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Vlnutag, ri. Tlovember 1SSZ VeemlfchteS Zahlen -nm Rack-eNken WleSloch ist di« grüßt« Irrenanstalt Baten». St« -est«-t «» S7 Gebäuden und verlangt Iw Person«« für Len »rank«ndi«nst. Bon Len 1500 »ranken, die gegenwärtig dort Aufnahme fanden, zahlt bi« öffentliche Hand für 81 v. H. sämtliche »osten. Nür für 10 v. H. geben Li« Angehörige« einen Zuschuß. Tin Teil der Insassen, etiva 70, sind in einem ^gesicherten Hause" untergebracht. Unter ihnen befinden sich 14 Mörder und 42 andere schwere Verbrecher. Ähre besonder» sorgfältige Betreuung erfordert «inen täglichen Aufwand von 20 RM. je Kopf. Für die gegenwärtigen Insassen der Anstalt, von denen die ältesten bereit» im Jahre 1010 ausgenommen wurden, zahlte der Staat insgesamt 28 Mill. RM. Ein ähnliches Bild finden wir auch in den anderen An- palten Baden». Dieses immerhin nicht übermäßig große Ländchen beherbergt 4400 Pflegebedürftige in geschloffenen Anstalten, betreut 4800 Geisteskranke in offener Fürsorge, hat 1600 Personen in KreiSpslegeanstalten, 2000 Personen in Epileptiker-, Idioten- und Alkoholikerheimen und 1500 Jugendlich« in FUrsorgeerziehungShotmen. Von den Geistes- kranken sind «6« länger als 10 Jahre, 260 länger al so Jahre, 112 länger als 25 Jahre, 54 länger als »0 Jahre, 82 länger als 85 Jahre und 6 länger als 40 Jahre ein- geschloffen. Ale groß die Belastung der Gemeinden durch die Minder wertig«» ist, zeigen die Aufwendungen, die die Städte Mann heim, Heidelberg und Pforzheim für ihr« in badischen An stalten untergebrachten Geisteskranken zu machen haben. Sie betragen für Mannheim 45 000, für Heidelberg 15 000 und für Pforzheim 12 000 RM. monatlich. Gibt es einen schlüssigeren Beweis für die Not wendigkeit der Verhinderung der Fort zeugung dieser Minderwertigen? Dte lateinische Schritt tn Savan Die Einführung der lateinischen Schrift in Japan macht große Fortschritte. Ein erheblicher Teil des schriftlichen Verkehrs in Japan wird bereits unter Benutzung der latei nischen Buchstaben bewerkstelligt. Das gesamte kaufmännische Personal muß Kurse mitmachen, in denen die neue Schrift art gelehrt wird, wobei die bemerkenswert« Feststellung ge macht wurde, daß ein großer Prozentsatz gerade der kauf männischen Angestelltenschaft schon seit Jahren der latei nischen Schrift mächtig war. ES fehlt noch immer nicht an Stimmen, die mit aller Energie die Beibehaltung der alten überlieferten nationalen Cchriftzeichen fordern. Aber ihre Zahl ist im Schwinden brgrissen, denn zu schnell hat die Erkenntnis um sich ge griffen, daß mit der Einführung der lateinischen Schrift zeichen ungeheure Erleichterungen verbunden sind. Mährend einer längeren NebergangSzeit werden im amtlichen Verkehr die Akten alle tn der alten sowie der neuen Schriftart auSgesithrt. Das bedeutet zwar eine er hebliche Vermehrung des ArbeitSumfangeS, aber diese muß in Kauf genommen werden. Auch tn den Schaufenstern fin ¬ det man vielfach schon Schilder in doppelter Schrift. Man nimmt an maßgebender Stelle an, daß immerhin noch zehn Jahre mindestens vergehen werden, ehe sich die lateinische Schrift restlos Eingang verschafft hat. In den ländlichen Gegenden hat sie natürlich bisher am wenigsten durchdringen können, um so mehr, als das Analphabetentum in Japan noch sehr groß ist. «em oetz-rl -er Ror-pol? In aller Stille haben sich die an die Polarregion grenzenden Staaten den kalten Bissen geteilt. Was hier in