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Sächsische Volkszeitung : 14.02.1941
- Erscheinungsdatum
- 1941-02-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-194102148
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19410214
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19410214
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1941
-
Monat
1941-02
- Tag 1941-02-14
-
Monat
1941-02
-
Jahr
1941
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 14.02.1941
- Autor
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Seile 1 Freitag, 14. Februar 1941 Sächsische Volkszeitung Nummer SS, Seite R O «lUM» ilttmr»»c«u7r vurrc» vwixo orw» «LiLisr-vriwzu. »x. n dicht vor schweben« Der König soll lebe», in Freuden Hurra!" brüllten andere. vou H.sctt^kisik»-s0ksi57l. in die lustige Tonen sollte Feldherrn er- ivabren Irreu ¬ unter Lei- 'lusführmig »bschließen- aussührmig > Descznk- im „Erbge- prochen. Sir de>t große:« ns Skiern junge Pau, schast wann ; wurde na ein Milg'ies : am Diene- l Rade zi-n in Fuß !nt ifsschl.Ie 'n- ck - Beaui - )ttendors lies igten für na» fischen Unter- Arbeitsgebiete igspläne iiir :r der W.hr« r abschniü' rteur Paul aße gen-nt schen Sä-Ie jungen er- ß einbüßen. ung. Nach- nncinschai!?- l eine größ te Wege ae- e Gründ' nq tzeklcidun > ifichrer Kerl schloß, einea orf zu pa<l>- emeinschai!» O'tern rbeslnnden in :?!«- stettt wordca. Der Land'«!. jlg. Hübner u't : it>re» gesainl!« >nnsl>altsmilnlicdn : hoch die Aiizadl, Zu den Eicrietdit- und Znchtgelüiart. tterteilung der Lr- t Eiertiarteu ent- sein, werden liiie bruar l8tt an di« VberbUrgermetl»«, In der tebt, nnktsoietbetr.'d, iordergrund d.» len inüssen l«- wnhrcnd P!4 Tabelle bei-N» en absteigend» Hartha, Le ib z wird inlaieu« atlem der ?Ia- Die nbrwa« eipzig. Epailir. i geaen Riewk« ivzin gegen '.'W ahme des Lnerl» egnung zwisckai dem Programm Ken die Punkt- ! eipzig , TnD ereinigung Lew- gegen Sgorlner- e Markranüadl: >e Leipzig >'«- , SP Niederbai' oll SN Zwickaa. >atde gegen >etn, TSN Mil- r Nohwcin. rrtveretnigung ai -et, Sportverenii- zirk Dresden: wrtfreundc arei- vest Dresden at er Dresden ge«e TEP Pirna, M- 9ZV uni- in charab- äht. Dle ge.rbeitel. einzelnen cher Por- aelle srnn- g Deutsch- :te Musik ige Dölm es Kanws- indlich - nvergleich- Krast der llters sind, trm das oen tthrt Ter des schon gezeigten noch nicht noch einige Seine Bescheidenheit Der Schauspieler Vröchelmann, der gegen Ende des 18. Jahrhunderts einer der beliebtesten Komiker Deutschlands mar und namentlich in Hamburg und Lübeck wirkte, kam, obwohl er eine hohe Gage bezog, niemals ans den Schulden heraus. Besonders stand er bei seinem Schneider sehr hoch in Kreide. Ans diesem Grunde vermied er stets die Strasse, in der dieser Gläubiger wohnte, aus Angst, er könne in unliebsamer Weise an seine Verpflichtungen gemahnt werden Einmal jedoch er wischte der Schneider ihn doch, zog ihn trotz seines Sträubens l» den Laden und fragte: „Nun, wie ist es denn mit dein Saldo?" Der Künstler versuchte einen Witz zu machen und antwortet«: „Hoffentlich alles wohl". Ter Schneider lieh sich aber mit einer solchen Bemerkung nicht abspciscn. Er hoffte, vielleicht eher zu seinem Ziele zu kommen, wenn er an den Stolz seines Schuldners appellierte und holte zu diesem Zweck das Kontobuch. „Sehen Sie", fuhr er eindrinallch fort, „hier steht Senator N., der hat seinen Posten bezahlt. Herr Kom- merzlerat