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Sächsische Volkszeitung : 22.02.1941
- Erscheinungsdatum
- 1941-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-194102225
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19410222
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19410222
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1941
-
Monat
1941-02
- Tag 1941-02-22
-
Monat
1941-02
-
Jahr
1941
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 22.02.1941
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»«oe^t aet^-ieL k>p,^kt d) Karl Köhiek L Co„ Brrltn-Echmargrndvrf. (Nachdruck verboten.) 4. Fortsetzung. werb, dieser musterhafte Sohn, dieser gewissenhafte Schäler, runzelt die Stirn. Was hat denn die Mutter? Sonst ist sic doch nicht so. Wenn er .studiert', nimmt sie alle Rücksicht. „Ja?" antwortet er verwundert, dass sie nicht sofort weitcr- lpricht. „Was soll ich denn?" „Du? Nimtsi" Das kommt wie aus weiter Ferne. „Ja, was dann, Mutter? Warum fragst du?" «Habe ich etwas gefragt?' Das kommt fast erschrocken. Rein, gefragt hat sie eigentlich nichts. Mer die Art, wie sie feinen Namen fagth war so ausfällig, so ernsthaft, so feierlich. „Gerd, ich muß noch einmal weggehen —" „Du?'' Er schaut von feinem Buch aus. „Ja", wirft einen stltchtlgen Blick auf die Uhr. „Jetzt?" Seine Frage drückt maß- loses Erstaunen aus. „Vater fährt den O bül In Mergenstedt ist Personatwechsel. Um acht ist Vater zum Abendessen hier . . „Weiß Ich — welk ich —" entgegnet Maria Brande» in größerer Rot. „Da» Essen ist fertig. Steht dort auf dem Herd in den zwei Kesseln; ihr werdet euch schon helfen können. Ich muß gerade fetzt gehen — «» ist srmand krank —" St« spricht, al« wäre sie selber krank. Gerd Brandes hebt sein Gesicht und bllckt die Mutter an. Fällt «» ihm setzt erst auf, wie elend sie aussieht, abgehärmt und grau? Was hat sie? „Wer ist krank?" forscht er. „Jemand, der mir sehr — lieb ist", erwidert sie überschnell und liebt auf. Ihre Augen hängen an der Uhr. Es ist setzt die höchste gelt, sie muß gehen. Sie muß setzt gehen, wenn lhr das eigene Leben und da» ihrer Familie lieb ist. Der Heranwachsende Junge steht nachdenklich hinter ihr her. Lo kennt er seine Mutter gar nicht, sie ist sonst einfach und obne Launen. Dor gleichmäßiger Fröhlichkeit erfüllt, besorgt sie bas Sauswesen, tut ihre Pflicht; Immer ist sie da, immer halt sie sich bereit, immer schasst sie für die Ihren. Aber setzt scheint sie anders, o fremd, so seltsam, so verschlossen und verstört. Der kann krank ein? Wer, der ihr sehr lieb ist? Wen hat sie lieb, ohne daß sie >etde, er und der Vater, darum wissen? Man kennt die Groß eltern, die Tanten, die Onkel, dir befreundeten Familien des Hauses. Wa» geht darüber hinaus? Jemand, der ihr sehr sieb ist „Wer ist da» denn?" fragt Gerd Brandes plötzlich und, wie es Maria scheinen will, mit einer merkwürdig erwachsenen, strengen Stimme. „Wer ist denn krank, der dir so besonders lieb ist?" Die Frau bemerkt zu spät, welch eine Dummheit sie mit dieser törichten Ausrede begangen hat. „Ist sa Unsinn —", widerspricht sie, „ich muß nur eben noch einmal in die Stadt." Aber der Sohn ist wach und nüchtern. „Um sieben