Toiletten« und Iuwelenrausch. Und der Graf de la Garde schaute fasziniert immer noch ans die „Liebcsköniginnen", deren Namen ihm der Fürst nannte —: die Fürstin Paul Esterhazy, die Fürstin Marie Metternich, die Gräfin Julie Zichy geb. Festetics, die Greisinnen Pörigord, Rzewaska, Mariassy, und wie sie alle hießen. Man konnte sich kein anmutigeres u. blendenderes Schauspiel denken. Die Toiletten der Damen waren mit der sorgsamsten Genauig keit den Kostümen des 1k. und 17. Jahrhunderts nachgebildet. Vier der „Liebcsköniginnen" trugen die ungarische National tracht. Die anderen Damen trugen das polnische, österreichische und französische Kostüm zur Zeit Ludwigs Xlll. Und alle ver rieten dieselbe Pracht, den gleichen Prunk. „Herrgott", rief der Graf aus. „dazu müssen sa alle Reich tümer der österreichischen Monarchie aufaeboten morden sein!" Ligne machte seine ihm eigene Handkewegung. „Pah, ich kann Ihnen sagen: 3ü Millionen Franken hän gen in Juwelen an diesen „Licbeskönlginnen" herum. Die der Fürstin Esterhazy, übrigens einer geborenen Thurn und Taxis, sind allein 8 Millionen wert, das ist bekannt." Er hatte kaum den Satz vollendet, als von neuem die Fanfaren ausdröhnte» — „Habt ach«! —: die Majestäten!" Und sie zogen ein, genau nach der festgesetzten Ordnung, die man auf Wunsch des Zaren nach deut Alter geregelt hatte: allen voran der unmäßig dicke König von Württemberg. — „Grober Klotz!" zischelte Fürst Ligne. „Pslegt eigenhändig seine Vssiztere und Minister mit dem Stock zu prügeln! Hat neulich einen Abgesandten aus Württemberg halb totgeschlagen. Der kam nämlich mit einem Schreiben des weiland Königs von Westfalen, Isrome, des Schwiegersohnes des Württembergers. Der dicke König hatte ihm geschrieben, er wünsche, daß jetzt, wo die napoleonische Herrlichkeit zu Ende sei. seine Tochter zu ihm zurückkehre. Und nun mußte er — es ist aus der Ge heimkanzle» des Fürsten Metternich herausgcsickert — die Ant wort des Schwiegersohnes lesen —: „Ew. Majestät scheinen zu vergessen, daß ich es war, der Ihre Tochter zur Königin, und daß es mein kaiserlicher Bruder war, der den Herzog von Württemberg zum König gemacht hat!" — Daher die Stock prügel für den armen Boten..." Dem Württemberger folgte der König von Bayern, dann der von Dänemark, darauf erst der Kaiser van Oesterreich, der König von Preußen und zum Schluß der jüngste — und un umschränkt mächtigste Potentat: Alexander, Kaiser von Ruß land. Den Kaiser» und Königinnen solatcn die Kaiserinnen und Königinnen — und danach alles, was Name, Adel und Reichtum besaß auf der Welt. Kriegerische Musik erscholl, und 2> Pala dine erschienen drunten im Rund zwischen den «chrankcn. Es war, so erfuhr der Graf de la Garde, die Blüte des Adels des Kaiserreiches: die meisten hatten in den letzten Kriegen, deren Abschluß dieser prunkvolle, festefeiernde, nicht handelnde, son dern tanzende Kongreß bildete, auf einem anderen Kampfplatz ihre Sporen verdient, und wenn sie alle durch ihren persönlichen Ruhm oder die Erhabenheit ihrer Familien glänzten, Io waren sie nicht minder durch ihr vorteilhaftes Aeußrre ausfallend. Sic waren als Ritter gewandet und geschient, machten den Majestäten und den „Liebesköniainnen" mit den Lanzen ihre Reverenz — nnd dann begannen die Turnierspiele, um derent willen sich die illustre