P. ebenfalls, Dr. Z. saldiert usw. Von Ihnen allein habe ich noch nie einen Groschen ge,ehen. Müssen Sic sich nicht schämen, unter all den Honoratioren der einzige zu sein, der nicht bezahlt?" Vröckelmann blickte zu Boden und sagte: Wahrhaftig, Sie haben recht, es Ist unverantwortlich von mir. Nein, ich verdiene den Platz unter so honetten Leuten nicht. Streichen Sie mich aus!" Und «he der Schneider sich besinnen kannte, war der Schauspieler zum Laden hinaus und ver schwunden. las - - - — ihm hielt und musste nnivillkürlich lächeln. Doch da schrie eist Oon unten nach oben König Friedrich Wilhelm I. von Preußen hatte beschlos sen, energiscl)« Sparmaßnahmen durchzusühren und begann da mit, die Gehälter seiner unteren Bedienten zu kürzen. Darü ber herrschte große Unzufriedenheit, da die Einkommen der hohen Angestellten keine Kürzung erfuhren. Der Geheime Rat von Gundling, der sich beim König ein offenes Wort erlauben durfte, versprach sich der Sache anzunehmcn. Als wieder ein mal das Tabakskollegium tagte, sah Gundling schweigend, nut mürrischem Gesicht an der Tafel. „Na, Gundling", fragte der König lächelnd, „warum sind Sie denn heute so griesgrämig? Wo drückt der Schuh?" Darauf hatte Gundling nur gewar tet. „Ach, Majestät", polterte er los, „es ist ja auch zu toll! Zum Berücktwerden istsl Erwische ich heute morgen meine Dienstmagd beim Treppenputzen. Und wie macht die Gans das? Nicht zu sagen, Eure Majestät, einfach nicht zu glauben! von unten nach oben macht sics, die dumme Gans, von unten nach oben ..! Will sauber machen, will den Kram in Ord nung bringen und sängt beileibe unten anstatt oben an! Da bei mutz man doch oben anfangen — nicht wahr, Eure Maje stät!" Friedrich Wilhelm hatte die Anzüglichkeit längst ver standen und nickte lächelnd. „Recht so. Gundling — man mutz oben ansangenl" Am gleichen Tage noch erhielten die Bedien ten ihren alten Lohn und ihre Gebühren wieder. bainilchrlstlrlter: Georg Winkel: Etellverlreler: Dr. Gerhard Drsczqk; Verlags- und Anzelgenlelier: Theodor Winkel, sömttlch Dresden. Truck und Verlag: Germania Buchdrucker«! u. Verlag, Dresden, Pollerslroh« 17. - Preisliste Nr. b Ist gültig teier und Schwert Der junge Musiker mit dem klugen Kopf, dem eine lange, schmale Nase ein charakteristisches Aussehen gab, legte die Blätter, in denen er gelesen hatte, langsam aus der Hand. Sein Freund Rungenhagen, der ihn gespannt beobachtete, fragte: „Nun — was sagst du? Wie gefallen sie dir?" „Gut! Der Verfasser war ein großes Talent, sein Stil Ist gut. die Verse klangvoll. Diese Lieder sind recht hübsch —" „Nnr hübsch??" Rungenhagen mar sichtlich enttäuscht. Der junge Prager Kapellmeister Karl Maria von Weber lächelte: „Was sollten sie denn sein?" „Wenn du das nicht selbst fühlst, lätzt es sich schwer er klären! Diese Lieder — ja — das Ist In kurzen Versen der Ausdruck alles dessen, was das deutsche Volk in den letzten Jahren erlebte. Die ungestüme Sehnsucht nach Freiheit, die kraftvolle Auflehnung gegen fremde Unterdrückung, der Wille zum Sieg — ach, alles sagen diese Lieder! Sic packen, sie reitzen auf! Es wird übrigens in diesen Wochen gerade ein Jahr, das; Theodor Körner bei Gadebusch fiel " Weber blickte ernst und Rungenhagen fuhr rasch fort: „Aber seine Lieder leben.' Ich hätte gedacht, das; ihr idealer Geist dich, gerade dich zum Komponieren anregcn würde!" „Hm — —" Zögernd griff Weber wieder nach einem der Blätter, betrachtete