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Die sowjet-Gottlosen / VeV getaufte Fliege« — Mevrrvür-ige Ueber» V naschrrngen — Die Aivche von wusoko In seiner letzten Nummer beklagt sich das Organ der sowjetrussischen Gottlosen bitter iiber den Etnflutz, den die Re ligion noch immer auf die Moskauer Jugend ausitbe. Die Eltern pflanzen auch jetzt noch, so sagt die Zeitung, den reli giösen Glauben und religiöse Vorstellungen in die Seelen ihrer Kinder ein und sie machen damit die Wirkungen der atheisti schen Erziehung, die die Kinder in den Schulen geniehen, zu nichte. Nicht weniger gefährlich, lo heitzt es weiter, sei das Wirken gewisser Mitglieder des Klerus, die auch jetzt noch an der Arbeit seien. Die Zeitung schlicht den Bericht mit der Ankündigung, datz die Regierung sobald wie möglich diese religiöse Propaganda zunicht machen werde. Einige Tage zuvor hatte sich das Gottlosenorgan leiden schaftlich entrüstet über die Tatsache, datz man im Herzen des atheistischen Sowjetstaates ein religiö ses Zentrum entdeckt hatte. Sehr interessant Ist die Vorgeschichte dieser eigenartigen Entdeckung. Die Sowjet behörden hatten beschlossen, zu Ehren des bekannten russischen Fliegers Schkalow, der kürzlich gestorben ist. ein Denkmal zu errichten. Bei den Vorarbeiten zu dieser Ehrung stellte sich wohl bei der Prüfung des Nachlasses des To'en überraschender weise heraus, datz der Flieger getauft sei. Man ging den Dingen nach und stellte dabei fest, datz der Name Schkalows in das Taufregtster einer Kirche in Wusoko eingetragen sein sollte. Von einer Kirche in Wusoko war den roten Behörden selbstverständlich nichts bekannt, beziehungsweise sollte dieses Gotteshaus schon vor langer Zeit ..ordnungsgemätz" geschlossen worden sein. Man forschte weiter und fand so. datz diese Kirche tatsächlich existierte, man fand wohl auch den Namen des Fliegers in dein Taufregistcr. Aber das Erstaunen der roten Behörden, so sagt das Gottlosenorgan, kannte keine Grenzen, als man feststellen mutzte, datz dieses auf so uner wartete Weise entdeckte Gotteshaus bekannt und berühmt mar in der ganzen Gegend. Aus weitesten Entfernungen kamen die Eltern hierher, um hier Ihre Kinder taufen zu lassen. Ja, cs kamen sogar regclmätzig zahlreiche Einwohner aus Ntschni Nowgorod nach Wusoko, um dort die Sakramente zu emp fangen, weil cs in Nischni Nowgorod keine Gelegenheit dazu gab. Selbstverständlich haben die Gottlosen sofort diesen Ver hältnissen ein Ende gesetzt, linier dem Vorwand, datz das Wasser, das zur Taufe der Kinder diente, unrein sein, und datz auf diese Weise ansteckende Krankheiten verbreitet werden könnten, wurden die Taufen verboten. Aber bei dieser Ge legenheit erlebten die Behörden noch andere Ueberraschungen. Cie stellten fest, datz in Wusoko alle religiösen Feste nach wie vor gefeiert wurden. Sa wurde noch am letzten 7 Dezember sam 24. November russischer Zeitrechnung) unter Teilnahme aller Einwohner der Festtag der hl. Katharina begangen, und am letzten IS. Dezember (8. Dezember des russischen Kalen ders) feierte Wusoko noch das Fest des hl. Nikolaus, der be kanntlich im alten Rutzland besonders verehrt wurde. Hun derte und aber Hunderte von Menschen waren an diesem Tag zu Ehren ihres Patrons nach Wusoko gekommen. — Bekannt lich ist es in Sowjetrutzland schon öfters vorgckommen, datz die Leute, vor allem aus dem Lande, an den früheren religiösen Festen die Arbeit verweigerten. Die Sowjetgesetzgebung hatte daraufhin ganz besonders sestgelegt, datz in Zukunft auch an diesen Tagen gearbeitet werden müsse, da sonst