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Sächsische Volkszeitung : 23.09.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-09-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193909233
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19390923
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19390923
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-09
- Tag 1939-09-23
-
Monat
1939-09
-
Jahr
1939
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 23.09.1939
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Sonnabend Sonntag, 23.24. September 1939 SSchslfche Volkszeitung praktische Hsusfrair Unter dem Mangel r.n Hausgehilfinnen haben viele Haus frauen schwer zu leiden, sowohl in der Stadt als auch aus dem Lande. Auf dem Lande natürlich besonders, iveil dort noch mehr zu tun und das ganze Hauswesen unpraktischer eingerichtet ist als in den Stadtwohnungen. Das gilt besonders für die alten Amiern- und Landhäuser in denen sozusagen jede Bequemlich- keit fehlt. Wie i>t da Abhilfe zu sclmssen? Eine Hausfrau, die keine Hausgehilfin bekommt oder sich nut einer geringeren Zahl von Angestellten begnügen muh a's früher, kann die sehr einfache Rechnung ausstellen, dah sie das was sie an Lohn und Kost für die Angestellte spart nun an wenden kann um ihren Haushalt mit modernen Apparaten und Maschinen auszurüsten, die arbeit- und zeitsparend sind Reh- men wir einmal die Küche, die noch einen Brettersuhboden hat der dauernd gescheuert werden muh. Wenn die Küche statt dessen mit Linoleum ausgelegt wird, ist das Sauberhalten eine Kleinia- keit. In Bauernhäusern sollte Wasserleitung angelegt werden denn das Wasserpumpen auf dem Hofe und das Hereinschleppen der schweren Wassereimer ist eine ungeheure Arbeit Leicht zu reinigende Töpfe sollten ebenfalls angeschafft werden. Wozu Kupfer und Messing, wenn es doch so viel Zeit kostet, diese Gegenstände blank zu halten? Sehr wichtig ist ein guter Kochherd, falls man nicht mit Gas oder Elektrizität koch,. Es gibt so gut gebaute Herde, dak sie nur ein geringes Mah an Feuerung verbrauchen. Auherdem ist es ratsam, auf einer Kochplatte mit Ringen zu kochen, man vermeidet dadurch, dah die Töpfe ruhig werden Eine Wassern.aschine ist auf jeden Fall praktisch — man braucht nur einen Bruchteil der Zeit, die man sonst aufweichcn mühte, um die Wäsche zu waschen, und das Umgehen mit der Waschmaschine ist keine schwere Arbeit. Gerade auf dem Lande ist ein Weckapparat fast unentbehr- Zur Erleichterung -er Haushaltsarbeit Allerlei praktische Winke - Für Stadt und Land — Apparate und Maschinen lich. denn dort weckt man ja nicht nur im Sommer ein, sondern auch im Winter, nämlich Fleisch, Wild, Fische usw., was gerade die Jahreszeit gibt. , . Eine Arbeitsersparnis besonderer Art ist auch der rostfreie Stahl an den Bestecken. Man braucht nicht mehr seine kostbare Zeit auf das Messerputzen zu verwenden, sondern wischt die Messer nur ab und hat dazu noch die Freude, dah sie viel besser aussehcn als die gewöhnlichen Messer, auch ivenn diese noch so eifrig blank geputzt wurden. , , . Für die Wäsche braucht man gern auch eine Wringmaschine, bei der die Wäschestücke durch die Gummiwalzen gedreht werden, eine Arbeit, die den Menchen und auch di« Wäsche weniger an strengt, als wenn mit der Hand gewrungen werden soll. Auher dem muh man eine nette kleine Wäscherolle haben, wodurch man Biigelarbeit spart. Man braucht dann nur Oberhemden, Blusen und Kleider zu bügeln, während die andere Wäsct-e beim Rollen glatt und blank wird. Hinzu kommen noch die vielen kleinen Apparate, wie Fleischhackmaschine, Reibemaschine und dergleichen. Statt dieser verschiedenen einzelnen Apparate kann man auch eine Rohkost maschine kaufen, auf der man auch jedes Gemüse reiben oder auf beliebige Weise zerkleinern kann. Für gröhere Haushaltungen Ist, wenn Elektrizität oder Gas im Hause vorhanden, «kn Gefrierschrank wichtig. Er erleich tert die Wirtschaftsführung