Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 26.07.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193907267
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19390726
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19390726
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-07
- Tag 1939-07-26
-
Monat
1939-07
-
Jahr
1939
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 26.07.1939
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Jin Hintergrund — der anonyme Schuft! Drei klassische Rriininal-raiireir um anonyme Briese / von Horst w. Rarsten Lopyrigth by j). A. Schmidt <8. m. b. H. Nachdruck, auch auszugsweise, verboten MIIII!IIIIIII!IIII>IIIIIIIIIIIII!IIIIIIIIIIIIIIIIIII!IIIIIII!IIIIIIII!»IIIIlIIII!III«lIIIIIIIIIIIIIIIIIl!I!I«IIIIl»I»!I!IIIIIIII!IIIIIIIII!III!I!I!IU!IIIIIII»II»!IIllIIIIIIIIIllIIII!I»IIIIII!IIIIIIII!!IIIIIlIIII!II!IIIIIIIIIII!IIIIIII - II. Intriganten der Berliner Gesellschaft Können die Inliriininicrtcn Briese überhaupt von Kotzes Hand geschrieben sein? — Hat die Briefe, die nach Kotzes Vcr- hastung einlrasen, die gleiche Hand geschrieben, die die srühe- ren Briefe schrieb? Die erste Frage wird völlig verneint, die zweite nachdrücklich bejaht. Die Folge war Haftentlassung, weil der Verdacht gegen Kotze nicht ausreichend begründet sei. Leberecht von Kotze zieht sich ins Privatleben zurück — aber die Hetze gegen ihn geht wei ter. vor allem auch in der ösfentlichen Meinung. Man versteift sich jetzt auf die Behauptung, datz Kotze die Briefe einfach einer anderen Person diktiert habe, in diesem Zusammenhang wird sogar seine Fran verdächtigt. Jetzt beginnt Kotze mit seiner energiscl-en Verteidigung. Seine Schritte richten sich vor allem gegen den Baron Schrader, den er sehr richtig als den Hauptschuldigen on dem Kesseltreiben gegen seine Person erkennt. Es stellt sich heraus, daß alle Mit- teilungen an die Presse über den angeblichen „Anonymus" Katze von Baron Schrader ausgegangcn sind, der um jeden Preis seinen Kollegen und Rivalen in der kaiserlichen Gunst vernichtet wissen will. De» Anonymus nm Hof Wilhelm II. Ehrengericht und Eingreifen de« Raiser» Skandal nm Berliner Hof Er wurde offenkundig am 7. Juni 1894. Da entstiegen zwei Herren einer Hofkarosse, die soeben vor dem alten Ge bäude des Berliner Militärgefängnisses hielt. Der eine der Her- ren war sehr elegant gekleidet, seine distinguierten Gesten er wiesen ihn unfehlbar als Mitglied der Geburtsartstokratie der wilhelminischen Epoche. Der zweite Herr trug die Uniform eines hohen Offiziers. Es handelte sich um Leberecht v. Kotze, Zere monienmeister am königlich-preußischen Hof; der andere war Herr v. Hahnke, Ches des Kaiserlichen Militärkabinetts. Eine Stunde später unterzog der Geheime Rat Brüggemann den Arrestanten, Herrn v. Kotze, einem ernsten Verhör. Zur gleichen Zeit durchlief, einer Feuersbrunst gleich, die Nachricht von dieser auherordentlicl-cm Verhaftung die Berliner Gesellschaft; abends schon trug der Draht die Sensation in alle Welt und offenbarte einen Skandal von wahrhaft europäischen Ausmaßen — wohl den gigantischsten Skandal, den anonyme Briese je angerichtet haben! war MU» Vorhergegangen? Seit des Frühjahr des Jahres 1892 hatten zahlreiche Per sönlichkeiten des kaiserlich-königlichen Hofes zu Berlin ano nyme Briefe, zumeist unbeschreiblich schmutzigen Inhalts, er halten. Der Anonymus mutzte