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Mittwoch, LS. Oktober 1938 Sächsisch« Volkszeitung icnwniriknufoicn KOK1ä.Ks VON chlLZKLB OIl.1. Verl»« K«l KLblsr V Oo.. Verlin-Scbwsrsenckort N.cbciruck verboten 1V. Fortsetzung. Das Verlobungsfest fand nächste Woche statt, in Haus Westminster wurden schon Vorbereitungen getroffen, das ganze Haus nahm daran teil, Maud sollte ihre Freundinnen mitbringen, es kamen junge Herren dazu, es sollte getanzt werden. „Na, freu dich doch", sagten ihre Freundinnen, mit denen sie das große Eckzimmer teilte. „Das ist doch mal 'ne Ab wechslung." „Deine Tante steht doch noch ganz gut aus", fanden sie. „Ganz knusprig . . . weshalb sollte sie denn eine alte Jung fer werden?" „Aber der Mann, dieser Mann", sagte Maud. „Was denn, der Rüste sieht doch fabelhaft aus ... Ich wäre froh, wenn ich so einen Verehrer hätte", sagte Kitty aus Thikago, die Birdies Platz bekommen hatte. „Aber mit so einem fremden Mann in einem Haus zu leben, denk ich mir schrecklich!" rief Maud. „Ich habe ihn doch vorher nie gesehen." „Den hab ich schon oft gesehen", sagte die Amerikanerin. „Auf der Wilhelmstratze, zum Beispiel konnte man ihn jeden Tag von zwölf bis eins wandeln sehen. . . Aber ich hätte nie gedacht, daß er sich auch für ältere Damen interessiert." „Meine Tante ist reich", sagte Maud kummervoll. „Na, also . . . Aber häng den Kopf nicht deshalb, es ist eine beschlossene Sache, daran kannst du nichts ändern..." „Was soll ich denn tun?" ries Maud. „Dich mit ihm stellen, das ist das einzige, wag ich dir raten kann." Die erfahrene Kitty war zwanzig Jahre alt. Sie war das älteste Mädchen in der Pension, sie hatte schon manches erlebt in Thikago und war von ihren Eltern des halb in diese Pension geschickt worden, die bekannt dasür war, die München streng zu erziehen. „Man mutz das nicht so tragisch nehmen", fand Kitty. „So ein Onkel ist doch galant. Den würde ich mir er ziehen ... der würde mir nach vier Wochen aus der Hand fressen." Kitty drückte sich immer sehr drastisch aus. „Aber meine Tante ist ganz verändert zu mir", klagte Maud. Eie hat gar kein Interesse mehr sür mich, sie denkt nur an diesen abscheulichen Rusten." „Na ja, sie ist etwas verrückt. Sie hat dreißig Jahre keinen Liebhaber mehr gehabt, sie lackte schon so komisch, ich dachte, als ich sie erst sah, sie hätte einen ,sit' ... Aber das legt sich, wenn sie sich daran gewöhnt hat." „An was gewöhnt?" fragte Maud. ,Na daran, verheiratet zu sein. Du bist aber auch zu dumm. Dick müßte man noch einmal ausbrüten in einem Glasschrank.'' „Warum?" , , , „Na, rveil du vom Leben keine Ahnung hast. Von dem, wie es wirklich ist . . ." „Hast du sie denn, Kitty?" „Na, ich", sagte sie stolz und reckte ihre lange Gestalt vor dem Spiegel. „Ich habe in Thikago mehr erlebt, als das ganze Haus Sesam zusammen, die Hamcourt ein gerechnet." Aber ehe sie weiter erzählen konnte, klopfte es an die Türe und Miß Brown, das Nachtgespenst, betrat harten Schrittes das Zimmer. Dies« Dame war lang, dünn und mager wie ein Gerippe, sie trug nur enge Schneiderkleider und lange, absatzlose Schuhe, und hatte einen festen Schritt wie ein Mann. „Was habt ihr noch miteinander herumzusitzen?" sagte sie und warf den Mädchen einen Blick zu. „Geht zu Bett und macht das Licht aus und beendet eure unnützen Unter haltungen." „Good night", sagte die Amerikanerin mit übertrieben süßer Stimme. i RU..'