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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.02.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191802245
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19180224
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19180224
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-02
- Tag 1918-02-24
-
Monat
1918-02
-
Jahr
1918
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Sette L. Mr. 10U Somuags-Ausgade Leip-t-ee LODedlatt Ein bayrischer Mahnruf München, 23. Februaer. (Drahtbericht unseres Münchener Mitarbeiters.) Wie die bayerischen Nakionalllberalen die Haltung der preußischen Partel- führergegenüder der Frage der Wahlresorm beurteilen, geht auS dem Mahnruf eines angesehenen bayerischen Nationalliberalen hervo^-der an die liberale Landtagskorrespondenz gerichtet ist: .Man muß bei der Beurteilung der Sachlage berücksichtigen, daß die noklvnaUtberaie Fraktion im preußischen Abgeordnetenbause ver möge d«S Wahlrechtes, durch daS sie gewählt wurde, ihrem Wesen »ach etwas durchaus anderes ist. als die aus dem allgemeine», glechen. Heimen und unmittelbaren Wahlrecht hervorgegaugenea ReichS- tagSsraktlon und auch etwas durchaus anderes, als di» wett überwiegende Mehrheit der Parteien in Preußen und im Re che. Darin beruht aber auch der Gegensatz, der die Aktionen der gesamten Partei in wichtigen Augenblicken hemmt und der jetzt von dieser Partei selbst längst als ein wen'g erfreulicher Zustand empfunden wurde. CS ist hinläng ich bekannt, daß sich in der naiionallibcralen Partei von jeher sehr viele und sehr beachtenswerte Stimmen gegen ein System der Gleichmacherei ausgesprochen Haden. Aber den StaatSnotwendigkeitcn. die vor allem durch die zwei königlichen Botschaslen zum AuSdruck ge langt sind, hat sich der weitaus größte Teil auch der Skeptiker gesägt, und auch von ihnen wird die Halluirg der vier national iberalen AuS- schuhmitglieder, die dem konservativen Antrag zur Annahme verhalfen haben, sicher nicht gebill'gt werden. ES steht zu erwarten, daß gegen diese Haltung eine sehr deutliche Bewegung elnsehcn wird, we che die nakionalliberale Fraktion des preußischen Abgeordnetenhauses vor eine der ernstesten Alternativen stellt. In dieser Bewegung habe» aber nicht nur die preutz scheu Mitglieder der Partei mitzusprechen, sondern auch die Nationalliberalen im übrigen Reiche. Denn eS han delt sich möglicherweise um den Bestand der Parteh Der Grob teil der Partei erkennt keinen Anlaß, sich von einer dünnen Schicht, deren staatSpo.it sche und wirtschaftliche Bedeutung keineswegs ver kannt oder bcstrlkten sei. aus unfruchtbare Gebiete politischer Isolierung und allmählicher Auslösung führen zu lasten.' Zu den rumänischen Verhandlungen Ein von maßgebender Seile unterrichteter Berliner Mit arbeiter schreibt uns: Die Friedensverhandlungen mlk "Rumänien haben durch da- russische Angebot eine kleine Verzögerung erfahren. Eie wer den nun voraussichtlich morgen Sonntag oder übermorgen Mon tag beginnen- Um allzu hoch gespannte Erwartungen nicht zu ent täuschen, mutz betont werden, daß es sich lediglich um Herstellung der FrledcnszustandeS und Abrüstung der rumänischen Front handelt. Gebietsabgrenzungen können zunächst nur ganz all gemein festgelegt werden. So dürfte es z. B. bezüglich der Dobrudschafrage vorläufig genügen, daß Deutschland, Oesterreich-Ungarn