ein glänzender Kenner der Hof gesellschaft sein, sa, mutzte ihr selbst angehören — so treffsicher vermochte er auf eben erst geschehene Ereignisse anzuspielen, auf Entscheidungen, die vom Kaiser ausgingen und selbst den Betroffenen noch nicht bekannt waren, auf angebliche intime Verhältnisse von Hospersönlichkeiten, — und zwar spielte er auf dergleichen nicht nur in oft gassenmätzigen Ausdrücken an, son dern in ebenso ordinären Zeichnungen. In der ersten Zeit waren diese Briefe, ebenso wie ihre Umschläge mit einer Schreibmaschine geschrieben, und zwar einer des ältesten Systms; später waren sie mit der Hand geschrieben in lateinischen Buchstaben. Alle Briefe waren in Berlin zur Post gegeben, aber auf den verschiedensten Aemtern. Dis zum Juni des Jahres 1894 belief sich ihre Zahl auf nicht weniger als zweihundert Stück. An den Kaiser selbst zu schreiben, hatte der Anonymus wohl nicht den Mut — wohl aber an seine Mutter, die verwit wete Kaiser'» Friedrich, sowie an seine Schwester Margarete, Grotzsiirstin von Hessen, und nicht zuletzt an den Bruder der regierenden Kaiserin, den Herzog Ernst Günther von Schleswig- Holstein. einem Intimus des Kaisers. Am meisten betroffen von den unglaublichen Anwürfen der Briefe war eine ganz bestimmte Gruppe der Hofgesellschaft. Die Beteiligten—Mitglieder de« Hofadels Es handelte sich um zwei Brüder, die Grafen Wilhelm und Friedrich von Hohenau, beide hohe Kavallerieoffizlere, und ihre Gattinnen. Wilhelms Gattin war eine Nichte des Reichskanz lers von Hohenlohe; Friedrichs Frau eine geborene von der Decken, eine bekannte Schönheit — in den Briesen wurde sie In verächtlichstem Ton und in verdächtigendster Weise nicht anders als „Lottchen von Preutzen" genannt. Fast sämtliche Briese, ganz gleich, an wen immer sie gerichtet waren, verfolgten gerade diese Dame mit besonderem Hatz und den schmutzigsten Anwürfen. Mit hineingezogen in diesen Hatz wurde der Baron v. Schrader, Zeremonienmeister des Kaisers. Del beiden Ver folgten, die Gräfin Hohenau und der Baron Schrader, taten sich zusammen, offenbarten sich ihren Freunden, und die Sucl>e nach dem Infamen Anonymus begann. Der Berliner Polizei präsident wurde mobil gemacht. Er stellte Geheimagenten zur Verfügung, die Hetze ging los, ohne datz Kaiser Wilhelm II. auch nur eine Ahnung von dem hatte, was in seiner Nähe sich ab spielte. Es ist später festgestellt worden, datz cs Baron Schrader war, der als Erster den Verdacht auf seinen Kollegen, den Zere- monicnineister Lcberecht v. Kotze lenkte. Der Grund? — Eifersucht! Lcberecht v. Kotze war von Hause aus sehr reich. Ursprünge lich Gardeoffizier, verlieh er als Rittmeister den Dienst, um sich dem Hofdienst zu widmen. Er war ein witziger Herr, sehr clc- gant, immer schlagfertig — eine Natur, wie sie Wilhelm II. liebte. Es gab ein Hassest bei dem der Kaiser seinem Zere monienmeister nicht demonstrativ die Hand drückte; bei Tische lachte er Uber seine Schnoddrigkelten, trank auf seine Gesund heit. Er lud sich mehr als einmal zu den Kotzes zu Gast. Ast das genügte, um Herrn v. Kotze alsbald zahlreiche Feinde und Neider zu machen, zumal die Kotzes sich auch noch eng mit dem Grotzherzogpaar van Meiningen liierten. So zog sich von Kotze« alsbald die Mißgunst des obersten kaiserlicl)en Kammerherrn, des Prinzen von Stollberg. des Grafen, nachmali gen Fürsten Eulenburg und vor allem seines