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Sächsische Volkszeitung : 08.03.1941
- Erscheinungsdatum
- 1941-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-194103081
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19410308
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19410308
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1941
-
Monat
1941-03
- Tag 1941-03-08
-
Monat
1941-03
-
Jahr
1941
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 08.03.1941
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Nummer 58, Seile S Poimab«nd/S»nntag, 8./8. MSrz 1841 SScksi'cke Baltzszeltung Verdunkelung vom ft. 3. Ift.52 Uhr bis ft. 3. 7.30 Uhr. Verdunkelung vom ft. 3. 1ft.53 Uhr bis 10. 3. 7.Lft Uhr. Welchen Erfolg hat die Diphtherleschutztmpftma? In letzter Zeit sind in den einzelnen deutschen Städtzn oder Mauen immer mehr ausgedehnte Diphtherics.chutzlmpsun- Neu bei Kindern durcl>gesiihrt worden. Als Deisplel sllr dl« hierbei erzielten Erfolge seien die Ergebnisse von Diisseldorf mitgeteilt, wo insgesamt ft5 0l>0 Kinder durchgeimpft worden sind. Der Erfolg war hervorragend: von diesen Impflingen erkrankten in den ersten Monaten nur 15 an Diphtherie ohne Todesfall, withrend in der gleichen Zeit 7ft7 Nichtaeimpste an Diphtherie mit 2ft Todesfällen erkrankten Nicht zu verwes sein sind übrigens die Diphtherlkschnhimpsniigen mit der An wendung von Diphtherieheilserum bet bereits erfolgter Diph- therieerkrankung. Kleins Winke für di« Küche Beim Koäien von Erbsen, Linssn, Bohnen und anderen Hiilsenfriichten darf man Salz immer erst hinzugeben, wenn ft« völlig weich sind, die Kochzeit wird aus diese Weise fast um die Hälfte verkilrzt. Auch soll man sie stets am Tage vorher ein- weichen. -- Rosinen und Korinthen sollte man immer, nachdem man lie gründlich gewaschen hat. in ein Sieb tun und dann über Danipf erhitzen Wenn sie dann wieder abgekühlt lind seht man sie dem Teig zu. — Hat sich auf Marmelade oder ein- gemachien Früchten Schimmel gebildet. so hebt man die Sä,im- inelschicht sorglältig ab. aber so. dah nichts auf den Früchten bleibt, und kocht dann diele mit etwas Zucker nochmals tüchtig durch. Man gibt sie nun in gut gesäuberte, aus« 'ckwefelte Gläser. Auf diese Weise leidet der (Oelchmack der Trachte nicht. — Läht sich <in Gesäh mit Schraubdeckel schwer öffnen, so saht man den Deckel mit einem Stück Sandpapier, die Hand gleitet dann nicht ab. — Salz In Streubüchsen wird leicht fercht und ballt sich dann zusammen, tim das zu verhindern, legt man in das ltzesäh einige Reiskörner, die die Feuchtigkeit aussmi.ien, so dah das Salz trocken bleibt. — Selbstgestrickte Strümpfe darf man niemals nngewasäien anziehen, da die Wolle dann zu rauh ist und die Haut reizt. goltllm Es darf natürlich auch umgekehrt sein, die einfarbhze 'racke Ulin gestreiften oder karierten Rock. Beide Arten sehen Natt schick und sportlich «ms. so recht etwas für unsere ,ungen Madel. praktische Hausfrau Das „VerwandlungsNeid" Punkt« sparen — Wink« zur aktuellen Modesrage Alle Jahre ist es immer wieder das gleiche — gaukelt uns die meist noch recht trügerische Märzsonne mUtägliä)e Marine vor. steht urplötzlich die Kieidersrage „mit ganz «rohen Buch taben geschrieben" vor uns. Unterziehen wir aber unsere vor- ährtgen, sorgsamst venmäiten Bestände einer eingehenden Prü- nng, dann