und die Türkei die bulgarischen Ansprüche an erkennen, anderseits Bulgarien gewissen Sicherungen der Mittel mächte an den Donaumündungen zustlmmt. Unklar liegt noch das bcßa rische Problem. Die bulgarische Regierung ist grundsätzlich nicht gegen die Zuteilung bcßarabischen Gebietes an das künftige Rumänien, macht aber die Einwendung, daß die ru mänischen Wünsche nicht in Gegensatz zu anderen berechtigten Interessen geraten dürsten. Damit sind vor allem die ukraini schen Ansprüche gemeint. Es ist unwahr, wenn die VerbandS- presse behauptet, die Ukraine bestehe durchaus nicht aus Beßara- bien. Die Ukraine stellt wahrscheinlich bestimmte Forderungen bezüglich Beßarablens auf. Ihr kommt et vor allem sehr aus GebletSstreifcn am Schwarzen Meer an. Aber ganz abgesehen von den ukrainischen Wünschen ist die Stimmung inBulgarien gegen den Gedanken erregt, daß Rumänien für alle seine Treu losigkeit nun durch das beßarabifche Geschenk belohnt werden soll Man wird sich überhaupt in Jassy auf eine sehr energisch« und Kühle Haltung der Mittelmächte gefaßt machen müßen. Diese Haltung ist bedingt sowohl durch die Politik des früheren Kabi netts Brotianu als auch durch die Erfahrungen, die man in Brest- Litowsk mit Rordrußland machte. Die Vertreter der Mittel mächte sind über die Stimmung in ollen rumänischen Kreisen ge nau unterrichtet. Sie wißen, wie wenig die Dynastie des König- Ferdinand im politischen Gefühl de- Volke- verankert ist- Sie haben keinen Grund diese Dynastie, etwa au- Pietät für den toten Carol z» stützen. Denn et besteht wenig Aussicht, daß König Ferdinand oder der franßsterte Thronfolger sich t» der Politik zvrechtilnden, di« dem Ausgang des Krieges entspricht and dl« in di« Futztaps«» -es grotze» Larol zurürksüyrt. Del den Verhandlungen w«rd«l dl« Mittelmächte Karans sehen müßen, daß sich nicht feindliche Einflüße etnmlschen. Dies« Gefahr besteht. Dt« Regierungen der Entente haben dem neuen Kabinett Avaresc» bereits «in« Rechnung vorgelegt: Rück- erslattuna der Kriegsvorschüsi« tu Höbe von 3>t Milliarden Lei. Bet Nichtzahlung Sicherheit durch Gewährung von wirtschaft lichen Rtcsenpachtverträoen. Während also die Mittelmächte mit Rumänien politisch verhandeln, möchte die Entente da» Land wirtschafUich sich sicher». Da wtrd mau eine» Riegel vorschleben «npsseu. Wien—Berlin und die Bolschewiki Beuheninge» eine« deutschen Diplomat»». Unser Wiener M kardeiter schreibt onS: Eine deutsche dlotomotische Persön'ichkeik äußerte mir gegenüber: Zwischen der deutsche» Politik der Bolschcrvlke.'chcrrschasi in Groß ruß and gegenüber und der Wiene- Politik bestehl keineswegs ern wie immer gearteter Gegeilgtz. Deutschland als na- tlonal« Macht darf, obne aus sei» Ansehen unter den Deutschen d«S ehemaligen russischen Reiches zu verzichten, teren Hilfeschreie nicht un- gehörc verhallen laßen. Deshalb durste cS Trotzki keine Zeit lassen, den von ihm gcp'anken Vrrnichtungskcieg gegen die der Russenherrschaft müden Fremdvölker des «bemoligen russischen Reiches za organisieren. Anders sind die Berhä'tnlße für Oesterreich-Ungarn geartet. Orsier- reich-Ungarn hat keine C.enze mit Großrußland mehr. ES wird künf- tighin an daS selbständige Polen und an die selbständige Uka ne grenzen, neue Slaaten, die ebenso für die künftige Verpflegung Deutschlands wie Oesterreich-Ungarns in Betracht kommen. Oesterreich-Un garn kann als Rationalitäten st