direkten Kollegen, des Barons v. Schrader zu. Das Kesseltreiben begann — dabei verkehrten aber alle immer noch nach außen hin aus das freund schaftlichste miteinander ... Es steht fest, daß Herr v. Kotze einmal die Unvorsichtigkeit besaß, auf einem Hofkonzert von der Baronin Schrader zu sagen. Ihre Schönheit siege verblüffend über die stupide Puppen anmut der Gräfin Hohenau. Am Tag danach traf bei der Baronin Schrader ein anonymer Brief ein, der genau die glei- cl>en Worte gebrauchte. Herr v. Kotze ließ auch einmal das Schlagwort von „Lottchen von Preutzen" im intimen Zirkel fasten — ein Wort, das einen Tag später der Gräfin Hohenau in einem anonymen Brief beleidigend serviert wurde. Lcberecht v. Koke ahnte noch nichts von dem Verdacht geaen ihn. als der Feldzug gegen seine Person schon in Gang gebracht war. Ws schreibt «in Hofmann anonyme Briefe? Man sollt« meinen: bei sich zu Hause, im festverschlossenen Arbeitskabinett, zu dem niemand autzer ihm Zutritt hat.— Aber die Meute, di« sich auf die Fährte des Herrn von Kotze gesetzt hatte, schien erheblich anderer Meinung zu sein — man forschte nämlich ausgerechnet im Amtszimmer des Zeremonienmeisters, Im Schloß selbst, nach. . Tort fand man ein Löschblatt, aus dem sich in Spiegel schrift Namen und Anschriften der meistbelästigten Empfänger der anonymen Brie e befanden. Diese Tatsache wäre leicht zu er klären gewesen — aber die Feinde des Herrn v. Kotze wollten sie nicht anders als auf das übelste erklärt wissen. Man be hauptete, Leberecht v. Kotze sei bereits als anonymer Briesschrei ber überführt. Der Baron Schrader verfaßte eine von Beleidi gungen strotzende Denkschrift und leitete sic an die maßgebenden vorgesetzten Persönlichkeiten, außer an den Kaiser selbst. Leberecht v. Kotze saß in dieser Zeit auf seinem, von der Mutter her ererbten schlesiscl-en Gut und ahnte nichts Böses. Als er nach Berlin zurückkehrte, eröffnete ihm der Gras Eulen burg: „Seine Majestät wünscht Sie nicht mehr zu sehen!" Aus asten Wolken gefasten eilte Kotze zu Herrn v. Hahnke, dem Chef des kaiserlichen Militärkabinctts — und der erklärt ihn einfach für verhaftet — „auf kaiserlichen Befehl!" — Eine Unwahrheit übrigens ... So wurde Lcberecht v. Kotze in das Militärgefängnis eingeliefert ... Aber mährend dieser Arrestzeit stellt sich etwas höchst Ucber- raschendes heraus: Herr v. Kotze konnte zunächst den Nachweis führen, daß die anonymen Briefe, in Berlin ausgeliefert, mun ter weiter zirkuliert hatten, als er sich mit seiner Gattin rind dem Grotzherzogpaar von Sachsen-Meiningen auf der Orient reise befand, und die gleichen Briefe liefen weiter ein, als er selbst in Militärarrest saß, wo er nicht einmal die Möglichkeit zum Schreiben, geschweige denn zur Beförderung der Briefe besatz. Lin Gutachten und -och leine Rehabilitierung Da war es an der Zeit, endlich einmal einen Graphologen zu bemühen! Die Frage,, an den beeidigten Gerichtssachverstän digen lauteten: Leberecht v Kotze beantragt ein Ehrengericht gegen sich, gleichzeitig strengt er Veileumdungsklage gegen den Baron Schrader an. Die Verleumdungsklage wird zurückgewicsen — man will kein noch größeres Ausheben vo» dieser Affäre maclM. Tas Ehrengericht urteilt: „Baron Schrader hat in gutem Glauben gehandelt — der Zeremonicnmeister v. Kotze wird für unwürdig erklärt, fernerhin die Uniform des Königs zu tragen!" Endlich mischt sich