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Sächsische Volkszeitung : 02.02.1940
- Erscheinungsdatum
- 1940-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-194002022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19400202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19400202
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1940
-
Monat
1940-02
- Tag 1940-02-02
-
Monat
1940-02
-
Jahr
1940
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 02.02.1940
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Oop/ried» d, Karl Köhler L Co., Berlin-Schmargendorf. Mochdr»a vrrdoiea.) 3. Fortsetzung. Leise sagte Anna: „Was hat es noch für Zweck, nach KLribib zu gehen? Mas sollen wir in Käribib?" Liese antwortete nicht. Sie dachte an Fritz, Anna dachte an lhren Mann. Sie achteten nicht daraus, datz nur ganz langsam im Osten der blutrot« Ball der Sonne «mporstieg. Sie achteten nicht darauf, datz In der Ferne «Ine Staubwolke auswirbelte und datz eine Schar Reiter den Weg entlangsprengte, gerade auf den halb ausgeraubten Wagen zu, auf dessen zerbrochenem Führersitz zwei fast vor Schmerz wahnsinnig gewordene junge Frauen und zwei weinende Kinder hockten. Zweites Kapitel. Vn der Nacht, in der die beiden Frauen verzweifelt auf den Trümmern des Treckwagens hockten, war ein erster Regenguß niebergegangen. Auch bas Hütten die beiden, die wie vor Ent setzen gelähmt waren, kaum gemerkt, wenn nicht die Kinder ange- sangen hätten, zu weinen. Anna Munk stand langsam auf und es war, als kehre sie au» unendlichen Fernen in die Wirklichkeit zurück. Sie stand auf, sah die beiden Kleinen an und sagt« mit einer ihr fremden Stimme: „8a so!" Das sollte heißen: „Ja, so, ich darf sa nicht einmal sterben!" Wenn der Treckwagen auch umgestürzt war und bas eine Rad zerbrochen lm Graben lag, war das Dach trotzdem noch sest und mit starker Hand ritz Anna die Tür auf, kroch In den größlen- teils ausgeräumten Wagen hinein, machte den beiden Kindern ein Lager, büllte fi« noch in das Tuch, das sie bisher um ihre Schul tern geschlagen hatte und sagte: „Jetzt schlaft." Sie sagt« das so bestimmt, datz der sechsjährige Peter, der auch müde von dem weiten Weg war, nicht zu antworten wagte. Die zweijährige Grete schlief schon, als die Mutter sie beitete. Liese saß noch Immer weinend daneben und Anna rüttelte sie auf. „Es scheint, datz die Hereros fort sind." Liese antwortete nicht. Aergerlich sagte Anna: „Jetzt flenne nicht. Was aus mir wird, ist gleichgültig, seit der Peter nicht mehr da Ist, aber drin liegen die Kinder. Die müssen leben." Ihre Stimme wurde fast drohend. „Die müssen leben. Verstehst bu? Für sie müssen wir sorgen. Auch du bist jung. Herrgott, der Fritz Etolte war selbst daran schuld. Warum hat er geschossen und die Teusel gereizt." Liese war ausgesprungen und schluchzte. „geht ist er tot." „Vielleicht. Vielleicht nicht. Wer weiß, ob aus dir und ihm etwas geworden wäre." „Ich kann nicht leben, wenn er —" „Zum Klagen ist später Zeit. Jetzt heitzt es, die Kinder zu retten. Es sind noch stehen Stunden, wenn man zu Futz nach KLribib will. Ich kann die Kinder nicht tragen und Peter kann nicht mehr laufen. Es hat keinen Zweck, wenn wir hier sitzen und über Dinge jammern, die wir nicht ändern können. Du mutzt voran und mutzt Hilfe holen." Erschreckt sah die Schwester sie an: „Ich soll?'' „Herrgott, sa. Vielleicht