dieser diplomatischen Sprache „Anspruch" heißt, bedeutet tn Wirklichkeit Besitz. Nimmt man den Kreis um den Pol mit seinen 860 Grab, so beansprucht Rußland, wie die „Um- schau" mttteilt, die 160 Mrad vom Nordkap bis zur Bering- straße, bann folgen die 80 Mrad des nördlichen Alaska als amerikanisches Gebiet, 80 Mrad gehören zu Kanada, die nächsten 50 Mrad bilden da« heute dänische Grönland »Haager Schiedsspruch vom 5. April 1088s, und die an schließenden 40 Grad mit dem kohlenreichen Spitzbergen konnte Norwegen al» sein Staatsgebiet gegenüber eng lischen Ansprüchen durchsetzen. So hat jeder seine Scheibe au« der Apfelsine. Aber der Nordpol, wo die Scheiben zu- sammentrosfen, gehört niemand. Wer dort steht, was heute noch nicht einfach ist, hat seinen Fuß gleichzeitig in füns Staaten. * Drei Personen im »nrische« Haff ertrunken. Ans dem Kurischen vafs bei Schwarzort hat sich ein schweres Fischerunglück ereignet. Ein Fischerwirt, seine Frau un fein Bruder segelten vom Memeler Fischmarkt in einem kleinen Ftscherkahn heimwärts. Als üc bis 28 Uhr nicht zu- rückgekehrt waren, fürchtete man, daß sie verunglück» seien. Man begab sich ans die Suche. Unweit einer Tankstelle fand man Netz- und Kahnteile treibend vor, woraus geschloffen wird, daß alle drei ertrunken sind. Eine Leiche konnte be reits geborgen werden. * Rund nm di« Welt im Faltboot. Der Deutsche Friedrich Ulrich, der sich auf einer Fahrt im Faltboot rund um die Welt befindet, ist in Rom e i n g e t r o f f e n. Er ist am 15. Juni aus Kiel auSgefahren und begab sich über Bremen, Wilhelmshaven, Emden, Edain, Amsterdam, Utrecht, Ostende, Calais nach Boulogne-sur-Mer. Er durchfuhr so dann Frankreich durch die zahlreichen Flüsse und Kanäle und erreichte bei Marseille das Mittelmeer. Der Weg führte ibn dann über Genua nach Nom. Ulrich beabsichtigt, seine Vcltsahrt in vierzehn Jahren zu beenden. * Neunnndscchzigjähriger erschlägt beim Frühstück sein« Verlobte. Auf einem vaubcngrundstück in -em Berliner Vorort Karow spielte sich eine schwere Bluttat ab. Dort schlug der Ostfährige Peter Eiezynskt seine Verlobte, die kVährige Witwe Agnes Magdciazek, als Ne gerade in der .stucke frühstückte, nieder, indem er ihr von hinten mehrere wncktige Sckläge mit einer kleineren Art über den Kopf versetzte. Sie wurde mit einem Schädclbruck i»S Kranken hau» eingeliefert. Der Grund der Tat ist Eifersucht. Eie- ziinski glaubte, seine Verlobte habe ihn hintergangcn. Er wurde fcstgcnommen. * Sin Nnto sährt in eine Fnßgängergruppe. Ein Kino- besitzer in Hamburg a. d. H. fuhr mit seinem Kraftwagen in eine Mrnpve von Fußgängern. Etwa zehn Personen, darunter mehrere Kinder, wurden verlebt. Der Kino- bcfiher wurde von der erregten Menge aus dem Auto geholt und schwer verprügelt. * Drei Opfer anSströmende« MaseS. In Bielefeld wurden der Drogist Sambo und seine Fra» in ihren Betten tot aufgefnndeu. Vor dem Rett lag der achtjährige Sohn der Familie. Als Todesursache der Eltern stellte sich Gasver giftung heraus. Der Drogist hatte seinen Gasherd mit tels eines MaöschlauchcS angefchlossen und diesen, damit er nicht »brutschen sollte, am MaShaupthahn mit einen, Bind faden festgebnnden. Im Laufe der Zeit war sowohl der Schlauch wie auch der Faden mürbe geworden und beides hatte sich gelöst. Außerdem war der MaShaupthahn nicht zu gedreht. Lurch das anSströmende GaS wurde dem Junge» wahrscheinlich schlecht. Er ist dann allem Anschein nach an das Bett seiner Eltern