der Kaiser ein! Er stößt das Urteil um. Die beteiligten Offiziere müssen, ebenso wie ihr Chef, Prinz Friedrich von Hoben,-ollern. den Dienst guittiere,, ... Ein zweites Ehrengericht wird eingesetzt. Hier erteilt man Herrn v. Kotze eine Warnung — beläßt ihm aber das Recht zum Tragen der Uniform. Dies Urteil wird vom Kaiser bestätigt. Da« tSbliche Duell Es fand im April 1896 statt. Herausforderer war Lebe recht v. Kotze — der Geforderte Baron Schrader. Gleich beim ersten Schuß erlitt Schrader eine schwere Verwundung, an der er nach drei Tagen starb. Herr v. Kotze verbüßte einige Monate Festungshaft wegen Dnellvergehens und wurde dann begnadigt. Er lebte fortan ruhig und zurückgezogen auf seiner schlesischen Besitzung und kümmerte sich nicht mehr um die neuen Leute, die Eulenburg und ihre Clique, die nun am Hof ihre Rolle zu spielen be gannen. Die „Affäre von europäischen Ausmaßen" aber, die um ihn und die anonymen Briese am Berliner Hof gespielt, ist bis heute noch nicht vergessen. — Wer war der wahre Anonymus? — Die Frage ist nie recht geklärt morden, man hat die ganze mehr als peinliche Sache von oben herab schnell unterdrückt. Immer hin wurden noch später viele Personen verdächtigt — vor allem aus der nächsten Umgebung des Kaisers. (Fortsetzung folgt.! Aach §000 Jahren Der 1900jährige Traum der Slowaken, als freies, sou veränes Volk in einem freien Staat zu leben, hat nun mit der feierlichen Annahme der slowakischen Verfassung am 21. Juli, im Rahmen des Schutzvertrages mit Deutschland, seine Erfüllung gefunden. Dieser Akt gibt gleichzeitig Zeugnis da von. daß der junge Staat jene Mängel, die die demokratischen Nachkriegsstaaten in dem Wechselspiel der Parteien an sich er fuhren, und denen auch die Slowakei unterworfen mar, abge legt hat. Wenn die Slowakei in Zukunft eine Republik ist, so ist die Stellung des Parlaments und des Präsidenten so umrissen, daß einerseits das Parlament als eie wahre Volks- verlretung, auf 7 gleichberechtigte Stände ausgebaut, erscheint, innerhalb deren die nichtslowakischen Gruppen, also auch die Deutscl^e, ihre vollen Freiheiten genießen, und andererseits der Staatspräsident, unterstützt von einem Staatsrat. so weitgehende Vollmachten besitzt, daß er in würdiger und maßgebender Weise die höchsten und letzten Entscheidungen treffen kann. Die Er füllung des 1000jährigen slowakischen Traumes gibt uns Ver anlassung, ^unseren Blick auf-jene entscheidenden Zeitabschnitte in der slowakisck)en Geschichte zu lenken, die uns den ganzen Sinn des heute Errungenen lebendig vergegenwärtigen. Genau vor 6 Jahren im Hochsommer hat die Slowakei — damals noch unbeachtet von der Welt — große Feiern im Lande abgehalten. Es waren die sogenannten Pribinafeicrn, und zahllose Menschen strömten in dem slowakischen Städtchen Neutra, der ersten und alten Hauptstadt des Landes zusammen, um mit ihren Führern die 1000jährige Wiederkehr jenes Tages zu begehen, an dem das Volk der Slowaken zum ersten Male aus dem Dunkel der Geschichte auflauchte. Im Jahr 833 ver einigte der erste slowakische Fürst Pribina alle Stämme seines Landes zu einem einzigen slowakisch» Volk und Staat und gliederte dieses Volk dem germanisch-abendländischen Kul- turkrcls ein, indem die von Deutschland gebrachte Kultur angenommen wurde. Noch bevor die große Kolonisation der böhmischen und mährischen Länder von Regensburg und Passau aus