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Sächsische Volkszeitung : 30.09.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193909308
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19390930
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19390930
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-09
- Tag 1939-09-30
-
Monat
1939-09
-
Jahr
1939
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 30.09.1939
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Die Literatur Polens z>noro aoenk» vekrorn »»M IS »,,I,,I>.4, il,»»«< alter Weise schön den Erntekranz gewunden. sich viel Hände Fruchtgelände. Polens Geistesleben in seiner Sprache Die polniscl)« Spracl)« gehört zur Gruppe der westslawischen Sprachen und bildet mit dem Tschechischen und Slowakische, eine Einheit. Die sprachlicl-en Unterschiede zwischen diesen drei Völkern sind nicht grotz, und selbst mit den Russen, Wcitzrussen und Ukrainern bestehen eng« Mziehungen. tleberhaupt ivciä-cn ja alle slawischen Sprachen nicht viel weiter voneinander ab, als die Mundarten einer grotze» Sprachfamilie. Hauptkennzei chen des Polnischen ist die Anhäufung vieler harter Laute und die Durchsetzung mit fremden, nichtslawischen Wörtern, mit latei- nischen, französischen, deutschen, ungariscl>en und italienischen. Dies letztere rührt von dem jahrhundertelangen Einfluss frem- der Völker in Polen her. Als einzige unter den slawische» Spra chen hat das Polniscl)« zwei altsjawisck)« Nasallaute beibehalten, in der Art, wie wir sie aus dem Französischen kennen. Nachdem im Mittelalter, unter den letzten Iagelloncn, die polnische Sprache bereits zu höchster Blüte gelangt war, kam eine längere Zeit des Verfalles, die erst im Zuge der Romantik, unter stärk stem deutschen Einflutz, von einer zweiten Blütezeit abgelöst wurde. Beachtenswert ist, dass im Polniscl)«» immer auf der vorletzten Silbe eines Wortes die Betonung liegt. Länger als ein halbes Jahrtausend, seit der Erschlietzung Polens siir die abendländische Kultur um MO bis hoch ins Mit telalter hinein, herrschte di« lateinische Spraci)« in Polen vor. In ihr wurden Chroniken geschrieben, Erzählungen, Streit schriften und vor allem die „Polnische Geschichte" von Ian Dlugosz, die zum ersten Male grötzere Bedeutung erlangte. Die ser Geschichtsschreiber ragt als einziger über all seine literari schen Zeitgenossen, soiveit sie geborene Polen waren, und über die, die vor ihm lebten, hinaus. Er schrieb die Historia Poloniae in 12 Büchern, worin er die Geschichte Polens seit den Anfängen bis zu seinem Tode schildert. Dlugosz war Erzbischof von Lem berg und starb im Jahre 1480 in Krakau. Von den übrigen polnischen Verfassern lateinischer Schriften vermochte sich keiner eine grötzere Anerkennung zu verschaffen, während neben ihnen die nichtpolnischcn deutschen Gelehrten eine Reihe von wifsen- schaftlici-en Abhandlungen in lateinischer Sprache schrieben. An rein polnischem Schrifttum liegen uns aus der lateinischen Zeit nur sehr wenige Bruchstücke vor, und das einzige Bemerkens werte daraus ist die Bogorudzica, die alte polnische Marien- hymne, die das älteste polniscl)« Dokument ül»erhaupt ist. Der Ucberlieferung nach soll sie vom heiligen Adalbert, der M7 im Osten ermordet wurde, gedichtet worden sein, und man erhob sic bald zur Nationalhymne. Die erste, erhaltene Handschrift dieses Liedes aber stammt erst aus dem Jahre 1107, während bis dahin das Lied wahrscheinlich nur mündlich überliefert wor den ist. Alle anderen, in