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Sächsische Volkszeitung : 14.11.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193911145
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19391114
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19391114
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-11
- Tag 1939-11-14
-
Monat
1939-11
-
Jahr
1939
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 14.11.1939
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Dienstag, 14. November 1S8S Süchfifche Volkszeitung Nummer 268, Seite 3 Volksfeind Aberglaube Unter Wahrsagern, Ianberern nn- Gehernirvrssenschaftleen Lin Tatsachenbericht vsn Professor Otto Urbach VII. Doch wie verhält eo sich mit -en Visionen? Sind sie nicht ein Beweis für das Hereinragen einer „vierten Dimen sion" in unsere Menfchenwelt? Sprechen sie nicht für die Rich tigkeit und Echtheit der „Geheimwissenschaft"? Visionen — b. h. Gesichte, Schauungen unwirklicher Dinge, z. B. verstorbener Menschen, Geister, zukünftiger Ereignisse — Hot es zu allen Zelten gegeben. Sie galten und gelten vielen Menschen als „Beweis" für das Vorhandensein einer „Geister welt". Der schwedische „Geisterseher" Emanuel Sweden borg, der sich ganz theosophischen Spekulationen hingegeben hatte, glaubte „Offenbarungen" aus der Geisterwelt zu einp oligen. In seinen Schriften gibt er visionäre Schilderungen ogar des Himmels und der Hölle. Er will in visionärem Zu lande einen Riesenbrand in Stockholm gleichzeitig gesehen hoben, obwohl er sich viele Meilen weit von dieser Stadt aus hielt. Ganz Europa wurde durch die Visionen und Träume des Geistersehers in Aufregung versetzt. Der grotze Philosoph Immanuel Kant nahm In einer überaus geistreicl)en und spottlustigen Schrift zu den Träumen dieses Geistersehers Stellung. Visionen gelten auch heute vielen Menschen als Betä tigung siir das Hereinragen der Geistcrwctt sdcr „vierten Di mension") in unsere sichtbare Mcnschenwett. In der volkstüm lichen Wahrsagekunst wird der Entstehung von Visionen sogar «ns künstlichem Wege nachgeholscn: Hier und da durch Gifte, meistens aber durch „Kristalle" und „Siebe". Märchen und Sagen erzählen von Zauberspiegeln, Bergspiegeln, die es den Hexen ermöglichen, verborgene Dinge zu „sehen". Auch Para celsus besah, wie es scheint, einen ähnliclxen, aus Beryll oder aus Bergkristall verfertigten Spiegel. Wer in solchen Zauber spiegel hineinsah, der sah ost sonderbare Dinge — freilich war dazu eine besondere seelische Anlage nötig. Dem K r i st a l l - sehen ist das Sieb seh en verwandt. Was soll das Sieb? Der Kater aus der Hexenküche („Faust") antwortet: „Wärst du ein Dieb, Wollt Ich dich gleich erkennen. Sieh durch das Sieb! Erkennst du den Dieb . . ." Unzählige Kristallseherinnen und Siebseherinnen gibt cs heute noch in den Städten und Dörfern. Viele sind fest davon überzeugt, daß das im Kristall oder Sieb oder manchmal in einsachen Visionen Geschaute irgendwie wirklich, ivcnn auch nur „geisterhaft" vorhanden sei. Wird dort überlzaupt etivas gesehen? Die neuzeitliche Eeclenkunde bejaht die Frage — wenigstens teilweise. Sie hält nach mühevollen, zum Teil experimentell gestützten For schungen die Visionen ebenso wie die Schauungen beim Kristall sehen und Slebsehen für Sinnestäuschungen, also siir Verstellungen, die so anschaulich werden können, daß der Mensch tatsächlich die vorgestelllen Dinge leibhaftig vor sich zu sehen meint. Visionen sind bei überreizter oder erregter