stattgesunden hatte, waren schon von Süd deutschland her in die viel entfernter gelegene Slowakei Deutsch vorgcdrnngen und hatten das erst« Licht der Kultur gebracht. Als dieses einmal angeziindet war, kam es bei den Slowaken niemals mehr zum Erlösen; rom ersten Augenblick an hat das slowakische Volk seine Hauptaufgabe in der Bewahrung dieser Kultur gegenüber allen Anstürmen des Ostens gesehen und damit zum Ausdruck gebracht, daß es eine der stärksten Grenz stellungen zwischen Ost und West inne habe, nicht nur zum Kample, sondern auch als Vermittler uud Ueberbrücker der Gegensätze. Alle östliche Geistcsart, die mit der abendländischen nicht zu vereinbaren war. ist in der Folge hier abgeprallt. Ande rerseits aber haben sich die Slowaken, als sie ihre erste Frei heit bald nachher einbllßten, immer auf den Fürsten Pribina und auf ihre Sendung innerhalb der Ostvölker berufen, um von neuem die Freiheit zu erlangen. Pribinas Reich währte, so bedeutungsvoll es war. nur eine kurze Zeit, und cs blieb das erste und das letzte selbständige slowakische Reich für 1100 Jahre. Etwas später schien allerdings noch einmal eine Fülle von Glanz und äußerem Rubin kommen zu wollen: es wurde das Groß mäh rische Reich gebildet, d. h. die Slowakei schloß sich mit dem benachbarten Mähren zu einem Großreich unter mährischer Führung zusammen. Auch dieses Gebilde aber war nur von kur zer Dauer. Es zerfiel um 900 in seine zwei Hälften, von denen die eine, die westliche, an Böhmen kam, und die andere, die heutige Slowakei, unter die Herrschst der Ungarn. Von da an blieben die Slowaken für 1000 Jahre mit Ungarn vereinigt, aber nicht als ein willenlos dakinlebendes Volk, das in der Unfreiheit seine Kraft hätte erlahmen lassen, sondern nnn erst recht immer an seine Sendung denkend und aus die Gesunderhal tung der inneren völkischen Kräfte bedacht. Dies trug mit zur weiteren Gestaltung des ganzen umliegenden Ostens bei, und nicht zuletzt dazu, daß die noch wilden Ungarn sich ebenfalls in den abendländisck)«», statt in den östlichen Kulturkreis, ein- reihten. Als das ungarische Geschlecht der Arpaden, dem die Könige Ungarns bis 1301 angehörten, ausgeftorben war, fand noch einmal ein Ausstand eines Großteils der Slowaken statt, In dessen Verlauf abermals eine räumlich beschränkte Selbstän- digkeit für die Dauer von 20 Jahren errungen wurde. Die Neste der berühmten Burg von Trcntschin, im Norden der Slo wakei, künden noch heute von diesen wildbewegten Tagen. Hundert Jahre später brachen die Hussitenkriege aus, und der Strom der Hussiten ergoß sich auch iu die Slowakei und richtete hier Tod und Verderben an. Ganz aus sich selbst gestellt, fast ohne Hilfe von Ungarn, mußten die Slowaken sich bis zum Tode verteidigen, und sie retteten ihr Land. Als dann um die Mitte des 17. Jahrhunderts die Welle des Islams gegen Ungarn schlug und das Ungarreich sich immer mehr verkleinerte, so daß schließ lich fast nur noch das Gebiet der Slowakei als Zufluchtsstätte der rngarischen Könige und als freies ungarisches Land übrig blieb, da wurde aus slowakischem Boden, als Europa schon um seinen Bestand zu zittern begann, die große Entscheidung mit herbeigesiihrt. Die islamitischen Heere kamen hier zum endgültigen Stillstand. Wildbewegt mar auch dieses Jahrhun dert, wobei das slowakische Volk, ohne selbst die souveränen Herrscl-er zu stellen, seine Kraft selbstlos