polnischer Spraci)« erhaltenen Brucl)- stücke verdienen keine Erwähnung. Uneingeschränkt beherrschte das Lateinische das Feld, und weder die Gelehrten nach die Dichter dachten daran, die polnisel)« Muttersprache aus eine höhere Stufe zu erheben. Diesör Zustand änderte sich erst unter der Regierung der beiden litauischen Iagellonen. die von 1507 bis 1577 regierten, der leiden kunstliebenden Sigismunde. König Sigismund I. vermählte sich mit der italienische» Prinzessin Bona, worauf das Bildungsideal der Klassik, das von Italien ausging, auch nach Polen kam. Es begann eine regere literarische Tätigkeil, die vom König stark gefördert wurde, und schon bald sollte das „Goldene Zeitalter der polnischen Sprache" anbrechcn. Dieser Name darf jedoch nicht so verstanden werden, als ob die Dicht kunst mit einem Male eine bedeutend« Höl)e hätte erreichen können, sondern es wurde einfach das Polnisck>e als Sprache mit allen Mitteln gepflegt, während die literarifcl)«» Schöpfun gen sich in bescheideneren Grenzen hielten. Das Polnische wurde Staatssprache, in der von da an nicht nur das einfacher« Volk, sondern auch die Gebildeten sprachen, in der die Gesetze erlas sen wurden und die Gelehrten und Dichter schrieben. Eine anf- sallend grotze Zahi ron Liederdichtern trat auf den Plan, di« ihr Land und ikr Volk verherrlichten und der bekannteste Poet wurde Kackowski, der das erste polniscl)« Drama schrieb und als „Vater der Poesie" gilt. Satiriker meldeten sich zu Wort, die die Mitzständ« ihrer, Zeit geitzelten. und di« Geschichtsschrei bung bediente sich ebenfalls der polnischen Sprache. Aber bei all dem lebte doch auch das Lateinische weiter; in dieser Spraci)« dient, und der mit seinen Gedanken zu gefährlicl)«n geistigen Ueberspannungen Anlatz gab, hatte manche 'Nachahmer, Ueber- haupt versuchten sich plötzlich alle gebildeten Schichten Polens in der Literatur: Fürsten, Geistliche und weltliche Würdenträ ger. Hierbei waren die eifrigsten Nachahmer der Franzosen die Lustspieldlchter, während die Lyriker sich mehr den englischen Vorbildern, nicht immer den besten, zuwandten. Wahrhaft grotze Werte entstanden auch in dieser gärenden Zeit noch nicht. Es war ein« Reinigung von allen zersetzenden, westeuropäischen Elementen nötig, eine viel gründlichere Besinnung auf das Bo denständige, wenn das wirklich Wertvoll« sich bahnbrecl)«n sollte. Diese Besinnung fand erst im Zuge der deu > s ch cnRo m a n - t i k statt. Die so l)«rrlich anfblüyende Romantik in Deutschland weckte in fast allen slawischen Ländern die Geister, und be sonders in Polen wurde sie für die Literatur entscheidend. Um 1800 bildete sich die „Gesellschaft der Freunde der Wissenschaften", di« den ersten grötzere» Versuch in Polen zur Reinigung der Spraci)« unternahm. Es sollte sich aber noch ein weiterer Kampf um die geistig« Vorherrschaft abspielen; es mutzte noch der Streit zwischen der neuklassischen Richtung, die auch in Polen Vertreter gesunden hatte, und der Romantik ausgctragcn wer- den. Dieser Streit entbrannte mit gleicher Heftigkeit wie alle früheren, wobei die „Klassiker" aber, da sie sich fast ausschliess lich auf das äutzere Formideal warfen, ohne dieses mit einem echten Inhalt anzufüllen, unterlagen. Die Romantiker blieben Sieger. Es war die Stadt Wilna, von der die Romantik ihren Ausgang nahm, und die Beivegung war so gewaltig, dass sie di« hervorragendsten Dichter Polens hervorbrachte. Der bedentendste Geist dieser Zeit mnvde der prophetische Mickiewicz, der auch