Phantasie gar nicht einmal selten. Allgemein lässt sich sagen, dah nur besonders dafür geeignete Menschen Visionen haben. Die Psychologie spricht von einer eide tischen, d. h. Phan tasiebilder sä-assenden und diese Phantasiebilder wirklich emp findenden Veranlagung. Es gibt — körperlich und seelisch völlig gesunde — Eidetiker, die ihre Vorstellungen so lebhaft emp finden, dass sie meinen, die nur vorgestetltcn Dinge zu sehen, zu hören, zu riechen, zu schmecken oder zu tasten. Wie viele grohe Künstler sind Eidetiker gewesen! Der Psychologe Professor Hans Bender (Bonn) hat vor kurzem einen aufschlussreichen Versuch im „Psychologischen In stitut" der Universität Bonn durchgesührt. Er bediente sich zwar keines Zauberspicgels, Kristalls oder Siebes, sondern einer einsachen Schusterkugel. In diese Schusterkugel lieh er nach und nach insgesamt hundert Versuchspersonen, die sich in einer die Aufmerksamkeit erregenden Versuchslage befan den, hincinsehen. Nach einiger Zeit fragte er jeivcits, was sie erblickten. Das Ergebnis war aufschlussreich. Zwar 80 v. H. sahen gar nichts Besonderes — weil ja eigentlich auch ivirklich nichts Besonderes zu sehen ivar. Aber zwanzig Personen — sämtlich gesunde, seelisch normale Menschen — „sahen" etwas Vesttmmtes in der Kugel. Es wurden also auf künstliche Weise Visionen erzeugt. Was sahen nun die „Eidetiker" in der Schusterkugel? Dinge, die seltsam genug waren! Einige sahen Plastiken, Aquarelle, Fotografien, die sie genau beschreiben konnten, — ein anderer sah in der Schusterkugel eine schreibende Hand, — wieder andere sahen In rascher Folge Buchstaben auftauchen und verschwinden. Aus den Buchstaben liehen.sich später (wovon die Versuchspersonen selbst keine Ahnung hatten!) ganze Sätze — und sogar sehr aufschlußreiche Sätze — sinnvoll zusammen stellen! Das Geschaute erschien den Versuchspersonen als höchst überraschend oder, wie die Psychologie sich ausdrückt, als „ich-fremd". Indes, die genauere Untersuchung der Ergeb nisse zeigte bald, dah alle Visionen Rückschlüsse auf tiesere Schichten der Persönlichkeit zuliehen. Es wurden also tatsäch lich traumähnliche P ha n t a s t e b > ld e r fcstgestellt, die verdrängte Wünsche und Befürchtungen oder auch längst ver gessen geglaubte Kindheitgerinnerungen zum Ausdruck brach ten; Bilder, die irgendwie dem Gedächtnis entstammten, aber erst bei dieser ungewöhnlichen Gelegenheit wieder aus dem Unterbewuhtsein hervorgerufen wurden. Es ist nichts so fein gesponnen, die Schusterkugel bringt es an den Tag . . . Uebrigens ist das Verfahren des Bonner Professors nicht nur im Mittelalter, sondern schon im Altertum bekannt gewesen. Schon die alten Griechen kannten ähnliche Verfahren, Visionen künstlich zu erzeugen. Man lieh die Versuchspersonen längere Zeit auf blanke Flächen, Metallspiegel. Kristalle, Edelsteine oder In ein Sieb schauen. Was auf diese Weise geschaut wurde. Selbst der moderne Krieg verschmäht die Brieftauben als verlässliche Voten nicht, obgleich der Soldat über zahlreiches technisches Hilfsgerät verfügt. Wenn die Leitungen des Nach richtendienstes unterbrochen sind und das gesamte Kampssetd unter Gas liegt, dann eignen sich Brieftauben. Sie durchfliegen vergaste Strecken, ohne Schaden zu leiden. Wie ist das möglich? Alle Atmung hat den Sauerstofsvcrzehr der Gewebszellen zu unterhalten. Deren Versorgung mit Lebenslust hängt vom Druckt des Sauerstoffs im Blut ab. Höheres Druckgefälle er leichtert den Ueborgang des Gases in die