ist es meist, wie fast immer im Leben, „alles nur >alb so schlimm". — Der neueste Sport „Punkte sparen" zei tigte schon ,zule Leistungen und lieh uns recht erfinderisch werden. Sichten wir also zunächst die Frühjahrs- bzw. Sommer kleider. Ein einfarbiges Kleid schlichtester Machart besitzt so ziemlich jede von uns und damit eröffnen sich bereits manctieriei Perspektiven Es erweckt einen vollständig anderen Eindruck und wird nur in den seltensten Fällen von den „guten Freun dinnen" wiedererkannl, arbeitet man sich ein leicht seidenes, schlicht gemustertes, kurzes Volerojäckchcn dazu oder ein solches aus Spitzenstoss. Hat unser Kleid lange Aermel, wird das Bolero ärmellos gearleiiet. Es läht sich auch „auf neu" Herrich ten durch eine etwa 70 cm lange kafnkartige Jacke, die der Macl-art entsprect>end mit ganzen, halben oder ohne Aermel an- geferlig» wird. Diese Wandlungsform verleiht dem Kleid stra- henariigen Eharakter. Völlig verändertes Aussehen läht sich auch folgendermahen erreict>en Gibt man dem Kleid, wag bei mancl^r Maä-art auch nachträglich möglich ist, einen linksseit lichen Knopfverschluss in halber Schulterhöhe, der rechtsseitig durch blindausgesetzle Knöpfe seine Wiederholung findet. Diese Knöpfe dienen zum 4iesestigen dafür gearbeiteter sä>alartiger Enden, die einmal nr.-r einseitig angebracht, schräg von der Schulter nach der Hüfte gehen und dort entweder als Schleife endigen, als Rosette oder als langes Ende bis zum Nocksaum hernntersliehen. Oder man knöpf» zwei glciä>c Enden ln-ider- seitiq an, läht lie sich vorn oder hinten kreuzen und als Scherpe herablallen. Wieder anders kann das Kleid erscheinen, wenn man ihm ein absleä-endes Vorderteil aufknöpst, das oben breit, sich nach der Taille zu widerseitig gleichmässig verjüngt, um dann in ge rader Linie weiter zu lausen, mit dem unteren Racksaum ab- schtiehcnd. Auch läht sich ein kurzes Tageskleid in ein langes Abendkleid ivandeln. Es bedarf dann nur eines Hüftengen, sich nach unten wenig erweiternden Rockes, der iunikaartig fest an einem vielleicht bunten Gürtel sitzend über dem kurzen Rock getragen wird. Der Mehrverbrauch an Stoffen erstreck» sich dann nur auf diesen „Ueberrock", »rotzdem fühl» man sich als glück liche Besitzerin zweier, ganz rerschiedcner und mehreren Zwek- ken dienenden Kleider Eine gu» angepohic Ansteckblume) viel- leich» auch eine Keile oder sonstiges, hübsches Schmuckstück ver vollkommnen das „Abendkleid" und wandeln cs dem Tages kleid gegenüber noch täuschender. - Die vorerwähnte absteä>ende. etwa 70 cm lange, kasak- ortige Jack« iveis» aus die Frühjahrskostiime hin. Sic bringen Jacken aller Art in dieser Länge und häufig kariert oder zum einfarbigen Rock gestreift Auch diese Mode gibt allerlei Finger zeige zur Zusammenstellung zweier Kleider zu einem „neuen" Apfelsinen auf dem Tisch Die gesunde Südfrucht — Einig« kl«m« Wink« Es war eine holde Ueberraschung in diesem Krtegvwinte^ dah auf dem Markt Apfelsinen auftauchtcn. Eine gerechte Per- brauchsregclung sorgt auch hier dafür, dah jeder zu seinen Apfelsinen kommt. Wenn man Apfelsinen nicht gleich verzehren will, dann lasse man sie sa nicht im warmen Zimmer stehen, das bekommt ihnen nicht, sie verlieren an Saft und werden trocken. Rian soll sie sehr kühl, schattig und lustig ausbewahren. Frost schadet ihnen natürlich. Man putze die