trifft bu schon unterwegs Menschen." „Wie soll ich allein —" Anna herrschte sie in einem Ton an, den Liese bisher an Ihr Nicht kannte: „Ich denke, es ist weniger schlimm, die Stratze entlang zu laufen, auf der jeder Schritt dich näher zu Freunden bringt, als hier auf dem umgestürzten Wagen zu warten, ob die Hereros zu rückkommen." „Latz uns zusammen gehen." „Gehl" Sie sagte es in so befehlendem Ton, datz Liese sie erschreckt ansah. dann aber wortlos die Stratze entlangeilte. Anna sah ihr nach, dann ging sie mit schleppenden Schulten zu dem Wagen zurück. Ihr rechter Futz hinkte stark. Sie hatte del dem raschen Gang einen Fehltritt getan. Ihr Futz schmerzte und sie wäre nicht mehr Imstande gewesen, zu gehen. Sie setzte sich auf den Wagen und achtete nicht darauf, datz der Regen aus sie herniederrauschte. In der Hand hielt sie den Re volver, den sie zu sich gesteckt hatte, «he sie die Farm verlieben, den sie aber sorgsam vor den Augen der Hereros verborgen hatte. Vier Schutz waren darin. Jetzt zählte sie die Patronen, bann bedeckte sie die?Üaffe mit ihrem Kleide, damit sie nicht natz werde. Ihr Gesicht sah aus, wie versteinert und ihre Augen wanderten immerfort in die Rund«. So satz Anna Munk auf dem umgestürzten Wagen und hielt Mache. Sie war nicht so töricht, sich einzubilden, datz sie sich im Ernst gegen eine Bande Teufel hätte verteidigen können. Sie dachte anderes: Wenn sie kommen — für jedes Kind eine Kugel, «ine für sich selbst. Die vierte, falls eine versagte." Anna hatte genug davon gehört, wie wehrlose Frauen und Kinder ermordet waren. Besser so! Sie sah in dieser Stunde so aus, als ob sie aussühren konnte, was sie plante. Ueberall in den Kameldornbüschen, die gierig das lang er sehnte Natz mit ihren dürrgewordenen Blättern tranken, knisterte und rauschte es. Di« Molken, die über den Himmel jagten, zeich neten unheimliche Schatten aus den Weg. Immer wieder glaubte sie geduckte Gestalten zu sehen, die herankrochen. Immer wieder umkrampfte ihre Hand sester den Revolver, aber immer wieder waren es nur Phantome. Der Regen hörte nach kurzer Zeit auf, aber er holte genügt, um Anna Munks Kleider völlig zu durchnässen. Sie zitterte vor Kälte, denn ein scharfer Wind kam von den Bergen herab. Ihre Zähne begannen, auseinanderzuschlagen und langsam verwirrten sich ibre Gedanken. Als gegen Morgen ein Krümperwagen mit ein paar Sol- baten die Stratze herankam, merkte Anna es nicht und sie sanden eine durchnätzte Frau, die hintenübergesunken neben dem umge- stürzten Treckwagen lag und laut phantasierte. Unterosfizler Webekind, der zuvorderst auf dem Magen satz, sprang ab. „Anlassen! Mitnehmen!" Als sie bereits wieder abfahren wollten, erklang aus dem Innern de» Wagens lautes Kindergeschrei. Peter war aufge- wacht und schrie gellend, als er di« fremden Männer die Mutter aufheben sah. Jetzt wurde auch die kleine Grete gesunden. Merk- würdig sah es aus. wie der Soldatenwagen nun die Stratze hinabrollle und der tlnterossizier ein weinendes kleines Kind in den Armen hielt, während Peler erschreckt die Mutter anslarrle, die ganz laut wirres Zeug redete. Sv ging es im Trab aus Karibik zu. * Liese war zuerst gerannt, als wenn die wilde Jagd ihr her wäre. Dann war sie erschöpft stehen geblieben. Eie suhlte ein Stechen in ihrer Brust und wutzle nicht, ob es von dem atemlosen Lausen kam, oder von der