aat aus Rücksicht aus die verschiedenen Völker seines Ekaatenkonzernä n'chl aus die deutschen Hstjcruse auS den da tischen Ländern den neuen Vormarsch gemeinsam mit Deutschland ankrcken. Dagegen hat Oester reich-Ungarn erklärt, daß »S der Ukraine zu Hilfe eilen werde, wenn die Bolschew Ken die friedliche Entwicklung dieses neuen Staates durch Raubzüge der Roten Gard« stören sollten. Schon insofern. asS auch ein Eingreifen Oesterreich-UngarnS in absehbarer Ze't durchaus in der Wahrscheinlichkeit der sich kausal entwickelnden Ereignisse gelegen ist. AnS Budapest verlautet: In den Berliner Verhandlungen der ungarischen Minister Szkerenyi und Prinz Windisch-Gractz wurden in erster Reih« die wirtschaftspolitischen Fragen erörtert, die sich auS dem Fricdensschiuß mit der Ukraine ergeben; ferner aber auch gewiße zwischen Oe^rrreich-Ungarn und Deutschland schwebende Ernährungs fragen. Ueber den Schlüssel zur Verteilung der in der Ukraine vor handenen Waren, ebenso über di« als Gegenleistung an die Ukraine von den Mittelmächten zu liefernde« Industrie- usw. Lrzovgnisse, sind die Verhandlungen noch im Gang«. Ans Lern SstmeWschen WMkdMMM Wien, 22. Februar. DaS Abgeordnetenhaus beendete heute die erste Lesung des Budget- Provisoriums. Der Pol« Demblnskl beklagte die Mchtzulassung pol nischer Vertreter zu den Brester Verhandlungen und kritisierte den ukrainischen FrtekcnSocckrag, desto» Ergebnis den berechtigten Hoff nungen der Polen und den ihnen gemachten Versprechungen nicht ent sprochen habe. Die Polen ständen auf dem Standpunkt, die Rege lung von Grenzsrage» zwischen Ukrainer» und Polen vom polnischen Staat adhänp«. (Lebhafte Zustimmung del den Polen.) Wenn Adq. Hauser gestern von den Pflichten der Polen Oesterreich gegenüber ge- sprachen bad«, so scien sich L<e Polen bewußt, daß sie Pflichten gegen Oesterreich hätten, vor allem g-gen die Dynastie. (Lrdh. Befall bet den Polen.) Sie feien oder gezwungen worden, ins oppositionelle Lager Lderzugehen. entsprechend der lirsste« Ueberzeugung der ganzen Nation. Adg. Glomdinski suchte durch eine Rrih« statistischer Date» zu be weisen, daß daS Ehofmer Gebiet polnisch sei. Durch die in der Er klärung des Ministerpräsidenten zugeslcherke Kommission werde Keinerlei wesenlllche Aendervng deS ukrainische» Vertrages erfolgen. Adg. TreNl dankte -en polmsckr» Mitglieder» deS Herrenhauses sttr ihr einige« Boraehen mit der gesamten Nation. D«r Deutsche Wicht! erklärte, die Deutschen würden sich dl« Hetz reben gegen da« verbündete Deutche Reich, den treuesten Bundes genossen, nich< »-fallen laßen. Di« Doakschrn begrüßten es mit Freude, daß aS den eifrigen B«nüh«MMi de« Grafen Lzerntn gelungen sei, endlich einmal wentgsien« mir eine« Telle der Feinde Frieden zu schließen, und beglückwünschten de» Grasen Lzerntn zu d eser glänzenden Leistung. Alle dies« Angriffe könnte» s«S>stverständlich an Persönlich keiten wie Lc-dendorff und Tirpltz nicht heranvcichen. Aber dkse An- grlsse gegen hochverdiente Bürger de« Deutschen Reiches wurden in Oesterreich bezeichnenterwrise zogesasten. Der Krieg werde durch daS Schwert entschieden werden, MinisterprSfident Wekerle über die Polenfrage Budapest, 22. Februar. I» der heutigen Sitzung de« Abgeordnetenhauses führte Minister präsident Wckcrle u. a. folgendes auS: WaS die polnische Frag« betrifft, ist e« nicht notwendig, zu wieder holen. daß wir für die zukünftige