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Morgen-Ausgabe siik Leipzig und Voiori« zweimal ttiglich in« * Hau« gebracht,Sonntag« al«Morgenausgabe monaii. M. 1».—. viertelidbri. M. 30— für Abholer monatii M. «50. Morgen-AuSgad« allein M. 7.50 monatlich, Abend-Au«gabr allein M 3.— monatlich. Durch unler« autwüriigen Filialen in. Hau. ge bracht monatlich M. 10.—, vieilelltihrllch M. 30.—; durch dl, Post Innerkalb Deutschland«, frei in« Hau« geliefert, Gefaml-Au«gade monatlich M. 9.—, »lerleliadrlich M. 27.—. AuSlandSoersand: monatlich M. 10.— and Drucklachen-Porl». Einzelnummern' Morp-n. Au«,ad« 30 Pf, Adend-Autgad« 10 Pf. Sonntag«.Au«gabe 40 Pf. hrm-eLs-Ierttms DaS Leipziger Tageblatt enthält die amtlichen Bekanmmachungcn des Rares und des Polizeiamtes der Stadt Leipzig, des Amtsgerichts Leipzig, sowie verschiedener anderer Behörden. 118. Jahrgang >ür «Vr-Leipzig u. Umgeb, di« linfpal«. Vonpareiliczeile M. l.7>. von aufwärts M. 2.2k; Anzeigen von Beddrden im amilicheu Te»l die Ronpareiliezeil, M. 3.50, ». au«w. M. 5.—; klein« Anzeigen die Ronparcillezeiie M 1.40: von anSwdrt« Mir. t.50,BelchäfiSanzelgen nit! Plagvoilchristen im Prell« erddhi. Platz und Daienoorichrifi obne Verbindlichkeit. Beilagenprelf« für die Beiamtauflage Mk. 12.— netto, für Leilausiuge Mir. 15.— netto pro MAe, Postanslage Postgebühr «ztra. .scrnjorcch-Unichiulz Ar. 17 080 bis 17090. — Poltichechkonto 72lr>, Srhriftlcitunq und BeichästSllrll«: Leipzig. üohannlsgasj« Nr. 8. Verlag Dr. Reinhold L Lo, Leipzig 9!k. 360 Freitag, den 29. Juli 1921 W englisch-französische KvWrsmitz Ob es wirklich ein Kompromiß, ein tatsächlicher Auägleiä) der Gegensätze ist, was die englischen und die französischen Diplomaten jetzt nach vieler Mühe zustande gebracht haben, das wird sich erst noch zu erweisen haben. Am Dienstag verbreitete Reuter folgende amtliche englische Kundgebung: Die britische und französische Regierung haben nunmehr ein Ein verständnis über die Fragen von prinzipieller Bedeutung erreicht, die ml Oberschlesien im Zusammenhang stehen. Wie bereits mitzeteilt wurde, hat die französische Regierung sich damit einver standen erklärk, daß der Oberste Rat am 4. August Zusammentritt. Die britische Regierung hat den Vorschlag angenommen, vor dem ge nannten Zeitpunkt eine Sachverständigenkonferenz staltsinden zu lassen, und um den Wünschen BriandS entgegenzukommen, hat sie dem zugestimmt, daß die Konferenz deS Obersten RateS in Paris stattfindet. Die britischen Sachverständigen, Sir Cecil Hurst, RschlSbeirak deS AuS- värtigen Amtes, Tufton, Vo,stand deS Mitteleuropäischen Departe ments, und Waterlow, Mitglied dieses Departements, sind heute abend nach Paris abgereist. Eine Reise der Genannten nach Ober schlesien wird nicht in Erwägung gezogen. Als Ergebnis der Aus einandersetzungen zwischen den Regierungen ist eine viel bessere Atmosphäre geschaffen worden, In der Tat besteht jeder Grund zu der Annahme, daß die oberschlesische Frage sich auf dem besten WegezurLösunz befindet, und daß weitere Mißverständnisse be züglich der Entsendung von Truppen oder eines anderen Punktes wohl kaum entstehen werden. Hiernach sind es die Franzosen, die nachgegeben haben, und darum haben die Engländer ihnen auch den Gefallen getan, in dieser merkwürdig diplomatisch stilisierten Kundgebung fest zustellen, daß sich die Atmosphäre erheblich gebessert habe. Die Franzosen haben tatsächlich ihren Plan fallenlassen müssen, die Konferenz des Obersten Rates, die die Entscheidung über Ober schlesien treffen soll, noch Wochen oder gar Monate lang hinans- zuschieben, und sie können auch die Sachverständigenkommission, die jetzt sofort in Paris Zusammentritt, nicht mehr als Werkzeug der Verzögerung benutzen. 