Gesellschaft zusnmmengefunden hatte. Während ihrer Dauer belohnte das lebhafteste Interesse vor allem der Damen ihre Bemühungen oder ihre Geschicklichkeit. Lange dauerten die verschiedensten Evolutionen »ach dem Takt der Musik — dann verließen die Paladine, grüßend und unter brausendem Beifall, die Bahn. Gleichzeitig erhoben sich die Monarchen, erhob sich das wette Rund. Der Fürst zog den Grasen de la Karde mit sich —: „Kommen Sie, mein Lieber, eilen Sie! In die großen Säle des Palastes! Das Souper ist gerüstet — der Ball be ginnt! Wir müssen dabei sein —: der Kongreß tanzt!" Fortsetzung folgt. Zweimal zur Hinrichtung geführt seinen Aermel: „Ah, ah. lieber Graf —: Sie haben einen guten Blick für Frauenschönheit, wie ich bemerke. Aber entzünden Sie sich nicht! Hände weg' Es ist die zivanzigjährige verwitwete Fürstin Gabriele Auersperg, geborene Prinzessin Lobkowitz ... sie hat aus diesem Kongreß die größte Eroberung gemacht, um die sie von allen Damen glühend beneidet und — gehaßt wird . . . Ich sage Ihnen nur dies —: Sein« Majestät, der Zar Alex ander ist, hm, also, ja, ich meine: Seine Majestät tanzt, seit er In Wien ist und feiert, pardon, konferiert, am liebsten mit der Fürstin Gabriele . . ." Er stockte einen Augenblick. Dann schien er -st ihm eigene scharmante Boshaftigkeit nicht unterdrücken zu können. Er beugte sich hinab zu dem jungen Begleiter: „Uebrigens recht strapaziös, dieser Kongreß, gerade für -es Zaren erhabene Majestät. Das ist so schlimm, daß Alex ander gestern abknd auf einer Redoute in der Hofburg mitten im Tanz mit der Fürstin plötzlich von einem Unwohlsein be fallen wurde und sich sehr bleich und schwankend zurückziehen mußte. — Ist ja auch kein Wunder —: welche Arbeit, welche staatsmännische und landesväterliche Ausopserung, welche Hel- denleistung! Mein Lieber, ber Zar hat 44 Nächte hintereinander durchtanzt! . . ." Der Graf sah den Fürsten ein wenig hilflos an. „Durchlaucht —: das also ist der europäische Friedens kongreß von Wien?" . auch!" schmunzelte Ligne. „Damit müssen Sie sich adfinden. Ich sage Ihnen, diese Dinge sind wichtiger als alles andere. — Was glauben Sie, von welcher Bedeutung des Zaren Neigung zu der Fürstin Auersperg ist! Er macht Kavaliers geschenke — er sendet Billett aus Billett . . . und es gibt einen Menschen, den gerade diese diskreten Billetts höchlichst interessieren; das ist Clemens Fürst Metternich, Oesterreichs womit man vor WO Jahren anskommen mutzte Wenn uns allen der Krieg gewisse Einschränkungen aus erlegt, die In Erkenntnis Ihrer Unvermeidbarkent vom gesam ten deutschen Volke mit mufterl;aster Disziplin und Gelassenheit getragen werden, so kann ein Blick auf das Leben unserer Ur großeltern vor 100 IahMi uns darüber belehren, daß unser heutiges Leben mit allen seinen „Einschränkungen" den Men schen von damals als unvorstellbarer Luxus erscheinen würde. Jeder Mensch ist ja ein Kind seiner Zeit, daher nrst den Ansprü chen bckaftet, die gerade seine Gegenwart stellt, und die un- geheure Bedürfnlssteigerung innerhalb des letzten Jahrhunderts mackts ss sür uns sehr schwer, uns das einfache Leben unserer Vorfahren vorAustellen. Zweifellos würde sich auch der Aermste von heute sehr unbehaglich fühlen, wenn er plötzlich um 180 Jahre zurückversetzt würde. Die elende Beleuchtung durch