ungemein. Sicherlich wird das Landleben auch denen, die heute noch meinen, die Stadt nicht entbehren zu können, viel verlockender erscheinen, wenn auch im Landhaus« die Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten nicht zu finden sind, an die man sich im Stadt haushalt gewöhnt hat. Eines der wichtigsten Erfordernisse aber ist für jedes Haus und jede Wohnung die Wasserleitung im Hause. Und hieraus mutz in erster Linie hingearbeitet werden. E. L. Der empfindsam« Kensterflüget Lin« sehr praktische Neuheit. — Regentropfen löst Mechanismus aus. — Der diebessichere Laden. Auf Ausstellungen und Messen werden gerade auf dem Gebiete der Hauswirtschaft recht zahlreiche Dinge gezeigt die auf «>n« tief schürfende Erfindertätigkeit schliehen lassen. Bon der Ernsthaftigkeit vieler Erfindungen lassen sich die Besucher nicht leicht überzeugen, weil manche Gedankenarbeit über die Schaffung brauchbarer Gegenstände als Fehlschlag betrachtet wird. Diese Tatsache tut den Erfindern, die etwas tatsächlich Brauchbares geschaffen haben, ost Unrecht. Die Besucher find nur zu leicht geneigt, in jeder Neuerung ein« mehr oder weniger überflüssige Bereicherung des Haushaltes zu erblicken. Dem gleichen Schicksal schien auch «in kürzlich der Oeffentlichkeit vorgeführter selbsttätiger Fcnsterschlietzer ausgesetzt zu sein. Bef ernsthafter Prüfung stellt« sich jedoch heraus, dah diese Vorrich tung etwas durchaus Brauchbares darstellt und daher Beachtung verdient. Die Eigenschaft des selbsttätigen Fensterschliehers beruht darin, in einer unbewachten Wohnung beim plötzlichen Auftreten von Regenfällen di« offenen Fenster ohne menschliches Zutun zu schliehen. Auf den ersten Blick erscheint ein« derartige Vorrich tung sehr kompliziert und ihre Brauchbarkeit sraglich. Lernt man aber den empfindsamen Fensterschlieher kennen, so läht man sich gern von seiner Zuverlässigkeit überzeugen. Die äuhere Form des selbsttätigen Fensterschliehers kommt der der bekannten selbsttätigen Tiirschlieher nahe. Er besteht aus einem znlindrischen Behälter, in welchem eine kräftige Bandfeder eingebaut ist. An der Feder greift ein Hebel an, der starr mit dem Fensterflügel in Verbindung steht. Um die gewünschte Wir kung des selbsttätigen Fensterschlusses zu erzielen, erfolgt die Auslösung der gespannten Feder Uber ein« kleinere, wesentlich schwächer« Feder, deren Auslösung durch einen Papierstreifen gesichert ist. In gespanntem Zustande, also bei geöffnetem Fen sterflügel. übernimmt dieser Papierstreifen die Aufgabe, den Flügel offen zu halten. Da -ie Papierstreifensicherung an der Auhenseite des Fensterflügel» angebracht ist, wird sie vom Regen leicht benetzt und geht dabei zu Bruch. Die Folge des Zerreihens des Papierstreifens ist, dah di« Sicherungsfeder der Hauptseder ausgelöst wird lind damit gleichzeitig die Hauptseder über das mit ihr verbundene Gestänge den Fensterflügel zuzieht. Der Federzug ist so kräftig, dah auch ein starker Wind das Fenster nicht aufzudriicken vermag, der Inhaber einer Wohnung also nich' nur vor Wasserschäden, sondern auch vor Windsckäden ge schützt wird. Der Fensterschsiehet wirkt somit auch als Mstst^ler und läht sich beispielsweise an Türen und Fenstern von Ge- wächshäusern verwenden, wo es daraus ankommt, eine bestimmt« Regulierung der Belüftung herbeizuführen. Eine ander« praktische Neuerung ist ein aus einem H-bel- spstem bestehender Fensterladenschlieher. In den meisten Fällen sind die an der Auhenwand des Hauses angebrachten Fenster läden durch einen Riegel festoestellt, der sich nur durch mühe volles .Herauslehnen aus dem Fenster erreichen läht. Bei schlech tem Wetter bereitet das Oeffnen und Sckliehen der Fenster läden daher Unbehagen. Ein neuartiger Ladenschlieher ist so an Nummer 224, Sekte 8 den beiden Ladenfiiigeln befestigt, dah die Bedienung von der äuheren Mitte des Fensterbrettes aus erfolgen kann. Die Ver- riegelung ist derart, dah die Fensterläden in geöffneter Lage festgehallen