3a noch mehr: auch aus ihrem Plan, daß noch vor Zusammentritt des Obersten Rates Truppenver stärkungen nach Oberschlesien gesandt werden, ist nichts ge worden; wenigstens soweit es sich um die Beteiligung Englands und Italiens an diesen Truppennachschüben handelt. Eine andere Frage ist freilich, ob auch der Plan der Entsendung französischer Verstärkungen als erledigt gellen kann oder ob England seinen Widerstand gegen dieses Unternehmen aufgegeben hat. Wäre letzteres der Fall, so könnte man wirklich von einem Kompromiß sprechen. Aber man weiß es nicht. Die englische Kundgebung drückt sich in diesem Punkte nur orakelhaft aus. Sie stellt fest, daß über alle «prinzipiellen" Punkte, die mit dem obsrschlesischen Problem Zusammenhängen, Einigkeit erzielt sei. Sie gibt aber deutlich zu verstehen, das zu diesen prinzipiellen Punkten die Angelegen heit der militärischen Verstärkungen, die ja nur eine Zweckmäßig- keitsmaßnahme ist, nicht gehört. Es schweigt sich aber auch nicht ganz über den Punkt aus, sondern sagt, es werde nicht an genommen, daß es seinetwegen noch zu weiteren Mißverständ nissen komme. Das sieht aus wie ein «lolerari passe". England wird auf keinen Fall von seiner ablehnenden Haltung abgehen, insoweit seine eigene Beteiligung an der Expedition, die Frank reich vorschlägt, in Frage kommt. Es wird aber vielleicht, obwohl die Londoner Presse die Korrektheit des deutschen Rechtsstand- punktes in bezug auf die Auslegung des Paragraphen 375 an erkannt hat, sich bei der Auseinandersetzung über die Anwendung dieses Paragraphen, die jedenfalls zwischen Frankreich und Deutschland jetzt einsehen wird, uninteressiert zeigen. Da kann es noch sehr kitzliche Lagen geben; denn wenn Deutschland ein von Frankreich allein gestelltes Durchmarschansinnen förmlich ablehnt, so kommt natürlich sofort die Frage der Gewaltmah nahmen an Rhein und Ruhr aufs Tapet, die in der offiziellen Pariser Presse schon angedroht werden. Es klingt nicht sehr hoffnungsvoll für uns, daß England von dem weiteren Verlauf dieser Angelegenheit keine Schwierigkeiten und Mißverständ nisse erwartet. Die Sache könnte aber auch anders liegen. Frankreich könnte in Aussicht gestellt haben, daß es in der Verstärkungs frage von seinem schroffen Standpunkt zurückweicht, weil ihm England in den «prinzipiellen Dingen" entgegengekommen ist. Diese prinzipiellen Dinge können, wenn man will, auch das Prin zip der Teilung Oberschlesiens mit umfassen, das zwar von Deutschland mit Recht überhaupt aufs entschiedenste bekämpft, aber von der englischen Diplomatie keineswegs zurückgewiesen worden ist. Es bestünde also die Gefahr, daß England den takti schen Erfolg, den es durch das französische Zurückwetchen in den Methoden der Entscheidung erzielt hat, durch Konzessionen in be zug auf den materiellen Inhalt der bevorstehenden Entscheidung bezahlt. Dadurch kämen wir natürlich nur vom Regen in die Traufe, und man möchte es fast als ein besseres Anzeichen auf fassen, wenn Frankreich in seinem scharfen Auftreten wegen des Truppendurchzuges nicht nachläht. Lange werden wir uns den Kopf darüber nicht zu zerbrechen brauchen; denn da nur noch acht Tage bis zum Zusammentritt des Obersten Rates verstreichen. Ir. Anthem Ster tie MekraOMeOMZiW Die Umwandlung der Goldleistungen in Sachleistungen — Gerechte Verkeilung — Unbedingte und rasche Ausführung jedes Auftrages — Die Leistungsverbände als Selbstoerwallungskörper Berlin, 28. Juli. In der gestrigen neunten Sitzung des Reparationsausschusses des vorläufigen Aeichswirtschaftsrates führte Aeichsminister Dr. Rathen au u. a. aus: Die Verhandlungen sind seit meinem