gegangen und dort ohnmächtig ge- worden. Als man ihn morgens fand, gab er noch schwache Lebenszeichen von sich. Das Kind wurde ins Krankenhaus kvergesührt, Nr. S« Seite 11 — «Dresdner Nachrichten Großpapa wiegt den Kops hin und her und Fenster hinaus. Dann räuspert er sich be- beide au» einem alten, gesunden Schlag. Aber nie etwa« übertrieben: nicht das Esten und * Liebhaber erfriert vor dem Fenster der Geliebte«. In Abo (Finnland) wurde tn einem Hose der Leichnam eines gutgekleideten jungen Mannes aufgefunden. Offenbar war der junge Mann erfroren. Es konnte festgestellt wer den, daß er ein junges Mädchen, das in dem zu dem Hof gehörenden Hause wohnte, verehrte, daß er nachts auf Ein laß gewartet hatte und schließlich eingeschlasen war. Der heftige Nachtfrost hat ihm dann das Leben gekostet. * Die Höllenmaschine im Telephon. In Helstngborg wurde in der vorigen Woche ein Bediensteter namens Firtölä wegen versuchten Mordes an seinem Herrn, einem ehe maligen Ministertalbeamten, sestgenommen. Der Mordver such dürfte wohl den eigenartigsten Attentaten zuzurechnen sein, die in der Kriminalgeschichte bekannt geworden sind. Firiölä hatte in die Hörmuschel des Telephonapparates eine regelrechte Höllenmaschine eingebaut, die sich beim Abnehmen des Hörer» entladen sollte. Darauf verlieb er die Woh nung und rief seinen Herrn, dem er aus krankhafter, völlig grundloser Eifersucht den Garaus machen wollte, von einem öffentlichen Telephon aus an. Durch die Erschütterung beS Apparates, verursacht vom Läuten der daran befindlichen Glocke, geriet jedoch die Höllenmaschine vorzeitig zur Ex plosion. Der Mintsterialbeamte, der tn einer anderen Ecke beS Zimmers saß, wurde durch den Luftdruck gegen die Zimmerwand geschleudert und erlitt eine schwere Gehirn erschütterung. * Pat gesund! A»S Kopenhagen schreibt un» unser 6.-8.-Mitarbeiter: „Erfreulicherweise ist die Nachricht von dem seelischen Tod des baumlangen Pat, Les Genoffen des kleinen PatachonS, wenigstens etwas verfrüht. Der liebe Pat bittet mich, seinen lieben deutschen Freunden mitzuteilen, daß er sich der besten seelischen und körperlichen Gesundheit erfreut. Er hat gar keine Neigung zu TobsuchtSanfällen, sonst hätte er vielleicht einen bekommen, al» er b-te Nachricht von seinem seelischen Ableben erhielt, aber die war ja auch von so netten Worten begleitet, daß er ganz gerührt war, was ihn milde stimmen mußte. EtivaS Wahres ist aber leider dock an der Nachricht. ES ist aber nicht der baumlange Pat, sondern der lieb« Patachon, der krank daniederliegt. Die» ist auch keine Neuigkeit mehr, denn seit Monaten liegt Patachon im Krankenhaus. Für den letzten Pat-und-Patachon-Film, der liier gedreht wurde, hat man auch einen Stellvertreter für ihn gehabt in dem beliebten jugendlichen Operetten- komiker Hans M. Petersen. Da dieser ein« leibliche Aehnlich- keit mit dem echten Patachon hat und außerdem ein begabter Komiker ist, ist das Experiment sehr aut gelungen. Aber eS gibt doch nur einen Patachon, und deshalb wird eS gewiß alle seine deutschen Freunde und Verehrer freuen, zu hören, daß dieser echte Patachon jetzt auf dem Wege der Besserung ist. Der lange Pot hat «S mir mitgeteilt, gleichzeitig als er seinen eigenen seelischen Tod widerrief. Er hat ihn tn diesen Tagen besucht und meint sogar, daß eS nicht lange bauern wird, bis er mit seinem alten Knmpan wieder zusammen arbeiten wird." * 17 Zigeuner von Wölsen gefressen. Eine schauerliche Tragödie