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Sächsische Volkszeitung : 10.04.1941
- Erscheinungsdatum
- 1941-04-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-194104109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19410410
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19410410
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1941
-
Monat
1941-04
- Tag 1941-04-10
-
Monat
1941-04
-
Jahr
1941
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 10.04.1941
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übernehmen, Herr dem Furchtbaren ' » lseknna solal.i Am Rande vermerkt selbst »anz besonders nusbildct. allerdings müssen mit anderen gerne. Was in retten, wird ge ¬ längst keiner Täuschung darüber bin, >hr zu scheinen versuchen, als sie wirk- und -torheiten In dies Kapitel satten, sei nur nebenbei ermahnt Wer von uns hat nicht schon spöttisch gelächelt oder auch herzhaft gelacht, wenn er auf dem Bahnsteige oder im Eisen bahnabteil oder auch in der Wohnung eines Bekannte» eine« Reisekosfer so recht ausfällig ausgestellt sah, worauf Dutzend« von Reklamemarken klebten mit Bildern und Namen bekann ter vornehmer Pensionen, Hotels, Sommersrischen und Bade orte! Der Besitzer eines solchen bepflasterten Reisekoisers will jedermann zeigen, welch ein weilgereislcr Globelroiter er ist, daß er auf jedem Parkett zu Hause ist. Aus der Neigung vieler Menschen, mit Erlebnissen und groben Reisen zu prahlen, haben sich schon recht lukrative (Geschäfte nach dem Muster eines der seltsamsten Kaushäuser entwickel«, das jüngst in Paris sein bttjähriges Geschäftsjubiläum feierte Ausgerechnet am 1. April 189l Kan, geschäftes in Paris In gezeichnete Idee. Hier Die Speisekarten aller Ansichtskarten aus den bedeutendsten Städten aus aller Herren Länder, von drr einen Ecke der Welt zur anderen. Auch der Berge natürlich. Briefbogen der bekanntesten und berühmteste» Hotels der Erde, die Plaketten der »rotzen iulerualioualc» Renupläl'e, die Eti ketten der berühmtesten Fremdenpensione» und Hotels, die auf die Koffer geklebt werde», auch die Führer durch fremde schöne Städte, so dost der Angeber niemals verlegen zu sei» brauchte und braucht, wenn er von den Sckönbeiten und Sehenswürdigkeiten der von ihm angeblich besuchten Städte berichten sollte Auch die nötigen Andenken waren und sind bei der Hand: Italienische Mosaiks, javanische Laekarbeiten, Karlsbader Sprudelsteine und allagvptische Skarabäen, Tiro- ler Holzschnitzereien und geschnitzte chinesische Evecksieine. selbst „Nürnberger Tand" und andere Dinge, natürlich nur täuschend echt Hochgebildet. Der Prahlhans kannte und kann aber auch ans deni Auslande Briese an Bekannte und Freunde schreiben, obwohl er seine Heimat nicht verlassen, sonder» sich i» irgend einem versteckten unbekannte» kleinen Nest verborgen bat. Denn in Paris In der Rue de la Seine mar immer jede Mög lichkeit vorhanden, aus Rian le Carlo oder Rom, aus "Berlin oder Wien, aus Madrid oder Buenos Aires usw. zu schreiben. Der Inhaber des Kaufhauses Halle überall seine Agenten sitzen, denen er die Briese oder Karte» zuschickte, die i» seinem Büro, aus seinen Briesbogen oder Karten geschrieben wurden. Und diese Agenten sorgten prompt dafür, dak diese Postsachen richtig