Nässe, di« ihr bis aus die Haut ging. Auch sie zuckte immer wieder zusammen, wenn es um sie knackte und rninerle. Envlick «ay ge die ersten Häuser der Stadt vor sich. Da wohnte der Farmer Gräbert, der gleichzeitig eine kleine Gastwirtschaft hatte. Halbtot, mit Schuhen, die ihr wie Fetzen von den Fritzen hingen, taumelte Liese in bas Haus. Den Marsch, zu dem ein guter Futzgänger sieben Stunden gebrauchte, hatte sie in fünf zu rückgelegt. Als sie in das Zimmer kam und die Wärme empfand, sank sie sofort aus ein Eosa, das dort stand und schlies in dem selben Augenblick vor völliger Erschöpfung sest ein. grau Gräbert schüttelte den Kops und sragte ihren Mann: „Wer ist das?" „Weitz nicht. Jedenfalls ein Mädchen, das irgendwo vor den Hereros geflüchtet ist. Latz sie schlafen. Sie wird schon er zählen, wenn sie wieder wach wird." Es war säst Mittag, als Liese wieder die Augen ausschlug, sich entsetzt Umsatz und dann laut ausschrie: „Herrgott im Himmel!" Gräbert kam herein. „Was ist denn? Mieder wach?" Eie zitterte am ganzen Körper und i.ä.e: „Meine Lchweiterl Die Kinder!" „Wer? Was?" „Herrgott, ich bin Liese Gollmann. Meine Schwester Anna Munk sitzt sieben Stunden vor Karibik) aus den Trümmern de» umgestürzten Treckwagens." Sie brach ab, wankte und siel In Frau Gräberts Arme. Jetzt rächte sich auch an ihr die Regennacht und der Lauf, und sie be gann zu phantasieren. Gräbert war aus dem Haus gelaufen: „Koktermann! Werner Koltermann!" Ein sunger Mann kam heran. „Zwei Pferde! Schnell! Drinnen liegt die Liese Gollmann. Anna Munk liegt mit dem umgebrochenen Treckwagen irgendwo aus der Stratze" Ein paar Minuten später sagten die beiden Männer auf Teufel komm raus aus der Etadt. Nach der kalten Nacht brannte wieder die Sonne und die Männer waren in Echweitz gebadet, als sie endlich die Höhe erreichten. „Da liegt der Treckwagen." Sie sprangen ab und lasen die Insä >>st, die der klnter- vssizier Wedekind, der noch gekommen war, während Liese im House der Gräbert schlief, nicht beachtet hatte. „Peter Munk, vlambunga." „Wo sind die Frau und die Kinder?" Sie durchsuchten den ganzen Wagen. „Hier sind frische Spuren. Hier waren Maua:. " „Sie sind fortgeschleppt." Die beiden standen erschüttert. „Zweifellos von den Hereros ermordet" „Vielleicht auch von Soldaten gesunden." Sie ritten noch umher, riesen und suchten, dann ging «» wieder zurück. Jetzt allerdings hatten die Männer verbissen« Gesichter und die Pferde gingen langsam, weil sie aus dem Hin weg ausgepumpt worden waren. Gräbert sagte leise: „Der arme Munk!" Als sie sich der Stadt näherten, ries Kollermann: „Vielleicht weih man aus dem Bahnhof etwas?" Dort war am Morgen wieder ein ganzer Zug jlächtenber Frauen abgefertigt worden. Gräber! sragte den Kommandeur. ,F!ch weih nichts. Der Leutnant, der am Morgen Dienst hatte, ist schon nach Okahandja obgerückt Ich komme mit meinen Leuten frisch aus Swakopmund. Anna Munk und zwei Kinder? Bedauere, der Name steht nicht in der Liste Im Zuge also waren sie nicht." Jetzt waren die beiden froh, datz Liese vorläusig im Fieber lag und man ihr nichts zu sagen brauchte. Liese Gollmann war ein gesundes und kräftiges Mädel, und nachdem sie einen Tag gefiebert und dann noch eine Nacht fest geschlafen batte, war sie wieder aelund. Vornetzung to.gt.» Medizinische Rundschau U«b«r seelisch« Krankheits«ntst«hung. Datz es Krankheitsentstehung