ersten Berichte ununterbrochen gefördert worden. Von den Hauptfragen ist d e eine die der Finan zierung für den Fall, daß die ehrlichen Sachleistungen an Frankreich denjenigen Betrag überschreiten, den Frankreich bereit oder in der Lage ist, sich auf das Reparationskonto anrechnen zu lassen, eS muß ein Weg gefunden werden, um Stundungen zu ermöglichen, die dahin zielen, daß solche überschießende Beträge auf spätere AnnuilätSleistungen ungerechnet werden. Die zweite Frage ist die Frage der Pre se. ES wird nötig sein, eine Preisgrundlage zu finden, die für einen bestimmten Zeitraum genau übersehen läßt, welches der Wert e uer Ware ist, die geliefert und an gerechnet werden soll. Wir haben sodann gesprochen über die Frage der Errichtung einer französisch-deutschen Organisation zur Ausnahme von Lieferungen überhaupt. Wir haben die entschedene Absicht, den freien Handel gewähren zu lassen, ja ihn zu unterstützen, soweit wir können, auch dann zu unterstützen, wenn er nicht nur zu Barleistungen zwischen Besteller und Lieferant führt, sondern zu Gutschriften auf das Repara- t onSkonko. Zurückgetreken ist während dieser Verhandlungen das Gebiet der Sachleistungen an Ort und Stelle. Ich hoffe, daß, sobald zwischen Frankreich und unä ein gewisses HandelsverhällniS besteht, auch diese Art der Zusammenarbeit sich ermöglichen läßt, ob in sehr erheblichem Umfange, möchte ich schon deswegen bezweifeln, weil aus den französischen Berichten an Kammer und Senat hervorgeht, daß die Gesamtzahl der fremden Arbeiter, die Frankreich aus verschiedenen Nationen zusammen gerufen und auf feinen beschädigten Territorien versammelt hat, nicht größer ist als 25000. Man hat geltend gemacht, daß es sich doch wohl nur um ganz geringfügige Lieferungen handeln wird. Ich rechne nicht damit, daß man etwa aus besonderer Rücksicht für uns oder unsere Wirt schaftslage die Absicht hat, uns enorme Lieferungen zu übergeben. Ich glaube aber, daß die Geschädigten selbst eine beschleunigte Lieferung wünschen. Die französische Regierung hak den Wunsch, daS Wieder aufbaugeschäft in wenigen Jahren zu beendigen. Ich möchte mich jedes Optimismus enthalten; aber ich glaube, daß dieses ganze Verhandlungsgeschäft für die deutsche Volkswirtschaft von ent scheidender Bedeutung ist; denn einmal ist die Umwandlung von Goldleistungen in Sachleistungen für uns unent- behrlich, auf der anderen Seite ist von Bedeutung, wenn wir neben den schweren Lasten, die wir in den nächsten Jahren zu tragen haben werden, nicht mit Beschäftigungslosigkeit zu Kämpfen haben. Ich ver trete den Standpunkt, daß man jeden Versuch machen muß, die Leistungen, die uns auferlegt worden sind, tragbar zu machen, und ich bin weiterhin der Meinung, daß die wachsende Erkenntnis auf der Gegenseite uns diese Arbeit erleichtern wird. Ich bin ferner der An sicht, daß wir dann den entschiedenen Anspruch haben, die Ab änderungen durchzusehen, die möglich sind, wenn wir mit einem «An- erfüllbar' nicht etwa einen Mangel an gutem Willen entschuldigen. Ich glaube also, daß man dis Gegensätze hier im Lande nicht so hoch zu spannen braucht. Ich glaube, daß man den Versuch mit großer Nach haltigkeit machen sollte, die Leistungen dadurch tragbar zu machen, daß man sie in verständige Formen bringt, daß man ferner nicht von vorn herein daran zweifelt, etwas Erhebliches leisten zu können; denn gerade diese Leistung wird uns wieder zu Hilfe kommen, wenn es sich darum han delt, unerträgliche Bestimmungen in erträgliche zu verwandeln. Das be deutet nicht, daß wir die Schwierigkeiten irgendwie unterschätzen dürfen. Sie sind außerordentlich groß durch die Materie selbst, sie sind außer ordentlich groß