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copVll-M d, «takt Köhl« L L». verUa-Lchmarg.ndmst lttincdbio.l e-cdol-» > Es ist ein stilrmischer, gcwitterschwcrcr Ta», als der Glücks- Hofbauer seinen Erstgeborenen in de» Armen hält. Ans leinen Wangen brennt die Glut freudiger Erregung. „Weil s nur grad ein Bub Ist!" jubelt er. Dann legt er da» weiß« Bündel neben di« erschöpfte, junge Mutter. „Ein Bnbl Eva, ein Bubi" jauchzt er. Er tätschelt der Mattlächclnden die blassen Wangen, dann trampelt er geschäftig im Zimmer „mher. „Hast du Durst, oder magst etwas zum Essen?" Die Bäuerin schüttelt mit einem müden Lächeln den blonden Kopf, dessen lange, schwere Zöpfe Halbaffen aus dem kleingeblüm ten Kissen ruhen. „Nein", antwortet sie matt, „ich mag jetzt nichts essen! Aber wenn du mir di« Limonade näherrücken wolltest..." Der Glilcksbauer kommt dem Wunsche seiner ffrau sofort nach. Er reicht ihr das Glas und setzt cs ihr sorgfältig an die Lippen. Die Kranke macht ein paar kleine Schlücke, dann legt sie aufatmcnd den Kopf zurück. Dec Bauer setzt sich an die Kante ihres Bettes und greift nach den winzigen Händchen seines Kindes. Der Blick der jungen Grnndncrin streift dabei unruhig über seine Züge. Ein unterdrückter Seufzer hebt ihre Brust, dann tritt eine plötzliche Erregung in ihr blasses Gesicht. Ihre dunkelblauen Augen heften sich fester auf ihren Mann. „Soll er setzt wirklich nicht Josef getauft werden?" zittert es dann scheu von ihrem Mund. Die Züge des Bauern verfinstern sich. Alles Frohe und Freudige ist mit einem Schlage aus ihnen gewichen, und sein Atem geht plötzlich keuchend. „Nein!" stößt er rauh hervor. „Ich hab' dir's ja schon einmal gesagt! Hans wird er getauft, so wie ich! Wüßte auch gar nicht, warum er nach — dem andern benannt werden sollte! Oder...", die Stirne des Glücksbauern les' b-b 'n drohende Falten, „liegt dir denn gar so viel an dem T»»nio! . - Mehr als an mir?" Die schwere Bauernhand lanoei ausgeregt aus dem prallgc- siillten Oberbett. Die Bäuerin hebt die Hand und streift langsam das krause Gelock aus der heißen Stirne. Dann sieht sie abermals zu Ihrem Alaune auf. Aber dieses Mal ist nichts Scheues mehr in ihrem Blick. „Ich habe es dir doch gleich schon gesagt, damals, als du uni mich anhleltcst. daß ich den Sepp, deinen Bruder, nie vergessen werde. Daß ihm mein Herz trotz allem gehört. Hast du das nun schon vergessen?" fragt Eva Grundner, die >unge Glücksbäuerin, in Ihrer sanfte», weichen Art. Das Gesicht des Dauern wird fahl. Sein Mund, nm den ein roher, unsympathischer Zug liegt, schließt sich hart. Erst nach eini gen Sekunden kommt es rauh über seine Lippen: „Nichts hab' ich vergessen! Gar nichts! Und deshalb wird mein Bub auch nicht nach dem andern benannt, sondern nach mir, seinem Vater!" Und dann greift der Bauer nach den Händen seiner schönen, blonden Frau, um die er weit und breit beneidet wird. „Du wirst ihn noch vergessen lernen, Eva!" keucht er. „Du mußt ihn vergeßen, ich will es! Und ich fordere es von dir, und zwar mit dem Rechte des Mannes!" stöhnt er plötzlich in wilder, ungezügelter Erregung. ,^)der meinst, ich