viele Millio nen von Arbeitsstunden verloren gingen. Am letzten Neujahrstag hat die Gottlosenliga eine Anzahl von Schivesternorganisationen im Ausland, die sich besonders hervorgetan haben, mit Medaillen ausgezeichnet. Unter den also geehrten Organisationen befanden sich die internationalen Freidenker-Verbände von Nordamerika, von Südafrika, von Kanada und von Spanien. Merkwürdigerweise fehlte aber die englische Sektion des Freidenker-Verbandes, die bekannt lich im letzten Jahr den Weltkongretz der Freidenker in Lon don organisiert und veranstaltet hatte. Zweifellos hat also dieser Kongretz nicht den Beifall der sowjetrussischcn Gott- losenpropagandisten gefunden. Interessant ist auch, datz der Kampf der sowjelrussischen Gottlosen gegen die mohammedanische Religion immer noch nicht zum gewünschten endgültigen Erfolge geführt hat. Das Moskauer Gottlosenorgan beschwert sich darüber, datz ganze Gruppen von Arbeitern, in Russisch-Turkestan zum Bei spiel, nach wie vor unter dem Einflus; des mohammedanischen Klerus stände. Diesem Einslutz sei cs zum Beispiel zuzuschrci- ben, datz die Frauen in Turkestan auch heute noch die be kannte mohammedanische Kleidung trügen. Schon im Jahre 1928 wurde eine Kampagne in Szene gesetzt, die diese Tra ditionen ausrotten sollte. Aber die Kampagne scheiterte am leidenschaftlichen Widerstand der muselmanischen Nationalisten und Priester. Die kommunistischen Vertreter, die zur Durch führung der Pläne in die mohammedanischen Gegenden ge schickt worden waren, wurden Opfer eines systematischen Ge genfeldzuges. Mehr als dreitzig von ihnen wurden erschossen oder erschlagen. Der Versuch hatte nicht den geringsten Er folg. Auch weiterhin weigert sich beispielsweise das mohamme danische Volk, zu den Sowjetversamnilungcn zu kommen, die Sowjetorgane haben bezeichnenderweise die traditionelle mo hammedanische Frauenkleidung genehmigt, die mohammeda nischen Feste werden auch jetzt noch in Turkestan mit grotzer Pracht gefeiert. Die mohammedanischen Bauern weiger» sich, an ihren Festtagen zu arbeiten, und sie bereden mit Erfolg ihre Genossen, ihrem Beispiel zu folgen. Franz Xaver Gabelsberger Lin Altmeister -ev Aufschrift / von Otts Urbach Von der Nützlichkeit, sa Unentbehrlichkeit der Kurzschrift ist jeder überzeugt. Neuzeitliche Verhandlungen, Beratungen, Berichte, Nachrichtenübermittlungen sind ohne sie nicht zu den ken. Die Geschichte der Kurzschrift und ihrer einzelnen Systeme aber ist den wenigsten bekannt. Höchstens erinnert sich mancher an den von den Parteigängern erbittert geführten, für den un beteiligten Zuschauer überaus ergötzlichen Frosch-Mäuse-Krieg zwischen den Anhängern des „Systems Gabelsberger" und denen des „Systems Stolzc-Schrey". Erzählte man doch in der Vor kriegszeit diesen bezeichnenden Witz: Zwei Deutsche in Mexiko — ein Boyer und ein Preutze — waren trotz ihrer konfessionellen und Stammesunterschiede inmitten der auch für sie bedrohlichen Wirren der mexikanischen Revolution gute Freunde geworden. Durch Zufall erfuhr nun der Bayer, datz sein preutzischer Volks genosse „Stolzc-Schrey" schriebe. Es gab heftige Streitgespräche iiber die Vorzüge und Nachteile der beiden Systeme. „Natürlich", so hictz es weiter, „mar an ein weiteres Zusammenleben nicht mehr zu denken." Diese glücklichen Zeiten, wo der Spictzbürger — scheinbar, nicht anscheinend — keine grötzeren Sorgen hatte als den Ga- bclsbcrger-Stolze-Schreyer Frosch-Mäuse-Krieg, sind vorüber. Schon seit 1921—24 hat die deutsche „Einheitskurz« schrift" die einstige Parteiwut unter den Stenograpl)en ge