durch die Gegenwirkungen, die sich in jedem Land« naturgemäß geltend machen, und sie sind weiterhin groß durch die all gemeine Wirtschaftslage in den verschiedenen Ländern, die den Gedanken: erschwert, große Leistungen vom Auslande zu beziehen. Rehmen wir an, daß unsere Sachleistungen zwar nicht phantastisch hoch seien, sich aber doch in sehr erheblichen Grenzen bewegen werden, nämlich in solchen Grenzen, die der Größe des Aufbauproblems in Frankreich entsprechen, so wird ein Strom von Waren aus Deutschland nach Frankreich, ein Strom von Bestellungen von Frankreich nach Deutschland geleitet und ausge nommen werden müssen. Das. was wir übernehmen, ist eine Verplfich. tungvonLandzuLand. Es ist eine Verpflichtung, die nur über nommen werden kann, wenn sie durch den Willen und die Kraft des Landes, das sich zu Leistungen verpsiichtet, gewährleistet ist. Der Träger dieser Verpflichtungen in Deutschland ist der Wiederaufbaukom missar. Er muß durch die Einrichtungen des Landes so gedeckt sein, -aß er unter allen Umständen erfüllen kann, was er übernimmt. Das zweite Prinzip ist das einer gerechten und verständigen Verteilung. Die Leistungen, zu denen wir uns verpflichten, sind nicht freiwillige Leistungen des einzelnen, sondern Leistungen, die aus einem schweren Friedensvertrage herrühren. Wir könnten es nicht rechtfertigen, wenn einzelne Landestcile. einzelne Länder, oder wenn ein zelne Berufsstände del diesen Leistungen zu kurz kämen. Es muß eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Leistungen nach Ländern sowohl als nach Berufsständen erfolgen. Dies ist aber eine außerordentlich schwierige Aufgabe, die sich von allen früheren wirtschaftlichen Auf gaben erheblich unterscheidet, die wir während deS Krieges und nach -em Kriege zu bewältigen hatten. Der dritte Grundsatz ist der der unbedingten, prompten, geschäfts kundigen und raschen Ausführung jedes Auftrages. LS wird kaum möglich sein, eine solche Aufgabe durch einen behördlichen Apparat zu lösen. Eine Möglichkeit, die ich dabei auch auszu schließen wünsche, ist die der Kriegs g e s e l l s ch a f t e n oder eines Gebildes, daä einer KrlegSgcsellschaft ähnlich ist. Der Weg, den wir be schritten haben, zielte in erster Linie darauf hin, dem Relchskommissar die- jenigen Garantien zu schaffen, die er braucht, um überhaupt als verant wortlicher Unterhändler und Lieferant aufzutreten. Wir haben diese Garantie dadurch zu schaffen gesucht, daß, wie bekannt, im Juli diesesIahreS die vom Reichstag genehmigte Verordnung zustande kam, die die Er richtung von Leistungsverbänden regelt. Die Umwandlung eines Fachoerbandes in einen Leistuugsverband wird einfach sein. Ich möchte glauben, daß die Zahl der Leistungsverbände, die entstehen werden, nicht etwa nach Hunderten, sondern wohl nach Zehnern zählen wird. Eine genaue Vorstellung läßt sich einstweilen darüber nicht bilden, weil wir den Umfang und vor allem die Art der Lieferungen noch nicht kennen. Vorgesehen ist endlich, daß auch die einzelnen Merke zu Lieferungen unmittelbar hcrangczogen werden können. Von oieser Bestimmung wird hoffentlich Gebrauch gemacht werden. Was die Preise anbelangt, so müssen wir auf den Fall gefaßt sein, daß auf großen Debieten daS französische Preisniveau uns unzulängliche Preise bietet. Aber dann würde der deutsche Lieferant an sich noch in keiner Weise geschädigt sein; denn di« LeistungsverlxmdSordnung sieht vor, daß -en deutschen Lieferanten angemessene Preise zugebilligt werden. Stellen sich also die dem Reiche gewährten Preise nicht als angemessen heraus, so wür den die Lieferanten den Anspruch haben, einen anderen Preis zu erhal ten, als denjenigen, den -as Reich bekommt. Das kann nun für das Reich unter Umständen ein hartes Geschäft sein, das zu einer erheb lichen Schädigung führt. Aber ein hartes Geschäft ist es auch für. das Reich, wenn es, wie eS jüngst gcscl-ah, gezwungen ist. den amerika^ Nischen Dollarbesitzern für jeden Dollar, den cs kaust. 