Konstituierung und Konsolidierung sowie für Befriedigung der Ansprüche deS polnischen Volkes in jeder Hinsicht von vollsten Sympathien erfüllt sind. (All gemein« Zustimmung.) ES ist dies nicht nur unser Standpunkt, dem wir Geltung verschaffen wollen, es entspricht dies der ganzen ungarische» öffentlichen Auffassung. Ucber die Fragen, die nicht geklärt sind, die vielleicht als einseitige Wünsche austaumen können, und die vielleicht demnächst zur Verhandlung gelangen, könne er sich natürlich nicht äußern. Ls ist eine Frage, tu welchem Matze wir Im Interesse der Sicherung der Grenze» de« Deutsche» Reiches mit Bezug auf Pole» Ansprüche zu erhebe» wünschen; darüber könne er aber daS Haos beruhigen, daß auch bei Lösung bleser Frage die polnischen und estnischen Verhältnisse einen entscheidenden Einfluß ausüben würden. Was nun die Cholmer Frage betreffe, so sei bezüglich derselben mit den Ukrainern eine neue Vereinbarung zustande gekommen. Er wolle im vornhinein bemerken, waS auch der österreichische Ministerpräsident besonders betont habe, bah nämlich der ukrainische Friedensvertrag im Punkte neun an die Be dingung geknüpfi sei, daß er nur dann inS Leben trete bzw. daß er nur dann in Geltung bleibt, wenn sämtliche Punkte erfüllt würden. Weuu oar eia einziger Punkt uicht erfüllt wird, so tritt der ganze Vertrag außer Kraft und eS hak «tue neue Vereinbarung zu erfolgen. In der Lholmer Frage ist nun eine ncue Vereinbarung zustande gekommen, die di« Gewähr enkhäli. daß die Wünsche der Bevölkerung und die ethnographischen Verhältnisse be rücksichtigt werden, und daß diese Frage unter Mitwirkung Polens gelöst wird. Ich bosfe, daß unter Aufrechterhaltung des ganzen Fr'.edenSoertrageS auch diese Frage zur gegenseitigen Beruhigung unter Beachtung der polnischen Interessen gelöst wird. Ium Fall Dittman« Herr ReichSlagSabgeordneter Dr. Jun cd schreibt »n«: .In dem Ihnen zugcgangenen Berichte über die ReichStagSfltzung vv« 22. Februar sind meine kurzen Bemerkungen zum Fall« Dittmann unrichtig — übrigens übereinstimmend mit anderen Blättern — wieder gegeben. Ich soll gesagt haben: .Wir sind daher mit der Unfreiheit deS Reichstages tn dieser Frage durchaus zufrieden.' DaS hab« ich natürlich nicht gesagt, auch nicht etwas ähnliches. Allerdings versucht« ich auSzuführen. daß wir an Art. 81 der RelchSverfasiong gebunden seien und daß ein ernster Streit über die Auslegung dieser Bcstlmmung nickt möglich sei; Art. 31 geb« dem Reichstag« kein Recht, zu verlangen, -aß die Verbüßung einer rechtskräftigen Strafe unterbrochen werde. Schari wandt« i< - mich drbei geg«n den vom Abgeordneten Herzfeld ausgelprochcnen Satz, daß der Reichstag gegenüber dem Art. 81 .sou verän' sei. Ich fügt« hinzu: ein« Auslegung deS Gesetzes, di« je nach dem politischen Bedarf vorgenommen werd«, führe letzten Ende« zur Uafreibelt. DaS ist etwa« andere- und wird gewiß von viele« gebilligt ward«».' «r l«l»s Parteifrennd« »och da» listenreich«» Ulysses scheel»» «erde». U»ö i» der »aklonalliderale» Fr aktiv», »» dos Hönflet» der Befürworter »der .Schlucker' des gleich«, Wahlrechts allgemach von eine» Halden Dutzend auf säst «in Haides Sch»ck angewachsen ist, ist auch noch nicht aller Tage Abend. Dort lt«gl di« Entscheidung bet de« runden Dutzend ganz echter Miilelparteller, die die Milt« zwischen den nng«sahr gleich starken .Flügeln' Hollen, di« zurzeit noch alle mit der