zugleich der grösste polnische Dichter wurde, ja. einer der grötzten Dichter aller slawischen Länder. Er stieg zum Velxerr- scl>er seiner Zeit empor und überwand sämtliche Entartungen der „Klassik"; er wurde der Schöpfer von Sonetten, Balladen, eines Nationalepos und grosser Erzählungen. An der deutschen Romantik vortrefflich gebildet, schlug er einen Klang an, der noch nie in seinem Volk gehört worden war, sprach er Gedan ken aus, die den Flug in unbekannte Wellen nahmen, während er alles mit glühendem Geiste erfüllte. Nicht immer blieb er ohne Irrwege, doch er suchte In den Bahnen des christlichen Weltbildes sich zu beivegen und nach dem Höheren zu streben. Er halte iveitzrussiscl)es Blut in seinen Adern, das mit polnischem gemischt war; und er lebte von 1798 bis 1855, oft sich im Aus land aufhalten- — auch bei Goethe in Weimar iveilte er — bis er in Konstantinopel starb. Seine Werke wurden in fast allen europäisclxm Spraclien übersetzt. Nelken ihm müssen zwei andere Grotze genannt weiden, die mit ihm das ..Dreigestirn Polens" bildcn, und die ihrerseits ihre vortrefflichsten Anregungen aus der deutschen Romantik empfingen. Der eine itt Slowacki. der Meister der Sprache, der mit bezaubernden Weisen über die Herzen Gemalt erhielt, und der der Lieblino vieler Polen wurde, dessen Gedanken aber ost nm das persönliche, unruhe volle Ich kreisten, dunkel und verworren, und nicht immer dem Höheren dienend. Der andere ist Krasinski. der Prediger der slttlicl)«» Wiedergeburt seines Volkes, der leidenschaftliche Hüter der natürlichen und christlichen Güter, die er zumeist zu verteidigen suchte, und von dem die „Unoöttliche Komödie" und die „Psalmen" genannt seien. Diesen dreien mntz dann noch ein vierter zngevcchnet iverden. dem zwar nur ein kurzes Leben beschieden war, der aber die Zeichen des Genins an sich hatte, obwohl er nickt in allem anerkannt werden kann: Malczemski, desten Epos „Maria", in der Ukraine spielend, am bekanntesten ist. Ungeahnte Wirkungen gingen von diesen Genannten aus, und viele traten mit Begeisterung In ihre Fnsstapfen ein. Da mals wurden auch die im Volke schlummernden Volkslieder im Lande gesammelt, um diese mekr als bis dohin Allgemein gut Polens werden zu lassen. Das damalige polnisch« Volkslied bestand ans zweizeiligen Strophen in denen der erste Vers immer sick eines Bildes aus der Natur bediente, um den im zweiten Vers ausgesprochenen Gedanken näker zu erklären. Diese Liederart bezeichnete man im Volke als Krakauer Lieder, da sie zuerst in der Gegend von Krakau gesungen sein sollen, und sie hietz.'n auf polnisch „Krakowiaken", die bei den polni schen Tänzen die Hauptrolle spielten. Im Sinne der Romantik versuchten sich die Dichter in alle» Arten ihrer Kunst, und auch die Geschichtsschreibung fand mancl)« Vertreter, wie auch di« Wissenschaft, besonders die Philosophie, die sich den deutsche» Vorbildern Kant und Hegel anschlotz. Diese so fruchtbare, ivenn auch nicht immer einwandfrei« Periode in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts hielt i« der zuzeiten Hälfte noch an. Der eigentliche Hölxpunkt war zwar überschritten, aber es traten doch weiter grotze Erzähler hervor. Der gerühmtes!