frankiert an die Adresse gelangten. Die Knuden dieses geschäftstüchtigen Mannes waren junge Männer, die ihrem Fräulein Braut oder anderen imponieren wolilen. Hochzeits reisende, die ihre lieben Bekannten oder Freunde überrasche» oder ärgern oder auch harmlos etwas vormachen wollten. Gewiß waren das alles und sind es in gewissem Sinne Hoch stapler. die mehr scheinen wollen, als sie sind. Daß auch wirk liche Hochstapler sich diese Einrichtung zunulze gemacht haben, ist wohl anzunehmen. Wie dem aber auch sei, der Mann, der diese Idee hatte, aus die prahlerischen Schwächen seiner Mit menschen zu spekulieren, hatte einen ungeahnten Erfolg. Sein Reichtum wuchs von Jahr zu Jahr. Nach -10 Jahre» konnte er sich vom Geschäft zurückzirhc» und in einer schönen Billa an der Riviera sein Lebe» geruhsam verbringen. Seit zehn Jähren Ist sein Sohn der Besitzer dieses Kaufhauses. Die Ge schichte dieses Warenhauses für harmlose Hochstapeleien ist ein schlagender Beweis für die beiden Erfahrnngssätze. datz das Geld aus drr Slrahe liegt und — eine gewisse Sorte von Men schen nie alle wird. „Exzellenz, ich kann nicht mehr eintuusen gehen", jammerte Marie. „Die Menschen weisen mit Fingern auf mich. Ich war mein Lebtag eine ehrliche, anständige Person, ich ertrage das nicht. 2lm liebsten möchte ich auf und davon laufen." Unter vielen Tränen stieb die Köchln die letzten Worte hervor. Frau von Wenden war fassungslos', wenn Marie sie verlieh, wo nahm sie eine neue Kraft her, sie, die Schwiegermutter des Mörders Fenin? Hysterisch schluchzte Exzellenz: „Marie, was fällt Ihnen ein, mich jetzt allein lassen zu wollen. Din ich n' >t unglücklich genug, dah Sie mir das auch noch antun wollen? Soll ich selbst unter die Leute gehen, mir die Sachen holen? Ich getraue mich nicht alnn.U ans Fenster, aus der Gasse war ich leit dem 10 Jahre Mandschukuo Das Kaiserreich Mandschukuo seieric am 1. März seinen zehnten Gründungstag. Eigentlich wurde dieser Staat erst am I. März 1982 errichtet, doch bei den Rcchnungsmethoden im Fernen Osten wird von dem Jahre vorher gezählt, ebenso wie man im Fernen Orient bei der Geburt eines Menschen schon mit der Zahl 1 zu rechnen beginnt. Im Jahre 193t verlegte der damalige Beherrscher der Mandschurei, Marschall Chang Hsueh-liang seinen Sitz nach Peking. Danach rückte Japan in die Mandschurei ein und beschloß am 18. Februar 1932, einen unabhängigen Staat zu errichten, der am 25. Februar den Namen Mandschukuo erhielt. Diesen Beschluß sagte ei» Bcrwaltungskomitec, das die Japaner eingesetzt hatten. Als offizieller Gründungstag wurde der 1. März angenommen. Der letzte Kaiser von China Henry Pu-chi wurde zum Vcr- waltungochcf eingesetzt und am 1. März 1931 zum Kaiser ausgerufen. Am 1b. September 1932 wurde aus Dcranlafsung Japans ein Bündnis mit Japan geschlossen, worin dieses sich verpflichtete, im Ernstfälle dem neuen Kaiserreich Mandschukuo mit all seinen Streitkräften zu Hilfe zu kommen. Die Staats- slngge Mandschukuos zeigt aus gelbem Grunde eine Gösch in Schwarz, Rot, Weitz und Blau. Durch diese Gösch wird aus gedrückt, datz Mandschukuo ein Nationalitätenstaat ist und Mandschuren, Chinesen, Koreaner, Japaner und Russen in sich vereinigt Der neue Staat wurde von Japan, Deutschland, Flatten, Ungarn, Spanien. San