.". --------- „Good night", wiederholte die Miß und schloß die Türe. „Das ist ja hier wie im Zuchthaus", fand Kitty, als sie in ihr Bett kroch. „Na, das Jahr wird ja auch mal herum gehe», dann holen mich meine Eltern hier ab, und wir machen eine Rheinreise. Darauf freu' ich mich das ganze Jahr... Und nun, gute Nacht, Küken. Mußt dir nichts daraus machen." Nein, es war nichts mehr zu ändern, sie sah es ein. „Ich bin ja so glücklich", sagte ihre Tante. „Er ist so gut zu mir, ich hätte nie gedacht, daß ich so jemand finden würde... Ich habe ja überhaupt nicht mehr daran ge dacht", gestand sie verschämt . . . „Aber eg ist nun so ge kommen, und du wirst dich auch noch an ihn gewöhnen, er findet dich charmant . . ." „Ach, wirklich?" sagte Maud. Wie klug er ist, dachte sie. In Wirklichkeit findet er mich nur störend, ich stehe ihm irgendwie im Wege, ich durch schaue ihn, das ist's. Sie hatte eine starke Abneigung vor unwahren Men schen, vor allem, was künstlich ist und nicht klar. „Du machst dir viel zu viel Gedanken", fand Kiiiy, als sie auf ihren Waldspaziergängen, zu denen sie jeden Nach mittag und bei jedem Wetter von Miß Brown angetrieben wurden und zu zweit in der langen Reihe gingen. „Man muß seine Verwandten nehmen, wie sie einem der Himmel beschert. Ich hab auch einen Stiefvater be kommen, als ick vierzehn Jahre alt war, das war auch so eine Sache. Aver den hab ich mir erzogen. Erst wollte er das mit mir, aber ich hab ihm die Zähne gezeigt . . . Und dann ist er sanft geworden und hat begriffen, mit der muß man rechnen . . . Nur sich nicht unterkriegen lasten, immer feste heran. Die Männer, weißt du, muß man auf eine ganz besondere Art behandeln, das ist eine komische Sorte..." „Ick Habs vier Brüder", fuhr Kitty fort. „Der eine ist schon mit einer Frau gesegnet, die mochten wir erst auch nicht, jetzt haben wir uns an sie gewöhnt . . . Mama machte ,banne mine'. Wag blieb ihr auch übrig? Und meine älteste Schwester hat uns eines Tages einen Mann an gebracht, mit dem sie seit zwei Jahren heimlich verlobt war. Mama war entsetzt, er paßte gar nickt in unsere Familie, er war so «in frecher, dreister Habenichts, der gern in unser Geschäft einheiraten wollte, den haben wir uns auch er zogen . . ." „Und mit deinem Stiefvater, das geht wirklich?" fragte Maud. „Und ob das geht!" „Aber er hat dich doch hierhergeschickt. Von selbst wärst du doch nie nach Haus Sesam gekommen?" „Sure! Von meinem Stiefvater laß ich mich nicht verschicken, aber das hat Mama getan. Sie will nämlich nicht, daß ich diesen Mann heirate, weil er nichts hat, mein Bobby, aber ich werd' ihn trotzdem heiraten. Ich sitze hier nur meine Wartezeit ab. Wenn ich dann noch an ihm fest halte, wird sie mir in Gottes Namen ihre Einwilligung geben . . „Liebst du ihn denn?" fragte Maud. „Und ob . . ." „Und schreibt er dir auch noch?" „Klar. . . daß er mir schreibt. Wenn ich mal aufs Postamt entwischen kann, hol ich mir seine Briefe ab. Mor gen ist Samstag, da dürfen wir ja Einkäufe in der Stadt machen, da geh' ich in die Musikalienhandlung und suche mir Noten aus, das ist Miß Brown zu langweilig, ruck ick kon- mir seine Briefe auf der Post nebenan abholcn. Und wenn ich nicht kann, holt sie mir der Jüngling ab." „Welcher Jüngling?" Nummer 252, Seite 7 „Na, der Verkäufer, den hab ich mir dazu angelernt. Es macht ihm sogar Spaß." Wie einfach hatten es doch die andern, dachte Maud. Wie sie sich das alles einrichtete», wie sie cs verstanden . . . das würde sie nie lernen. Ich glaube, ich hab zuviel von den Whartons mit bekommen, dachte sie. Die beugten sich nicht, die waren so, wie sie auf die Welt gekommen waren, und starben auch so. . . Man kann nicht aus seiner Haut heraus. . . Aber Tante Mary mit ihrem Russen ... an dieser Sache war