und KrankheitsansäNIqkcit au» seelischen Ursachen gibt, ist wohl schon immer eine Tatsache der Erfahrung gewesen Freilich liegen die Dinge verwickelter als man zunächst einmal meinen mag, und der Beweis einer nur seelischen Verursachung einer Krankheit ist häufig nur schwer zu sichren. Nichtsdestoweniger beweisen aber die thera peutischen Erfolge der Seslrnheilkunde, datz auch auf diesem Wege grosse heilerische Ersolge zu erzielen sind. Interessanter weise hat sich bei den neueren Untersuchungen eine gewisse Be ziehung zwischen den auslcisenden seelischen Ursachen und den von der Krankheit betroffenen inneren Organen gezeigt. So führen Angstgesühle häufig zu Lungen- oder Herzkrankheiten, Eckreck zu Erkrankungen der Schilddrüse sBasedow), Trauer zu Leber- und Aerger zu Gallenerkrankungen. Besonders interes sant scheint die Verbindung zwischen Geiz, Habgier und ver wandten seelischen Empfindungen zu Magen und Darm zu sein. Wenn solche Beobachtungen neuerdings auch auf streng wissen schaftlichem analytischen Wege getroffen wurden, so bestätigen sie im Grund genommen doch nur Erfahrungen, die in zahl reichen Redensarten und Sprichworten sowie in dichterischer Form in Komödien usw. unter medizinischen Laien gleichsam ein Erbgut darstellen. Streng wissenschaftlich und medizinisch ist aber auch die alte Parole anzuwenden, datz man sich wenig ärgern wenig aufregen, wenig zu extremen Gefühlen Hinreitzen lassen sott. Eine ständig gleichblelbende Temperatur des See lenlebens, eine innerlich und äutzerltch geordnete Regelmätzig- Keit ist die wichtigste Voraussetzung unserrr Gesundheit. Eine Erkenntnis, die gerade heute auch uns immer vor Augen stehen sollte. Gesund bleibt, wer Ja sag». Mögen die Umstände sein, wie sie wollen. Ein« eigenartig« Behandlung d«» Schluck««». Es gibt die verschiedensten Vorschläge, einen „Schlucken", der bisweilen recht quälend sein kann, wieder zu beseitigen. Einer der eigenartigsten ist wohl der, dem an Schlucken lei denden Patienten eine mittelgroße Papiertüte über da» ganze Gesicht zu stülpen, so datz die Atmungslust nicht entweichen kann und wieder aufgefangen wird. Da auf diese Weise ein Teil der ousgeatmeten Kohlensäure wieder eingeatmet wird, wird in vielen Fällen der vorhandene Schluckreiz betäubt, so datz diese» Leiden ohne andere Eingriffe verschwindet. «am „Darmturnen". Der Ausdruck „Darmturnen" mag den meisten Menschen ungewohnt sein. Trotzdem gewinnt diese Art von Gymnastik zunehmend an Bedeutung, insbesondere seitdem sich der Sport lehrer Krohn in seinen Büchern besonders für diesen Teil der Gymnastik einsetzi. Es handelt sich dabei vor allem um Turn übungen, die die Bauchmuskulatur kräftigen und damit indirekt die Darmträgheit beseitigen sollen. Selbstverständlich sind dabei zwei Dinge besonders zu berücksichtigen, und zwar erstens die gleichzeitige Berücksichtigung einer vernunstmätzigen Ernäh- imngsweise und zweitens eine Berücksichtigung der Tatsache, datz ärztlicherseits vorher tatsächlich nur eine Darmträgheit fest- aestellt und etwaige schwerere andere Krankheiten ausge- Houptschristleiter: Georg Winkel. »«rantwortllch für Inhal« o. Bilder: D«org Wink««. Dresden. Beranlworttlcher Anzeigen!