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Sächsische Volkszeitung : 29.01.1940
- Erscheinungsdatum
- 1940-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-194001294
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19400129
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19400129
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1940
-
Monat
1940-01
- Tag 1940-01-29
-
Monat
1940-01
-
Jahr
1940
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 29.01.1940
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damit sein: Nicht zu mahl dars es euch gehen: wohlsten. Nicht zu leicht dürst ihr es haben, ander leicht machen könnt. Nicht ganz ohne Sorgen dürst ihr liebsten Menschen sorgen ist Glück, l' ' lieb«/' Tas ist sür dich, mein Und dies noch erleben: Kindern, drei, _ . Du wirst sie mit Schmerzen gebären. Aber diese Schmerzen, die du um jedes ausstehst, die iverden dich sest mit jedem zu- sammenschließen. Du wirst an Krankenlagern stehen und fie bernde Bäckchen mit Sorge befühlen. Du wirst niederknien an deiner Kinder Betten und wirst ringen und beten und zum Himmel schreien „Du wirst Schweres mit ihnen durchleben, und du wirst dadurch ein ganzer Mensch iverden. eine deutsche Mutter. Ich möchte wohl: dein erstes würde ein Sohn. Sehr lieb ,väre es mir, ivenn du ihm meinen Namen gäbest, und er hätte dich so lieb, wie ich dich babe. dein alter Bater. lind wie dein Vater seine Mutier lieb gehabt hat schon, wie er noch ein klei ner Junge ivar. Und später erst reckt, als er schon wusste, was das heißt: eine Mutter werden und sein, und was das heisst: noch eine Mutter haben. Zu der man immer kommen kann, wenns einem draußen in der Welt zu kalt geworden ist. Oder — wenn man einmal etwas Dummes gemacht Kat. Und — das bleibt ja nicht aus: bei Jungen gewiß nicht. Auch bei deinem nicht. Denke dann immer: vielleicht bat er das Dummheiten machen sneben anderen Dingens van deinem Baler, den du ja lieb j>alt. Nimm ihn sclmrf in die Zucht . . Zucht muß sein. Aber ohne Liebe wird kein Mensch gut. Also: liebe ihn noch mehr, als du ihn slralen muß«. Tas möchte ich sehen — und mein ganzes Streben und Sehnen geht danach, mich solang« gesund und stark zu erhal ten, bis ich das erlebe: dich umgeben von lebcnsstarkcn Kindern in sröhliä)er Schar. Du wirst dann nie einsam sein, nie ahne Sorgen und nie ohne Glück. Nie — unausgesüll«, nie allein, leer nnd abseits. Du wirst zu -einen Töchtern reisen, ihnen in ihrer schwe ren Stunde bcizustehen, du wirst Enkelchen vslrgen und — ein bißäsen — das sei dir unvcrwchrt — ein bißchen wirst du sie auch vielleicht verziehen. Aber — damit verliere ich mich in eine Zukunft, die sicher schon meine nicht mebr ist. Brccken wir ab. Als du noch ganz klein warst, hat Tante Lieschen dir ein schönes Püppchen geschenkt. Dn kanntest bis dahin nur Bälle, und du wußtest, daß man Bälle an die wand wirs« oder über den Boden kullert. Da hast du deine ersten Püpnchen auck so behandelt: du hast sie mit aller Kraft irgendwo hinaeschmssen. Aber jesst — weißt du längst, daß Puppe etwas ganz anderes ist als Ball. Icht bist du ja schon die . PuppenmuNi" und hast viele Puppen, von der grc»K"n Licsel mit dm, natür lichen Haaren big zu dem kleinen Nncksrosck von Badeeiiael, sür den du sckon den Plan gemacht halt du willst ihm ein Kleid chen nähen. Was du wohl jetzt noch nicht kannst, aber der Wille § Neulich, als wir bei Tisch etwas lebsmit eriälilten: ..Schi, scki", batest du. „nicht so laut, meine Kinder schlafen dock!" Du — kleine Mutter: werde einmal, was du jetzt lo anschaulich svielst. Soviel Puppen du jetzt hast, soviel lebendige, gesund« Kinder wünsche ich dir. Das ist meine Hossnung. Mach sie wahr. und gegenüber ein frohes Gesicht — die ganze Wett ist reinlich und sci>ön, wo lo «^tafelt wird. Wißt ihr: Sauersehen und Uebelmeinen und Mißtrauen — das sind schlechte, bissige Gewürze, die sich gärend ins Blut setzen und den gesundesten Hunger vergisten. - dann Die Taktik und Strategie der Germanen geht es euch am ihr es euch ein« denn — für den Und — Liebe, das ist: Das Glück dessen wollen, den man mein Rezept. Und so etwas wie «in Testament über alles geliebtes Alleinkind. nun ist meine große Hoffnung, dies möchte ich daß du eine glückstrahlend« Mntter wirst von vier, fünf, sechs. Und: daß ich noch darum weiß. Dte Ausstellung zur Feldlchlacht erfolgte besonnen und durch dacht, wie es besonders die Nachrichten über die Schlachten zwischen Ariovist und Cäsar und zwischen Armin und Germa- nicus erkennen lassen. Durch die taktische Form des Keils bedingt, mußte die Entscheidung in der Feldschlacht im ersten Angriff fallen, der den Durchbruch durch die feindliche Ausstel lung und damit die Vernichtung des Feindes bezweckte. Zur Verteidigung konnten sich die Germanen in der Jcldschlacht nur selten erfolgreich formieren. Die Form des zerstreuten Gefechts tritt in den Kämpfen gegen die Römer stärker hervor, da die Germanen natürlich erkannt hatten, daß sie schon durch ihre Bewaffnung, aber auch durch ihre Taktik der römischen Legion im offenen Felde unter legen waren. Beim zerstreuten Gefecht tritt besonders die Form des Angriffs stark hervor, die sich bet der Vernichtung des Varus tm Teutoburger Walde erkennen läßt. Die Abwehr lm zerstreuten Gefecht trat als hinhaltend^ Kampf auf, tu dem der vormarschterende Feind aufgehalten und durch dauernde Angriffe, die zu keiner Entscheidung führten, zermürbt wurde, und als Verteidigung, bei der der feindliche Vormarsch an einer im Gelände besonders ausgesuchten Stellung zum Stehen ge bracht werden mußte. Gerade diese Formen des Gefechts zeigen viele Beispiele aus der germanischen Kriegsgeschichte. In diesem Zusammenhang müssen auch Hinterhalt und Ueberfall erwähnt werden. Ueberall ist die bewußte Ausnutzung des Geländes und die Tatsache, daß alle zerstreuten Gefechte sür den Feind überraschend durchgesührt werden, bemerkenswert. Von einer Strategie kann erst dann gesprochen werden, wenn ein bestimmter politisch bedingter Wille vorhanden ist, dem alle Krieszshandlungen unterworfen werden, und ein der artiger Wille, der mir von Einzelpersönlichkeiten, nicht aber von Stämmen ausgehcn kann, ist in der germanischen Früh geschichte nur selten festzustellcn. Zweifellos gab es eine ger manische Feldhcrrnkiinst, wie die Taten der Heerführer Ario vist, Chnodomar und Frihlgern zeigen, bei denen die angebo rene militärische Begabung überrascht. Andre Führer wie Morbod, Armin und Civilis erwarben sich in den römischen Diensten die nötigen Vorkenntnisse, auf denen aufbauend sie eine Strategie von sich aus entwickeln konnten, dir dem Volks charakter und der Taktik entsprach. Unter der Führung dieser Männer waren die Kriege der Germanen keine planlosen Züge, in ihren Operationen tritt uns