verbrauchenden Zellen des Körpers. Das Vagclblut weist eine besonders hohe Saucr- stofsspannung auf. Im Taubenblut ist der Saucrstossdruck etwa doppelt so hoch wie im Menschenblut. Denn der rote Blutfarb stoff der Vögel zieht das Element mit grösserer Kraft an sich, als das In unserem Körper geschieht, so dah auch kleinste Men gen ersaht werden. Wegen des hohen Stofsumsatzes entwickelt sich sin Vogel körper viel Kohlensäure. Das verbrauchte Blut des Vogels be gnügt sich mit geringer Sättigung durch Sauerstoss, weshalb der Vogel in der Lage ist, längere Zeit aus Zufuhr von Außcn- luft zu verzichten. Tauben sind ans diesem Grunde weitgehend unabhängig von der Aufnahme und Abgabe der Atemluft. Sie vermögen ganz nack Bedarf die Zahl der Atemzüge zu wechseln. Es macht ihnen offenbar keine Beschwerden, auf längere Zeit die Zufuhr von Anhenlust zu unterdrücken. Zu diesen zwei Umständen — Erfassung selbst der kleinsten Louis Daguerre gilt im allgemeinen als der Erfinder der Photographie, und man kann ihn unter gewissen Einschränkun gen wirklich so nennen, wenn man dabei Goetlies Wort zu grunde legt, dah die Erfindung der „Abschluß des Gesuchten" sei Gesucht worden ist nach der Lösung des photographischen Problems schon lange vor Daguerre, man darf wohl sagen, jahrhundertelang, vor ihm sind Erfindungen gemacht worden, ohne die seine Tat nicht möglich gewesen wäre, nach ihm hat sich die Photographie in einer Weise ivciter entwickelt, dah sie heute kaum noch mit der „Daguerrotypie" zusammcnhängt; aber Daguerre war der erste, der eine technisch allgemein brauch bare Methode schus, Bilder auf Platten sestzuhaltcn. Der Zufall wollte, dah gerade in seinem 50. Jahre, im August 1839. Daguer- res Erfindung von dem Physiker Arago in der Pariser Akademie bekanntgemacht und siir den öffentlichen Gebrauch sreigegeben wurde, so dah wir in diesem Jahre des 150. Geburtstages des Erfinders und zugleich des 100. Geburtstages der Erfindung ge denken können. Zwei Erfindungen waren es vor allem, die der Lösung des Problems vorgearbeitet hatten: die Camera obscura und die um die Jahrhundertwende von Senefelder in Münckym erfundene Lithographie. Die Camera obscura ohne Linse, in der hell be leuchtete Gegenstände verkleinert und auf dem Kops stehend er schienen, war schon im frühen Mittelalter arabischen Gelehrten bekannt, später beschäftigten fick auch ai>endländick)e Gelehrte aufmerksam mit ihr, vor allem Leonardo da Vinci. Bald nach ihm wurde die Lochkammer, um deutlichere Bilder zu erzielen, mit einer Linse ausgestattet. Doch blieb das Problem bestehen, diese Bilder auch sestzuhalten. Der Ruhm, der Lösung dieser diente zur Enthüllung des Verborgenen, sei es der Zukunft, sei es eines Verbrechens. Die heutige Seetensorschung lehnt nur diese Art der Deutung ab, — die Tatsache des Sehens selbst leugnet sic nicht, sie weih, dah cs subjektiv wirkliche „Visionen" gibt. Nach allem ist es durchaus denkbar, dah auch tn manchen sogenannten Sitzungen und anthroposophischen Uebunge» wirklich etwas „gesehen" wird. Nur darf nicht ver gessen Werden, dah das Gesehene nichts ist als ein Erzeug nis der subjektiven Phantasie, nicht aber etwas objektiv Wirkliches. Die Visionen haben ihren Ursprung in unterbewußten Schichten der Persönlichkeit und Helsen dem Tiefenpsychologen das Wesen des Menschen erkennen. Es bedarf keines besonderen Scharfsinnes, um mittels eines Achnlichkeitsschlusses zu schließen, dah entsprechend auch Gehörstäuschungcn — Auditionen — Hervargerufen werden können. Die Versuchsperson würde alsdann Musik oder Worte „hören". Alles in allem zeigt sich — entsprechend einem etwas ver änderten Goethe-War» —: „Was sie den Geist des Jenseits nennen, ist meist der Herren eigner Geist." Was geschäftstüchtige Irresührer mit viel Geschick und Reklame als „geheime Wissenschaft" ausaeben, ist der echten Wissenschaft durchaus bekannt. Nur verzichtet die echte Wissen schaft auf die übersinnliche DclUung und aus die geschäftliche Auswertung. (Jorlietzung (oigl.