« unter diesen ist Sienkiewicz, dessen Werke, besonders „Ona vadis", Weltbedeutung erlangten, wenn gleich seine Geislesgrt nnd sein dichterisches Können in verschie dener Richtung Widerspruch Hervorrufen mutzte. Der mit dem Nobelpreis Ausgezeichnete starb 1910 während des Weltkriege». Neben den Erzählern erhoben sich die Lyriker und Dramatiker nicht zugleich hol)«m Ansehen. Erst die Jahrhundertwende sollte eine neue Wendung brin gen. Auch diesmal, da nun die modernsten ivesteurapäischea Schöpfer und Erhalter. immer neu gewähret, was uns not; liebend sich verschwendet, Frucht und Wein gespendet aller Gaben reichste: Unser Brots Friedrich C. Meyer. Es regten im weiten zu bergen, was die Flur an Segen trug. Wir streuten Saat und Samen, Gott sprach sein Ja und Amen. So ward uns Ernte, aller Not genug. Wenn wir nun, wie die Alten, den Erntedanktag halten, so sei're mit dem Bauern jedermann. Geeint zu einem Bunde in schöner Festesstunde tritt heut ein ganzes Bolk zu danken an. Preis sei dem ew'gen Waller, dein der der uns und Ain Lrntedanktag Nun ist schon allerwegen herein der Erntesegen, und die Mägde haben in den Abendstunden in froh-muntrem Kreise schon nach bunt und . < . c.« ciurcb schrieb sogar der gefeierlste Dichler jener Zelt, der Pole Sar- biewski, so genannt nach seinem Geburtsort Sarbiemo bet Plonsk, der durch lateinische Oben Weltruf erlangte. Als Dich ter nannte er sich Sarbicvius; er war Lehrer an einem ange sehenen Kolleg in Wilna, wurde in Rom fürstlich zum Dichter gekrönt und erhielt den Beinamen „Polniscl)«r Horaz". Er starb 1010 In Warschau. Auch von der nach Polen vordringenden Re formation schien eine Belebung des Schrifttums ausgehen zu wollen. Es entstanden Lieder geistlicher Art. Hymnen und lieber- fetzungen der Bibel, und sowohl bei Katholiken wie bet Prote stanten zeigten sich viele Talente. Die berühmten Predigten des Piotr Skarga bildeten einen Höhepunkt in der Gestaltung der polnilclxm Sprock)« dieser Zeit, während die Bibelübersetzung von Wujek in die breitesten Volksmassen Eingang sand. Als aber sie religiösen Streitschriften im Lande Überhandnahmen, jene Schriften, die weder der Form noch ihrem Inhalt nach echter Gläubigkeit und echter Menschlichkeit entsprangen, zeigte sich das Ende des „Goldenen Zeitalters" an. Es trat ein Zerfall des gesamten polniscl)«» Schrifttums ein. der so verhängnisvoll wurde, datz zwei Jahrhunderte hindurch das literarische Leben fast vollends erstarb. Die hereinbrechenden Kriege taten das Ihrige, um diesen Verfall noch zu fördern. Nur das Latein.,che behielt auch jetzt «ine gewisse Geltung, denn die im Lause der Kriege nach Polen kommenden Gelehrten bedienten sich weiter der lateinischen Spracl)«, weil diese noch europäiscl)« Gelehrten sprache war. Polniscl)« Dichtungen gab es während der 200 Jahre keine; ja, das Polnische sank auch als Volkssprache lies l)erab. Erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde eine neue Wandlung vorl»ereitet. Josef Zaluski, Bischof von Kiew, sam melte in mühseliger Weise die Sst)ätzc des volnischcn Schrift tums und stellt« sie In einer Bibliothek in Warschau der Oes- sentlichkeit zur Verfügung. Diese Bibliothek enthielt, da sie die Hauptwerke aller Jahrhunderte umfassen sollte, unter 230 000 Werken allerdings nur etwa 20 000 Werke in polnischer Sprache, während die übrigen zumeist in lateinisckier abgesasst waren. Man kann an diesem Verhältnis den übermächtigen fremden Einflutz in Polen bis zum 18. Jahrhundert ermessen, wobei der Hauptanteil auf die deutschen Schriftsteller entfiel, die ja als Gelehrte oder sonstige Bildungsträger nach Polen gekommen waren. Doch diese Bibliothek, in der das polnische Schrifttum ganz besonders herausgestellt wurde, regte die gebildete Welt in stärkster Weise an und auch der Planst Stanislaus