etlvas, was sie nicht verstand. Das Verlobungsfest wurde gefeiert. Miß Whorton gab ein Abendessen, zu dem die ganze Pension Westminster und Maud und Kittn eingeladen war. Nack dem Essen wurde getanzt. Es gab eine Bowle, die der Russe selbst braute, und ein großartiges kaltes Viisett wurde um Mitternacht aufgebaut, mit allen Delikatessen, Kaviar in Eisblöcken, ganze Fasane, Wildschweinrücken und Truthennen, russische Salate, russische Pasteten, und wunder bares Gebäck, und Torten, wie man sie bier »och nie gesehen hatte. Es herrschte eine vergnügte Stimmung." Zuletzt wurden Gesellschaftsspiele gespielt, und jeder mußte ein Pfand geben. Wie es in diesem Trubel geschehen »var, wußte niemand, aber Miß Wharton, die an diesem Abend ziemlich nervös und, als Mittelpunkt der Gesellschaft sehr beansprucht war, hatte als Pfand ihre Perlenkette ge geben. Als sie sich abends, nachdem die Gäste fort waren, in ihrem Schlafzimmer auskleidete, fehlte ihr diese kostbare Kette. Sie durchsuchte das ganze Zimmer, die Kette war fort. Sie ging durch den Speisesaal, suchte mit der Taschenlampe den Teppich av, in der Garderobe suchte sie und überall, wo sie an dem Abend gewesen war. Die Zimmermädchen halfen, denn auf sie fiel zuerst der Verdacht. Aber die Mädchen waren alle schon lange im Hause. Die Pensionsdame stand ein für ihre Ehrlichkeit. Aber sie nahm Miß Wharton bei seite und gestand ihr, daß sie das „ungleiche Paar" im Ver dacht habe. Die Dame hatte sie am Abend bei TUck auf die schonen Perlen aufmerksam gemacht und gesagt: „Miß Wharton hat ja ein Vermögen um den Hals hängen." Eie hatten über die Perlen gesprochen und ihren Wert geschätzt. Das Paar war noch in derselben Nacht nach Hamburg abgereist. Sie wollten eine Mittelmeerreise machen. Aber, man konnte ja auf diesen bloßen Verdacht hin nicht ihr Gepäck untersuchen lassen. Schließlich hatte ja jeder der Gäste die Perlen gesehen und bewundert. Die Pension war in Aufregung. Maud fand ihre Tante gebrochen und verstört. Der Russe war sofort zur Kriminal polizei gelaufen und hatte die Anzeige erstattet. Man be riet, was zu tun sei. Die Kette schloß nicht mehr gut, der Russe hatte sie schon einmal darauf aufmerksam gemacht, daß an dem Schloß etwas nicht stimmte, sie war ihr schon einmal im Theater in der Loge aufgegangen. Er hatte es zum Glück gleich ge merkt, und sie hatte die Kette in ihrem Pelzkragen gefunden. Aber nun fand sie sie nicht mehr. Sie versuchte, sich zu er innern. Bei Tisch hatte sie die Kette noch angehabt, alle hatten sie damit gesehen. Nachher hatte sie sie zu den Pfän dern gegeben und sicher auch zurllckbekommen, denn ihr Ver lobter hatte sie ihr selbst wieder umgelegt. Aber dann? Dann? Darauf konnte sie sich absolut nicht mehr besinnen.. Man hatte getanzt, sie hatte viel getanzt, und hatte von dieser Bowle mehrere Glas getrunken, und später Sekt. Sie hatte den ganzen Abend wie in einem Traumzustand verlebt. Sie wußte nicht, wo die Perlen hingekommen sein konnten. Im Hause mußten sie sein. — Hausuntersuchung wurde gehalten, alle Gäste mußten es sich gefallen lassen, daß man ihre Zimmer durchsuchte. Alle Schränke und Koffer wurden durchwühlt und die Kammern der Dienstboten, aber die Perlen fanden sich nicht. Man muß es dem Schicksal überlasten, der Zufall bringt es meist heraus, meinte der Russe. . . Auch er war der Ansicht, daß dieses Paar, das in der Nacht das Haus ver lassen hatte, verdächtig sei. Er wollte diese Spur verfolgen und sie aus dem Ueberseedampser bewachen lasten, lind er tat gleich die nötigen Schritte, um die Polizei aus ihre Spur zu