mag von dir nur geduldet sein? Lieben sollst du mich! Lieben, hörst du?" Ein jäher Schreck fliegt über das stille Frauengesicht, das sich bleich von den Kissen abhebt. „Ich bin jetzt sehr müde, Hans, willst du mich jetzt nicht allein lallen? Vielleicht könnte ich etwas schlafen, lieber das andere reden wir, wenn ich gesund bin. Bist du einverstanden?" Der Bauer erhebt sich. Er steht plump und schwerfällig im Raum, dann geht er unschlüssig zur Tür. Der weiche, sanfte Ton seiner Frau hat etwas an sich, dem er sich nicht entziehen kann, unter dem er sich jedesmal unwillkürlich duckt. Seine harte Hand greift nach der Klinke. Ein Paar große, bange Augen folgen dieser Bewegung, und als sich die Türe endlich hinter seinem Nücke» schließt, atmet die Bäuerin wie von einer Last befreit auf. Dan» richtet sie ihre Blicke zu der weibgetünchten Decke empor und be ginnt mit Duckendem Herzen in der Vergangenheit zu wühlen. Warum mußte eigentlich alles so kommen, wie cs nun war? Warum durfte sie nicht glücklich werden? Ein sonngebräuntcs Männergcsicht mit kastanienbraunen Haaren und dunklen Augen taucht vor ihrem Geist ans. Eine harte, schwielige Hand legt sich ans ihren Scheitel, und eine vertrante Stimme schwingt sich durch den stillen Raum: „Eva, du bist mein alles! Ich hab' dich gern, und nur du wirst meine Bäuerin! Meine Glücksbäuerin l" Ein heißes Lippenpaar preßt sich ans ihren Mund, und starke, kräftige Bancrnarme umschlingen ihre schmale Gestalt. Die junge Bäuerin wnlzl sich herum. Ein weher Eeutzcr em ringt sich ihrem hnlbgeössnelen Mund. „Sepp!" stöhnt sie dann schmerzlich. „Sepp!" Und bann rollen schwere Tropfen über ihre Wangen Erst nach einige» Minuten wird sic wieder ruhiger. Cie beginnt sachlich zu denken. Nein, sie darf dem Bruder ihres Man nes in dieser Weise nicht nachtrnnern. Es ist ein Verbrechen an ihrem Alaun, der ihr eigentlich jeden Wunsch von den Augen ab- liest, obwohl er manchmal auch sehr jähzornig und ungut sein kann. Und sonst ist der Bauer ja gnt, er liebt sie, wenn auch anders als lein Bruder. Seine Liebe ist stürmisch und herrisch, wahrend Sepp rücksichtsvoll und zärtlich zu ihr gewesen mar. Die junge Bäuerin schließt träumend die Lider. Bilder der Vergangenheit steigen mit Allgewalt herauf. Sie sieht sich an der Seite des geliebten Burschen. Oh, damals war sie glücklich ge wesen! lind dann hatte diese himmelstürmende Liebe ein jähes Ende genommen. Sepp war eines Tages fortgcfahren, um neue Maschinen siir den Hos einzukauscn und --- war nicht wieder znriick- gekommen. In einem Bries hatte er Hans mitgeteilt, daß er Ge legenheit habe, auszuwandern. Falls ihm Hans zehntansend Mark in bar überweisen wolle, würde er aus sämtliche Rechte als Erbe des Glückshoses verzichten und ihm sogar noch seine Brant, die schöne Eva, überlaßen. Er befinde sich bereits in Hamburg und dorthin sei unverzüglich das Geld zu überweisen. Dieses Verhalten Sepps war nm so unverständlicher gewesen, als Hans nicht sein leiblicher Bruder, sondern sein Stiefbruder war, den die Glücks bäuerin als junge Witwe mit in die Ehe gebracht hatte. Und dann war von Sepp