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16 Wir wenden uns nun zur Kuppel seihst, welche, wie unser Durchschnitt zeigt, aus Einem Stein gearheitet ist, der, wie oben erwähnt wurde, seine Auflager auf den Kranzsteinen findet, so, dafs die gröfste Last gerade über den Säulenachsen wirkt, und durch eine Einsenkung diese Steine vor Aus weichung sichert, l eher der Mitte dieser flachen Kuppel steht der erwähnte prächtige Aufsatz, des sen unterer Theil, so weit derselbe mit ihrer Masse zusammenhängt, auf Tafel XXIX. im Aufrifs zur bessern Erklärung wiederholt dargestellt wird. Die Oberfläche rings um den Aufsatz her, ist wie eine Dachhedeckung mit spitzigen Blättern schuppenartig bearbeitet. Am Rande unterhalb laufen die Blät ter in Rinnen aus, deren Zwischenhöhen sich über der Traufe der Kuppel zu Meereswellen ähnlichen Verzierungen bilden, wodurch die zweite zackige Krönung mit 4S Erhöhungen entsteht. Die Anwen dung zweier Traufen entsprang einfach aus der sehr wohl überlegten Verbindung der Kuppel mit dem Gesimskranze. Durch die Verschiedenheit dieser, also aus der Dachhedeckung zu motiviremlen Krönungen, wurde eine sonst leicht entstehende Verwirrung Beider vermieden, und zugleich durch die den Meereswellen ähnliche Gestalt der innern Krönung auf die Mythe hingedeutet, welche die Reliefs am Fries darstellen, worauf wir hei Betrachtung der Delphine zurückkommen werden. Unsere Zeichnungen zeigen diese Krönungen theils ergänzt, theils in verschiedenen Höhen durch schnitten. Die Rinnen auf dem Rande der Kuppel haben das hei F angezeigte Profil, die Blätter der untersten Reihe des hei G, und die übrigen Blätter ein ähnliches. Das Profil des dünnen Randes der Kuppel, auf welchem sich die Meereswellen erheben, findet man links auf unserer Tafel XXX. in hal ber wirklicher Gröfse mitgetheilt. Am Fufse des Aufsatzes entspringen drei Akanthuskeiche, in gleicher Entfernung im Kreise ver theilt; aus jedem derselben tritt höchst zierliches Rankenwerk mit Distelblättern und Blumen hervor, theils nach unten sich wendend, wo es mit doppelter Windung die schönen consolenarligen Massen bildet, welche sich auf die Blätterdecke der Kuppel hinlegen, und so weit noch ziemlich erhallen sind, theils auch in entgegengesetzter Richtung nach oben strebend, wovon jedoch nur so viel zu erken nen ist, als unsere Zeichnung auf Tafel XXX., unterhalb der rechts neben C gezogenen Bruchlinie, zeigt. Die über dieser Linie sichtbare Rankenwindung, welche aus einem Distelblatte herv ortritt, wurde jedoch auf den Grund des noch daselbst erhaltenen Anfanges im Styl des Uehrigen von uns ergänzt. Betrachten wir nun den auf Tafel XXII. ahgehildeten Aufsatz, dessen oberer mit Akanthusblättern, Pianken und Blumen reich geschmückter Theil auf dem Bänkchen des mit der Masse der Kuppel zu sammenhängenden unteren Theiles ruht, und daselbst eine Standfläche von nur 11 Zoll Durchmesser hat, und erwägen dann, dafs seine drei Arme gerade über den Consolen der Kuppel sich ausbreiten, so wird nicht zu bezweifeln sein, dafs von diesem aus jene Arme einst unterstützt worden sind. Denn in solcher Art nur konnte am füglichsten, diesem obern mit dem darüber gestellten Dreifufse belasteten Theile, die erforderliche Stabilität hinreichend gesichert werden. Die Ergänzung dieser Stützen, in passender Beziehung zur Bestimmung des Monuments, und zugleich harmonisch mit des sen unvergleichlich schöner Architectur, ist eine schwierige Aufgabe, deren Lösung bereits auf ver schiedene Weise versucht worden ist. Man hat es mit Sphinxen und Chimären versucht; diese Ge bilde erscheinen aber gegen das Uehrige leicht zu kleinlich, da die auszufüllende Höhe nur 2 Fufs beträgt. Eine Fortsetzung des Ornamentes von den Consolen würde ohne Beziehung bleiben und eine Ueberladung von vegetabiler Verzierung verursachen. Es läfst sich noch Mehreres dafür erden ken, aber immer treten ähnliche Einwendungen dagegen auf. Stuart, welcher dieses Monument zuerst genau untersuchte und in seinem Prachtwerke veröffentlichte, hat in demselben die besprochenen Stützen durch Delphine ergänzt. Wir finden solche Thiere, in Betreff ihres Baues, hierzu wohl ge eignet, besonders auch weil sie in gewisser Beziehung zu dem Sujet der siegreichen Aulführung stehn, die dem Lysicrates die Erlaubnifs erwarb, dieses Denkmal zu errichten, woran die Delphine schon im Fries als vom Bacchus verwandelte Seeräuber mehrmals Vorkommen *). Wir können jedoch der sichelförmigen Gestalt, welche aus der Schlufsvignette zum IV. Capitcl sei nes lsten Bandes zu ersehen ist, nicht unbedingten Beifall schenken, und haben daher in unserer Er gänzung die Delphine zwar beihehalten, dieselben aber so zu formen gesucht, dafs sie hei lebendiger i 1) Die Sculptur des Frieses stellt den Dionysos mit seinen Satyrn dar, indem sie ihn von den Tyrrhenischen Seeräu bern befreien und diese verfolgen und züchtigen, wobei einige bereits zum Theil in Delphine verwandelt erscheinen.