Uhr? Da sind sa alle Läden zu!" „Dummer Junge", schimpft sie zornig, „willst du mir Vor- ichristen machen?" Ihr Aerger erschreckt ihn noch mehr als ihre Verwirrung. Er lieht hilslos Lu, wie iie den leichten, sommerlichen Mantel über streift, ihre Mütze auf das Haar setzt, die ihr gut steht und sie jünger macht. „Wann bist du denn wieder da?" stößt er plötzlich hervor, in einer sähen Angst. „Dauert es lange?'' „Junge", sagt sie weich, bleibt stehen und kommt dann nm den Tisch herum bi» zu ihm hin, „nein, es ist schnell erledigt. Bald bin ich wieder dal" ,Faß mich mitgehenl" drängt Gerd, nicht beruhigt von ihrer -Intwort. „Mit gehen?" Ss verschlägt ihr fast den Atem. „Bist du denn närrisch? Wo du — sa, wo du noch alle die Do- kabeln zu lernen hast — und wo ich doch so bald wieder zurück bin — wo der Vater kommt, dem du lagen mußt, daß da» Essen " ü« faßt plötzlich nach seinen Schultern und schüttelt ihn. Wieder sehen, Gerd! Bis nachher!" Wenig später steht sie auf der Straße. Eie weiß nicht, daß sie ach merkwürdig benommen hat, sie ahnt nicht, wir deutlich die Uu- ruhe ihre» Herzen» au» ihrem ganzen Wesen sprach, wie sühibar sie Nck ihrem Junaen mitteilt«, den sie liebt und den sie schonen wollte. Sie ahnt nicht einmal, das, er — kaum, nachdem Ne ge gangen — die Hefte zuttappte, die Mütze vom Halen riß und eben falls aus der Wohnung tief, die Treppe hinunter, hinter seiner Blutter her, von einer unbestimmbaren Augst getrieben. Sie aber eilt durch die Straßen, die znm Hauplbahuhof führen. Au eben dielen O Zug muß sie, den ihr Mann gefahren hat, den l) Zug Berlin—Wien—Budapest. Mit ihm kommt — Kochius. Kochius, der sich vor mehreren Tagen angckundigt hat, Kochius, der sechzehn Jahre tot war für sie. Sie schluchzt in sich hinein. Damals ließ er sie sitzen. Vergeblich ihre Bitten, ihre Bor stellungen, ihre Beschwörungen: er hatte nur leere Ausreden dafür. So schnell könne er nicht heiraten. Er müsse an Deck zurück. Das Schiff liefe aus. Alenn er wiederkäme . . . Ach, wenn er wieder- kam, in Wochen, in Monaten, würde es zu spät sein. Genau wie jetzt, Io lies sic damals vor sechzehn Jahren durch die gleichen Straßen, voller Verzweiflung, eine junge Hausange stellte, ohne Eltern, ohne Geschwister, schutzlos, hilslos, so lernte sie Brandes kennen. Er heiratete sie, die das Kind eines anderen unter dem Herzen trug. Eie erzählte ihm, daß der andere tot sei. Lo schämte sie sich. Sie sei seine Braut gewesen, erzählte sie, wenn er von der Fahrt zuriickgelommen wäre, hatten sie heiraten wollen. Er sei nicht zurückgekehrt. Er lei irgendwo in einer fernen, fremden Stadt ge storben. An einer Tropenkrankhcit oder so. Das hatte sie irgendwo gelesen. Brandes fragte nicht viel. Er heiratete sie. Das Kind kam; es blieb ihr einziges. Und Brandes lieble dieses Kind so tief und inbrünstig, als sei es sein eigenes. War es nicht auch sein eigenes? Von seiner Frau ihm unter dem eigenen Dach und in seinen vier Wauden geboren! Sie liebten sich sehr, diese drei Menschen. Sechzehn Jahre bislang. Und der Junge wuchs und gedieh, lernte außergewöhnlich gut uud machte ihnen auch sonst Freude. Einmal noch hatte Maria von Kochius gehört, und was sie vernahm, hatte