vielmehr ein klarer Wille ent gegen. der auf ein politisches Ziel ausgerichtct ist: bei ihnen finden sich auch die Formen der strategischen Offensive, bei der der Zweck aller Operationen der Kampf und die Kriegsentschei dung im Gefecht waren, nnd der strategischen Defensive, durch die eine Entscheidung im Gefecht oder jedenfalls In offen"»' Teld- schlacht umgangen wurde. C. K. Ursprünglich war meine Angst immer eine Angst im Traum: ich hatte — mein leidenschaftlichster heißester Wunsch war erfüllt — ich hatte ein eigenes Kind. Und im Traum mar ich überglücklich. Es mar mir ähnlich, mein Kind, und daneben trug es unverkennbar die Züge -er über alles Geliebten. So recht ein Kind „nach Wunsche wohlgetan", wie der Minnesänger gesagt haben würde. Und Ich sonnte mich In diesem Glück. Bis — mit den ersten Vorahnungen des hcrausziehenden Morgens dann, ausdringlich und völlig unabweisbar, das Wissen ausdäm- merte: Ach, du bist ja nur ein beglückender Traum. Morgen, ach, morgen bist du nicht mehr. — Und ich bin gufgewacht und hatte meine Kissen naßgcweint mit diesem Wissen und dieser Angst tm Traum. Nun — habe ich ein Kind. Jetzt habe ich bisweilen auch «ine Angst im Traum: ich träume — ganz unsagbar quält mich jetzt dieser Traum: mein liebes, mein einziges Kind ist wieder von uns gegangen .. . „VH, Menschenherz, was ist -ein Glückt Ein rätselhaft geborener llich kaum gegrüßt, verlorener, Unwiederholter Augenblick." Aber dann weine ich keine Kissen mehr naß, dann peitscht mich der Traum hoch . . . und ich besinne mich und habe Nei gung, den blöden Traum auszulachen: Gottlob! sie schläft ja so süß in dem Bettä-cn da drüben und träumt wunderschöne Sa- chen. Morgen wind sie wieder sagen: „Vati, weißt du, was ich In der Nacht geträumt habe? — Aber ich will dirs ganz leise tns vhr sagen, damit es die Leute draußen auf der Straße nicht hären." Und dann ist «in kitzelndes Flüstern in meinem linken Ohr — well das recht« nicht so gut hört, daß weiß sie schon. Und dann kommt sicher irgend etwas ganz Liebes — das weiß ich schon. Daß mein Elselein mit seinen knapp fünf Jahren sclzon so menschlich träumt, das beglückt mich. Bin ich doch selbst ein großer Träumer. Ich schreibe seit Jahrzehnten meine Träume auf, soweit sie farbig und gestaltenreich sind. Ich fühle beglük- k«nd: sie schlägt nach mir, dem Poeten. Und dann denke ich dabei auch an ein Wort von Friedrich Nietzsche: „Wer nichts Gescheites träumen kann, der kann auch Dm Wachen nichts Ge scheites denken." Ist das eine töricht vermessene Hossnung, wenn Ich glaube: mein Kind wird einmal einen gesunden Verstand entwickeln und rin richtiger, denkender Mensch werden? — Aber Angst und Hoffnung, von denen ich eigentlich reden will, die sind anders. Ich habe ein eigenes Kind. Jedoch: Ich habe ein Kind. Und das ist meine Angst. Elnkind, wie wird dirs gehen, wenn Vater und Mutter die Augen znmachen müssen! Auch wenn du dann kein Kind mehr bist »iellelcht. Du hast — das Ist mein Glaube — gesundes Blut, einen fröhlichen Willen zum Leben. Aber — wenn du, groß geworden, um dich herum siehst — wie einsam ist es um dich geworden, wie kahl und wie kalt. Kein Bruder, keine Schwester . . . Kaum weitläufige Onkel noch und Tanten, wie Stiefmütter und Stief väter fremd und fern. Und dl« Eltern Irgendwo, wohin du an Gedenktagen gehst, ihnen Kränze kindlicher Dankbarkeit auf das Grab zu legen oder einen