«»««: Th«odorwink«l, Dresden. Druck und v«rl«ß: Vermont« Buchdruck««» Dresden, Polterst«. II. Z. Zt. «st Preisliste Nr. 4 gültig Grippe — Alodekrankheit der Jahrhunderte Diese Jahreszeit Ist Immer di« Zeit der Grippe, ivenn sie auch heutzutage glücklicherweise nur noch in den seltensten Fäl len die schiveren Formen anzunehmen pflegt wie in früheren Zeiten, wo die Kunst der Aerzte ihr mit ziemlich stumpsen Mit teln gegenüberstand. Schon seit Jahrhunderten ist di« Grippe immer wieder die Modekrankheit bestimmter Epochen gervesen. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts hären wir von einer sogenann ten „Schlafkrankheit", die grotze Opfer forderte und nichts anderes war als die heutige Gohirngrim»«. Diese besonders ge fürchtete Form der Seuche wurde ein Jahrhundert später beson ders in London beobachtet und beschrielren. Damals tauchte auch der Name „Grippe" auf, der das plötzliche Greifen bezeichnen sollte, mit der diele Krankheit den Mensck-en packt. Im 17. Jahrhundert veröffentlichte auch der Tübinger Pro fessor Duvernoy seine Gedanken Uber diese ..Modekrankheit" in Buchform, wie der Titel hervorhebt, „bei Gelegenheit der von vielen verächtlich genannten Krankheit a la mode oder der sich so weit ausbreitenden Febris Eatarrhalts Epidemiae". Der Ver fasser schildert bereits ganz genau die Erscheinungen, die die Grippe auch heute noch hervprrust, und tadelt besonders, datz viele die Seuche, die nur wenige Todesopfer fordert, für gering ackten, da doch kein kluger Streiter den Feind verachten diirke. „Was aber den verderbten Menschen nicht an ihr Leden, Inter esse und Renuto"on geht", klagt er, „das macht so grotze Im pression nicht auf ihr Gemüt." Er hält für die Ursache dieser Seuche den Wind, besonders den italienischen Sirokko. wie sa überhaupt immer wieder die Vermutung auftaucht, 8äh die Seuche aus den südlichen Länder» eingeschjeppt sei. Im Anfang des 18. Jahrhunderts tritt dann auch der Name „Influenza" auf, der so viel wie Einslutz bedeutet und wohl ursprünglich aus den vermuteten Einslutz der Gestirne aus die Gesundheit znrückzuführen ist. Um 1786 wurde Deutschland wicüer von der Krankheit heilig heimgesucht Auch Goethe war erkrankt und ging „gelb und bleich" umher. l782 schrieb die Hof dame Fräulein von Göchhausen: „Ta ist eine verslucht verruchte Seuche losgclasscn, die ein unseliger Sturm von Astrachan über ganz Deutschland gejagt haben soll und deren Geitzel keines Menscl)en Kind entgeht." Damals erkrankte Schiller, der zur Aufführung seiner „Räuber" nach Mannheim gegangen war, sehr schiver an der Grim»«, und Kant beschäsigte sich in einer „Nachricht an die Aerzte" mit dieser Krankheit, „die nicht durch die Lustbeschasfenheit. sondern durch klotze Ansteckung sich aus zudehnen scheint" Er sprach die Vermutung aus. datz sie durch „schädliche Insekten", die durch den russischen Handel nach dem westlichen Europa kämen, erzeugt würde. Die Variscr nahmen die Seuche mit Humor auf und sangen eine» Gassenhauer, besten Refrain lautete: „Die Grippe ist Mode in Paris!" In den drei- tziger Jahren des 19. Jahrhunderts wütete sie wieder, und Eha- misso, der übrigens an den Folgen der Erkrank»,-a »arb. dicktet« «in Sonett mit der Ueberschrist: „Nach der Grippe." Der Aahenpelz für 100000 Lire Klein«» Ehedrama Das Polizeikommissariat ist in Italien die Stätte, an der alle die kleinen Dramen des täglichen Levens ihren ersten und meist auch endgültigen Abschluß finden. So erschien dieser Tag« vor dem Kommissar Gallo in Mailand ein Ehepaar, das wild aufeinander