Rechten gehe», aber tu» Augenblick der Ent scheidung nicht restlos bei ihr verharre» werden. Das in der OesfentUchkeit viel besprochene Sttmmoerhältnis von 44 zu 2S ent stammte lediglich einer .tnsormalorischen' Abstimmung, stellt also lediglich eine Moment-photographte der Fraktionssittnmung vom 20. Februar nachmittags 2 Uhr dar. Eine etwa vier Stunden spät« wiederholte Augenbiicksausnohme hätte unter dem Eindruck der Zentrumstaktik vielleicht eine Platte zutage gefördert, die einig« ,laccm-!eroce-Gesichrer' weniger ausgewlcsen hätte. Noch ist alseä im Fluß. Gar zu verschiedener Herkunft sind die Motive, die letzten Endes die Entscheidung der jetzt noch um die Entscheidung ringenden innersten Einwohner der naitonolllberalen Landtagssraklion bceinfiussen werden. Dem einen werden sie fließen auS der Erwägung, daß das Herrenhaus genügende Autorität erhält, um in der Tat einen Schuhdamm gegen demo kratische Uedersluiung zu bilden; Lein anderen aus der Einschätzung der politischen Gcsamlioge. Dem dritten wird vielleicht eine Kund gebung zum inneren Erleben, wie sie jüngst in geradezu ergreifender Weise die badische Landtagssrairlion auS tiefster nationaler Rot einhellig an die große preußische Schwester gerichtet hak, der vierte macht sich ernsthafte Gedanken über erneute Slrcikgesahr. Auch wer an die Zukunft seiner eigenen Partei — aber nicht etwa an feine armseligen Mandaissoraen! — denkt, handelt deshcub nicht schlechthin kleinlich, sofern er sich nur sagt, daß gerade für die Zelt des inneren Wiederaufbaues nach dem Kriege weder Preußen noch das Reich einer starken, zugleich nationalen und liberalen Mi'tcl- parlei werden enlraien können, daß der so ost lplgcfcg'en und doch immer wieder verjüngten Partei der Reichsaründung noch große Ausgaben harren. Wenn er unter diesem Gesichtswinkel die oft leicytferktg aufgeworfene Frage der Parteijpaltung in aller Ruhe und Beionnenhe.i in seinem Herzen bewegt, dann wird er wissen, wie er sich zu verhallen hat. Er wird zu bedenken haben, daß eine in zwei getrennten Heerhouscn zur nächsten Wahlschlacht aus ziehende nationaliiberale Partei weder den Königsplatz noch die Prinz-Albrecht-Straße in nennenswerter Zahl wird erreichen können, und angesichts des Volkshohns, den sie durch ihre Zer fahrenheit geradezu heraussordert, sich nicht einmal trösten kann mit dem Frcmzschen .laut est percki, saut l'konncur.' Wir harren der Momentaufnahme der nakionalllberalen preußischen Landlogssraktion um die Oslerzeit deS preußischen Echicksalsjahres 1918. Dte vorher noch sättigen süns Arbeits wochen werden den nationalliberalen Mitarbeitern am neuen, an gesichts des unerbittlichen Vetos von Krone und Regierung gar so zwecklosen Kompromiß hoffentlich bald den Beweis erbringen, daß dieses Pluralwahlrechtsei nicht ausbrütbar ist. Das preußische Volk erwartet von der deutsch-freiheitlichen Partei der Milte ein Osterei, daS im Glanz der Farbe und mit der Güte deS Inhalts neben dem königlichen Osterei des Vorjahres ehrenvoll bestehen kann. * tsonMag, 24. ^evttvar 1V18 » I Sonnragsgedanke« DK» Prokle»« von Autorität »nb Gehorsam find l» der ganzen W«U ne» oesteUt. Urprodleme der Geschichtet A»f thnen beruht ja alles Zusammenleben der Menschheit. Boa der ersten Horde an dis zu den StaatSbündnißen unserer Tage geht durch die Geschichte ein« fortlaufend« Entwicklung der Organi sation. Sie geht vom kleineren