das Talglicht, die schlechte Heizung mit Torf, das Fehlen jeden Kom forts. der uns heutc allen «ine Selbstverständlichkeit ist. wie der Wasserleitung oder die soweit verbreitete Abwechslung durch den Rundfunk — alles das würde man bitter vermissen, ganz abge sehen von den unzähligen Geschenken der Technik. Der größte Unterschied des unsrigen von dem damaligen Leben war die viel geringere Entwicklung des Handels. Die Familie ivar noch In der Herstellung der meisten Waren auf sich selbst angewiesen: es gab keine Warenhäuser und kaum Läden in unserem heutigen Sinn, und man mußte mit allem viel mehr haushalten. Der durchschnittliche Bürger wohnte meist in einer Stube mit ein paar Kammern: nur vornehme Leute kann- ten sich «Ine größere Wohnung leisten. Der einzige Luxus, den sich auch begüterte Hausfrauen gestatteten, war der, frühzeitig sür eine Ausstattung der Töchter zu sorgen. Leinwand und Feder betten wurden angesckmfst, und in allen Häusern, denen der Bürger wie denen der Bauern, schnurrten fleißig die Spinnräder, da man das Garn für die notwendige Leinwand selbst herstellte. Möbel und Hausgerät konnten mit «tiva 100 Talern bestritten wenden. Einen großen Teil der Stube nahm -er Ösen ein. hinter dem sich die sogenannte „Hölle" befand, aus der das Wasser des Ofentopfes brodelte, hier stand auch ein Waschtisch. Wie der Ofen, so ivaren auch andere Geräte riesengroß mid unbequem, so zum Beispiel der Hausschlüssel, der nicht selten die Größe eines kleinen Hammers und ein Gewicht '4on anderthalb Psnnd hatte. In den Zellen, Gängen. Sälen der Strafanstalt Sing-Sing herrscht am 18. März 1039 bedrücktes Schweigen, Das Licht, das durch die fest vergitterten Fenster bricht, schimmert heut« beson ders trübe und grau. Wieder einmal ist ein Tag gekommen, da ein Mörder feine Blutschuld auf dem elektriscljen Stuhl sühne» muß. Wieder einmal werden abends, genau uni 7 Uhr, die Glüh birnen überall in dem großen Gebäude minutenlang um einen Schein matter leuchten, weil 2000 Volt durch den Körper eines Menschen jagen. Draußen, im Mörderfriedhof, ist das Grab für den Delin- auenten scl-on geschaufelt. In der Kammer hinter dem Hinrich tungsraum mit dem elektrischen Stuhl, steh« schon ein Sarg bereit . . . Alles lausckt angespannt auf die Schritte, die aus dem Gc- bättdestügcl mit den Todeszettrn herüberschallen. Der Arzt, der Direktor und der Staatsanwalt sind dort bei dem armen Sünder versammelt. „Ich bin unschuldig!" Wird es ihnen gelingen, den Mörder ganz zuletzt noch zu einem Geständnis zu bewegen? Leugnet Fred Laßcock noch im mer? — Nicht lange ist cs her, nur wenige Tage, da hat er an der Giltcrtiir seiner Zelle gerüttelt und gezerrt und unaufhörlich geschrien: „Ich bin unschuldig, ich bin kein Mörder, laßt mich her* aus!" — Immer und immer wieder: ..Ich bin unschuldig! Ich bin unschuldig!" — Doch dann ist er von Berziveifiung über mannt worden, hat starr zn Beden geblickt und kaum einen Bissen angenommen. Er scheint sich mit seinem Schicksal abzu finden. Es hilft ihm ja doch nichts mehr Die Gitterstäbe sind mierbittlich und die Wärter draußen aus dem Gang zucken nur die Achseln. Ein solches Stück Eisen in -er Rocktasche schlug bei jedem Schritt gegen die Beine und mahnte den Nachtschwärmer an rechtzeitige Heimkehr. Gewaltige Ausdehnung besaß auch