iverden. Andererseits iverden die geschloffene» Fen- sterläden durch die Schliehvorrichtung so verriegelt, dah von auhen ein Oefsnen nicht möglich, also eine Sicherung gegen Ein- bruch gewährleistet ist. Der Hebelmechanismus ist innerhalb ge wisser Grenzen verstellbar, so dah die Oessnungsweite sowie die Dichte des Verschlusses von Fall zu Fall eingestellt werden Köm en. Eingemachtes für -en Winter Gcmüs« steht uns in reichen Mengen zur Verfügung, jede Hausfrau wird daher darauf bedacht sein, auch für den Winter, der ja gemüseärmcr ist. vorzusorgcn, indem sie von den guten Herbstgemüsen etwas einmacht. Tomaten sind sehr vitaminreich, und diese Vitamine bleiben auch bei längerem Kochen erhallen. Man hat gesunden, dah selbst nach vierstündigem langsamen Kochen zu Tomaten püree über die Hälfte der ursprünglichen Menge an C-Vitaminen und noch mehr von den anderen Vitaminen erhalten ist. Die leichteste Art, Tomaten aufzubewahren, ist die, Püree von ihnen zu koci-en. Die Tomaten iverden zerschnitten und gekocht. Man kann sie auf kleiner Flamme mehrere Stunden kochen, um ein dickes Püree zu gewinnen, wobei man natürlich das Rühren nicht vergessen darf, oder man kocht sie nur ein wenig ein und gibt dann die Tomatenmasse in kleine Flaschen, die man ver korkt und bei 6» Arad sterilisiert. Man kann die Tomatenmasse nach dem ersten Ankochen auch durch ein Haarsieb streichen, wo durch Haut und Kerne entfernt werden, und man kann auch schon vor dem Koch-en die Haut entfernen, indem man die Toma ten mit kochendem Wasser übergieht, sie fünf Minuten darin stehen läht und dann die Haut abzieht. Wenn man reichlich Tomaten zur Beifügung hat, soll man so viel Tomatenpüree einkochen, dah man jede Woche den Winter hindurch einmal Tomatensuppe oder To.natensohe koch-en bann, man benötigt also 30 kleine Flaschen Püree, da die angebrochene Flasche sich nicht lange hält, sondern innerhalb weniger Tag« aufgebraucht werden muh. Gurken, Mixed Pickles und Kürbis sind gute Zuspeisen zum Fleischgericht und haben grohen Wer«, da st« nicht nur gut schmecken, sondern auch siir die Verdauung sehr zuträglich sind. Klein« Gurken werden gut abgewaschcn und abgetrock- net und dann mit Salz bestreut Nach 24 Stunden trocknet man sie abermals ab und schichtet sie nun in einen Steintopf mit etwas Estragon, Meerretlichwürfein, ein paar Pfefferkörnern, einem Lorbeerblatt, ein paar Psesferschoten, ein paar Dolden Dill und einigen Kapern. Darauf übergieht man sie mit seinem, aligekochtem Weinessig, dem man aus 1 Liter 200 Gramm Zucker zusctzt. Der Essig wird nach ackt Tagen abgegosscn, nochmals abgekocht und dann heih über die Gurken gegossen. Dann wer den die Töpfe zugebundcn. Man soll die Gesähe, in denen man diese Gurken einmacht, mit Kirsch- oder Weinblättern auslegen. Mixed Pickles. Für Mixed Pickles nimmt man ganz kleine Gurken, auherdem Blumenkohl, Mohrrübensä^eiben und Perlzwiebeln. Man schichtet diese Zutaten in einen Steintops, zusammen mit etivas Dill, Estragon, Majoran und kleinen Paprikaschoten. Dann übergieht man sie mit kochendem Essig. Nach acht Tagen gicht man den Essig ab und kocht ihn unter Zu satz von etwas Zucker nochmals auf. Man legt die Mixed Pickles nun in kleine Gläser und gieht den l-eihen Essig darüber, worauf man die Gläser zubindet. Rote Rüben ein zu machen. Rote Rüben wechen, gut mit Salzwasser bedeckt, 45, Minuten gekocht und müssen dann im gleichen Wasser abkühlen. Dann zieht man die Haiti ab und schneidet die Rüben in halbzentimeterdicke Scheiben, die man In Einmachgläser schichtet, zusammen mit Kümmelkör nern und Meerrettichwürfeln. Dann übergieht man sie mit kochendem Essig und bindet die Gesähe nach dem Erkalten zu. Brotaufstrich aus Kürbis und Zuckerrüben. Man wäscht die Zuckerrüben, schält sie und reibt sie aus einer Rohkostreibe zu schmalen Streifen. Man tut sie in einen Topf mit soviel Wasser, dah sie knapv davon bedeckt sind und kocht sie, bis die Rüben ganz weich sind Dann seiht man