heißroten Geranium zu pflanzen und ein paar Minuten stillzustehen, denkend: Ach, wenn ihr noch lebtet! Und kehrst zurück In deine Einsamkeit, übst deinen Beruf aus, verkehrst mit deinesgleichen, die Brüder und Schwe stern haben, und vergißt für Stunden, daß du lm Grund dei ner Seele so trostlos allein« bist-, . . Sieh mein Elselein, das sst meine Angst ... und meiner Seele groß« Not . . . Doch sieht dieser Angst «Ine Hoffnung entgegen: Deine Mutier ist jung, und Ich bin stark und zähe. Jeden Morgen, an dem ich aufwache, bin ich ganz verjüngt und geh« so fröhlich ai, das Tagewerk, als wäre die letzten 80 Jahre nicht gewesen. Auch bin ich aus einem langlebigen Geschlecht. Vielleicht glückt doch, daß Ich Vies «rsebe: dich einem ganz prachivollen Mann Bildchen im Schnee Von Ernst Stemmann Am Winterweg der Dornenstrauch Häit zäh mit starren Fingern fest — Als ob es ganz was Liebes wär — Ein kleines totes Vogelnest. llnd ist von Schnee «In Bäuschchen drauf So zart wie Brüstleinsederslauin . . . Das wiegt und biegt der kahle Strauch, Als träumt' er Lied und Nosentraum. Wenn wir uns ein Bild von der Kriegführung der Ger manen machen wollen, sind wir im wesentlichen aus die Be richte griechisch und lateinisch schreibender Historiker angewiesen, auch wenn diese einen mehr oder weniger tendenziösen Cha rakter haben, denn dte archäologischen Quellen und die Boden sunde sind zwar für die Erkenntnis der Bewaffnung sehr wich tig, aber sie ergeben nichts über den Verlauf von Gefechten, Feldzügen und Kriegen. Was wir aus der vorhandenen Ueber- lirferung über die Kampfweise der Germanen erfahren, stellt Dr. Hans Georg Gundel in den „Forschungen und Fortschritten" zusammenfassend dar. Die verschiedenen germanischen Stämme, die in den Jahr hunderten der Auseinandersetzung mit Rom mit den Legionen kämpften, hatten die gleichen Grundformen der Kriegführung, wenn sie auch durch das Vorherrschen bestimmter Waffengattun gen, etwa der Reiterei, durch überragende Führer und durch längere Kämpfe eine besondere Ausgestaltung erfahren konnten. Die taktische Einheit tm Gefecht war beim Fußvolk in Keil formation aufgestellt, die durch ihren Aufbau nach Familien, Sippen und Stämmen rein zahlenmäßig starken Schwankungen unterworfen war. Jeder Keil war ein dichtgeschlossener, an der Front schmaler und spitzer Gcwalthaufen, in dem die tap fersten und am besten bewaffneten Männer in der vordersten Reihe standen. Beim Angriff standen die einzelnen Teile mit Zwischenräumen nebeneinander. Ebenso bildete bei der Reiterei di« kleine Reiterschar im Gefecht die taktische Einheit, aber über ihre Zahl und ihre Aufstellungsform ist nichts bekannt. Auch bet der gemischten Truppe, die aus ausgesuchten Reitern und leichtbewaffneten Fußtrupven bestand und gesondert ausgebildet wurde, kann man Einzelheiten nicht erkennen. Größere For mationen, also etwa Tausendschaften, sind bis zur Völkerwan derung nicht nachweisbar und treten erst später als Ergebnis einer Ronianlsierung der germanischen Taktik auf. Wie die taktischen Einheiten stn Gefecht bewegt wurden, darüber liegen nur dürftige Nachrichten vor. Der Kricgsmarsch wurde schon von den Germanen mit der nötigen Sicherung gegen den Feind durchgesührt, und in engem Zusammenhang damit steht die Aufklärung, über die vielfach berichtet wird. Truppenbewegungen im Gefecht selbst sind nur in den Auf märschen zur rangierten Schlacht