nie wieder eine Nachricht gekommen. Kein Lebenszeichen mehr die ganzen zwei Jahre her. Hans hatte ihm damals seine Bitte um jenes Geld mit Freuden erfüllt, konnte er sich doch auf diese Weise des gehaßten Nebenbuhlers für immer entledigen. Es ist Eva, als erlebte sie all das Häßliche ein zweites Mal. Eie hatte mit Hans eben vor dem rauschenden Maßer der Eichenmühle gestanden, die eine Viertelstunde vom Glückshof ent fernt liegt, und mit ihm das lange Ausbleiben seines Bruders be sprochen, als er einen Brief Heros»,zog und ihr den furchtbaren Inhalt vorlas. Was sie in dielen Minuten gefühlt hatte, hätte sie niemals zu beschreiben vermögen. Hatte Sepp sie mit diesem Schreiben nicht förmlich verkauft? An den Bruder verschachert? Ein Ekel hatte sic gepackt, der sie jedesmal überkam, so ost sie daran dachte. Und dann waren ihr doch plötzlich Zweifel aufgestiegen, die sie sogar heute, nach zwei Jahren, bisweilen befallen. Zweifel, ob Sepp einer solchen Gemeinheit überhaupt fähig gewesen war. Ob nm Ende nicht doch irgendein — Geheimnis vorlicge. Die Bäuerin krallt plötzlich die Hände in die Decke. Ein kalter Schauer schüttelt ihre Gestalt, und ihre Blicke irren durch den Raum. Ein Geheimnis? Eie Halle sich nur ein einziges Mal in dieser Weile ihrem Manne gegenüber geäußert, damals, als er noch nicht Ihr Mann gewesen war und er ihr eben jenen verhängnisvollen Bries vorlas. Eie Halle damals die Echtheit des Briefes ange- zweiselt. Da hatte Hans sie den Poststempel Hamburg entzisfccn laßen und einen furchtbaren Schwur getan: Das Mühlrad der Eichenmühle dürste Ihn zermalmen, wenn Cepp diesen Brief nicht geschrieben habe. Aber seltsam! Die junge Bäuerin wird sich dessen erst heute so richtig bewußt, sie hatte jenen Bries nicht berühren dürfen. Lediglich den Poststempel hatte sie jäh anschcn dürfen. Das andere hatte ihr Hans alles vorgelelen. Eie hatte sich all die Zeit her darüber keinerlei Gedanken gemacht. Und nun fühlt sie mit einem Male den brennenden Wunsch, jenes verhängnisvolle Schreiben mit eigenen Augen zu leien. Heute noch wird sic cs vom Bauern verlangen. Eie weiß bestimmt, daß er es aufbewahrt hat. Eine eigentümliche Unruhe bemächtigt sich ihrer bei dem Ge danken, und plötzlich steigt eine unerklärliche Angst in ihr auf. Die Angst, ihr Mann könnte ihr jenen Brief gar nicht anshändigcn. Eie weiß eigentlich selber nicht, warum sie das befürchtet, aber sie vekmag diese plötzliche Furcht einfach nicht mehr abzustreifen. Ihre Blicke heften sich aus den goldenen Reif an ihrer diechten, und ein banger Atemzug löst sich aus der Tiefe ihres Herzens. Sie hat keine Freude an ihrer Würde als Glücksbäuerin. Eie Hütts Hans auch niemals geheiratet, wären ihre Eltern nicht gewesen. Diese betrachteten es als ein unerhört großes Glück, daß sich ihrer einzigen Tochter die Möglichkeit bot, in diesen Riesenhos hincin- zuheiratcn. Sie letzten Eva so lange zu, bis diese sich entschloß, die Werbung des jungen Bauern anzunehmen. Währenddessen steht der Bauer unter der öaustilre und blickt verdrossen nach dem unguten Wetter. Seine Blicke umfaßen den großen, stattlichen