bringen. sFortsetzung folgt.» schiitzcs ist eine der stolzesten Leistungen der an Großlale» reichen deutschen Kriegstechnib im Weltkriege. Der Name Guido M. B. in A. ..Kommt der Name Guido aus dem Fran zösischen oder Italienischen? Und gibt cs diesen Namen auch im Heiligenkalendcr?" — Der Vorname Guido kommt ans dem — Deutschen. Er ist die italienisierte Form des Namens Wido. Nus Wido wird Guido wie aus Wilhelm Guiglielmo. Wido kommt vom althockdeulschen Stamme „inid", der gleichbedeutend ist mit englisch „wood": Wald. Widukind, der berühmte Sachsen herzog. ist dem Wortsinnc seines Namens »ach der „Sohn des Waldes". Guido hat im Grunde die gleiche Bedeutung, heißt soviel wie Waldmann. — Im Heiligenkalender findest Du den Namen gleich zweimal. Im 16. Jahrhundert lebte in der Gegend von Ferrara ein Nbt namens Guido, der als Wunder täter hohen Nus genoß, seine Reliquien ruhen im Dome zu Speyer. Ein anderer Heiliger namens Guido stammte aus der Brüsseler Geaend und ist Mitte des 12. Jahrhunderts in An dernach a. Nh. gestorben: er ist der Patron der Küster und Kaufleute. Aquarell oder Ocl? G. S. in D. — „Glaubst Du. daß sich nut Aquarell gleichstarke Wirkungen wie mit Oel erzielen lassen? Meine Freunde bezweifeln das: ich aber bin da anderer Ansicht" — Es ist immer ein Unrecht, die verschiedenen Techniken der Malerei so miteinander vergleichen zn wollen, als sollten und könnten sie dasselbe leisten. Gerade um verschiedene Wir kungen zu erzielen, sind ja diese verschiedenen Techniken ent wickelt worden. Das merkst Du schon bei der Zeichnung: mit der breit über das Papier wischenden Kohle erziele ich ganz andere Wirkungen als mit der spitzen Feder Man täte dein Oclbild Unrecht, wenn man es neben ein weiträumiges Fresko hielte und es als begrenzt in seinen Möglichkeiten des Aus drucks hinslellcn würde. Nicht weniger töricht ist cs, das Aquarell als eine geringere Form des Ausdrucks neben dem Oelbild zu betrachten. Es ist eine andere Form, das ist alles. Fast aus allen Stoffgebieten, vor allem in der Dar stellung der Landschaft, kann das Aquarell bei satter Farb- gebuuq Wirkunaen erzielen, die dann der Oelsarbe durchaus ebenbürtig an Bildkraft sind. Für Oelbilder wie für Aqura- relle gibt es natürliche Grenzen der Formate: der größeren Leichtigkeit seiner Farbgebung entsprechend ve-iongt das Aqua rell einen engeren Rohmen. In dieser natürliche.! Begrenzung aber vermag es Wirkungen zn erzielen, die den ausnahme bereiten Beobachter mit gleicher Ueberzeugungskrast erlassen. Marabu. fragen hinter der Wand Freundliche Antworten für humorige Leute „Vetter zweiten Grades* A. P. in L. — „Im Roman der SV ist erwähnt: „Vetter zweiten Grades." Ich weiß nicht genau, ivas das ist, auch durch Nachschlagen konnte ich es nicht seststellen." — Angenommen, Du hast eine Schwester und Ihr beide heiratet, dann sind Eure Kinder aus den beiden Ehen: Vet tern, und zwar Vettern ersten Grades. Diesen Zusatz läßt man freilich meistens iveg, denn wenn man von Vettern und Basen spricht, meint man im allgemeinen solche ersten Gra des. Nun denke aber weiter: Eure Kinder wachsen heran, sie gehen ihrerseits wieder Ehen ein mit Partnern aus ande ren Familien. Die Kinder aus den Ehe» Eurer Kinder sind nun ebenfalls miteinander verwandt, sie sind: Vettern zwei ten Grades. Vettern ersten Grades haben gemeinsame Groß eltern, Vettern zweiten Grades gemeinsame Urgroßeltern. Auch mit einer Sippcntasel kannst Du Dir die Sache gut klarmachon: Vettern ersten Grades haben zur Hälfte, Vettern zweiten Grades zu einem Viertel die gleichen Ahnen. Vielleicht ist