geschälten Apfelsinen nicht allzusehr aus der „weihen Pelle", denn gerade hier sitzen die vitaminreichen Bestandteile besonders dicht, genau wie beim Apfel und bei allem Obst. Der Unfug, Apfelfinenschelben noch in Zucker zu tauchen, verbietet sich ja heute von seiber. Menn man Zucker übrig hat, dann sollte man die Apfelsinenschale glacieren. Man schneidet sie zu diesem Behuf? in schmale Streifen, die man in heihen, flüssigen Zucker taucht. Sie schmecken grohartig und sind ein vollgültiger Ersatz für Konfekt Wenn man das Pech hat, zu alte Apfelsinen zu erhalten, die nicht mehr richtig In Saft sind, so kann man aus ihnen noch immer ein ausgezeichnetes Kompott machen. Hier muh man freilich etwas Zucker zugebcn und man kocht zweckmässi- «erweise etwas Zitronenschale mit. Dah man niit ein paar Apfelsinenscheiben einen unscheinbaren Büdding arohartig gar nieren, dah man mit wenig Zutaten «>» > schöne Aoseltlnenlort« backen kann, wissen die Hausfrauen t ngst. Mi Rai und Tai Dl« Aufbewahrung von Pilzen im Sommer Pelze werden wir den Sommer über nicht gern >" unsern Kleiderschränkcn hängen lassen, säwn weil sie Ur cke, Platz wegnehmen, dann aber auch wogen der leidigen Motten. Aber wir müssen sie sehr sorgfältig wegpacken, und zwar am besten in eine andere, gut schli-hemd« Holzkiste, d'- wir zunächst mw- waschen Die Pelze werden !n mehrere Schichten Zeitungs- impier fest ein«.wickelt, da die 'Motten bekanntlich den Geruch von D-uckerfchivärze scheuen. Wenn man dann noch re chlich Mottend gcln hineingibt, wird man keine unliebsamen Uebcr- raschungen z>- fürchten haben. Um ganz sicher zu gehen, nimmt man den Pelz während seiner Sommerrnhe alle Monate ein- mal heraus, klopft ihn gut aus und oenmckt ihn wieder mit der nöligen Vorsicht. Etwaige Fugen in der Kiste müssen sorgfältig mit Papierstreisen verkleb» werden. Schmutzig gewordene Pelze reinigt man vor dem Einmotten, indem man Kleie in der Röhre erwärm» dann» den Pelz abreibt, ihn ein paar Stunden hängen läht und dann tüchtig ausschüttelt. Weihe Pelze bestreut man mit pulverisierter Magnesia, wickelt sie vollständig in weihe Tücher läht sie so ein paar Tage liegen und schüttel» sie dann aus — Dies Reinigen der Velze muh natürlich im Freien vor- genommen werden, da es scchr viel Staub gibt. — Sind die Pelze scimdhast, so soll man sie setzt im Frühling, wenn man sie nickt mebr braucht, zur Reparatur geben, nicht erst Im Herbst, weil dann l.ei dcn Kürschnern zu viel zu tun ist und man ost sehr lange auf Eilcdigi.-ng warten muh. Wäsch« von Kinberlachen Wollhöccl-cn der Kinder soll man immer sofort >vas<1)cn wenn sie irgendwie schinutzig ««vorden sind, auch 'veil die Flecke viel leichter herau-sgehen. Man soll sehr reichlich Wasser zum Wasä-en nehmen und kräftigen SeUenl^Mw' in lamvar- wem Wasser machen. Wenn dieses »u hart »st, setzt man etwas Borax zu Sehr gut ist Regenwasser zum Waschen Die ivollenen Kleidungsstücke iverden in dem lauwannen Setsenfchaum vor- sichtig ausgedrückt, dann werden sie gründlich in mehrfach er- nel.crtcm Wasser gespült und schsiehlich in ein Frottiertuch ge- wickelt. Nban drückt sie darin mit den Händen aus, darf cwer nicht wringen! Hierauf legt man sie auf ein trockenes Frottier tuch zum Trocknen in gewöhnlicher Zimmertemperatur, doch muh man sic voriger in dt« Form ziehen, die sie vor dem Wa- sctien