Hof, der Im Viereck ausgeführt ist. Sämtliche Gebäulichkeiten sind weiß getüncht und machen einen sauberen, ge pflegten Eindruck. Eeitiich vom Wohnhaus erhebt sich ein kleines Kirchlein, das vor zweihundert Jahren von einem Besitzer des Glückshoses erbaut morden ist. Ls ist dem heiligen Florian ge weiht, der gelegentlich eines Brandunglücks, das in dem lang gestreckten Stadel ansgebrochen war, das Wohnhaus vor den Flammen bewahrte, lind seltsam, seit dieses Kirchiein stand, glückte den nachfolgenden Besitzern des Hofes ailes, was sie auch unter nehmen mochten. Eie hatten das schönste Vieh im Etall, die Ernten sielen Jahr siir Jahr mehr als reichlich aus. Man kaufte die nächstliegenden Aecker und Felder hinzu. Io daß der Los in jedem önyr muck». In vieler gesegneten Zeit erfanden die Bauern des Dorfes den Namen „Glückshos". Und dieser Name blieb nnd mit ibm das Glück. Heute ist er der größte Hos ans viele Stunden „Der Glückshos", murmelt er halblaut vor sich hin. Sein Mund verzieht sich, und dann entschlüpft ihm ein rauhes Lachen. „Hab' noch nicht viel verspürt von diesem Glück! Ich nicht!" Seine Blicke streifen das niedliche Kirchlein, dann heften sie sich ans die gemalte Uhr. die sich von dem weißen Türmchen dunkel abhebt. Rings um das Zifferblatt läuft eine alte, verschnörkcite Schrift: Tod und Gericht nahet sich, frecher Sünder, belehre dich! In den Augen des Bauern glimmt es finster aus. Dann geht er mit lauten Schritten ins Hans zurück. Lift, die Gcoßmagd, will eben in die Küche. Sie huscht flink an dem Bauern vorüber, der etwas schwerfällig im Hausflur steht, und wirst einen Blick in lein Gesicht. Da heben sich verwundert ihre Lider. Na, was hat denn der heut' auf einmal? So ein grantiges Gesicht zu machen, wo ihm doch die Bäuerin erst vor einigen Stunden einen Buben geschenkt hat. Lift geht kopfschüttelnd in die Küche, In der sich Vroni, die fünfzig Jahre alte Köchin, eben über die Teigschüssei beugt. „Das wird so ein Tag werden morgen!" beginnt sie nach einer kleinen Weile. „Diele Kindtause wird gefeiert, das kannst du dir denken. Der ganze Hos hat morgen Feiertag. Gelt, jetzt geht »nlerm Bauer wieder einmal das Maul auseinander? Hoffentlich hält diese Stimmung auch eine Zeitlang an!" „Wenn ich mich nicht ganz gewaltig täusche, kannst du diesen frommen Wunsch gleich wieder begraben! Soviel ich vorhin gesehen habe, ist die gute Stimmung unseres Bauern schon wieder beim Teufel! Fast erschrocken bin ich, so ungut hat er drein geschaut." Vroni läßt die Arme langsam linken. Dann nickt sie still vor sich hin. Ihre Lippen ösfnen sich, aber ehe ihnen noch ein Laut entschlüpfen kann, wendet sich Vroni hastig dem Herde zu. „So sag' halt, weißt du was von unserm Bauern?" Vroni streicht sich nachdenklich über die Stirne. „Was soll ich denn von ihm willen?" Eie kehrt der Magd das Gesicht zu und versucht zu lachen. Aber dieser Versuch mißglückt/ und ihre Züge verzerren sich. Da wird Vroni zornig. „Was fragst du eigentlich für ein Zeug zusammen?" schimpft sie. Nichts weiß ich, und jetzt möcht' ich meine Ruh'!" Damit wendet sic sich end gültig dem Herd zu, und