sie entsetzt, doch nicht mehr erschüttert: Kochius war seit langem verheiratet. Darum allo halte er sie nicht heiraten können, darum hatte er sie verlaßen, wenn — ja, wenn Brandes nicht gekommen wäre. Aber Brandes war da. Und das schrieb sie Kochius, schrieb „Bemühe Dich nicht, mein Kind hat einen Vater. Ich will Dich nie mehr sehen. Ich will nichts mehr von Dir hören." Sechzehn Jahre sind eine lange Zeit. Während langer lechzehn Jahre halte Maria Brandes vergessen, daß ihr Junge eigentlich einen anderen Vater hatte. In, sie hatte es wirklich vergessen. Und dann kam dieser Brief und gefährdete die Harmonie der kleinen Familie, das Glück, den Frieden, die Eintracht: Kochius wollte seinen Sohn sehen. Und darum lief Maria Brandes hier durch die Straßen, ihrer Sinne kaum mächtig, hin zum Hnuotbahnhof, zur Sperre, dorthin, wo die Menschen herauoströmeu, die den giigen entstiegen sind. Eie muß ihn abfangcn. Oh. sie wird Ihn wiedererkennen, auch heute noch, nach sechzehn Jahren. Sie hat ihn über dio Maßen geliebt; iede Linie seines Gesichts, jede Bewegung, jede Geste prägte sich ihr damals ein. Sie hatte ihn damals so sehr geliebt, wie sie ihn heut verabscheut und wie sie heute Brandes liebt, und wie sie den Jungen liebt, der nur durch Brandes ein warmes Nest und eine sichere, behütete Jugend hat. Und das soll Kochius ihr nicht nehmen. Er soll cs nichts er soll es nicht! Sie spricht es vor sich hin wie ein heißes Gebet: er soll jetzt nicht einbrechen in ihr Glück, er soll nicht allcs zerstören, er soll nicht nehmen, jetzt auch noch nehmen, er, der niemals gab... Eie wird Ihn abfangen, und dann wird sie es ihm sagen: daß Brandes nichts davon weiß, daß Kochius noch lebt. Daß der Junge nur Karl Brandes als leinen Vater kennt. Daß er, Kochius, kein Recht hat, nicht das geringste Recht, auch daun nicht, wenn seine eigene Ehe kinderlos blieb und ihn in reiferen Jahren nach dem gutgerateneu und wohlgearteten Stammhalter gelüstet. Gerd ist ihr Kind, ihr und Karl Brandes' Kind. Niemand hat ein Recht, ihr das streitig zu machen. Kochius hat nichts als ein frivoles Spiel mit lbr getrieben. Er hat Ehebruch begangen, damals. Er hat ihr die Ehe versprochen, obwohl er verheiratet war. — Alles das wird sie ihm Vorhalten. Alles das muß er einsehen. Eie taumelt über den Weg. Ihre Verwirrung nimmt zu mit jedem Schritt, den sie tut und mit den, sie sich dem Bahnhof nähert Sie hat Angst und doch Mut, Löwenmut. Wenn er ihr den Jungen nimmt, wenn er ihr Familienglück zerstört, wird sie cs nicht überleben. Autos hupen wie rasend. Die Frau läuft hastend über den Fahrdamm. Straßenbahnen klingeln. Ein Radfahrer schimpft. Gerd, der seiner Mutier in einiger Entfernung folgt, bleibt das Herz fast stehen, als er die Mutter so fahrlässig dahcrlansc» sieht. Sie muß außer sich sein. Was ist nur geschehen? Der große der alle Dinar seiner Juaend bisher »u meistern verstand. fühlt sich mit einem Blate wieder wie ein Kind, hilslos uud ohne Ahnung vor den Schicksalen der Erwachsenen. Er sieht die Mutter zum Bahuhof hiueingehcn. Dies befremdet ihn noch mehr. Sagte sie nicht, es sei jemand krank? Ist etwas mit dem Vater? Vielleicht ist dem Vater etwas geschehen, und