Krelse zum größeren. Und s« gröher der Kreis, um so schwieriger ist die Autorität zu schassen, die ihn zu beherrschen vermag. In der Erziehung des einzelnen schon spielt die Frage nach der rechten Verteilung von Autorität und Gehorsam «ine Rolle- Wo man beim Kinde ansangen darf, die Zügel lockerer zu laßen, wie weit sie überhaupt gelockert werden dürfen, wo an Stelle der äußeren Zwangsgewalt dl« innere Gewalt des Gewißen- an- gerusen werden darf, der Weg von der .Heteronomle" zur .Auto nomie", um mit Kant zu reden, vom Gehorsam g«gen dl« von außen gegebenen zum Gehorsam gegen dte selbstgegebenen, all dem Gewissen geschöpften Gesetze: das sind Fragen, die den Päd agogen beschäftigen, aber auch Fragen, die den Staatsmann nicht« minder angehen. Die ideale Lösung Hal noch kein Mensch für sich verwirklicht. Wir brauchen uns nicht zu wundern, daß auch noch kein Volk sie -erwirklichte. Aber die Aufgabe will trotzdem crngepackk sein. Wer wachsen will, inuß wrnigstLNs sich dem Ziele nähern. Wo man die An strengung ausglbk, das Problem zu lösen, da sinkt man zurück. Du verliert man allen sittlichen Halt, der einzelne wie La- Volk. Wer mündig wurde, der kann nicht mehr zurück in das Stadium dcS blinden Gehorsams gegen jede beliebige Autorität, es sei denn, daß sein Geist krank oder sein Wille gebrochen würde. Es gibt auf der einmal beschrittenen Bahn nur ein Vorwärts. Aber freilich, ost bringt die Geschichte aus der höheren Stufe Erscheinungen hervor, die denen einer srühcren ähneln. Und dann könnte der oberflächliche Blick an Rückschritt denken, wo in Wahrheit Vertiefung und Bereicherung vorliegt. In blindem Vertrauen gehorcht daS Kind, aber dann gibt es auch wieder einen blinden Gehorsam bei dem Weisesten, der durchschaut hat, daß wir mit unserer Forderung deS Gehorsams nicht zum Ziele kommen, wonu wir ihn immer bloß von der Einsicht des Ge horchenden abhängig machen wollen. Zunächst gewiß ist es cln Fortschritt, wenn das Kind schädliche Stosse nicht mehr bloß meidet, weil es ihm verboten wurde, sondern weil es weiß, daß sie schädlich sind. Auf weite Strecken hin soll olle Erziehung er leuchtet fein von der klaren Einsicht in den Zweck. Sicherlich wird uns die Unterordnung unter einen Befehl leichter, wenn wir scinen Zweck begreifen. Drum wird man, soviel man kann, Autorität auf Einsicht gründen- Aber das Ideal, daß wir alle-, was wir tun, nur noch aus solcher Einsicht herauskäten, setzte das vollen dete Reich der Zwecke voraus, von dem Kant redet, setzte voraus, daß Lia ganze Melk von zweckmäßig denkenden Menschen erfüllt wäre. Wie ungeheuerlich ist der Widerspruch, den der Anblick der Welt im Kriege zu einem solchen Idealbild bietet. Wie hart drückt uns selbst tagtäglich «ine Fülle der Ver ordnungen und Gebote, deren Zusammenhang wir immer nur recht unvollkommen überschauen können. Was mutet der Krieg uns alles an Opfern zu, wie zerstört er Menschenschlcksale und Menschenwerke, ohne Saß wir auch nur in einigen Fällen sagen könnten, es habe diesen oder jenen Sinn. Der Soldat folgt dem Kommend», auch wo ihm gar nicht verraten werden darf, welchem höheren strategischen oder politischen Ziele eS dient. Und letzten Ende- sind wir alle wie Soldaten an einem Posten, besten Werk für die Geschichte wir nicht einsshen. Wenn wir dann doch unsere Pflicht tun sollen, kann uns nur eines helfen: das Vertrauen, daß eben ein Sinn der