sie durch und kocht den Saft eine Stunde ein. In diesem Saft kocht man Kürbisstücke unter ständigem Rühren, bis sich ein ziemlich fester Brei gebildet hat. Man rechnet 750 Gramm Kürbis ans den Saft von fünf Kilo Zuckerrüben. Dieses Mus ist sehr haltbar. Man soll es aber erst Anfang Oktober kochen. Alelodie des Regens Plauderei am Wochenende von Marabu. Milten in der Nacht bin ich ausgemacht. Es muh schon gegen Morgen sein, aber noch herrscht tiese Dunkelheit. Ver gebens müht sich das Auge, die Finsternis zu durchdringen. Um so schärfer hört das Ohr. Ein dumpfer Takt, fast eine Melodie, klingt von unten herauf. Und nun weih ich auch, ums cs ist: Auf das mit Blech gedeckte Verandadach unter meinem Fenster fallen Regentropfen. Einen dumpfen Wirbel schlagen die Tausende feiner Tröpfchen, in denen der Regen niedergeht. Dazwischen klatschen in regelmähigen Abständen laut und scharf die grösseren Tropfen, die sich aus dem Fenster sims gesammelt haben und auf das wenige Meter darunter befindliche Blechdach abgleiten. Rasch bin ich aus dem Bett und schliche das Fenster. Ohnehin hat es schon reichlich genug hercingercgnet. Man soll eben im Herbst nicht mehr nachts die Fenster offen lassen . . . Fröstelnd kriccix' ich wieder in die Falle und ziehe die Decke über die Ohren. Aber an Einschlafen ist kaum zu denken. Die Melodie des Regens ist stärker als der Wille zum Schlafen. Und zwischen Schlafen und Wachen, zwischen Traum und Er innerung lausche ich dieser zwingenden Melodie . . . „Ick steh im Regen . . „Ich steh im Regen und warte und ivarte . . " 3» der Weise dieses Lieoes formt sich die Melodie da drauhen Wie ein Schattenriss steht einen Augenblick das Bild der Künst lerin, die jenes Lied sang, mir vor Augen. Aber nur einen Augenblick, dann hat wieder eine graue Dämmerung alles ver schlungen Und die graue Wand gerät in Bewegung, wandelt sich zum Strom, der mich sortträgt ... , Wohin? Plötzlich sehe ich eine Landschaft vor mir. eine anmutig bewegte Gebirgsgegend, die von den Fluten eines un geheuren Regengusses überspült wird. Nu» erkenne ich sie auch: es ist der Semmering. Unlustig sehe ich mich selbst vor dein Bahnhof auf und ab wandeln. Wann war das doch? Bor mehr als zehn Jahren . . . Aber ich weih noch ganz genau, wie schauerlich ich damals dort eingeregnet bin . . - Ein neues Bild taucht aus der grauen Regenwand aus: Eine schöne breite Strahe, aus der eine Marienstatue empor ragt, von schönen alten Häusern umgeben. Ganz recht! Es ist die Maria-Theresia Strahe in Innsbruck. Ganz gcwih eine der schönsten SIrahen in ganz Deutschland! Aber die schönste Strahe verliert an Freundlichkei«, wenn auf sie ununterbrochen Regen güsse niedergehen. Die grünen Almen, die Kuhnen Bergspitzen, die sonst so stolz auf di« schöne Strahe hinunterschauen, sind hinter der grauen Regenwand ganz verschwunden. Innsbruck im Regen! Mehr als einmal habe ich das erlebt. Man sitzt dann zwischen -en steil aufragenden Wänden des Inntals wie in einem Kochtopf . . . Und abermals ein anderes Bild! Ach ja . . . Kein Zweifel: das ist die Prinz-Heinrich-Baude im Ricsengebirge. Ich sitze da mit einem Freunde und spiele eine endlose Partie Schach, die nie aufgehen will. Drauhen aber geht das liebe Nah gerade herunter wie eine Wand. Der Blick in de» Riesengrund ist ganz verhangen . . . „Ich steh im Regen und warte und ivarte . . ." Der Kuh des Himmels Dah sich Regentage so stark dem Gedächtnis etnprägen können! Aber vielleicht sind es nur die Tage, an denen man statt eines erwarteten, besonders guten Welters ein unerwartet und ausnehmend schlechtes erhalten hat. Muh Regen eigentlich traurig und melancholisch stimmen? Bei uns Nordländern scheint es so zu sein. Südliche Völker sehen in dem Regen in erster Linie die belebende Kraft. Den alten Griechen galt der Regen als die Hochzeit des Himmels mit der Erde . . . Dort im Süden, wo der Sonne Glut oft als Vernichten» wirken kann, erscheint der Regen als eine sreund- liche, schützende