- WW«Mj!fW!»!»^WMINM^WWWW!WWWWWWWWWWWWWWWM^ Die Brieftaube ohne Gasmaske Line Meldegängeein, die gegen Giftgas gefeit ist / Von Peof. vr. w. Fritzsche Der Grfinder der Photographie Zum ISO. Geburtstag von Louis Daguerre, 18. November Mengen von Sauerstoff und geringes Sättigungsbedürfnis mit Sauerstoff — kommt als dritter Umstand eine besondere Ein richtung der Vogcllunge. Die feinsten Luströhrenäste der Taube, die Lungenpfeifen, besitzen ein Muskelrohr. Dieses Muskelrohr vermag sich selbsttätig im Takte zu verengern und zu erweitern. Wir können diese Bewegungen mit unserer Faust nachahmen, indem wir sie mit der Klcinfingcrseite in die Wasseroberfläche eines Waschbeckens etwas eintanchen und abwechselnd öffnen und schließen. Das Wasser spritzt zwischen Daumen und Zeige finger empor. Aehnlich wird die Röhrentnft in den feinen Lungenpfeifen in Wellenbewegung und Uintrieb gebracht, wenn sich die Muskclrohre taktmäßig verenaern und eriveltern. Die Luft wird gleichsam umgerührt und schiebt sich in den feinsten Lnftröhrenästcn der Lungen weiter. Es entsteht eine Art Ven tilation in den atmenden Flächen, auch wenn die Taube keine Außenluft einsaugt. Von den großen Luftsäcken her wird der Vogellnnge ein ziemlicher Vorrat von Binnenlust durch besondere Rohrleitun gen zugesührt. Er kommt in den Lungenpfeifen durch das Rührwerk der Muskelrohre in Bewegung, angesammelte Koh lensäure treibt erneut Sauerstoff aus dem Blute heraus, und die für den Gasaustausch tätigen Zellen nehmen ihn auf. Der Sauerstoff der geatmeten Binnenluft sinkt lange Zeit nicht zur Mindestmcnge herab, so daß der Körper nicht gefährdet wird. Deshalb braucht die Taube keine Gasmaske, die ihr Sauerstoff spendet, wenn sie Schwaden von Giftgasen durcheilt. Munter langt sie als treuer Bricsbote am Ziele au. Aufgabe als erster nahe gekommen zu sein, gebührt einem Deutschen, dem Arzt und Universitätsprosessor Johann Heinrich Schulze in Halle. Dieser kopierte schon im Jahre 1727 in der Sonne Schriftzüge auf Platten, die mit silberhaltigem Kreide schlamm überzogen waren. Dock konnte er diese Bilder weder örtlich festlegen, noch lichtbeständig wackren. Es interessierte sich damals noch niemand sonderlich für die Erfindung, und die ge lehrte Abhandlung, die Schulze darüber schrieb, siel der Berges, senheit anheim. Erst 100 Jahre später war die Zeit reis sür die endgül tige Lösung der Aufgabe, und cs ist bezeichnend, daß sie nun gleichzeitig von mehreren Männern in Angriff genommen wurde, die zunächst nichts voneinander wußten. Unter ihnen schien. Daguerre durch seine Vorbildung vielleicht am wenigsten dazu berufen, die Lösung zu finden. Er war ein geschickter Dekora tionsmaler, der sich viel mit optisck>en und chemisck>en Fragen beschäftigte. Seine Versuche gingen aber zunächst aus die Erzeu gung dreidimensionaler Bilder, und dies führte ihn zur Erfin dung seines seinerzeit berühmten „Dioramas", eines Guck kastens, in dem plastische Bilder erschienen, des ersten Vorläu fers unseres Kinos. Seit 1824 bemühte er sich, die Bilder seines Dioramas festzuhaltcn, ohne vorlnnsig zu einem Ergebnis zu kommen. 