es gelingt Lift mit all ihrer aufge- stacheiten Neugierde nicht, auch nur ein Wort aus ihr herauszu bringen. Erst nach einer Stunde, als bereits eine Schüssel gold brauner, prächtig gelungener Küchel aus dem Tisch prangt, wird Vroni wieder etwas gesprächiger. Lift fragt: „Vroni, wie lange bist du denn eigentlich schon aus dem Glückshos?" „Wie lange? Heute sind's genau neunnndzwanzig Jahre und acht Monate!" sagt sie stolz. Und dann folgt ein tiefer, schwerer Atemzug. „Genau so alt wäre jetzt unicr Sepp!" seufzt sic mit ab gewandten Gesicht. „Er ist auf die Welt gekommen, als ich hier eingestandcn bin." „Wäre!" Lift schüttelt verständnislos den Kops. Dann folgen ihre Blicke einer Hellen Träne, die sich über die Wange der Köchin einen Weg bahnt. „Oder — meinst etwa gar, daß er nicht mehr lebt? Gerade so hast du es herausgcbracht." „Aber sag' einmal, Vroni, warum ist denn der Sepp eigentlich fort? Die zwei Brüder hätten doch ans diesen» Hof leicht Platz gehabt. Drüben muß er ja auch erst schauen, ob er zu etwas kommt. Ich kann ihn einfach nicht verstehen." In die Augen dec Köchin tritt ein harter Ausdruck. Eie kehrt Lift das Gesicht ruckartig zu. „Das ist auch nicht mit rechten Dingen zugcgangcn, darfst mir'» glauben", entschlüpft es hastig ihren Lippcn. „Gern »st der Sepp nicht fort! Das weiß ich ganz bestimmt. Haft du darüber noch nie nachgedacht, Lisi? Hans gehört ja gar nicht ans den Hof! Sepp ist der wahre Sohn des Hofes, der brbhofbnncr! Aber er ist fort, und der andere hat sich breit gemacht! Ob mit Recht oder Unrecht, niemand hat sich darüber sonderlich gekümmert. Air dein Abend vor seiner Abreise bin ich noch mit Sepp um einen Teil der Felder gegangen, nnd da hat seine Rede wahrhaftig nicht danach gellungcn, als ob er nicht wiederkchren wollte. Er sprach niit mir über die Maschinen, dis nun unbedingt nngelchaif! wer den müßten und redete hauptsächlich von seiner Brant, dk er nun bald heimfiihren wollte. Drei Tage später hieß cs, Sepp lei nus gewandert. Da stimmt doch etwas nicht! Und überhaupt, denk doch einmal nach, was in den zwei Jahren, leit der eigentliche Cohn des Hokes fort ist, alles geschehen ist. Ein Glück ist in den beiden Jahren nicht zu verzeichnen! Poriges Jahr die Mißernte nnd Heuer das Unglück mit dem Vieh. Wenn es so weiter geht, dann dürfen wir bei» Hof bald nmtansen." Lisl nickt nachdenklich vor sich hin. Hier muß tatsächlich etwas nicht ganz stimmen. Ganz langlain leuchtet ihr das ein. Vconio Brauen schieben sich immer düsterer zusammen Sic scheint die Gedanken der anderen zu erraten. Eine leise Angst springt sie au. "arileni»a total.s Seit jOO Tagen schlafend In einer Kopenhagener Klinist wird gegenwärtig eine sehr merkwürdige Kranke beobachtet, deren Fall die Aerztckreise der Stadt lebhaft beschäftigt. Die Tstiticntin, die junge Frau eines Elektrikers, Mutter ziveier Kinder, die bisher in den 28 Jahren ihres Lebens keine kärporlick)e oder seelische Störung gehabt hat, erlitt vor einiger Zeit beim Herabsteigen von einem Autobus, da sie das Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte, einen heftigen Schlag gegen