20 Mark über den Marktpreis zuzuzahlen. Sollte aber ein Gebiet für Deutschland hin ¬ müßte alles Schlag auf Schlag und Zug um Zug vor sich gehen. Seht Frankreich unter Duldung der andern Alliierten seine auf neue Aktionen am Niederrhein gerichtete Gewaltpolitik fort oder hat es gar englische Zusagen auf verstärkte Berücksichtigung der polnisch-französischen Teilungswünsche schon in der Tasche, so ist natürlich das jetzt abgeschlossene «Kompromiß", das wie ein englischer Erfolg aussieht, kein. Kompromiß, sondern ein glatter französischer Sieg. Es ist in der englischen Presse und auch in der Presse Amerikas, dessen Londoner Botschafter anscheinend än den Sitzungen des Obersten Rakes teilnehmen soll, gerade in der letzten Zeit sehr viel Vernünftiges zugunsten einer gerechten Entscheidung der oberschlesifchen Frage gesagt worden. Man steht dort vollkommen ein, was der Verlust Oberschlesienä für Deutschland bedeutet, sowohl für seine Fähigkeit zur Erfüllung der Reparationsverpflichtungen als auch für seine zukünftige po litische und wirtschaftliche Stellung überhaupt. Man sieht auch ein, daß cs im eigenen Interesse der Entenkestaaten, ja der ganzen Welt liegt, dieses einzigartige Gebiet hochentwickelter Industrie nicht dem langsamen Ruin unter der Verwaltung des kaum mehr recht lebensfähigen polnischen Staates auszuliefern. Man hat auch wirklich kein so weites Gewissen wie die Franzosen in der Vergewaltigung des klaren Abstimmungsergebnisses. Dennoch werden wir uns nach der neuesten Kompromiß erklärung vor allzu optimistischen Erwartungen in bezug aus den Bericht der Sachverständigen und die Entscheidung des Obersten Rates hüten müssen. England hat im Gegensatz zu Frankreich das Bedürfnis, die Frage Oberjchlesten endlich einmal aus -er Welt zu schaffen. Aber nicht aus demselben natürlichen Grunde wie wir und die Oberschlesier selbst, für die -er schon allzu lange andauernde Uebergangszustand unerträglich und lebenzerstörend geworden ist. Sondern England möchte die Sache vom Halse haben, weil es Kopf und Hände sreihaben möchte für eine Unzahl anderer drängender Probleme auf dem so mannigfaltigen Schau platz seiner auswärtigen Betätigung, und weil es auch diese be ständige Gefahrenquelle für den von ihm doch immer noch ge- wünschten Fortbestand der Entente verstopft sehen möchte. England begeht damit einen großen Fehler; denn es über« steht, daß es zu einer neuen katastrophalen Schwächung Deutsch lands die Hand bietet, die die militärische und politische Hege monie Frankreichs auf dem Festlande zur vollendeten Tatsache machen muß. Mit dem Ergebnis, daß die ganze «Politik der Erfüllung" und das Kabinett, das dieser seine ganze Kraft ge widmet, zerbrechen muß und dann eine neue Politik der Knebe lung von der französischen Seite her folgen muß. Woraus etn Zustand entsteht, der es natürlich England erst recht unm-gtich machen wird, sich von den festländischen Angelegenheiten zurück- zuziehen, weil nämlich zu diesen festländischen Angelvgenhetten auch die eigenen englischen Mirlschaflsintcressen ln hervorragen dem Maße zählen. Man könnte hoffen, daß Sachverständige, die diese «Sache verstehen", die schließliche Entscheidung sehr wesentlich zugunsten der Gerechtigkeit und des Friedens beein flussen müßten. Leider muß man feststcllen, baß die Herren Balfour und Lord Curzon gerade Sachverständige solcher Art nicht sind. . . ,