halten. Man braucht sie dann nicht zu bügeln, wenn sie trocken sind — Alle Baumwollsachen kocht man in milder Set- fenlauge gründlich durch und spült sie dann sorgfältig. Windeln soll man möglichst in der Sonne trocknen Gebügelt brauchen sie dann nicht zu iverden, sondern man schüttelt sie nur aus und legi sie glalt zusammen. Hat man die Windeln aber auf dem Trockenboden trocknen müssen, so tut inan besser, sie zu bügeln. Das Jüngste Gericht als Sinnbild Plauderei am Mochenende von Marabu. Lieber Freund! Zur guten Stunde erinnerst Du mich an Gespräche, die «vir vor Jahrzehnten als Jünglinge in München führten. Vor dem feierlichen Jüngsten Gericht des Peter Cornelius in der Ludwigskirche, vor den Gcrichtsbildern des Peter Paul Rubens in der Alten Pinakothek waren ivir uns einig in dem Mangel an Verständnis dafür, wie denn eigentlich ein Künstler bet seinem Schaffen sich solche Vorwürfe wählen könne. Damals, im Ueberschwang der schönsten Iugendjahre und begeistert non« Erleben himmelblauer Frühlingstage im Gebirge und an den «rohen Bergscen. glaubten wir die einzige Aufgabe der Kunst darin sehen zu dürfen, die unendliche Fülle der irdischen Schön heit In endlichen Formen einzusangen und immer nuss neue zu verkünden um die Menschenaugen immer ofscner und bereiter zu machen für diese Schönheit. Inzwischen sind wir zwei Jahrzehnte älter geworden. Noch immer schauen wir mit denselben Augen in die Welt, aber diese Augen haben gröhere Reife erhallen. Sie sehen gern ein wenig durch die Dinge hindurch. Da wird manches un wichtig, was einst als wesentlich erschien, und anderes bedeut sam, was einst als unbegreiflich galt Altmeister Goethe hat schon recht: „Anders lesen Knaben den Terenz, anders Grotius. — Mich Knaben ärgerte die Sentenz, die ich nun gelten lassen muh" Auch die Bilder des Jüngsten Gerichts setzen wir heute mit gereisten Augen an Mögen es nun jene Werke in München von Rubens oder Cornelius, mögen es die Werke von Fra Angelico oder Lochner, mögen es die Plastiken an den West portalen so vieler romanischer Kirchen oder Albrecht Dürers Bilder zur Apakalnple sein. Welischau der Rris« Mir ist kein Fall bekannt, dah ein Künstler in jungen Jahren ein Bild des Jüngsten Gerichts geschassen hätte. Michel angelo war Mitte sechzig, als er seine gewaltige Vision an die Stirnwand der Sixtina bannte. 'Auch Fra Angelico war fast sechzig, als e. jenes Bild des Gerichts schuf, das heute Ber- liner Kaiser-Friedrich Museum hängt: und er hat dieses Schaf- sensjahr nur um ein Jahrzehnt überlebt Peter Cornelius zählte 57 Jahre, als er das Altarbild der Münchner Ludwigs- Kirche gestaltete, und Rubens Halle immerhin die vierzig hinter sich gebracht, als er sich an der Darstellung des Jüngsten Gerichts nerfuchte Ich glaube also, dah nicht etwa bestimmte Zeitereignisse die KiinsUer bestimmt haben, ein solches Motin zu wähle", sondern dah ihnen das Werk, dessen Anlah "'"e'le'i Kon- Kreter Auftrag war — wie der Leo X. an der Ludwig I an Peter Cornelius - von selbst zum Ausdruck einer gereiften, ernsten Lebensanschauung ""'rde. Ihr l schildert das Ende der Zeit, aber doch in den ^°rmend,e Zett So iverden die Visionen der Künstler »» sie wattigen Sinnbildern des Lebens üverhaupt, das immer zugleich H> stürz und Himmelfahrt, Jubel der Seligen und Verzweiflung der Verdammten ist. Diese Bilder des