den Kopf. Sie wurde ohnmächtig in das Krankenhaus geschafft, und sie hak seftdem das Bewußt sein nicht wieder erlangt. Seit über lstO Tagen liegt sie mit völ liger Empfindungslosigkeit, als ob sie von einer Form der Ge hirnentzündung mit Schlafsucht befallen wäre. Und obwohl man alle nur denkbaren Heilmethoden, darunter auch eine elek- Irische Behandlung mit hochfregl.mttcm Strom bei ihr versucht hat, sieht man nicht das kleinste Anzeichen, daß sie demnächst erwackren wird. Die Aer/te erhalten sie am Leben mit Hilfe flüssiger Er nährung und Einspritzungcn eines Spezialmittels in die Mus keln, das synthetisch aus den Nebennieren gewonnen wird und ans das Herz und die Wände der Blutgefäße anregend wirkt. Auch dieses Mittel, das so stark Ist, daß es das Herz wieder z»,in Schlagen bringt, wenn es bereits ausgehört hat. so daß es ost Menschenleben gerettet hat, erwies sich bisher gegen den außcrordentlick)en Zustand einer fast tödlichen Schlassucht, in den die junge Frau gefallen ist, unwirksam. Eine Oitaminkrankheit Man nimmt allgemein an, daß Delirium ttemens eine Folge überreichlichen und andauernden Alkoholgenußes ist. Drei Aerzte in Providence in den Bereinigten Staaten, Kinne, Streitwicser rud Miller, vervssentlickum jedoch Ergebnisse von Untersuchungen, nach denen der Alkoholgenuß nicht die Haupt- nrsackzo dieser Krankheit ist, sondern daß die auslösende Ur« säck-e Vitaminmangel ist. Die Symptome des Deliriums wichen, wie „Die Umsckzau" threin Bericht entnimmt, auf Gaben von Vitamin BI in kurzer Zeit, auch ivenn die Ttatienten den AI koholgenuß nicht «instcllien. Fünf Dersuckjspcrscmen erholten sich in durchschnittlich 2,4 Tagen, obwohl sie alle drei Stunden, Tag und Nacht, ihren gewohnten Kornbrcmntwetn tranken. Be° zivei Patienten verschwand eine vorhandene Nierenreizung trotz des Aikoholgenusses nach drei Tagen, so daß Vitamin DI ans die Nieren «ine unmittelbare Reizwirkung auszuüben lckreint. Die Aerzte kamen zu dem Schluß, daß Vitaminmangel, der den Stärke-Zucker-Haushalt des Körpers ungünstig beein flußt. Delirium tremens verursacht. Verdunkelung vom 28. 4. 20.2t Uhr bl« 29. 4. 5.84 Uhr. Zarter Mink „Es war wirklich sehr schön bet euch ", sagt die S ' viegcr- mntter nach ihrem ersten längeren Besuch, aber es sieh: ja rund um ereer Haus noch ein lißck-en kahl aus." „Das kommt davon, daß die Bäume noch so jund sind", erwidert der Schwiegersohn. „Ich hoffe, bis du »vicderkoininst, »»erden sie schon schon» n Schat ten spenden." Wenn das Maß paßt . . . Zu Kaiser Joses II. kam einst ein wegen s.inrr , . s.i »g- lichkrit berüchtigter Hosbeamter und tmi Ihn, ob nicht sein Freimd .D die Stelle des soeben »'erstorbenen Beamten B ein« nehmen könne. ..Das steht ganz in» ?! lieben Ihres Freundes", erwiderte der Monarch heiter, „er muß sich dann nur veriemis, fern, ob das Maß des Sarges seiner Körpergröße nnaeniesscih ist!" Schwieriger Rat Zivei Freunde lausen in höchster Eile zum Landunnssteg, um den gerade abstoßenden Dampfer noch ^erreichen. Dem einen gelingt es grade noch, mit einem kübnen Lprnnn an Bord zu kommen. Darauf ruft er dem ackeren. der