für Europa opferte. Aber dieses äußere Ringen erhielt auch die innere Kraft ge spannt, und wenn dabei immer wieder nach äußerer staatlich! Freiheit gestrebt wurde, so war dies nicht verwunderlich. Die Kämpfe mit den Madjaren nahmen heftige Formen an. Al» die für ganz Ungarn geltende lateinische Amtssprache durch da» Madjarische auch in der Slowakei ersetzt wurde, schlugen die Wogen der Empörung hoch. Im Revolutionsjahr 1848 aber er hoben sich die Slowaken mit bewassneter Hand — jedoch ohne eigentlichen dauernden Erfolg. Sic konnten aber die erste K u l t u r orgauisation auf slowakischen Boden schassen, die Matica Slovenska, die die Pflege aller geistige« und bildungs mäßigen Belange des Volkes sich zur Ausgabe stellte, und es ist bezeichnend, daß die erste Tat der Slowaken, wo ihnen etwas Freiheit gegeben wurde, auf kulturellem Gebiet lag. Schon bald ging auch diese Errungenschaft wieder verloren und als in allen slowakisch» Schulen dann die ungarische Sprache cingesührt wurde, nahmen die Spannungen einen immer schär feren Charakter an, so daß kurz vor dem Weltkrieg eine dumnse Atmosphäre herrschte. Aber dann bewiesen die Slowaken wie der ihre aufrichtige innere Gesinnung und ihre unverbrüchliche Anhänglichkeit an die abendländische Kultur; sie bewahrten, trotz aller vorangegangenen Kämpfe, der österreichisch-ungari schen Monarchie die Treue, und sie fühlten sich an ihren Eid ge bunden, den sie dem österreichischen Kaiser geleistet halten. So knüpften sie keine Verbindungen mit den Feinden an. Erst nach dem Zusammenbruch der Monarchie, als schon von den amerikanischen Slowaken der Pittsburger Vertrag, der die Loslösr ng aus dem ungarischen Staatsverband und die Ein gliederung in die Tschechoslowakei brachte, beschlossen war, traten auch die eigentlichen Slowaken diesem Vertrag bei. aber auch erst dann, als ihnen die völlige Autonomie zugesichert mar. Nach dem großen Weltbrand mußte das Gefühl der Freiheit plötzlich ganz neu in allen Slowaken erwachen, und je mehr ihnen von Prag aus die versprochene Autonomie dann vor enthalten wurde, um so stärker mußte dieser Drang nach Frei heit werden. Auch bei den dann folgenden Kämpfen mit Prag stand stets das eine im Vordergrund, daß die besten geisti gen Werte in der Slowakei zu verteidigen seien, einmal gegenüber dem Liberalismus Prags und dann gegenüber der mit Prag verbündeten östlich kommunistischen Geisteswelt. In der endlichen Loslösung von dem tschechisch« Nachbar sahen schließ lich die Slowaken ihre einzige Rettung zur Sicherung all ihrer geistigen und materiellen Güter. Es ist nicht ohne Bedeutung, daß bei dem jetzigen feier lichen Staatsakt der Annahme der Verfassung die Regierung mit großem Nachdruck hervorhob, daß die noch toten Buch staben der Verfassung mit wahrem Leben erfüllt werden müßten. Auch das ist ein Ausdruck für das lebendige Fort leben der hohen Gesinnung, die sich in diesem Volk findet. Schwer und groß stehn die Aufgabe« gegenwärtig vor der Slo wakei. Auf dem Gebiete der Wirtschaft, Ler sozialen Fürsorge und der Kultur sind die brennendsten Probleme zu lösen. Aber es gibt nur eine Möglichkeit, sie zu lösen, im Geist derGerech« tigkeit, d. h. in jenem Geist, den das abendländische Welt bild von allem Anfang an für jedes einzelne Volk als di» höchste unter den Pflichten aufgestellt hat. A.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)