Jüngsten Gerichts haben den gleichen Charakter wie in der Poesie die monumentale Comedia Dantes, die nicht nur Schilderung der letzten Dinge von Erdenzett und Erdenwelt sein will, sondern Gericht über Zeit und Weit. Gericht, das noch lebend« Zeitgenossen des Dichters schon in die Abgründe der Hölle verweist. Gericht, das eine Ordnung erkennen läht sür alle Vergangenheit und alle Zukunft. Ein Spiegel der Gerechtigkeit, der unbestechlich urteilt: So bist Du Welt! So bist Du Leben» Und dies ist das Ende von all dem... Die Haut de» Bartholomäus Es ist kein Zufall, dah auf den berühmten Bildern des Jüngsten Gerichts wie in der Comedia Dantes der Höllensturz packendere Formen gewinnt als die Himmelfahrt, das Inscrno plastischer geschildert wird als das Paradies. Das „kleine" Gerichtsbild von Rubens stellt ja sogar fast nur den Höllen sturz der Verdammten dar. Man mag sagen, den Beherrscher der bewegten Formen habe die Fülle der ins Bodenlose stür zenden Gestalten gereizt, den Meister der Raumdarstellung die geradezu überirdische Versuchung, den unendlichen Raum im engen Geniert eines Bildes ausleuchten zu lassen. In dieser Hinsicht zeigt das 1020 vollendete Bild des Rubens das Welt gefühl des Barocks, wie Michelangelos 1530 begonnenes Werk in seiner trotz aller Dynamik majestätischen Ruhe jenes der Renaissance, und die 1545 geschaffene Tafel des Fra Angelico gar läht noch die Erinnerung an mittelalterliche Formen nach klingen. In allen diesen Bildern lebt, unbeschadet der Unterschiede des Zeitstils, die Kraft eigenen Erlebens. Oder wer möchte dem Michelangelo das Recht absprechen, mit seinem Pinsel non der Tiefe menschlichen Leids zu sprechen, ihm, der von seinen Zeitgenossen nicht nur Verständnis und Ruhm, sondern auch Mihverstehen und furchtbaren Hohn erntete? Stell» er doch auf seinem Gerlchtsbiide den hl. Bartholomäus mit dem Kopse seines erbittertsten Gegners, des Pamphletisten Pietra Aretino dar. Bartholomäus hält, da er nach der Legende ge schunden worden »st, eine Menschenhai!» in der Hand diese Haut aber tragt als Antlitz di, Züge Michelangelos selbst» Der «rohe Künstler, der es sonst verschmähte, das eigene Gesicht mit dem Pinsel festznhatten, hat in diesem seinem einzigen Selbstbildnis eine furchtbare Anklage gegen seine Zeit gerichtet. Ganz anders, aber nicht minder ergrrtsend spricht das Bild des Peter Cornelius in der Ludwigskirche von tiefstem Künsi- lerleid Diesem Meister der Zeichnung und der Formen war die gleiche Kraft der Farbgebung versagt. Die blassen, matten nicht lebendig ergreifenden Farben de» grohartig eniworsenen Gemäldes künden vom tiefsten Schmerz des Künstlers- vom llnvermiigen, das innerlich Erschaute mit äuheren Mitteln tn ganzer Vollendung sichtbar werden zu lassen. — Ruben» end lich. er war ein Kind' de» Glücks. Weltmann mehr noch als Künstler. Aber gerade an den Höfen der Grossen seiner Zeil mochte er oft empstndrn, ,vas Schiller den Chor in der Brant non Messina" sprechen läht: „Denn das Herz wird mir schwer in der Fürsten Palästen, Wenn ich herab vom Gipfel des Glück» Stürzen sehe die Höchsten, die Besten In der Schnelle des Augenblicks»" Diese Verse könnte man geradewegs unter den rasenden Höl- lensturz jenes Bildes in der Münchner Pinakothek schreiben... Höllensturz der Gott«oklnd«r Uns Aelteren dünken diese Bilder deshalb nicht mehr