dämpft. Damit ist allerdings auch eine klein« unangenehme Folgeerscheinung eingetreten: Die Anteilnahme weiter Volks kreise an der Geschichte der Stenographie begann auffallend zu schwinden. Sie war gegenstandslos geworden. — Und doch ist diese Geschichte ungemein lehrreich und unterhalt sam, auch wenn die Einzelheiten der kurzschriftlichen Haupt- arten, z. B. antike Tachygraphie, geometrisches Prinzip und gra phisches Prinzip mehr dcn Fachmann angehen. Wer weitz bei spielsweise, datz schon 88 v. Ehr. Eiceros berühmte Reden gegen Eatilina nachstenographiert wurden? Datz Im dritten nachchrist lichen Jahrhundert die Predigten des Origines und anderer Kir chenlehrer, um 489 n. Ehr. die des Kirchenvaters Augustinus nachgeschrieben wurden? Die Geschichte der „Tironischen Noten" ist für sich selbst höchst lehrreich! Um 1698 wurden Shake speares Dramen, deren Manuskripte und Abschriften von der Schauspielertruppe bis dahin aus Geschäftsgründen sorgfältig gehütet worden waren, von Unbefugten kurzschristlich nacl)gc- schrieben. Wer weitz, datz Charles Dickens ein bedeutender Stenograph war, der das System Gurney sentstanden 1759) als Parlamentsstenograph verwendete? Wem ist bekannt, datz Ita lien 1928 ein besonders bearbeitetes System aus „Gabeisbcrger". grundlage sGabelsbcrger-Noe) als Einheitskurzschrift einge- führt l>at? Von den drei Altmeistern der deutschen Kurzschrift Franz Xaver Gabelsberger, Wilhelm Stolze und Leo pold Arends ist der am 9. Februar 1789 als Sohn eines Instrumentenmachers in München geborene Gabeisbcrger der älteste. Als erster von ihnen veröffentlichte er 1884 seine „Anleitung zur deutschen Redezeichenkunst oder Stenographie". Das Wort „Stenographie" stammt jedoch nicht von ihm: Wir finden es zuerst 1892 bei dem englischen Systcmcrsinder Willis. Die heute übliche und auch amtliche Verdeutschung „Kurzschrift" wurde 1845 von W Stolze eingeführt. Auch ist Gabeisbcrger nicht, wie mancher fälschlich meint, der Erfinder j>cs „graphi- scl>en — d. h. nicht geometriscl>en. sondern sich an die gewöhn liche Schrift anlehnenden — Systems. Schon der Engländer Bordley wandte 1787 — zwei Jahre vor Babelsbergers Geburt — das graphische Prinzip an. Jedoch, wie unvollkommen und unbeholfen waren die graphischen Kurzschriftsysteme vor Ga belsberger! Dieser Ist demzufolge als der eigentliche B e - gründer des graphischen Systems anzu sehen. Von 1817 an bemühte sich Babelsberger fast durch 33 Jahre um die Schaffung einer der deutschen Sprache angepatz ten Kurzschrift. Er ging aus von der gewöhnlichen Schreib schrift, ivobei er den sog. alten sächsischen Duktus zugrunde legte. Aus den Buchstabenzeichen, z. B. b. c, t. nahm er meist jeweils einen leicht schreibbaren und wieder erkennbaren Teil heraus. Die so entstehenden Zeichen mutzten aber auch ver- bindungssähtg sein. Grätztmögiiche Kürze, Schrcibslüch- tigkeit und Lesbarkeit — diese Vorbedingungen galt es zu ersllllen. Technisch ging der Meister aus von dem geschmeidigen Zug der Kielfeder, doch verknüpfte er damit die damals noch neuartigen Erfahrungen der Lithographie. Babelsbergers Ziel Grotze Erregung über di« Bomben« anschlcige in der Londoner U Bahn Die englische Hauptstadt wurde durch weitere Bombenanschläge auf zwei Bahnhöfe der Londoner U-Bahn in grötzte Ausregung versetzt. Die Explosionen ereigneten sich in zivei Fällen in» Gcpäckraum, wo die noch unbekannten Täter die Bomben mit Zeitzündereinstellung in Koffern abgegeben hatten. Sieben Schwerverletzte und Leichtverletzte sind zu beklagen. Unser Bild lätzt die Gewalt der Explosion