zu erkennen, während über die Entfaltung und Entwicklung, die Ueberqänge aus der Marfchsormation in die Gesechtsausstellung, über die möglichen Front- und Formationsänderungen auf dem Schlachtfeld selbst die Quellen keinen Aufschluß geben. Die vorherrschende Art des Kampfes war der Nahkampf, der die Entscheidung brachte. Bei der Form des Gefechts muß zwischen der geschlossenen Ordnung oder der offenen Feldschlacht und der geöffneten Ge- scchtsform oder dem zerstreuten Gefecht unterschieden werden. Meine Angst und meine Hoffnung Von Ernst Stemmann zu geben, der dich ver-lent. Er wir- -ich aus Händen tragen — -u mußt es nur seiner Liebe leicht machen, dann kann er das sä)on. und er wird es tun. mein liebes Kind. Seine Beglückerin mußt -u werden, -ann wirst -u selber beglückt sein, mit ihm mußt du allezeit leben, nicht neben ihm her: Ehe ist Lebens gemeinschaft (wie -u in jedem zehnten Kreuzworträtsel lesen kannst). Helfer zur Seligkeit müßt ihr einander sein, und ich verstehe das für eure Lebenszeit in einem guten irdischen Sinne. Soll ich dir ein beivährteg Rezept geben für deine Ehe — -u ver stehst ja auf Jahre hinaus noch nichts davon, aber du wirs« dies auch lelen, wenn du groß bist. Willst d» das Rezept? Hier ist es: „Eine Frau, die bei ihrer Arbeit in Küche und Stube lacht un jauchzt und singt,'wenn -er Mann daheim ist. — Ein Mann, dcr -en Weg nach Hause schneller und lieber geht als den Weg Ins Wirtshaus — glaubt ihr nicht, -aß sich -I« Engel im Himmel darüber freuen? Blumen auf -en Tisch und blanke Augen, die in sröhlicl)« Augen sehen, ein schneeweiß sauberes Tuch, ein einsaches Mahl, So recht vertraut war man aber mit dem Gebrauch des Taschentuches auch im 17. Jahrhundert noch nicht. Tas zeigen die Regeln, die immer wieder sür seine Verwendung gegeben werden, das zeigt aber auch -er Luxus, den man mit diesen Tüchern trieb. Sie waren aus -en feinsten dünnen Spitzen oder mit bunten Perlen bestickt, was nicht gerade sür eine Verwendung in unserem heutigen Sinne sprich«! Ein Anstands buch -es 17. Jahrhunderts, „Die Gesetze -er Galanterie", schreibt vor. das Taschentuch immer sichtbar zu tragen und bevor man es benutzt, es aus -en Knien auszubreiten, damit nur ja alle Welt auch die Schönheit des Tuches bewundern könne. Viele deutsche Kleidcrordnungen, so z. B. die sächsische Klciderordnung von 1812, traten dem Luxus, der mit -en Taschentüchern ge trieben wurde, sehr energisch entgegen und verboten den Bür- gerständcn Schnupftücher mit Perlen und Stickerei. Aus dem Anfang des 1«. Jahrhunderts stammt eine Schilderung des Schnnpstuclies, die in dem „Frauenzimmer-Lexikon" enthalten Ist. Es heißt da über die Tascl)«ntüchcr: „Ecynd kleine vier eckige Tiiki)er von allerhand Sorten Leinwand, aus baumwol lenen und seidenen, halbseidenen und anderen Zeugen geschnit ten und umsäumet! sie sind weiß oder bunt, diejenigen Schnupf tücher, so das Frauenzimmer zum Staat führet und insgemein an die Seite des Aussteckkleides zu stecken pslegt, sind ins gemein von Caton- oder Nestel-Tuch. Auch mit genehcten oder geklöppelten Spitzen umsetzet." Das zierliche Tüchlein des Rokoko wurde In der franzö sischen Revolution durch das große bunte Taschentuch abgelöst, das eines -er bezeichnen-sten Symbole -er bürgerlichen Zeit geworden ist. Dieses große bunte Sacktuch brauchte man vor allem beim Tabakschnupfcn, wozu man sich auch schon srüher