und lebenspendende Kraft. Der Nordländer aber, dem die Sonne nicht in so verschwenderischer, ost ver derbenbringender Fülle zugeteilt wird, hängt an dem Hellen Schein mit allen Fasern seines Gemütes. Ihn bedrückt daher der Regen. Nicht weil er die Nässe fürchtet — auch bei uns bedeutet ein gewisses Mah von Regen Förderung des Wachs tums, Befruchtung des Landes. Aber der Regen macht den Tag dunkel und traurig. Das also ist wohl der Grund, warum alle Lieder und Gesänge, die vom Regen sprechen, bei uns trüb« und gedämpft klingen Der Grund, warum wir nicht wie die Südländer im Regen den Kuh zwischen Himmel und Erde sehen, sondern Tränen, die der Himmel weint . - . Weisheit aus Szekl 'Melancholie bei Regen mag also In unseren Breiten natür lich sein, lind dennoch soll man sich nicht von ihr überwältigen lassen! Adalbert von Channffo hat uns eine schöne Verserzäh- lung geschenkt, in der uns das mit Humor klargemacht wird: „Der Szekler Landtag." Darin wird geschildert, wie in der Landschaft Szekl in Siebenbürgen just vor der Erntezeit ein ungeheurer, endloser Regen nlcdevgeht. Vergebens hofft man auf ein Ende des Unwetter». Schliehlich wird sogar der Land tag einberufen, aber auch die braven Landesboten wissen nichts Wirksames vorzubringen, das der Ungunst des Himmels erfolg reich entgegenwirken könnte. Bis einer den rechten Rat findet: „Wir sehn es vierzehn Tage noch mit an, Und hat der Regen dann nicht ausgehört. Gut! Regn''es dann, so lang es will und kann." Und behaglich berichtet der Dichter von dem Erfolge, den dieser einstimmige Beschluss der Szekler Landesväter hott«: „Sowie die Väter stolz auf ihre Taten Nach bräuchlichen Gelagen heimgekehrt, Erschien die Sonne, trocknete die Saaten, Und schivankten heim die Wagen goldbeschwert." Es regne dann, so lang es will und kann! Das ist die rechte Gelassenheit, mit der man unfreundlichem Regenfall begegnen mag, der uns in unseren Plänen stört. Und wenn es nur Pläne für einen Sonntagsausslug sind. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dah bei einsctzendem Regen alle Pläne für den Sonntagsausslug „zu Wasser werden" müssen. Im Gegenteil! Das Spazierengehen im Regen ist auherordentlich förderlich für den Teint. Und es erfrischt den ganzen Körper, die klare, „frisch gewaschene" Lust einzuatmen. Nur — und das ist die einzige Voraussetzung — muh man entsprechend ange- zogcn sein! Zuverlässig dichte Schuhe, warme Strümpfe, wasser dichten Mantel, Kapuze oder Schirm — so ist es ein leichtes, auch einem schweren Regenwetter zu trotzen. Ende gut — alles gut Melodie des Regens! In jedem Tempo, In jeder Tonstärke kann sie erklingen. Boni Allegro furioso des Gewitterregens, der mit Wut und Wucht uns auf Kopf mid Schultern trom melt und uns am liebsten In den Boden schlagen möchte, bis zum Piano des seinen Nebelregens, der wie ein dünner Schleier, kaum spürbar, niederfällt. Uebcrreich an Variationen ist diese Melodie: Regen aus Land oder auf See, im Flachland und im Gebirge, zwischen Wiesen und Feldern oder im Wald — jedes mal erscl-eint das Orchester, das uns da ausspielt, ganz anders besetzt. Gewaltige Unterschiede auch nach der Jahreszeit: stür mischer Regen im Frühjahr, melancholisch «rüber Regen im Herbst, leichter Sommerrcgen und schwerer, nasser Schneeregen im Winter . . . Das Beste an jedem Regengüsse aber bleibt: Er hört ein mal auf! — Horch! Hat nicht auch das Geplätscher drauhen auf dem Verandadach aufgehört? .Nur noch In langen Abstän den fallen einzelne schwere Tropfen. Durch die Vorhänge dringt schon Dämmerlicht. Ich erhebe mich, öffne Vorhänge und Fenster — sieh: Im Osten, aus einer zwischen Wolken ausbrechenden Klarheit, blitzen fahlrot -ie ersten Griihe des jungen Morgens herüber. So darf man auf einen schönen Tag nach der trüben Nacht hoffen. Es Ist die Hoffnung und Gewihheit, di« affe Melan cholie an Regentagen besiegt: Auf Regen folgt Sonnenschein.
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