das lederne un entsetzlich harte Familkmsosa, an -em in bürgerlichen Familien der Stiefelknecht an einer starken Kette hing. Was die Kleidung anlangi, so galt vor 100 Jahren der Spruch: „Ein Rock und ein Gott!" Die Männcrröcke aus Tuch nmren so haltbar, daß man sie 10 bis 20 Jahre und noch länger trug. Dann wurde der Rock gewendet, zuletzt nochmals zer trennt, gefärbt und für die Kinder verwendet. Nur die Spröß- linge -er reichen Familien bekamen ausnahmsweise einmal neu- Kleider, sonst vererbten sich die Saclien von dem Vater aus den ältesten Sohn und gingen von diesem aus die jüngeren Brüder über. Mäntel und Pelze wurden nur von Herren getragen, die auf Reisen gingen. Der Luxus -er Herrenklcidung in der Bieder meierzeit beschränkte sich im allgemeinen auf die „Vatermörder", die hinten bis über die Ohren reichten und zuweilen vorn bis an die Nase gingen, und ans die „Bratemvesten" aus Samt und Seide Der Bauer trug seinen grünen Tuchrock mit den bleier nen Knöpfen nur. wenn er in die Kirche oder aufs Amt ging, und ein solcher Rock, der bei der Derhe-iratunq angeschafst wurde, reichte ost llirs ganze Leben. Die hohen schwarzen Zylinderhüte, die ö bis 0 Jahre nnd noch länger getragen wurden waren allmählich an den Krempen abgeschabt nnd eingeknickt, so daß man beim Grüßen an die Ceitenkrempe faßte. BUrgersrauen schämten sich. „Fasson-Hüte", das heißt nicht selbst gefertigte, oder Kleider aus Seide zu tragen. Die feinen Damen l)atten Mäntel aus Halbtuch, sogenanntem „Dainentuch", die Bi'gcrfrauen solche aus Wolle oder Baumwolle. Der Mann giitz, nur des Abends ins Wirtshaus, Am Tage waren alle Bierhäuser leer. Man trank einfaches Bier dis Ende der drei ßiger Jahre, wo das Doppel und Lagerbier auikam. Ging der Bürger zum Abendschoppen, so steckte er nur 7 oder 14 Pfennige ein, je nachdem er ein oder znrei Krüge trinken ivollte. Die Frauen hielten es für unter ihrer Würde, die Männer in die Wirtshäuser zu begleiten, nnd außer dem Hause zu seifen, «vor «in Luxus, den nur die Reisenden oder auswärts Arbeitende kannten. Als Ende der dreißiger Jahre in Dresden die erst- „Waldschlößchen Brauerei" eröffnet wurde und die Damen mit den Herren dorthin gingen, konnten die Frauen der gebildeten Stände der Provinz sich über dieses unerhörte Benehmen nicht genug entrüsten. Auch vor Gericht hat er mit seinem hartnäckigen Leugnen nichts auszurichten vermocht. Seine Schuld ist viel zu offensicht lich. Dutzendweise sprechen die Indizien gegen ihn, ein Alibi kann er nicht erbringen und schließlich Hot ihn ein glaubwürdi ger Zeuge kurz nachdem der Mord veriibt worden sein mußte nm Tatort gesehen. Kein Zweifel- Fred Laßcock Hot seine Arbeit geberin heimtückisch nie-dcrgeschossen und luraubt. Für das Gericht ist kein anderes Urteil in Betracht gekom men als das Todesurteil, denn die Bciveiskette kann und muß als lückenlos gellen. Aber Fred Laßcock leugnet. Auch jetzt noch, wenige Stunden vor seinem Tode! Die Hand am Schalthebel. Fünf Minuten vor 7 Uhr Aus der Tür der Todeszelle rechts und links geleitet von einem ^üärter, gekleidet in einen schwarzen, kragenlosen Kittel, tritt der Delinquent, den Kopf tief nach vorn gesenkt. Im Hinrichtungszimmer, angesichts der Zeugen und der Vertreter des Gerichts, bricht es alrer noch einmal aus ihm her vor. „Ich bin