1826 hörte er durch den Optiker Chevalier von einen» gewissen Nieevhore Niepce, einem verabschiedeten Offizier in Chalons, der sich mit ähnlichen Problemen beschäftigte. Er trat mit ihm in Verbindung, und es entwickelte sich zwischen beiden Männern ein Briefwechsel, der anfangs von beiden Seiten mit größter Vorsicht und Zurückhaltung geführt wurde. Nach einigen Jahren verbanden sie sich jedoch und schlossen einen Vertrag zur gemeinsamen Vervollkommnung „der van Niepce ersu«de nen und von Daguerre verbesserten Erfindung". Franceses Tamagno Der berühmteste italienisch« Sänger des 19. Jahrhunderts Der Mechaniker Antonio Sosso, der unlängst bei einem Eängcnvettbcwerb in San Remo durch seine Tenorstimme das größte Aufsehen erregt hatte, errang bei feinem ersten Auf treten auf der Bühne des Stadttheaterg von Alessandria in der Rolle des Troubadour einen neuen stürmischen Ersolg. Der 34jährige Mann, Der bisher in den dröhnenden Hallen der Tu riner Fiatwerke an der Maschine stand, ist mit einem Schlage «in ausgehender Stern am Himmel der Opernbiihne geworden. Die kraftvolle und dabei lyrisch schmiegsame Stimme Sossos ist auch in Italien, dem Lande des Gesanges, keine Alltäglichkeit. Das plötzliche Erscheinen dieses neuen Sängers lenkt die Erinnerung aus den berühmtesten italienisckien Tenor des vori gen Jahrhunderts, Francesco Tamagno. Auch er entstammte bescheidensten Verhältnissen: er war der Sohn eines kleinen Gastwirts, betätigte sich in seiner Jugend zuerst als Bäcker und dann — ein Interessanter tflarallelfall — als Maschinenschlosser in der Werkstatt des nachmals als Kraftwagenkonstrukteur be rühmt gewordenen Vincenzo Lancia in Turin. Tamagnos Lauf bahn als Sänger glich einem einzigen Triumphzug Uber die Bühnen der Alten und der Neuen Welt. Die heldenhaft kraft volle Tenorstimme des Sängers, eine der gewaltigsten, die je mals auf der Bühne erklangen, ist der Nachivclt auf Schallplat- tcn aus den Anfängen unseres Jahrhunderts erhalten geblieben. Als kaum Zwanzigjähriger war es Tamagno gelungen, in den Thor des Kgl. Theaters in Turin ausgenommen siu werden. Dort wurde man bald auf das ungewähnlick-e stimmliche Talent des jungen Sängers aufmerksam. Zivei Jahre später konnte er in Palermo erstmalig als Solist auftreten, feinen Weltruhm verdankte er aber dem Zufall, daß er 1874 in einer Oper von Donizetti für einen anderen Sänger einspringen mußte. Das Publikum war von Tamagno, Leistung überrascht und aus» höchste begeistert. Bald führte ihn seine Laufbahn an alle be rühmten Theater Italiens imd 1877 erschloß sich ihm die Mai länder Scala. In den folgenden Jahren wurde der begeistert gefeierte Sänger an alle bedeutenden O^rnbiihnen der romani. sck-en Länder Europas gerufen. 1877 begab sich Tamagno zum ersten Male nach Südamerika, wo er später alljährlich in der Frühjahrssaison auftrat: Buenos Aires, Rio d« Janeiro, Sao Paulo bereiteten ihm Triumphe und überschütteten ihn mit Reichtum. Trotz des riesigen Vermögens, das sich Tamagno im Laufe der Zeit erwerben konnte, wurde dem Sänger oft der Vorwurf gemacht, daß er geizig sei. Vergebens hätte man ihn abends auf der Bühne gesucht, wenn ihm der Impresario nicht täglich vor dem Auftreten in der Mittagsstunde di« vereinbarte Summe — meistens waren es 10 000 Goldlire siir den Abend, manchmal aber auch noch mehr — ins