Salvador und dem Papst an erkannt. In Mandschukuo werden wertvolle Bodenschätze, wie Kohle, Eisen, Gold und andere Edelmetalle, gefunden. Die vorhandene Industrie wurde von Japan reichlich unterstützt und neue Industrien eingerichtet, die ebenfalls reichliche japa nische Unterstützungen genossen. Weil aber Japan seit Jahren in einen Krieg mit China verwickelt ist, fliehen die japanischen Unterstützungen für diese Industrie nicht mehr so reichlich wie früher. Das wirtschaftliche Rückgrat Mandschukuos ist aller dings die Landwirtschaft, die jetzt besonders gepflegt wird. Mandschukuo hat auch mit der Negierung von Nanking die Beziehungen ausgenommen. Der Kaiser Knngtc von Mandschn- kuo besuchte bereits zweimal Japan, auch im vergangenen Fahre zur Feier der 2609. Nelchsgründung Japans. Gedijchtnlskünstler Durch die Spalten grotzer deutscher Zeitungen laufen immer wieder Nachrichten über besondere menschliche Gedächt- nloleistungen atter Altersstufen. Don der Jugend bis zum Alter. Aufsehenerregende Leistungen unserer Tage werden verzeichnet und daran Mitteilungen über besondere Gedächtnisleistungen der Nergangenheit geknüpft. Von Themistoklcs über den älte ren Seneca bis auf unsere Tage. Diese Gedächtnisleistungen beschränken sich nicht auf einen Beruf oder Stand, aus eine besondere Gesellschaftsschtcht sondern scheinen gleichmähig über nlle Alters- und Gcsellschaftsschlchten aller Nationen und Völ ker der Welt verteilt zu sein. Geisteswissenschaftler und Tech niker. Soldaten und Zivilisten, Musiker und Mathematiker, Eckiiler und Lehrer, kurz überall tauchen Gedächtnisphänomene auf. Ausfallend ist nur, datz selten Frauen darunter zu finden sind. Manche Meldungen über hervorragende Gedächtnisleistiin- gen in unseren Tagen setzen viele Kreise in Erstaunen. Di« svlmllllv von Wvmlvn v-rdot.» ««»»» ältere Generation wird daran kaum oder wenig Bemerkens wertes finde», sondern sich im Gegenteil an Gedächlnisleistun- gen aus der eigenen Erfahrung erinnern, von denen man wenig Aufhebens machte. Gute Gedächtnisleistungen waren keine Ausnahmeerscheinung, so datz nur autzcrgewöhnttche Lei stungen aufsielen. Das lag doch wohl daran, datz bis zum Kriege 1911—18 an die tägliche Gedächtnisübung In der Schule gröhere Anforderungen gestellt wurden als nach Beendigung des Krieges. Die Gedächtnisübung, das Auswendiglernen deut scher und fremdsprachiger Gedichte, Verse, ja selbst Prosa erzählungen gehörte zum regelrechten Unterricht, wurde täglich und systematisch betrieben. Sicherlich wurde die Gedächtnis übung manchmal übertrieben, war aber, Im grotzcn und ganzen gesehen, segensreich und für die geistige Entwicklung förderlich. Die älteren Leute verfügen z. V. noch heute über einen Volkslicdcr- und Gedichteschatz, wovon die jungen Leute nicht einmal den Titel kennen. Griechische und lateinische Verse können die sogenannten alten Semester noch häufig in grotzer Fülle zitte ren und stellen mit Betrübnis fest, datz ihre Kinder und Enkel sie nicht einmal gelesen haben. Diese Gedächtnisübung machte so gewandt und regte so den stillen gesunden Ehrgeiz an, datz manch einer zu seinem Privatvergnügen ganze Gedicht werke auswendig lernte. Wobei es keine Rolle spielte, ob es sich um deutsche oder fremdsprachige