es, summte ein paar Töne vor sich hin und lieh das Papier wieder sinken. „Hm — Ich mcitz nicht recht —" Als Rungenhagen verstimmt schwieg, sagte der Musiker: „Ihr sonst so Kühlen, kritischen Berliner seid überhaupt kaum wiederzucrkcnnen. seit Napoleon besiegt wurde. Dieser Jubel, diese fast iiberschwcngliclie Begeisterung überall! Ich muh sagen, ich war ganz erstaunt darüber, obgleich ich im merhin ein gutes Mas; von Eiegcsfreude erwartete, als ich von Prag hierherkam." „Nun, und?? Ist sie nicht prachtvoll, diese frische Be geisterung aller Stände für den nationalen Gedanken? Hast du, als du 1812 hier warst, nicht selbst den „Kriegscid" kom poniert und den Chor der Wache am Brandenburger Tor selber elnstudlert?" „Ja, gewih! Ich will auch gar nicht sagen, dah " Doch Rungenhagen lieh den Freund nicht ausrcdcn. Lei denschaftlich rief er: „Hier lies das Lied „Das Volk steht auf. der Sturm bricht los" — dies mühte dir alles sagen! Aber du bleibst kühl dabei! Du verstehst eben das Ganze nicht! Kannst es auch nicht verstel-en! Was weisst du von einem kraftvoll einigen Volk, du, der du von. frühester Kindheit an immer auf Reisen lebtest. Don einer Stadt In die andere, ein halbes Jahr in diesem, «in halbes Jahr in jenem Land! Du bist eben ein Wanderer, ein Heimatloser " „Nun ja, mag sein, das; ichs nicht recht verstehe! Aber wir wollen doch an diesem schönen Ferienlag nicht streiten, »nb Lkcfft überflutet, nikt einem Mrcum vön Narzissen m der Mitte nnd zwei bequemen Stühlen gegenüber. Anita sah ihn ergeben an, ließ sich von ihm aus dein Mantel helfen und setzte sich. „Du bist ja gar nicht da," ermunterte er sie, als sie ans seine Frage, ob sic ein Menü oder Speise nach der Karte wünsche, keine Antwort gab. „Wo wellst du denn im Augenblick in deinen Gedanken, mein Mädchen," sagte er zart, die Hand ans die ihre legend. „Ist eS denn so unbescheiden, wenn ich mir eine Stunde des Zusammenseins mit dir erbitte?" Er nahm seinen ganzen Mut zusammen, als er hin- zusetzte: „Was würdest dir erst sagen, wenn ich dich bitten würde, ein ganzes Leben lang bei mir zn blei ben, Anita — —?" Sie schaute angestrengt in die Speisenkarte, als stünde darin die Antwort, die sie Ihm geben sollte. ,Hast du denn gar nichts darauf zu sage«? — Nein?" „Nein, Bert. Solche Fragen stellt man nicht Im Scherz." „Scherz? Es ist kein Scherz gewesen, Anita!" be gehrte er ans und drückte ihre Hand mit kräftigen Fin gern nieder. „ES war mir ernst. Ich must freilich ge wärtigen, das; du mich auslachst, wenn ich dir gestehe, daß ich alles eher als Appetit habe, das; mich sogar ekelt, wenn ich all einen Löffel Suppe denke; aber ich laufe sonst Gefahr, das; ich mich einfach nicht mehr beherrschen kann, das; ich drallsten auf offener Straste vor dir hiu- knie, weil — — — must ich weiterreden. Anita? — Anita —!" sagte er bestürzt, als ihr die Tränen über die Mangen liefen. „Nun siehst du gleich, welch schreck licher Mensch ich bin. So am offenen Tisch dir von meinen Gefühlen zu sprechen, gleichsam als appetit mindernde Vorspeise. — — Nnn kommt die Suppe, Kind. Weine nicht in deinen Teller, sonst wird sie zu bitter," versuchte er mit einem Scherz die Stimmung zu retten, als er sie das Gesicht tief über das meiste dünne Porzellan neigen sah. Als das Mädchen gegangen lvar, griff seine Hand wieder nach der ihren hinüber. „Ich kann nichts zu mir nehmen, wenn ick nickt erst alles von der Seele habe. Ausschiebcn