der „Vetter zweiten Grades" ein Anlaß für Dich, einmal eine Sippentafel Deiner Verwandtschaft auszustellen — Dn wirst dann wahrscheinlich selbst entdecken, daß Du Vettern und Basen zweiten Grades hast! Wenn Du einmal angefangcn hast, Deine Sippentafel auszustcllen, wirst Du sehen, wie viel Freude eine solche Arlnüt macht und wie sie einen zu manchen Entdeckungen führt, die uns selbst überraschen. Angelus Silesius N. M. in D. — „Ist der Dichter des „Lherubinisck)en Wandersmannes" ein katholischer Geistlicher gewesen? Kannst Du uns etwas Näheres über ihn sagen?" — Die erste Auslage des „Cherubinischen Wandersmannes" ist 165,7 in Wien erschienen. 1661 erhielt der Verfasser des Werkes, der Arzt Johannes Schelsler, die Priesterweihe. Scheffler war also zur Zeit der Abfassung des Werkes noch nicht Priester. Der Inhalt der Dichtung hat ihm Vorwürse nicht nur von lutherischer, sondern auck von katholisck-er Seite eingetragen: man bezichtigte Ihn des Pantheismus. In Wahr heit war Scheffler nicht Pantheist, sondern ein christlicher My stiker, der bei der dichterischen Wiedergabe seiner inneren Gesichte an die Anlehnung an eine Konfession überhaupt nicht dachte. Scheffler ist 165,2 von der lutherischen zur katholischen Kirche übergetreten, in erster Linie deshalb, weil er bei der damals sehr engherzigen Haltung der lutherischen Orthodoxie niit dieser in Konflikt geraten ivar. Durch die Polemik, die von lutherischer Seite aus Grund seines- Uebcrlritts entfacht wurde, ist Scheffler in eine immer schroffere Haltung gedrängt worden und hat selbst polemische Schristen von größter Schärfe veröffentlicht. — Diese sehr unerquicklichen Auseinandec- setzungcn, die dem Dichter das Leben verbitterten, sind heute mit Recht vergessen. Wie sehr Angelus Silesius <d. i. „Engel aus Schlesien") durch seine dichterische Leistung dem ganzen deutschen Volke angehört, beweist gut die Tatsache, daß mehrere der Lieder seiner Gedichtsammlung „Heilige Seelen lust" s16ü7> Henle in den protestantischen Gesangbüchern stehen, obwohl Scheffler zur Zeit des Erscheinens dieser Gedichte langst kathoiisch war. Im „Cherubinischen Wandersmann" zeigt sich Scheffler nicht nur als begnadeter Dichter, sondern euch als großer Denker; in einzelnen Erkenntnissen — Be dingtheit von Zeit und Raum durch das menschliche Denken uss. — nimmt er Kant voraus. Eine stolze Erinnerung C. M. in D. — „Vor längerer Zeit las ich etwas über das „Gespenster-Geschütz", aus dem 11118 Paris von den Deut schen ans eine Entfernung von 126 Kilometer beschossen wor den ist. Kannst Du uns etwas darüber sagen?" — Jenes Geschütz war eine Meisterleistung deutscher Ingc- nieurkunst. Sein Rohr war 31 Meter lang, das Geschoß 2'/r Zentner schwer, bei jedem Schuß kamen 6 Zentner Pulver zur Explosion. Mit einer Mündungsgeschwindigkeit von 1866 Sekundenmetcrn wurden die Geschosse bis zn einer Höhe von 16 Kilometer emporgeschleudert, um dann langsam wieder zu fallen. So wurde cs möglich, ans einer Entfernung von 128 Kilometer Paris zu beschießen. Es waren 3 Geschütze die ser Art vorhanden, sie standen in einem geeigneten Gelände ans den Waldhängen bei Laon. Am 23. März 11118, im Rahmen der großen dcutjchen Frühjahrsosfensive, erfolgte der erste Schuß aus Paris aus diesem Geschütz, In Paris glaubte man zunächst, es mit Geschossen von Fliegern zn tun zu haben, bis man sich durch genaue Untersuchung der Gefchoßteile über zeugte. daß cs sich um Granaten eines Erdgeschützcs handelte. Insgesamt wurden mit den drei Geschützen 286 Tresfer im Stadtgebiet von Parts erzielt. Die Konstruktion diefes (stc-