Konarski, Lehrer an einem Piaristen-Kolleg und Reformer -cs polniscl)en Unterrichtswesens, wirkte im Sinne Zaluskis. Es trat eine Besinnung auf die Innemverte des Volkes ein. die man nun im Gewände der Heimatsprachc. allen zuw Nutzen, ans Licht rücken wollte. Man war dalxn gezwungen auf die grundlegenden deut schen Bildungsziele der früheren Zeiten immer wieder zurück- zugreifen und sie sich zur Richtschnur voranzustellen. Dabei drängen aber bereits die Vi'dungsziele der französischen „Auf- kstärung" nach Polen vor, und hierdurch wurde «ine grotze Ver wirrung unter den Meistern zunächst angcrichtet. Es hob eine Zeit des wildesten Ungestüms an. und den wahren Talenten wurde es überaus schwer, sich genüaend Gehör und Beachtung zu verschaffen. Der „fruchtbarst« Dichter" dieser Tage ist der Pole Kraslcki, der den Beinamen der „polnische Voltaire" er hielt, w'Il er im Geiste der „Aufklärung" schrieb, obwohl er der zerrütteten Geistesari Voltaires in keiner Weise gleichkam. Er schrieb lehrhafte Romane, Heldengedichte und Satiren, und der Hochgefeierte, der den Namen Dichter allerdings nicht ver- was die Soldaten des Alten Fritz nach Hause schrieben / Selbst In unserer Zeit des hochentwickelten Verkehrs wesens hat die Feldpost es bei raschen Vormärschen ost schwer, mitzukommen, den sehnsüchtig harrenden Soldaten die Grütze ihrer Lieben daheim zu bringen und umgekehrt den Angehörigen zu Hause von dem Schicksal ihrer Söhne, Brüder und Galten zu berichten. Unverhältnismässig viel spär licher aber drang in früheren Zeilen, in denen das ganze Post- mesen noch höchst unvollkommen war, aus dem Felde Nachricht zu den Dahcimgebliebenen. Friedrich der Grotze bemühte sich, durch Errichtung der ersten Fcldpostämter und Feldpostexpc- ditionen hier Besserung zu schaffen,- und so entwickelte sich während des Siebenjährigen Krieges zum erstenmal ein stän diger Briefverkehr zwischen seinen Soldaten und der Heimat, von dem ein kleiner Ueberrest glücklich bis auf unsere Tage gekommen ist. Als wertvolles Zeugnis für den Geist der Truppen Friedrichs des Grotzcn hat die kriegsgeschichtliche Abteilung des Grotze» Generalstabes eine Reihe solcher Feld postbriefe aus dem Siebenjährigen Kriege, und zivar ausschlietz- lich von Feldwebeln, Unteroffizieren und Gemeinen, heraus gegeben. Hastig zwischen grotzen Märschen, am Lagerfeuer oder im Stall, grade wie unsere Krieger es tun, sind diese vergilbten Blätter mit mühseligen Schriftzeichcn bedeckt worden. „Auf der Erde im Sande geschrieben" oder „des Nachts um 10 Uhr geschrieben auf der Streu", tragen sie etwa als Vermerk. Die Leute wollen sich nicht mit ihren Leistungen hervortun; bittet tünch sogar einer in einer Nachschrift, den Brief nur „sein liebes Geschwister lesen zu lassen, fönst keinen; denn man sollte es sonst vor Prahlerei auslegen." Die meisten von ihnen begleitet die Sorge um Weib und Kind ins Feld. Einer schreibt seiner „hcrzlieben Frau" aus Sachse»: „Nimm mir um Gosies- millcii nicht übel, datz ich dir nicht wieder geschrieben; cs ivar ohnmöglich, denn wir haben müssen Tag und Nacht mar schieren. Mir ist es herzlich leid, datz ich dir nichts schicken kann, es ist die Unmöglichkeit." Von einem herrlichen Geist der Tapferkeit sind diese Grenadiere des Allen Fritz beseelt. Die Briefe stamme» aus der Zeit zwischen den blutigen Schlachten von Lobositz und Prag. Bei sehr warmen Tagen, „da es dem Menschen und Pich blutsauer war", mutzten sie „ohne Essen und Trinken marschieren." Am 1. Oktober 1750 