Hotel gebracht hätte. Kein Geringerer als Verdi war cs. der aus dem Sänger Tamagno einen der größten Dramatiker der Opernbiihne machte. Schon bei der Konzeption seines „Ottxello" hatte der Komponist Tamagno siir die Darstellung der Titelrolle ausersehen. Un ermüdlich arbeitete der greise Meister vor der Uraufführung ge meinsam mit dem Sänger an den Vorbereitungen sür dieses musikalische Ereignis. Bis in die letzten Kleinigkeiten ausgefeilt und dramatisch — künstlerisch ganz nach dem Willen Verdis ge staltet, ging das Werk am 5. Februar 1887 an der Mailänder Seala in Szene. Die Aufführung wurde ein Triumph nicht nur sür das in der italienischen Mi'fikgeschichte bahnbrechende Werk, sondern auch sür Tamagno, dessen Othello auch In den späteren Jahren die großartigste und nm meisten beiminderte Leistung des Sängers geblieben ist. Erst um die Jahrhundertwende fand Tamagno einen ihm ebenbürtigen Nachfolger im Reiche der Gesangskunst, der dann später seinen Ruhm noch überstrahlen sollte: Enrico Caruso. 1902 zog sich Tamagno nach seiner Vaterstadt Turin ins Privatleben zurück. Am 81. August 1906 setzt« ein Schlaganfall dem Leben des berühmten Sängers das Ende. Niepce ging in seinen Versacken von der Lithographie aus und bemühte sich, statt aus den Stein zu zeichnen, ein Bild, des sen Papier durchsichtig und mit Firnis bestrick!«» war, dadurch auf den Stein oder aus poliertes Metall zu bringen, daß er es der Sonne ausfctzte. Das gelang ihm auch, aber die Fixierung der Bilder erreichte er erst nach vielen mißlungenen Versuchen mit Hijfc von Asphalt. Er nannte sein eigenes Verfahre» Hella graphic, und schon im Jahre 1822 gelang es ihm den Hof und den kleinen Garten des Landhauses, i„ dem er wohnte, mittels Asphalt auf Glas zu fixieren. Ohne Zweifel hat Daguerre d»rch die Zusammenarbeit mit Niepce unschätzbare Anregungen empfangen. Als aber Niepce im Jahr« 1833 starb und Daguerre allein weiter arbeitete, mich er doch stark von de» gemeinsam verfolgten Methoden ab und kam zu wesentlich anderen Lösun gen, Er benutzte silberplattierle. mit Ioddämpsen getränkte Kupscrplatten, die auf diese Weise mit einer dünnen Schicht von Iodsilber überzogen waren und erzielte aus ihnen durch Bciick>- tung in der Camera obscura unsichtbare „latente" Bilder, di« durch eine Behandlung mi/ Quecksilberdärgisen sichtbar gemacht, „entwickelt" werden konnten. Im allgemeinen pflegen wissenschaftliche Entdeckungen erst In die breite Oeffentlichkcit zu dringen, ivcnn sic in der Welt der Gelehrten längst bekannt und nach allen Seiten erörtert sind. Anders die „Daguerrotypie". Von jenem Augustnachmittag an, als sie In der Pariser Akademie bckanntgegeben wurde, verbreitete sich der Name ihres Erfinders blitzhaft über die ganz« Welt. Jeder wollte sofort eine Camera obscura haben, und di« Nachsrage nach Asphalt war so groß, daß die Apotheken den Bedarf nicht decken konnten. Alle Zeitungen und Zeitschriften waren ersüllt davon und ereiferten sich In leidenschastlick-em Kampf dafür oder dagegen. Den» cs fehlte auch keineswegs an Stimmen, die di« neue Erfindung als „Schwindel" vevdamintcn. Die einsichtsvollsten und fortgeschrittensten Geister aber begrif fen sofort den Wert und die ungeheuren Zukunftsmöglichkctten der Erfindung. Unter denen, die sich begeistert für sie ausspra- chen und ihr zur Anerkennung in der gebildeten Welt verhalfen, war in Deutschland mit in erster Linie Alexander von Humboldt.
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