Weltgeschichte auch da sei, wo wir ihn nicht sehen. Und so gehorchen wir denn wieder im Vertrauen aus dies« unbekannte Macht, ähnlich wie daS Kind gehorcht lm Vertrauen auf seine Eltern. Rur freilich darf man da, wo wir den Unstnn kkar erkennen, - nlcht Vertrauen in einen Sinn und demzufolge auch nicht Ge horsam verlangen. Die ^lutorität, die Vertrauen fordert muh also auch danach sein. Eine Rechtfertigung des Wiener Korresporrdenzbureaus »ttb. BerNn, 28. Februar. DaS Wiener k. k. Telegraphen-Korre- spondenzburcüu bittet uns, nachfolgende Feststellung zu veröfsenlUchen: Gegenüber brr von einigen Berliner Blättern gebrachten Mittei lung, daß das Wiener k. k. Telcgraphen-Korrcspondcnzbureau den Auf ruf deS österreichischen PolenkludS veröffentlicht hak. stellt das Wiener Telegraphen-Korrefpondenzblikeau fest, daß der Aufruf des Polenklubs von der Wiener Parlamentarischen Korrespondenz .Pol nische Nachrichten" veröffentlich! morden ist. Dem Wiener Tele-- grapben-Korrespondenzbureau oblag nach der Veröffentlichung des Aus rufs in Ausübung seiner Verichterstatlungspflicht als inter nationaler Nachrichten-Agentur und vertragsmäßigen Verpflichtung gegenüber anderen Nachrichtenagenturen die Verbreitung dieses Auf^ rufes. Tschechische EhremnUgtteder Prag, 23. Februar. (Eigener Drahtbericht.) Der Verein der tschechischen Advokaturkandidaten hat in seiner außer- ordenliichen Generalversammlung die ehemaligen Rcichsrals- abgeordneten Dr. Kramarsch und Dr. Radin sowie den Reichsralsabgeordnelen Dr. Eduard Körner, welcher die beiden Vorgenannten vor dem Wiener Militärgericht verteidigt hat, zu Ehrenmitgliedern ernannt. Die provisorische Regierung iv Warschau Warschau, 23. Februar. (Drahtbericht.) Wie .Kurier Warszawjki" meldet, hak der Regenlschastsrat die Bildung einer provisorischen Regierung angcordnet. An der Spitz: der einzelnen staatlichen Agenden werden Sektionschefs stehen, welche unter dem Vorsitz eines der bisherigen Minister einen Rat bilden. Als Vorsitzender dieses Rates Ist vom Regenlschastsrat Unterrichtsminister Ponikowski tn Aussicht genommen, welcher das Unterrichtsministerium weiterleitet. Noch während dieses Provisoriums, das möglichst kurz sein soll, wird der Regent- schafksrat den Kandidaten für die künftige Minister präsidentschaft bestimmen und ihm, wenn die politische Lage günstig ist, öle Kabinettsbildung übertragen. Die Eharkower Rad» nach Petersburg geflohen Kopenhagen. 23. Februar. (Eigener Drahtberlcht.i Wie aus Charkow gemeldet wird, ist die von zwei Personen ge führte bolschewistische Rada von Charkow nach Petersburg ge flohen. Die Zentralrada hat somit auch tn Charkow wieder die Oberhand gewonnen. Stockholm, 23. Februar. (Eigener Drahtbericht.) Aus Woronesch wird aus drahtlosem Wege telegraphiert, daß in der Nähe von Kiew 200 000 ukrainische Soldaten zu- sa m m e n g ez o g e n wurden. Ein Teil der ukrainischen Armee wurde nach Podoiien und Wolhynien entsandt. In der Nähe von Koszakon und Zslodunoroo wurden drei Bolschewiki- Negim enter entwaffnet, La sie geschworen batten, inii den Ukrainern nicht zu Kämpfen. Ebenso wurden die Bolschewik: in Brallowo entwaffnet. D:e Kampfe im Charkower Gouverne ment wiederholen sich und werden mit größter Erbitterung ge führt. An ihnen beteiligten sich akch die Bauern, die vielfach z» -e» Siegen der Ukrainer verhalfen.
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