antiquiert, sondern wir erkennen in ihnen die Lebensweisheit und Weltschau leidcrsahrener Künstler. Im Sinnbild des Jüng sten Gerichts lassen sie das Treiben dieser Welt sich spiegeln: der Absturz aus stolzer Hoffnung, die Verzweiflung des rasen den Falles, die lähmenden Züge der Vernichlung. Aber auch »ns Glück des Aufgerusenscins, die Freude des Emporsteigen», do» Gloria des vollendeten Glücks. Dir geht es nicht anders als mir: Wenn man das Treiben der Menschen in einer «rohen Stadt betrachtet, dieses hastige Rennen und Drängen, bei dem ieder getrieben ist von seinen inneren Befehlen — von seinem Planen und Wünschen, seinem Mollen und Müssen scheint cs nns da nicht manchmal, als sähen wir dem Höllensturz der Verdammien zu? Und wo» Bild wird vollkommen, wenn wir es ergänzen durch das. wo» aus der Strahe nicht sichtbar ist: durch die Zusammenbrüche in Krankheit und Sorge, durch die getzeimen Leiden desSchnld- bewnhtseins und der gemeinen Gedanken, durch das Inselno der Traumwelt, das die leidende Menschheit noch im Dunkel der Nacht nnd des Schlafes nicht zur Ruhe kommen läht Bilder des Alltags, nichts Anhergewötznliches — und dach ein Hollen sturz, der all«' Phantasie der Künstler in Schatten stellt . . . Die ganze Tragik dieses Höilenstnizes wird nns freilich erst offenbar, wenn wir uns klar machen: All- die solches leiden, tragen in ihrer Brust die Sehnsucht nach Glück, die Bestimmung zum höchsten Dasein. Alle lind Träger unsterb licher Seelen, alle Kinder Gattes und Erben des Lichtes. Aber durch eigene Schuld stürzen sie in die Finsternis... Wir helften «uch hoff«»» Doch wenn ivir uns das ganz bemüh» werden lassen, dann verstehen ivir auch, warum die grohen Künstler solch leidvalle Lebenserfahrung gerade unter dem Bilde des Jüngsten Gerichts gemalt haben. Neben dem Abstieg muh der Ausstieg stehen, neben dem Höllensturz die Himmelfahrt, neben der Bcr- danunnis die Seligkeit. Das Leben umfaht beides, und beid:» hängt ab non des Menschen eigener Entscheidung, van seinem Willen nnd von seinem Schassen, lieber allem aber steht, nicht immer sofort klar nnd deutlich erkennbar, aber immer geinih, die richiende Gerechtigkeit Gottes. Nicht düster also, nicht wettnerneinend ist diese Weltschou unter dem Bilde des Jüngsten Gerichts, sondern wettossen und weise, weder die Schatten leugnend noch das Licht. Sie ist ein Lobpreis der gottgeschnfscnen Welt in ihrer Mannigfaltigkeit und Fülle, in ihrer tönenden Harmonie von Lust und Leid. Sie malt nicht einseitig dunkel oder hell, sondern bejaht beide», böse wie gut, gibt kein halbes, sondern ein umfassendes Vl'd der Welt Nicht Verzweiflung wollen wlr aus solcher Weltschnu, wie sie uns Aelteren wesenogemäh ist, schöpfen, sonder» Mut Die Welt steht unter dem Gericht, und jedes Leben in dieser Welt. Aber solange das Leben währt, ist das Endurtrtl nicht gesprochen Es gib» nicht nur Absturz oder Ausst'cg, sondern Absturz und Ausstieg: wer atmet, der darf auch noch einem Sturz noch hoffen. So wollen wir denn im Wirbel t«a Höllen- sturzes wie im emporreihenden Glück des Ausstieges der Ge rechtigkeit Gottes vertrauen. Und durch unsere Arvett unseren Glauben bezeugen, den der Chor der Seltgen am Ende von Goethes Weltgedlcht verkündet: „Wer immer strebend sich bemüh«, Den nännen wir erlösen."
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