Volltext Seite (XML)
900 welche die Einwohner freiwillig übergeben, und um sich die Gemüther der übrigen Makedonier zu befreunden, begnügte er sich mit Geißeln und versprach, die Stadt ohne Besatzung zu lassen und daß sie ab gabenfrei und nach ihren Gesetzen leben sollten. Darauf zog er einen Tagmarsch weiter und schlug sein Lager am Fluß Ascordus auf, und da er merkte, daß, je weiter er von Thessalien aus vorgehe, der Man gel an allem Möglichen zunahm, ging er nach Dium zurück, so daß aller Zweifel verschwand, was er hätte leiden müssen, wenn er von Thessalien wäre abgeschnitten gewesen, da es für sie höchst unsicher war, sich nur weiter davon zu entfernen. Perseus zog alle seine Streit kräfte zusammen und vereinigte die Anführer und schalt die Befehls haber der Besatzungen, vor Allen den Asclepiodotus und Hippias; diese, behauptete er, hätten den Römern die Schlüssel von Makedonien übergeben, eine Schuld, die Niemand mit mehr Recht, als ihm selber, zugewiesen werden konnte. Nachdem der Consul von einer Anhöhe die Flotte erblickt und die Hoffnung geschöpft hatte, daß die Schiffe Mundvorrath brächten, denn die Theurung des Getreides war sehr groß und beinahe Mangel, mußte er von ihnen vernehmen, als sie in den Hafen eingelaufen waren, daß die Lastschiffe zu Magnesia zurück geblieben wären. Bei der Ungewißheit, was zu thun wäre, so sehr hatte er ohne alle Mitwirkung des Feindes, welche seine Lage verschlim mern konnte, mit den schwierigen Verhältnissen selber zu kämpfen, kam sehr zu gelegener Zeit ein Schreiben von Spurius Lucretius : er habe die Bergfesten, die oberhalb Tempe lägen, und Alles in der Umgegend von Phila besetzt und habe daselbst einen Vorrath von Getreide und andern nützlichen Gegenständen gefunden. 8. Darüber höchlich erfreut, marschirt der Consul von Dium nach Phila, zugleich um die Besatzung dort zu verstärken, zugleich um dem Kriegsvolk Getreide auszutheilen, dessen Herbeischaffung sehr langsam von Statten ging. Dieser Marsch fand eine sehr ungünstige Beurtheilung; denn die einen sagten aus, er sei aus Furcht vor dem Feinde zurückgegangen, weil, wenn er in Pierien bliebe, er eine Schlacht hätte liefern müssen; andere, er habe, unkundig des Kriegs, wo der Zufall jeden Tag Neues brächte, während ihm Alles in die Hände gespielt wurde, das aus den Händen gelassen, was nachher nicht wieder erlangt werden könne. Denn er gab zugleich den Besitz