so großer Taschentücher bedient hatte. Man deckte sich damit zur Kühlung das Gesicht zu, ließ es zum Rockschoß heraus hängen und fächelte sich damit zu. Diese großen jervietten- artigen Tücher verschwanden erst, als das Schnupfen aushörle und als die Vatermörder, die langschößigen Fräcke, die hohen Hüte und die großen Sonnenschirme abkamen, zu denen sie so gut gepaßt hatten. Sie haben sich nur in -en großen bunten Kattuntaschentüchern der Bauern erhalten, die ost mit Bildern oder Versen bedruckt sind und auch mehr zum Schmuck -lenen als zu dem sonst heut« üblichen Gebrauch. So gehör« z. B. zur Toggenburger Eennentracht ein Sennennastuch, das dia gonal zusammengelegt und als bunter Schmuck um den Leib getragen wild. Solch ein großes buntes Zfertaschentuch, auch Vom „Fazilettlein" zum „Verstrich" Au» -er Grschlchte -e» Taschcutuch«» Das Taschentuch Ist uns ein unentbehrlicher Gebrauchs- gegenständ geworden, zumal im Winter. Es braucht sich noch gar nicht der bei den meisten Menschen wohl mindestens ein mal im Winter unvermeidliche Schnupfen einzustellen, auch an gewöhnlichen Tagen können wir das Taschentuch nicht ver missen. Zu dieser Bedeutung ist das kleine viereckige Tuch aber erst In neuester Zeit gekommen, obwohl sein Gebrauch fchon seit dem frühesten Altertum bekannt ist. Daß es schon im alten Griechenland benutzt wurde, wissen wir aus Vasen- bifdern, wo wir die Griechin in sinnender Haltung dargestellt finden, in dcr rechten Hand ein weißes Tüchlein. Den Gebrauch des Taschentuches bei den Römern verbürgen uns die Satiren des Iuvenal. Auch der alte Orient kannte das Schweißtuch, das um den linken Aermef geschlungen wurde. Zu diesem Zwecke, d. h. als Schwcitztuch, wurde cs wohl auch bet Griechen und Römern vorwiegend benutzt, während man sich zum Schneuzen nach guter alter Sitte der Finger bediente. In -er Epoche des oströiniscl>en Kaiserreiches hießen die Schwcißtüchcr „facialia", d. h. Tücher, die zum Abtrocknen des Gesichtes dienten. Nach dem Untergang des römischen Reiches verschwindet das Taschentuch auf Jahrhunderte aus der Kulturgeschichte Europas und taucht erst im späten Mittelalter, allerdings zu nächst nur als seltener Luxusgegenstand, wieder auf. So begeg nen wir im Inventar der Clemence von Ungarn, die 1328 starb, einem seidenen Nastuch. Charlotte von Savoyen hinterließ bei ihrem Tode sogar drei Tasä»entUchcr mit Gold und Seide ge stickt. In unserer heutigen Verwendung wurde das Taschentuch um 15-10 zuerst in Venedig große Mode und verbreitete sich von da rasch in alle Kulturländer. Der Name „Jazilettlcin", -en man ihm auch bei uns beilegte, spricht sür den italienischen Ursprung. In seinem Buch der Höflichkeit von 1545 empsiehlt Jean Sulpice bereits eindringlich den Gebrauch des Taschen tuches, und Erasmus von Rotterdam macht in seiner „Kinder zucht" genaue Angaben Uber den Gebrauch dieses damals noch so ungewohnten Gegenstandes: „Die Kinder dürfen nicht den Schleim In der Nase behalten, denn das ist schmutzig; und um dieser UnrelnIIchkeit willen wurde schon Sokrates getadelt. Aber nur Bauern schneuzen sich In die Mütze ober in -en Aermel. Sich mit der Hand die Nase wischen, ist gar unanstän dig. Ziemlich und fein lst es nur, den Auswurf der Nase mit dem Taschentuch auszufangen, wobei man sich in ^inständiger Gesellschaft rin wenig wegwendet."
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