Werke handelte. Tau send Homer-Verse auswendig hcrzusagcn. haben wir nicht als Condcrlcistung betrachtet, eher schon, datz ein Mitschüler die ganze Antigone des Sophokles im Urtext samt allen Regie anweisungen zu zitieren vermochte. Ei» anderer konnte 3 bis -1 Bnchseiten eines fremden, ihm eben vorgelesencn Textes wört lich und fehlerlos mit allen Interpunktionen nlcdcrschrciben. Die Gedächtnisleistungen haben allgemein auch heute noch nicht nachgelassen, sondern sind in dem Fache, für das sich ein junger Mensch interessiert, genau so grotz wie früher. Sie treten nur nicht öffentlich so allgemein hervor, weil die mo derne Pädagogik auf Gedächtnisleistungen nicht so grotzen Mert legt, wie sie es früher tat. Jede wissenschafiliche Leistung, gleichgültig welcher Disziplin, ist immer und unbedingt an ein hervorragendes Gedächtnis geknüpft, das auch für die einzelnen Disziplinen sich von Autzergewöhnttchc Leistungen Maßstäben gemessen werden. «. Fortsetzung. Doktor Lehnert hatte Weisung gegeben, dah Frau Fenin ihm bei ihrem Erscheinen sofort gemeldet werde. ES waren Jahre vergangen, seit er Ulrich Fenin zum letzten Male gesehen. Die Zeitungsnachrichten der jüngsten Tage hatten das Bild des Jugendfreundes ihm neu in Erinnerung gerufen. Betroffen halte er von Ulrichs Verhaftung gelesen. Doch ehe Iohannens Te legramm etnaelangt, war er bereit gewesen, Fenin zu helfen. Hier lag zweifellos ein furchtbarer Irrtum vor. Keinen Augenblick glaubte er an Ulrichs Schuld. Dicht nur seine Hilfsbereitschaft für den Freund lieh ihn den Falt genau verfolgen, auch die Leidenschaft seines De- rufes war in ihm erwacht. Ein interessanter Fall, der alle Kräfte, alle Energie eines Anwaltes anspannen lätzt. um einen Schuldlosen zu retten, den wirklichen Täter zu entlarven. Lehnert kannte jede Einzelheit der Ermordung Hendrichs, so weit ihm, als Privatmann, das Material zugänglich war. Allein sein Aus, seine Stellung gestattete ihm manchen Einblick, dec anderen verwehrt olieb. Sobald er aber mit der Verteidigung Fenins vor Gericht betraut würde, war es gewiß, manches Unklare zu lösen. „I-au Fenin", sagte der Diener und lieh Johanne «intreten. Für die Dauer von Sekunden prusten sich die beiden Menschen. Lehnert forschte in den Zügen der Frau, ob sie den Mut besitzen werde, das Schwere auch bis zum Ende ruhig zu tragen, ob sie an ihres Mannes Unschuld so wenig zweifle, wie er. Johanne aber suchte den Mann zu ergründen, dein sie ihres Gatten Leben und Freiheit anvertrauen wollte. Die beiden halten sich verstanden. Wortlos reichte Johanne dem Anwalt die Hand. „Ich bin von Fenins Schuldlosigkeit vollkommen überzeugt", begann Lehnert sog'e'^. ohne weitere Einleitung. »Werden Sie seine Verteidigung Do' c?". bittend fragte Johanne. »Gewiß, wenn Sie es wünschen, meiner Kraft liegt, den Freund zu schehen, gnädige Frau." »Ich war so ratlos, als ich von hörte, wußte nicht, was beginnen. Da erinnerte ich mich, wie oft mein Mann mir von Ihnen gesprochen. Ich wurde ruhiger bet dem Gedanken, zu Ihnen zu älen, Ihre Mithilfe zu erbitten." ych werde augenblicklich meine Übernahme der Ver teidigung anmelden. Dur, gnädige Frau, viel Geduld verden Sie haben müssen." Ratlos sah ihn Johanne an. Da erklärte er ihr: „Meine Tätigkeit zerfällt