sie will es ihm, dem Jungen, nicht sagen, ihn nicht beunruhigen. Aber hätte sie dann bis znm Zeitpunkt ihres plötzlichen Ausbruchs ruhig am Kiichentisch gesessen, eine Handarbeit zwischen den Fingern? Gerd Brandes stürzt so jählings in deu Bahnhossvorroum, daß er fast seiner Mutter in die Arme läuft. Denn diele Halle nicht, wie Gerd erwartete, die Sperre valsiert, nm einen Bahnsteig zu be treten oder im Büro des Bahnhossvorstandes vorzusprechen; seine Mutter ist vor der Sperre stehcngebtiebcn. Gerd rettet sich hinter eine Fahrkartentafet. Wenn Mutter sich nur nicht umwendet und seine Beine sieht, seine Hose, die sic kennt, seine Schuhe. Wenn sie ihn gewahrt, wird sie ihm böse sein, daß er ihr gefolgt ist. Aber er muß es misten — er liebt sie doch, leine Blutter! Vielleicht kann er ihr helfen? Maria Brandes fragt deu Beamten nach einem Zug. ob er etwa schon eingetrosscu sei. Nein, der Zug ist noch nicht da. Maria schaut auf die Uhr. Atio hat der Zug Verspätung. Aber jeden Augenblick kann er entlausen, jeden Augenblick kann ein Schwarm von Reisenden sich der Sperre nahen, unter ihnen Kochius. Ihre Erregung steigert sich so, daß ihre Zähne aneinander schlagen. Immer mehr kommt es ihr zum Bewußtsein, was auf dem Spiel steht. Es ist ja noch viel mehr in Gesahr, als man ahnte. Alles wankt, alles ist in Gefahr. Das Leben ist zu Ende, wenn Kochius nicht tzachgibt . . . Minuten vergehen. Äußer Maria stehen nun noch viele anden Menschen an der Sperre, andere Wartende, Hofsende, Erwartungs volle, ach, die meisten von ihnen werden liebe Menschen abholen. Verhaßte holt man nicht ab, die sängt mau ab. Zermürbend ist dieses Warten. Die Oual wird immer größer. Immer mehr Menschen sammeln sich an. Einige werden ungeduldig. Da gellt die Eirene durch den Bahnhof. Die Beamten sehen ein ander an, bewahren aber vollkommene Ruhe. Die Wartenden sind unwiliend und ahnen nicht, worum es sich handelt. Jemand sagt, cs sei ein Probealarm. Niemand möge sich beunruhigen. Probe alarm? Schön, warum soll kein Probealarm sein? Dennoch, der Zug soll bald kommen. Ma» muß es endlich vom Herzen haben, was einen fast zu Boden drückt. Unablässig gellt die Sirene. Ein greiser Pförtner nimmt hinter der Sperre Ausstellung uud wehrt alle beiseite, die sich vordrängen wollen: „Achtung! Durchgänge frei hallen!' Männer schieben sich an Maria Brandes vorbei, sic haben cs sehr eilig, sie drängen, sie rennen. „Bahnsteig drer!" rüst ihnen der alte Pförtner zu. Ist das ein Probealarm? Ist das wirklich kein Ernst? Diele Hast, kann. sie noch gespielt sein? Diese Gesichter, dieser Ausdruck, dieses wahrhafte Erschrecken! Ist das wirklich nur eine ttebuua? Man drängt jetzt nicht nur zur Sperre, die um jeden Peel» sreigehaltcn wird: man läuft auch an die Schalter und verlangt Atlokunst. Irgendwo und von Irgendeinem Munde sollt das Wort, wird zum Satz, der nur schwer ins Hirn findet: Der O-Zug Berlin—Wien—Budapest ist entgleist! Auch Maria Brandes hört es, aber ihre Sinne wallen es nicht faßen. O ölt entgleist? Ese denkt nicht mehr an Kochius, sie denkt an ihren Mann, der diese» Zug führt. Sinnlos dreht sie sich ein paarmal um sich selbst, dann sieht sie plötzlich Gerd vor