geht nicht mehr. Ich fände ein zweiteSmal auch nicht mehr den Mut, dick zu fragen, ob du auch als Frau etwas für mich übrig hast. Du ahnst Nicht, was das für einen Malin in meiner Lage auf sich hat, einen Mann in meinen Jahren, der dir im Ver gleich zu dem, was SeinSheim zn bieten vermag, nichts als Entsagung und Verzicht in Aussicht stellt. Du bist ja über alles unterrichtet. Hast in mein Leben in Ber lin hineingcsehen. Trotz meiner Niesenpraxis und der Schlange von Patienten, die sich da in meinen Warte zimmern und ans dem Gang herumdrücken, ist mein Einkommen alles andere als fürstlich. Aber es reicht. ES reicht auch noch für eine Fran und ein paar Kin der. Ich weist jedoch nicht, ob du mit dem vorliebneh- men willst, was ich dir bieten kann. — Dann ist noch etwas, Anita," setzte er hinzu, als ihre Hände immer mehr unter seinen Fingern zu zittern begannen. „Meine Mutter. Sie hat mir den Vorschlag gemacht, zu gehen, falls ich heiraten sollte. Selbstverständlich müsste ich sie unterstützen. Wenn ich ihr zweihundert Mark im Monat gebe, kommt sie durch. Sag et ¬ was, Anita!" bat er drängend, als ihr Kopf immer tiefer sank. „Ich komme mir vor wie ein kleiner Junge, der etwas angestcllt hat, endlich den Mut ausbringt es zn beichten und nun ergeben wartet, was über ihn be schlossen wird." Anita zog ihre Finger unter den seinen hervor nnd legte sie ihm ans den Handrücken. Die Sonne laa warm «Nd leuchtend darüber, als sie flüsterte: „Führe E ny zittere! — Genügt dir das?" „Nein," schüttelte er den Kopf, „es genügt mir nicht. Ich habe auch insgeheim gezittert, Anita, und doch ge sprochen. Nnd sogar sehr viel, wie mir scheint. Die Suppe wird ganz kalt, wenn du dich so lange be sinnst, mein Mädchen." „Lach nicht über mich —," flehte sie. „DaS tue ich nicht — niemals." „Ich liebe dich, wie ich noch nie einen Menschen gern liebt habe, Bert." „Anita — mein Gott du " stammelte ers unter dem jähen Anstoß ihres endlichen, erlösenden Geständnisses, beugte sich herab und küsste ihre Finger, Sie musste die Suppe fertig essen. Er bestand darauf. Danach gab es Forellen in Blau und dann einen feinen zitronenfarbigcn Pudding mit einer purpurroten Toste darüber, und zum Schluß eine Birne, die er ihr schälte. „Sekt gönnen wir uns erst zum Abend!" entschied er. „Du schläfst mir sonst den ganzen Nachmittag und ich weiß nicht, was ich allein mit meinem Glück anstelle» soll. Ich must vernünftig sein, wenn ich mit Mcdev zusammentrcsse. Er darf heute mit mir ausgehen. — Mit uns, Anita! Wir wollen den armen Kerl an unse rer Freude teilhaben lassen. Ich möchte ihm am lieb sten eine von meinen Lungen schenken, das würde zwanzig Jahre Leben für ihn bedeuten oder noch mehr. Ich bin nämlich nicht nmzubringen, Kind. Du hast wenig Hoffnung, Witwe zu werden." „Gott sei Dank," lächelte sie. „Last mich noch einmal von deinem Selterswasser trinken, ich verbrenne sonst." Er reichte ihr das Glas hinüber und beobachtete lächelnd, wie ihr während des Trinkens das Not immer kräftiger in die Mangen stieg. „Was hast du eben gedacht?" fragte sie. „Ich habe mir etwas gewünscht, Anita." „Was, Bert?" „Das; du mir eine Tochter schenkst, die so ist >>n - »Ja," entgegnete sie willig. „ES ist sicher das Herr* lichste Gefühl für eine Frau, scheuten zn können." DaS Mädchen, das sie bedient hatte, sah ihnen nach, wie sie aus der Tür in die Sonne traten. Es gab doch neben all dem Elend auch noch so viel