hat sich dieser Tage tn ÄoSnien abgespielt. Hier trieb sich eine ZIgeuncrtruppe, die aus sieben Erwachsenen und zehn Kindern im Alter von zwölf Jahren bis sechs Monaten bestand, herum: sie reisten in zwei Wagen. Durch Diebstähle, die in dem Dorfe Doboj vorkamcn, wurde die Polizei auf sie aufmerksam, und als sie merkten, daß ihnen sechs Gendarmen auf den Fersen waren, trieben sie ihre Pferde an und verschwanden aus der Flucht in den Sümpfen von Krnina. Am nächsten Morgen fanden die Gendarmen den Ort, an dem sic gelagert hatten, aber Zigeuner und Pferde waren verschwunden. Auf dem Roden lagen blut befleckte Neste von menschlichen und tierischen Knochen, so- wie von Kleidern. Ringsum in der Runde sanden sic Spuren von Wölfen, die tn einem großen Nudel ausgetreten waren. Lte Gendarmen sind überzeugt, daß keiner der Z'geuncr den Bestien entkommen ist. * Der Londoner Rebel läßt nach. Die Londoner fürchten bekanntlich am meisten den Monat November, weil sie ihm die meisten Tage mit dem schrecklichen „Londoner Nebel" z» verdanken haben. Seit einigen Jahren jedoch ist eS nicht mehr so schlimm mit dieser Plage, und di« Nebeltage werden immer seltener. Man schreibt diese Erscheinung der Tatsache zu, daß immer mehr Haushaltungen dazu ttbergegangen sind, an Stelle mit Kohlen mit Elektrizität zu kochen, so daß die Berrußüng der Lust ein« ungleich schwächere geworden ist und dadurch einer der Hauptgründe -er gelblichschwarzen Farbe sowie des abscheulichen Geruchs des Nebels in Weg fall zu kommen beginnt. * Möbeltransport G. m. b. H. Langsiuger L Eo. In Twickenham, einer kleinen Stadt unweit Londons, befindet sich eine fertig möblierte Villa, die nur zur Ansicht dasteht. Sie ist herrlich eingerichtet, aber — nur zur Ansicht. Eine» Tages fuhr vor dieser Villa ein Wagen der Möbelfirma vor, deren Schild über der Tür hing, -aS besagte, man solle sich das Hau» und seine Einrichtung unverbindlich betrachten. Von dem Wagen stiegen zwei Möbelträger herunter, die den Umstehenden schimpsend bckanntgaben, daß sie nach ihrer schweren Tagesarbeit jetzt am Abend auch noch das Haus auSräumen müßten. Einige junge Leute, die für die Wut der Möbelträger Verständnis hatten, erklärten sich gern bereit» ihnen gegen ein Trinkgeld bei der Ausräumung der Villa zu helfen. Gesagt, getan — innerhalb einer Stunde war die herrliche Einrichtung aus dem HauS tn den Möbel wagen gebracht, die Träger gaben den jungen Leuten da versprochene Trinkgeld, setzten sich auf den Kutscherbock und fuhren los. Am nächsten Morgen wollte der Agent der Firma die Villa allmorgendltch zur Ansicht des Publikums öffnen, wobei er zu seinem Entsetzen keststellte, baß das HauS leer mar. Wenig später erfuhren die hilfreichen jungen Leute, daß sie Dieben geholfen hatten, die Villa auSzuräumen. * St« japanisches Poftslngzeng abgestürzt. Amtlich wird mitgeteilt, daß ein Postflugzeug Tokio — Kobe abgestürzt ist. Dem Unglück fielen drei Insassen zum Opfer, während eine Person Verletzungen erlitt. Die Ursache des Ab sturzes konnte noch nicht geklärt werden. Damals — al» b«r Großpapa ... Kleine Rückschau au» der Warte hoch über unS junge Menschen, au» der Höhe der 05 Jahrei Man erschrickt, wenn der Großpapa ganz ernst beginnt: „Als wir vor neunzig Jahren zusammen aus der Wiele spielten, dachten wir nicht, baß man unS im Jahre 1088 mit Fackelzug und Glückwünschen, mit Blumen und Ehrentasten auSzetchnen 'würbe, weil wir so lange zusammengeblieben sind. Wir