sich, Gerd, der mit verstörtem Gesicht auf sie -ucilt. Sic fragt nicht, iie wun dert sich nicht, woher er in dieser Stunde kommt! Sie vergißt, daß «r französische Vokabeln zu lernen und im Borraum eines Bahn hofes auch nicht das geringste zu suchen hat. Sic streckt beide Hände wie haltsuchend nach ihm aus. Er sagt: „Mutter — um Himmelswilleu — unser Vater'.' ,La " antwortet sie. Und dann denkt ihr Hirn voller Oual! und was ist mit Kochius? Was ist niit ihm? Sie wehrt sich verzweifelt wider einen jäh aussteigcnden Wunsch, der ihr ganze» Wesen überflammt und Macht über sie gewinnen will. Sie wenrt sich gegen diesen Gedanken — aber in ihm läge ihr« einzige, wahr hafte Rettung... * Chefarzt Professor Weller steht am Operationstisch und sicht zu, wie sein Assistent die Instrumente anskocht. , „Schade, armer Kcrli Pech, ausgerechnet am Pottcrabendl Sein Assistent schaut nur kurz hoch, zuckt die Achseln, lächelt, soweit der Ernst seines Gesichtes überhaupt «in Lächeln zulaßt: „Schadet nichts. So wird Marion schon nm Vorabend unsere« Hochzeit erfahren, was sie von der Ehe mit einem Arzt zu er- warten datl" . , , ..., ^-utietznna folgt.> Schlüssige Beweisführung Zu Kaiser Franz Kain «ine wohlgenährt aussehendc Frau ui Audienz und klagte ihre Not, daß sie die schmale Pension als Veamtenwittve dem Hnngerzustand nahe bringe. „Aber mei liebe Frau", hielt Ihr der Kaiser entgegen, „Sie jchaun nit danach ans. als ob Sie hungern täten — Sie sein ja ganz rosenfarblg und adrett." „Ach, Majestät", kam es resolut zurück, .aufs Aussehen twmmt's gar nicht an. Majestät haben gewiß alles, ivas sich nur wünschen können zum Essen, die allerbesten Eackren, und sind dock) krachendürr." Bürgerstolz Obwohl inan dazu berechtigt war, wurden in der Freien Hansestadt Bremen niemals Orden verteilt. Darum verbot cs sich eigentlich von selbst, di« Verleihung von Orden anderer Bundesstaaten anzunehmen, und wenn man sie dach einmal nicht gut zurückweisen konnte, sie wenigstens nicht anzuiegen. Als Wilhelm Ik. einmal nach Bremen kam und bei einem Emp fang auch einen Bremer Kaufmann bemerkte, dem kurz vorher ein preußischer Orden verliehen n>ar. fragte er ihn geradezu, worum er den Orden nicht trage. — „Den Orden. Majestät, lege Ich nur bet besonderen Gelegenheiten an!" war die uner schrockene Antivort des stolzen Hanseaten. Line ehrliche Antwort Nach erfolgter Verstaatlichung der vrc»ßischen Eisenbay- ncn war der 1879 zum Minister für öffeutlick)e Arbeiten er nannte Maybach der erste Präsident der Eisenbahndirektion Hannover. Als er einmal unangesagt morgens 9 Uhr im Dirck- Ilonsgebäude erschien, wurde er von dem einzig anwesenden Beamten, der seinen hohen Ll)<!f noch nicht kannte, mit der «frage empfangen: „Mit wem habe ich das Vergnügen? " — Maybach, «in hervorragender Fachmann, aber nicht gerade das, was man einen bequemen El>araktcr nennt, entgegnete kurz angebunden: „Ich bin Präsident Maybach, und da ist von Ver gnügen überhaupt nicht die Redet" Die verkannte Flügelfirma Dec Maler Max Pechstein liebte es, nach glücklich über standenen abendlichen Festlichkeiten in einem der damals volks- tzunllchen Berliner Bouillonkeller zu einer gemütlichen Nach- ßtzung