Glück in Davvs^ 2l. Gerlofs kam von einem Spaziergang nach Hause, nahm die Post, die in der Halle bercitgelegt war rind begab sich zu ScinsheimS Arbeitszimmer hinaus. Wäh rend er die Stufen emporschritt, teilte er die Briefs auseinander, stutzte, als er Anitas Handschrift erkannte, nnd überlegte blitzschnell, denn von oben tönte soeben Seinshetms Stimme, die fragte, ob Post gekommen wäre. „Ja!" rief er hinauf, den letzten Nest der Stufen eiliger nehmend. Sein Bein machte ilnn längst kein- Schwierigkeiten mehr, so gut war eS trainiert. Gleich« zeitig verschwand aber auch Anitas Brief in seiner Nock-c rasche. Es würde schon nicht so wichtig damit sein. Diese Annahme war nun vollkommen unrichtig? denn Anita hatte in ihrer Dankbarkeit für SeinSheim und mit der Ehrlichkeit ihrer Natur in diesem Briefe eine restlose Beichte abgelegt und ihn gebeten, ihr tele« graphisch sofort Nachricht znkonimen zn lassen, ob er ihr verzeihen und sich mit ihr freuen könne Als sie am nächsten Tage noch immer nicht im Besitz einer Depesche war, rief sie in Hamburg an. Sie bekam Bescheid, das; der Baron im Har; sei und erhielt zugleich seine dortiae Nummer anaeaeben. , , "«rNung folgt.) 27. Fortsetzung. >,Ach," seufzte sie, „vu weißt ja nicht, wieviel Trost fch brauche, Bert. Ich habe einen neuen Tanz ein- studiert: Abschied. Ich begreife nicht, wie die Leute dazu klatschen können. Ich selber bin jedesmal ver zweifelt, wenn ich ihn tanze." „Und mrr deswegen, weil du nicht weißt, ob du Tussetn oder den Baron heiraten sollst?" §Ja, Bert. Nur deswegen —" flüsterte sie, blickte ratlos tn sein Gesicht und konnte nicht verhindern, das; ihre Lippen zu zittern anfingen. Nur nicht weinen! er mahnte sie sich. Nur ntcht weinen! DaS wäre das oeinltchste, das thr passieren könnte. Gab eS denn daS, daß ein Mann so schwer von Begriff war? — Oder ... wollte er nicht begreifen —? SS wurde ihr plötzlich zu einer jähen Gewißheit. Er wollte nicht. Er dachte ntcht daran, sich zu binden. Konnte nicht daran denken. Durfte nicht. Seiner Mut ter wegen! Eie wohnte ja bei ihm. Was sollte da noch eine zweite Frau. Er fürchtete die Gegensätze. Und die Reibungen, die sich aus diesen Gegensätzen ergeben würden. Die Stiefmutter hatte sie nie gemocht und mochte sie heute sicher so wenig wie früher. Wenn nicht ihre Abneigung womöglich noch größer geworben war. Utkd die Stiefmutter hatte ja auch sonst niemand mehr als Bert. Sie schob ihre Gedanken den seinen unter und ver stand nun, weshalb er so schweigsam neben ihr her ging. Er wollte thr daS alles nicht sagen und wartete wohl, daß sie ihn auch ohne Worte begriff. Vielleicht halte er sie sogar ein bißchen gern! Wahr scheinlich sogar. Eine Frau empfindet daS. WaS war sie für ein feiges Ding, solange zwischen Tussein, SeinSheim und Meder zu flattern, bis ihr dle Flügel lahm wurden. War eS nicht gleich, bei welchem sie ihre Heimat fand? ... „Tu daS ntcht," riet Vollmer, als sie den Kragen ihres Pelzmantels öffnete, um sich Luft zn machen. „Es nihlt zu rasch ab. — Hast du übrigens schon zn Mittag gegessen? Nein? Können wir znsammenbleibcn oder mußt du dich irgendwo zur bestimmten Zeit einfin den?" Sie schüttelte den Kopf. ,^ch habe keinen Hunger," lehnte sie ab, „ich bin nur müde. Ich habe schlecht ge schlafen." „Ich auch," sagte er und hielt auf ein kleines Restau rant zu, das versteckt hinter den Mauern eines großen Hotels nach Gästen auösnh. Gerade weil eS