unschuldig! — Ich bin kein Mörder!" schreit er. Nur mit Mühe kann man ihn soweit bcruhigem -aß er schweigt während noch einmal das Todesurteil verlesen wird. Starke Arme heben ihn die Stufen zu dem niedrigen, hölzernen Gerüst empor, dem elektrischen Stuhl, die Dlahlkoppe wird über- gestülpt. . . Eine Hand greift langsam nach dem großen Hebel in der Mitte der marmornen Schalltascl, verharrt sür den Bruchteil einer Sekunde und legt ihn dann mit einem entschlossenen Ruck herum. Das Kommando für den Tod! Augenblicke wie Ewigkeiten! Da fährt die Hand noch einmal an den Schalthebel! Diesmal hastig, erschrocken! Der Hebel schnappt zurück, wird von neuem »mgelegt. Bewegung unter den Zeiten Irgend etwas scheint nicht seine Richtigkeit zu haben. Warum hantiert der. Scharfrichter so aufgeregt an den Sicherungen, Schaltern und Meßinstrumenten der Sclmlltasel? Aus -er Tlahlkappe. die das Gelickt des Delinquenten voll umschließt, dringt ein longgezogenes Stöhnen. Zurück in die lodeszelle. Ist Laßcock noch am Leben? Kein leises Surren und Kni ster». wie es sonst bei Hinrichtungen zu vernehmen ist. Die Männer, die schon wiederholt hier in diesem Raum einer Hin richtung beiwohnen mußten, begreifen es plötzlich: Der elektrische Stuhl hat versagt. Die 2000 Bolt tuen nicht ihre Schuldigkeit. Das ist noch nie geschehen! Der Scharfrichter legt den Hebel zum drittenmal herum, lfterlcnd steht ihm -er Schweiß aus der Stirn Tie Kontrollampe an der Wand über dem etvktrischen Stuhl will uns will nicht aul- slammen Der Delinquent bleibt am Lel>en! Man muß die Hinrichtung unterbrcäum. Ein halb bewußt loser Mann wird in einen Nebcnraum geführt. Er ist kaum fähig zu verstehen, das; die Hinrichtung um Minuten verschoben wird Mit bleiänn Gesichtern arbeiten mehrere Techniker an dem Stuhl, den Kabeln, der Schalttafel. Aus Minuten werden Stun den. Willenlos läßt sich Laßcock zurück in seine Zelle sichren, längst ist es Nacht gcivorden. Heute kann die Hinrichtung nun doch nicht mehr vollstreckt werücn. Die Störung am elektrisct-en Stuhl hat man bald ermittelt. Kurzschluß eines Kabels. Weit schwerer ltziit es. die Störung zu beheben. Die Tascl muß von der Wand abmontiert >v«rdcu. Am Morgen ist die Arbeit beendet. Zum zweiten Male unter der Kapp«. „Der Stukl ist zur Hinrichtung bereit!" nie Ide! der leitend« Ingenieur dem Direktor. — „Die Apparatur arb«iiet «in» waichsrei!" Zivci Stunden später sind Sie Hinrichtungszeugen abermals versammelt. Was hab«» die letzten Stunden aus Fred Laßcock grmacht. Seine Blicke sind erloschen, lief« schivärzücke Schatten stehen unter seinen Augen. Nicht einen Schritt kann er sich selbst vorwärtsbcwegen Die beiden Wärter müssen ihn tragen. Der Scharfrichter deeilt sich, wie er nur kann. Schon klappt der Hobel herunter. Aber, ivas ist das? — Die Kontrollampe flammt wieder nicht auf. Wieder wird der Schalter mehrmals aut- und nieder- geschivenkt — Nichts! Der Delinquent stöhnt. Es ist totenstill in dem großen MIMI»j>I>!j!>!!>I!jM!Ijj>j>IjIjj!j!j>IjIj»jIIjI>I>IMjIIjIjIIjW>>!»j>II!>>j!>jIjjjIWj>>IIIjI!j!IjIjj!jj>jj!!j>j>IjIjjj>>Ij!I!jjjjj!j!jiW,jjjjjj,jjjj,jI,jj,,!!j>j!IIIjlj>I!UjIj>j,j!l>jj!jIjj>j!!jjIj>IjjIj!j»!!j!j!M>jj!iji!iij!,I>j!ji!iijj>j,jjjii!jljj»,,j»j,,,jU,,j,jjjjl!ij,'!!j>!ll!ii>'ili>,
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