mit Freunden unterzuiauck-en. Einmal landete die kleine Befellschast in einem solche» des Berliner Nordens, ivo cs zu tcn Klänge» eines elektrischen Klaviers eine vorzügliche Hüh nerbrühe und frisches Pilsener gab. Nack)dem Pechstein diesen Kcnüjscn wacker zugesprochen hatte, blieb sein entzückter Blick unentwegt auf einer herrlich giftgrünen Strickweste haften, die ron den entsprcck-endcn Weichtetlcn eines athletisch gebauten Mannes zur Schau getragen wurde. Der Maler fand kein Ende, die Weste des Braven, der vom Wirt als lrülrercr Ringkämpfer, jetziger Schlächtermeister bezeichnet wurde, in allen Lauten sei ner Vemunder».ng zu loben. „Mensch, bist du aber fein!" redete »i ihn schließlich an, Indem er ihm mit dein Finger geradewegs in die Magcngegend fuhr. Der Athlet jedoch wahrte seine Würde: „Mit Leuten, die mir nich vorjeslelll sind, vakchre ich nicht, davor kann ich keene Achtung Haden." Pechstein, von 'o viel Mannrsltolz zunächst etwas sonder bar berührt, erwiderte: „Nnn denn, ivenn Sie es durckMis wis sen wollen — ich heiße Pechstein!" Der andere maß sein Gegenüber zuqcknifsenen Auges mit ersichtlichem Wohlwollen hob, seine Molle wie salutierend und rief- ..Prost. Flügelfirma!" Hkechstein erhob gleichfalls sein Glas. Mahre Treue Im Dreißigjährigen Krieg hakle rin Knecht aus Schles wig einen Schwaden erschlagen, weil dieser seiner Braut nach- steiltc Er floh außer Landes, nm denn»!) — nach drei Jahr zehnten — die so folgenschwer gerächte Brant als seine Guilin heimznsiihren. Zuvor aber hatte er diesen Bries an sie geschrie ben: „Wenn Du noch die Gesinnung hast, wie ich mit Dir zusam men diente, so komm zu mir nach dem Haga n id werde mein« Frau. Ich bin gegenwärtig holländischer "< s de Boni- bell, vormals Nis Ipsen, Dein getreuer Bräutigam." Die Strafgebühr von k). Schröter Schneider Nctlel war in der Stccht gewesen . . . allein. Als er heimwärts fuhr, ivcrr er es nicht mehr. Es wäre häßlich, zu behaupten, daß er einen „Richlyzen" sitzen gehabt; war nur ein käsllick)er Rausch vom Zuiauge und Zuviel in der „Goldenen Krone". Schneider Ncitel hatte völlig ..verdunkelt" und fuhr ohne Licht. War nicht einmal rin Kunststück, so zu fahren, denn der Blond beugte sich über die Wolken und leuchtete ihm. Eia anderes aber brachte er nicht serticu dies: dem Wacht meister in letzter Sekunde aus den Augen zu kommen. Was half das? Er meßt« absteigen und wohl oder übel eine gebührenpflichtige Beriuarnuvg hinnehmcn Macht genau eine Mark! Glaube aber keiner, daß er deshalb länger, als man zu einem kräftigen Sehluchen braucht, verwirrt geivcsen. Ist schon jemals ein Wachtmeister von einem Verkehrssünder jo freundlich entlassen werden? Dieser enlsernte sich hierin, jener dorthin, der eine lachte leise, der andere »verwunderte sich. Dieweil aber halte der Schneider schon bedacht, daß er.. - kurz und gut. er stieg nicht wieder aufs Rad. wie all jene tun, die eben noch feierlich geschworen, nie wieder ohne Licht ztt fahren und dann doch an der nächsten Wegbicgung mit schlech tem lsiciviüen und sckx'uem Blick» davonrasen. Nein. Schneider Nettel lies. Erstens, weil das seinem Kopse gut lat, und zwei tens, iveil er wartete. Als er über die