nn'cklnittg ai f dem Steg sichen geblichen ist. zu: . Neus»!!, mach s- - Mit zivei Sprüngen sck-affst du es bestimmt noch!" Mchens Unfall / In höchster Erregung, mit feuerrotem Kopf und wirrem Haar, keuchend und bebend, kam ttlrike hercingebrnust. Zii Tode erschrocken fuhr Edgar, ihr junger Gatte, aus der Tiefe seines Ledersessels empor. Die Zeitung, die er ge lesen hatte, flatterte auf den Teppich. „Rikck-en! Was ist los?" rief er entsetzt und eilte, um die Wankende zu stützen. Zu spät. Bevor er sie erreichen konnte, lag Rikck)en in ihrer ganzen, schlanken Länge auf der Kautsch. Wie hinge- gassen. Nur ihre vollendet geformten Beine baumelten herab, als führten sie ein Eigendasein. Zärtlich streickjelte ihr Edgar Wangen und Nacken. ,.sittlichen." bat er, „mein liebes, kleines sittlichen, sag, was hast Du?" „Ach Edgar," vermochte sie gerade noch zu hauchen. Dann flössen die Tränen. „Bist Du krank, Kleines? Soll ich den Doktor holen?" fragte Edgar in allen Aengstcn um sein Teuerstes. „Nein danke," heulte Ulrike und verbarg das Gesicht in allen verfügbaren Kissen. „Ist Dir Dein Rad gestohlen morden. Dein neues Rad?" fiel dem verzweifelten Gatten nach einer Weile ein zu fragen. „Nein," antwortete Ulrike dumpf, „das steht unten im Flur". „Bist Du gar verunglückt, gestürzt.. ?" Ulrike nickt« schluchzend. „Du Armes!" Edgar nahm die liebe, jung« Gattin In seine Arme wie «In« Puppe. „Erzähle!", bat er. „Erzähle, mein Liebling!" „Ja, das Ivar nun so," begann Ulrike endlich zu berich ten, „ich fuhr einfach so lang, wie immer, nur ein bißchen schneller, weil es schon spät war nnd ich wußte, daß Du auf Non Rarl Heinrich -Nol'r mich wartest. Da brausts plötzlich wie aus ein» K nume ge schossen ans einer Seitenstraße heraus, hupt w e mslnckt und steuert, ohne Rücksicht zu nehmen, direkt aus mich zu. Ich biege ab. haarscharf vorbei, in die Kurve und bums... ich liege auf der Kehrseite! Ich schließe die Annen ..." „Weiter, sittlichen, weiter! Was war dann ?" „Nichts. Gar nichts. Da liege ich also, sehe nichts, höie nichts und rühre mich nicht. Bis ich merke, daß sich jemand nm mich bemüht. Da erwache ich, sclmue um mich, sehe mein Rad neben mir liegen und einen Haufen Mensckjen um mich herum'. „Ein Massensturz...?" . , . „Ach wo! Die standen alle aufrecht, nur ick lag da Mein Rock und mein 'Mantel sind hochgeschlagen, bis übe» Knie... erschaudernd sehe ich meine Beine vor mir aus den» Asphalt liegen. Alles gafft..." „Weiler, sittlichen! Alles gafft... wohin denn.. „Auf meine Beine nalürlich! Stelle Dir das vor. Was die Lcule bloß von mir gedacht haben mögen!" hculle sittlichen wieder los. „Aber du dummes, kleines Ding, das »il doch wirknch nicht so schlimm!" versuchte Edaar sie zu beruhigen. .Was ist da schon dabei, wenn die Leute etwas von Deinen Beiucn sehen, deshalb brauchst Du doch nicht gleich so unglücklich zu sein!" Ulrike schluchzte heftiger. „Du hast Dir doch nichts gebrochen?" fragte Edgar ängst lich. „Nein... aberdas Wort ging in einem neuen Tränenstrom unter. „Aber...:" „Die Strümpfe!" heulte Ulrike fassungslos. „Ich hatte doch zwei verschiedene Strümpfe an!"