in drei Abschnitte: Die Arbeiten während der Voruntersuchung, di« Besprechungen und Vorarbeiten für die Hauptver- Handlung und das Plädoyer." .Ja«, sagte Johanne hilflos, „das Plädoyer ist wohl t>a- Schwerste, Wichtigste, nickt wahr? Sie müllen Mehr scheinen als sein Wir neben uns längst keiner datz viele Menschen mehr zu scheinen . . . lich sind. Dao liegt wohl auch in der menschlichen Natur be- gründet, der eine ganze Dosis Eitelkeit innewohnt. Eine ge- wisse Form von Eitelkeit ist wohl notwendig, da sie sich in einem gesunden Dorwärtsstreben äußert und auch sonst den Menschen veranlaßt, sein Aeußeres und Inneres zu pflegen. Nur die Uebertreibung wirkt unangenehm. Wir kennen alle diese Typen, die wir als Angeber, Renommisten oder sonstwie charakterisieren. Ungesundes Geltungsbedürfnis, Großmanns sucht und Prahlsucht, alles Auswüchse einer ungesunden Eitel keit, haben schon viel Unheil In die Welt gebracht, Familien leben vernichtet, ja ganz« Gemeinwesen und Völker ins schwerste Unglück gestürzt. Daß die Putzsucht, Modenarrheiten schrecklich:» Lage überhaupt »ich« mehr." Marie lenkte ein: „Ich habe es ja nicht so gemeint. Exzellenz. Ich werde nicht reißaus nehmen in dem Augenblick, in dem das Unglück Uber Sie gekommen ist. Aber schwer, sehr schwer ist das Leben für mich geworden. Die Leute, dieses Gesindel I Als ob Exzellenz mitschuldig wären, benehmen sie sich." „Was mir die Johanne antut, ist unerhört. In meinem Alter, wo sich andere an der Häuslichkeit ihrer Kinder erfreuen, habe ich durch sie nur Verzweiflung und Schande. An diesen Menschen hat sie sich geklam- mert. Wäre sie nach dem Brande von ihm fort, wie ich wollte, so könnte sie nun als Unbeteiligte ruhig die Verhandlung abwarlen. Schlimm genug wäre es noch immer. daß sie mit diesem Mörder verheiratet ge wesen, aber wenigstens hätte sie sich rechtzeitig von ihm getrennt. Aber sol Meine Tochter, die Frau eines Schwerverbrechers." Exzellenz schrie vor Aufregung. „Ec könnte doch unschuldig sein", bemerkte Marie. „O nein, mir war der immer unheimlich, so was Lauern des hatte er, so was Tückisches. Aber die Johanne hat ihn ja haben müssen I Dor einem anständigen Mann hat ihr förmlich gegraust: nur dieser Gauner war der Rechte gewesen." Heulend schwieg die Dame. „Aber, Exzellenz, die Lini von der Baroneß Wei- gandt hat mir zugeslüstert, — mit mir offen auf der Straße zu reden, traut sich die auch nicht, — daß die Baroneß ihr verboten hat, von dem „Mörder Fenin" zu sprechen. Sie glaube nicht an seine Schuld und hoffe zuversichtlich, daß sich der schreckliche Verdacht als un begründet erweisen wurde", berichtete die Köchin. Frau von Wenden beruhigte sich etwas. „Was. die Weic,....dt zweifelt, daß er der Mör— Täter ist?" „Ja, ganz gewiß ist sie. daß er unschuldig ist", wiederholte Marie. „Ja, sind denn nicht alle überzeugt .Laß der Fenin ihn umgebracht hat: es stand aber doch in der Zei tung?" Mit naivem Staunen sagte dies Exzellenz. Marie fühlte sich durch diese Bemerkung zu einer Be lehrung der Herrin ermächtigt: „Exzellenz, erst wenn einer vom Gericht verurteilt wird, dann hat er es auch getan. Vorher, was die Leute reden, das sind nur Ver mutung«: Wird er verurteilt, dann war er der Mör der: wird er freigesprochen, hat es ein