mutzten die Truppen auf- marfchieren, ohne zu ahnen, datz es zur Schlacht ging. „Weil mir nun schon die Sache etwas bekannt war", berichtet ein Unteroffizier, „kam es mir verdächtig vor". Und die morgend liche Stimmung schildert ein Grenadier seiner Frau: „Nun, liebes Kind, denke einmal nach, wie uns zumute mutz ge wesen sein: des Morgens nüchtern zur Schlachtbank hingesührt und nicht das geringste davon gewutzt." Der König hatte die Nacht In einer Kutsche mitten unter feinen Soldaten verbracht. Des Morgens kam «r zu den Regimentern geritten „un ¬ fragte, wie wir geschlafen hätten, woraus wir zur Antwort gaben: „Wie Ihro Majestät aus der Erde", woraus er zur Antwort gab: „Nach getaner Arbeit ist gut ruhen." Auf Friedrich sind alte Blicke gerichtet, das merkt man aus diesen Briesen, fein Lob ist die höchste Freude. „Der König ist sehr vergnügt mit uns gewesen", fchreibt ein Soldat des Hülscnschen Regiments nach der Schiacht. „Am Sonntage, als den 3. Oktober, ist er bei uns gewesen, Kompagnie siir Kom pagnie, nnd hat sich vielmals für unsere Tapserkeit bedankt und gesagt, datz er uns Zeitlebens genietzen wollte lassen, und uns versprochen, datz wir nicht wieder so hart dran sollten, weil wir so viele Leute verloren haben." Eine Episode von Lobositz, die in diesen Briesen erwähnt wird, schildert den unüberwindlichen Mut dieser Soldaten. Die Truppen des Her zogs von Bevern kalten die stärksten Salven der Feinde un erschrocken aus, ohne wieder zu schletzen. „Kinder", ruft ihnen der Herzog zu, „schietzet doch um Gotteswillen, schietzet. avan cieret!" „Ach, fieber Vater", schreien die braven Burschen wieder, „was sollen wir nun machen? Wir haben kein Pulver mehr und miisfen uns hier ohne Gegenwehr totschlagen lassen." „Was", schreit der Herzog, „habt Ihr denn keine Bajonetts? Stecht die Hunde tot!" Sogleich den Augenblick satten die Burschen mit den Bajonetts stürmend und ganz blindlings aus den Feind los. jagen ihnen das Eisen in die Rippen, sogar einige nahmen das Gewehr verkehrt und schlugen die Feinde mit den Kolben auf die Köpfe, culbutieren auch den ganzen dicken Schwarm über 2000 Schritte bis an das steile User der Elbe." Und neben dem Heldenmut ist es eine tiefe Fröm migkeit, die diesen Feldpostbriefen aus deu Tagen des Alten Fritz ihren zu Herzen gehenden Grundton verleiht. Der eine erzählt, datz ihm „unter währender Schlackt die Kriege des Alten Testaments, sonderlich das Erempel Josuas und Gideons eingefallen sind". Ein anderer berichtet von einem „wahrhaften Gnadenzeichen", das ihm den Mut gestärkt. „Da stand an der Stratze ein grotzes hok>es Kruzifix; auf selbigem fotz auf dem rechten Arm eine ganz weitzc Taube von ziem sicher Grötze, machte einen langen Hals und sah so zu, wie mir vorbeimarschierten, ohne sich weiter zu rühre». De» Kopf drehte sie manchmal nach den Oesterreichern hin, als wolle sie uns selbe zeigen. Viele Soldaten sahen cs als eine gute Porbedeulung an und schöpften frische» Mut. Ein Soldat van unserer Kompagnie sagte zum anderen: Nun weitz ich gewitz, datz wir heute gewinnen. Ich antwortete: Ich glaube es auch, aber wenn es der Wille des Herrn ist." Und wenn es einem, der bei Prag dem Tod Ins Auge gesehen, fo schien, „als wenn die Welt an diesem Tage ihr Ende erreichen sollte", so hat es ihm doch Löwenmut verliehen, „datz des Fürst Moritz Armee am anderen Moldaunfer den Tag, da wir gefochten, für uns gebetet und ihre Hände zu Gott aufgehoben".
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