erkennen, die die Mauern zwi schen dcn einzelnen Dicnsträumcn der Bahnbeamten zum Ein sturz brachte. (Scherl Bilderdienst, M.) war es, datz die neue, von ihm zu schassende Kurzschrift Wort bild er ergeben solle, in welchen die Einzelheiten ein zeln erkennbar blieben. Das sich ergebende Bild sollte jedoch auch ästhetisch einwandfrei wirken. Unablässig arbei tete Gabeisbergcr an seinem System. Immer wieder kam er zu neuen Ergebnissen, bis endlich sein System in der voll endeten Gestalt vorlag. Vom Staate erfuhr er dabei wenig Förderung: Der Meister mutzte sich schon von Kindheit aus regelrecht durch das Leben hindurchkämpfen. Babelsberger ging aus von dem Grundsätze der „Scheidung des Wesentlichen vom Minderwesentlichen im Sprachklangc". Er legte daher den Hauptwert auf „diejenigen Laute, die zur Weckung der beab sichtigten Begrifssmittciiung des Wesentliche beitragen". Jedoch hielt sich Babelsberger — im Unterschied zum eisern konse quenten W. Stolze — nicht starr an unveränderliche Regeln: Wenn es die Schreibslüssigkeit oder die Schönheit des Zeichen bildes erforderten, durchbrach er die Regeln durch Ausnahmen. Sigel, Kürzungen, Ausnahmen, besondere Regeln erschwerten sein System ausserordentlich. Nur verhältnismässig wenige Kurzschriftler schrieben dieses System völlig einwandfrei! Kurz schrist nach Babelsberger war eine Kunst, die eigentlich im Gymnasium allein ihren Platz hatte — für den alltäglichen Viico- bcdarf war diese Kunst zu schwer, sie erforderte zuviel gram matisches Wissen. Das ist der Grund, weshalb sich ssiäter das vcreinsachtc System Stolzc-Schrey sür den gewöhnlichen Bedarf rascher durchsetzte. Bet Gabeisbergcr war alles geniale Intuition, womit freilich nicht gesagt sein soll, datz die Denkarbeit bei ihm zu kurz kam. Intuitiv erkannte er längst vor den Forschungen der modernen Psychologie den körperlich-seelischen Vorgang des Schreibens. Die strenge Systematik mutzte zurücktreten, wenn Erfordernisse der Hand auf dem Spiele standen. Das Ergebnis seiner Arbeit aber stellte Babelsberger seit 1819 unter Beweis. In den bayerischen Ständeversammlungen schrieb er die Verhandlungen mit. Aus nächtlichen.Wagcnfahrten und bei ungenügendem Licht steno graphierte er die Diktate der Staatsministcr; am Tage daraus konnte er die Schrift mühelos lesen. Die grotze Bedeutung der Kurzschrift sollte sich 1833 in den Schwurgerichtsverhand- lungcn gegen Dr. Wirth, Sicbenpfcifcr und Genossen zu Land au zeigen. Den Angeklagten wurden hochverräterische Aeutze- rungen vorgeworfen, zum Beweise mutzte ein Stenogramm Babelsbergers vorgelesen werden. Babelsberger las sein Steno gramm vor. Nun stellte sich heraus, datz die zur Verhandlung tehenden Aeutzerungen nicht — oder wenigstens nicht so — lemacht worden waren. Die Furchtlosigkeit, mit der Babels- icrger das Recht der Schuldlosen vertrat, kennzeichnet zugleich einen edlen Charakter. Ein wichtiges Anliegen war es -em Meister, Schüler heranzubilden, welche das System fördern und vertreten sollten. Fortschritt iin Aufbau -er Luftwaffe Generaloberst Milch General der Flieder Stumpfs. Oberst Iefchonne», wurde Generalinspelrteur der Thef der Luftwedr. Eh es de» Deneralstabe» der Luftwaffe, (Scherl Bilderdienst, M ) Luftwaffe. (Scherl Bilderdienst, M.» (Scherl Bilderdienst. R.» General der Flieger Felmy. veneral der Flieger Kesselring, Ehes der Luftflotte H. Ekef der Luftflotte l und Be« (Scherl Bilderdienst, M.) fehlshaber Ost, (Scherl Bilderdienst, M t General der Flieger Sperr!«, Cdef der Luftflotte III und Be fehlshaber West. (Scherl Bilderdienst, M.)