nahe Grenze ins Sächsische hinüberkam, nmr er seiner Sack)e ganz fick-er. Dauerte auch gar nicht lange, da kam ihm ein Radfahrer entgegen Lickt? Nein, verdunkelt, völlig verdunkelt! „Halt!" sprang ihn der Schneider an. Was der Rausch für Mut gibt! „Sie fahren ohne Licht? Wißen Sic nicht . . .?" Oh. der andere mußte alles, wicht« nur nicht wie hoch für «inen Sünder seiner Art die Strafe gedacht sei. „Eine Mark gebühmepflichtige Verwarnung!" drohte der Schneider und überstürzte feinen Mut. „An jeder Ecke sollie geheime Polizei stehen, daß sie euch beibringt, nicht ohne Licht zu fahren!" Wie die Leuchischeib« an seinem Rockkragen glänzte lind was er da ans der Tasche brachte, die runde Marke . . . war das nicht das Zeichen, das jeder Junge erkennt als Krimlua!- poitzei? Der Sünder erschauerte und wußte nickt, was er zi erst tun sollte, den Zettel Oniitung über eine Mark — aus des Mächtigen Hand nehmen oder nach dem Geldbeutel greisen Es gelang ihm beides zugleich lind als er gar noch etwas vernahm von „Rückstrahler zu tief!" und „leidige Radsalirer!" wäre er beinahe wieder — keine zivei Schrill von dem ..lebe geheimen" Polizisten entfernt — aufgcsticocn, um n».r schnell genug aus solck>er Nähe zu kommen, in der man weder seines Geldes noch seines reinen Gewissens sick)er war. Schneider Nettel hat hinterher. wie das Herzklopfen wie der vorbei gewesen, tüchtig gelacht und ist munter dranszu« gefahren. „Das heiße ich 1 Mark wiedcrgewinncn!" bat er gedacht, „ivas kährt einer auch ohne Licht?" Wer aber das Glück allzu sehr heraussordcri. dem hat es schon oft unversel)ens eine Maulfckselle gegeben, daß er gemeint, ihn müsse ein Ziegenbock verhext haben. Hat nämlich nickt lang gedauert, da sind ihm drei Burschen nachgekommen . . . ohne Licht! Er hat geglaubt, es »»erde ganz schwül unterm Himmel. Wie sie an ihm vorbeigenxsen. haben sie einander zugcfiüstert. sind plötzlich umgekehrt, »»am Rad ge sprungen. und einer hat den Sckmeider Nettel »»erdroicknui. daß er gedacht, für die Himmelfahrt fertig zu sein. Er hat nicht fra gen und nicht schreien brauchen, sic lmben ihm gleich den „ge heimen Polizisten" ausaetrieben und die schönsten Kosenamen gegeben. Er Hai sa auch nicht wissen können, daß der van ihm An geführte denrsell'en B<achtmeister in die Hände gekommen, der ihm kurz zuvor „gcbiihrenvsllchiig" verivarut. Da hoi dieser seine Unterschrift bei einem gesehen, den er noch gar nicht gefragt: „Wollen Sie gleich bezahlen oder soll Ich Sie anzeigend" Und da ist beiden der Sckm'indel klar geivorden. Wcslmlb ibn der Bursche nicht mitgenommen, um den, „Geheimen" zu si.rhen? Weil da er zivei Freunde in der Näh«, gewußt, die Sache allein besser ansttitragen ivar und eins Schlichtung mit der Hand leichter siel als durch ein langes Verhör. Verdunkelung nom 32. 2. >8.27» Uhr bis 2!i. 2. 8.M Uhr. Verdunkeluna vom 28. 2. 18.27 Uhr bis 24. 2. 7.7,9 Uhr. HaupitchritNeiier: Georg Windei: Eicllverlrettr: Dr. Derdard Drsczyk; Vertag». imk> Avz«Ig,iil,it«r: Ttzeodor Wink«!, sämtlich Diesden. 'trink und Bettaa Germania Buchdrucker«! u Verlag. Dresden, Poliers,rotz« >7. - Preis,iß« N«. b Ist 'giittig
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