losschimpft«. Ursache des Streites war «in Katzen pelz, der dem Ehepaar teuer zu stehen gekommen war. Der Mann, ein Bersicherungsdeamter, hatte, obwohl er nicht an Ueberslutz von Bargeld litt, ein« Schatzanweisung auf tausend Lire schon vor Jahren erworben, um der Göttin Fortuna ivenig- stens einen Tllrspalt offen zu lasten. Die Schatzomveisung war mit Prämien ausgestattet, die zweimal im Jahre ausgelost wur- den, und um sa den etwaigen Glückssall nicht zu übersel-en, hatte der Mann einem der vielen Büros, die es dafür gibt, die Usberwachung anvertraut. Vor einigen Tagen erhielt er nun von diesem einen Brief, in dem er nicht nur wie sonst aufgesor- dert wurde, die fällige Iahresgebühr wieder «inzusendcn, son dern zugleich die frohe Botschaft erhielt, datz sein« Anweisung mit einer grvhen Prämie ansgelost wäre. Es haickelte sich um IN« 960 Lire. Der Mann zügelt zunächst noch alle Freudenaus brück)«, geht zu seiner Frau und sagt ansckretncnd ganz nebenbei: „Gib mir dock) einmal unsere Sck)«tzanweisung heraus." „Welck)« Echatzanweismrg?" „Die tiber tausend Lire natürlich — wir haben sie doch schlietzlich nicht zu Hunderten." „Aber die ist doch nickst mehr da. ich habe sie vor längerer Zelt an eine Bank ver kauft." Der Ehemann fällt fast um vor Schreck, er setzt sich aus einen Stuhl, daun will er sich auf die Unselige stürzen, er schreit, droht und tobt, datz die Hausbewohner znsammcnlauscn. „Du hast es doch sehr gut gemutzt", wehrt sie sich energisch, „und du hast mir deine Zustimmung gegeben!" . Diese Frau lügt oder sie ist verrückt geworden", erklärt er wütend. Schlietzlich kommt heraus, datz vor zrvei Jahren die Frau, als ihr Mann von einer Geschäftsreise anrics, ihm mitgeteilt hatte, datz sich ihr ein glänzender Gelrgenheitskaus biete: «» Pelz, durchaus nicht luxuriös, den sie jedoch schon für wenige hundert Lire Kausen könnte. „So kauf ihn schon", hatte der Mann gesagt. „Um das Geld brauchst du dir keine Sorg« zu macken", so schwört sie »och hinzugefügt zu haben, „ich weroe einfach die Schatzanweisung nehmen." Sicher hatte der Mann diesen letzten Satz nicht gehört oder nicht verstanden, und gegen die Unbedenklichkeit seiner Frau hatte er sich nicht versichert. „Unglückswcib!" schrie er lie an, „und rvegen dieses Katzrn- pelzcs hast du das gemacht? Weiht du, was er un» kostet? Hun« derttanscnd Lire!" Wenn die Frau wenigstens jetzt den Mund gehalten hätte, hätte der Sturm sich vielleicht besänftigt. Das tat sie aber nicht, sondern sie widersprach, beteuerte ihre Unschuld und schimpf ihrerseits, wahrscheinlich weil der Cckmerz über das r«erlorens Ihr nun auch die Sinne verwirrt hatte — wenn man so viel Geld brauchte und so wcuig hätte, könnte man doch nicht sich leisten, eins Sckratzaiiivcisruig. die nichts bringt, so lan«z< in der Kassette zn behalten, erklärte sie — und darüber geriet der Mann besonders anher sich, so datz es auslak als wollte er über sie ksrfallcn und sie erwürgen . . . Und so endete die Sache schließlich auf dem Polizcikommistariat. Als der Mann hier behauptete, er könne „mit dieser Frau, dis hundert Tausender sortwirst, nicht mehr zusammen leben", wirst der Kommlssar ein: „Einen Augenblick — wissen Sie nicht, datz das Glück launenhast ist? Ihre Anweisung Ist doch in die Hände anderer ülvrgegangcn, die das Schicksal beglücken
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