so abseits lag, lockte eS. Die weißen Mullvorhänge muteten heimatlich an, er sah Mädchen mit weißen Rüschen über glartgescheitelten Köpfen, und über ihren schwarzen Kleidern kokettierten steife Tän- delschürzen. Er konnte jetzt keine Kellnersräcke uni sich -rauchen und keine neugierigen Gesichter, die sich her« auSzubringen bemühten, in welchem Verhältnis sic zu einander ständen. Ebe er eintrat, sah er sich um, ob sie auch Nachkomme. Sie ging wie ein Lamm hinter ihm her zu dem Tisch, den er yussucbte. Er stand am Fenster, aanz von Sonne , «Line wahre Geschichte aus den deutschen Freiheitskriegen / von L>. Droste-lB'ilshoh sondern lieber ein wenig spazicrengchen —" begüliat der junge Künstler. Doch Freund Rungenkogeu blieb verstimmt. Strahlende Frühsommersonne brannte aus Berlin herab. Fahnen wehten, an allen Häusern leuch'e'en Girlanden. Blu menkränze und farbige Transparente. Eine festlich aufgeregte Volksmenge schob sich durch die Hauptstraßen. Alle Leute hatten Helle, frohe Gesichter, alle lachten und riefe» sich Scherz worte zu: Heute sollte das Viktoriagespanu, die eherne Sieges göttin, die, von Schadow modelliert, einit das Brandenburger Tor krönte und 18U7 von Napoleon nach Paris entfuhrt worden ivar, wieder heimkehre» und feierlich an den alten Platz ge bracht werden. Zahllose Menschen stauten sick beim Brand<m- burger Tor, um die gezierten Gerüste und Winde» zu bestau nen, mit deren Hilfe man Göttin nnd Gespann Höhe hinaufbefördern wollte. In den näcküen dann der Einzug des Königs und der siegreichen folgen. Kurz, ganz Berlin befand sich in einem dentaumel. Rungenhagen, Dr. Flemming, Gubitz und andere aus dem Freundeskreise der „musikalischen Baschkiren" hatten den jungen Komponisten Weber von seiner Wohnung abgeholt. Nun drängte man sich mit dem übrigen Volk ver gnügt durch die Straßen. Stu einer Hausfront hing eine rie sige Karikatur Napoleons, die einen grimmig dreii blickcndcn Teufel zeigte, der den Korsen über Länder und Meere ent führte. Die Freunde lachten über das drollige Bild und zogen weiter. Endlich krachten die Böller. Ein einpger Iubelschrei der tauscndköpfigen Menge brandete auf Von der Charlot tenburger Chaussee her nahten die sechs gewaltigen vierspän nigen Wagen, die die Siegesoöttin in wochenlanger Reise von Paris hergefahrcn batten. Sie m-rschwanden käst unter einer Flut von Grün und von teilweise einae'ahmten Inschriften, auf denen die Bevölkerung der von den Wasen dnrchsahrenen Städte und Dörfer ihrer Begeisterung in Vers und Prosa Ausdruck gegeben hatte. „Dtvatl Der König sott leben. In Frcuben stets schweben! Im besten Veranügcn. soll blühen und alüken! Soll leben obne Leiden, soll sterben in Freuden! Vivat! Es lebe Friedrich WilhelmI" Weber auf einem großen Schild, als rin Wagen dicker Berliner Handwerker an seiner Seile' „Vivat! Hurra!!" „Es lebe Friedrich Wilhelm! Hurra!" brüllten andere, Im nächsten Augenblick standen ein paar blutjunge Studenten da und ein paar hübsche Mädel aus dem Volk, Weber fühlte sich munter uutcrgesasst uud war auf einmal mitten drin lin dicksten Trubel. Er julvlto uud lachte mit den anderen, schriet „Hoch", „Hurra" uud „Vivat", bis er heiser wurde, und winkte gleich den jungen Leuten zn den Männern hinauf, die auf deml Gerüst am Ausziehen der Quadriga arbeiteten. Lachend, er hitz», atemlos stand er schließlich aus einem Mauervorsprung
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