anderer getan." Marie war sehr zufrieden mit sich, sie verstand etwas von Prozessen. Sie las nicht umsonst alle Verhand lungen. die großen und die kleinen, andächtig von An fang bis zu Ende. Sie hatte nicht vergeblich sämtliche Kriminalfilme, die liefen, angesehen, sie kannte sich im Gerichtssaal fast so gut aus. wie ein gelehrter Dichter, zumindest ihrer Ansicht nach. „Eigentlich haben Eie recht, solange ec nicht abge urteilt ist, muß er den Mord gar nicht begangen haben." ExzcI.enz leuchteten die Ausführungen ihrer Köchin ein: sogar das Weinen gab sie aus. „Wenn man nur schon wüßte, woran man ist", schloß sie seufzend. „Marie I" schrie sie auf, „am Ende muß ich auch noch aussagen, werde ich als Zeugin vorgeladen. Das über lebe ich nicht." Don neuerlichem Schluchzen geschüttelt, vertiefte sie sich gemeinsam mit ihrem alten Mädchen in das unverdiente Unglück, das sie getroffen. «tr verzeihen, aber ich bin in diesen Dingen gänzlich imerfahren." „Die Verteidigungsrede", antwortete Lehnert, „ist stlr mich, wie für jeden guten Anwalt, nur die Zusam menfassung der Arbeit, die vorher geleistet werden muß. Sie irren, gnädige Frau, wenn Sie glauben, der Ver teidiger verlege sein ganzes Können, die ganze Hilfe leistung in seine große Dede. Die Voruntersuchung, in die dem Anwalt nur selten genügend Einblick gewährt wird, die Leistung, die ihm möglich wird, nach Beendi- guna dieses ersten Verfahrens, von dem Augenblicke an da ihm gestaltet ist. mit seinem Klienten zu sprechen, diese Arbeit, das Sammeln des entlastenden Mate rials ist daS Mühsamste, das Schwierigste." Verzagt sah Johanne auf den berühmten Mann, ihr schien die Möglichkeit. Ulrich zu retten, plötzlich so unwahrscheinlich geworden und. ohne es hindern zu können, begann sie zu weinen. „Gnädige Frau, feien Sie nicht hoffnungslos, ich habe die unbedingte Überzeugung von ihres Gatten Unschuld. Meine reiche Erfahrung, mein ganzes Können stelle ich restlos in Ihren und meines Freundes Dienst." Ablenkend fuhr er fort: „Wo werden Sie die Zeit bis zur Verhandlung verbringen?" Johanne sah unsicher auf. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Ulrich helfen wollte sie. was mit ihr ge schah. war ihr gleichgültig." „Ich rate Ihnen, in Berlin zu bleiben. Ein Ver weilen in der Stadt, wo Fenin ..." „Dein. nein, das ist ausgeschlossen", unterbrach ihn Johanne heftig. „Darin sind wir also einer Ansicht", sprach Lehnert ruhig weiter. „Zu meinem Knaben nach Zürich?" forschte die junge Frau. „Das halte ich für nicht geraten. Ich möchte Sie bitten, in Berlin zu bleiben, damit ich Ihnen stets Nachricht von meinen Bemühungen geben kann. GS wird viel Beruhigendes für Sie haben, wenigstens durch mich mit Ulrich verbunden zu sein." „Ja, nicht wahr, was Sie dürfen, werden Sie mir mitteilen", sagte Johanne. „Werde ich Ulrich einmal sehen, sprechen?", bat sie. „Vorläufig nicht, gnädige Fron; ich werde Sie ver ständigen. wenn Sie ihn besuchen können." Mit einem dankbaren Händedruck verabschiedete sich Johanne von Lehnert. der Besitzer eine-) kleine» Papier- der Rnc de la Seine ans eine aus- Ivar von Ansan» an alles zu finden: »rotzen iiilcrnalionaicn Ozeandampfer, berühmteste» Bade- und Knrorie», den Die
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