waren auch zusammen in der Schule. Ach, das war damals alles anders als heute . . . Ehe ich mit 2S Jahren meine Frau nahm, hatte ich mich fleißig umgeschaut. Aber ich sand keine, die bester und schöner gewesen wäre! Solch eine Umschau war nicht leicht: Gut vier Stunden war'S zum nächsten Tanzboden, wo sich die junge» Leute und die heiratSsrohen Mädchen trafen. Nein, eS war keine besserl An die Politik? Da erinnere ich mich nicht so genau. Die großen Ereignisse, die deutsche Einigung 1871, das weift man ja noch, aber sonst habe ich immer viel arbeiten müssen, habe den Kops voll gehabt mit großen uich kleinen Sorgen. Man hatte nicht soviel Mnßc damals . . ." Damals —, als der Großvater die Großmutter nahm—, „U« tanzen kunnt «r!" Bei der Großmama hat die Erzählung des Großpapas sreudige Erinnerungen geweckt: vor allem, als er vom Tanzboden sprach: ,Ha, daS ist alles so lange her . . . Aber tanzen kuunt er, wie keiner in Bochum und weit rum! Die Mädchen haben sich um ihn gerissen. Aber mich hat er dann geheiratet . . ." DaS war damals, als man noch sechs Unterkleider trug, als die Krinoline das Ideal der eleganten Frau war, als der kleine Hut — wie er jetzt wiederkehrt — seine Geburt erlebte. Lang', lang' ist da» alles her ... . Das alte Frauchen reicht ihrem Wilhelm die dünnen Hände hinüber. Und Wilhelm streichelt die alten Händchen, wie einst vor 70 Jahren, als sie diesen gemeinsamen Weg begannen. Oh, es ist alles so lange her Im Leben dieser beiden Leutchen: Man schrieb den November 1863, als der Groß papa die Großmama nahm. 1888 wand sich der Silberkranz um ihr EheblindniS. 1018 begingen sie die goldene Hoch zeit. 1028 feierte man ihr Ehebündnis als das diamantene. Und 1028 war die Ehe gar zu einer eisernen geworden. Und nun, 1083 — Gnadenhochzeit! Ein neues Wort für einen Begriff, der für Millionen und aber Millionen nie Tat wird. Aber wer zurückschaut, der muß auch auöschauen in die Zukunst. So sagt denn auch Großmama Stracter so schlicht, wie wenn eS sich um einen Kirchgang handle: „Nun ist die Gnadenhochzeit geschlossen, — jetzt können wir denn in den Himmel gehen .. ." U. li. Bel NeutfchlaM tilteftem Edenmr Jetzt feierten fle „Gnadenhochzeit" — Ei» hochzeilsname, den man erst erfinden mutzte — Da« Bochumer Ehepaar Straeter beging fein 70. Ehejubiläum — Zwei uralte Leutchen erzählen au» ihrem Leben S« Voch»m-Ver«« »at »a» «lieft, «»epoor Deotsch- lo«»S i« diese« r«»e» »le «»odeohochzelt gefeiert: «i»e Hochzeit, »le so seit«, ift, »oft der V-»e »«stir ei«««» «rf«»»e» verte« »oftt«. «trdzt, Jahr« ft«» diese ölte» LeMche» »Uetmmder »erheiratet. Noch««, im November. „Wir kennen ««» sch»« »0 Jahres- Alte, uralte nette Leutchen, betreut von Töchtern und Söhnen, ein Pärchen, das gemeinsam alt wurde, — nachdem eS schon gemeinsam groß geworden war. Hand tn Hand gingen sic durch ein langes, langes Leben. Und sie haben nur den einen Wunsch, baß sie ebenso gemeinsam und Hand tn Hand auch in den Himmel dürfen. Siebzig Jahre miteinander gelebt —, nachdem man sich neunzig Jahre gekannt hat! Wer wird daS von uns erleben? Und mag man immer wieder — im Bewußtsein des Un wahrscheinlichen — sagen, daß man selbst nicht über die 70 hinaus möchte: wenn man diese beiden alten Leutchen sieht, kann man traurig sein, weil man eS wahrscheinlich nicht erlebt. Diese Gemeinsamkeit der Lebensbahn hat die beiden so durchdrungen, daß auch ihr Wesen, ihre Gesichtözllge rinan- der ähnlich geworden sind. Wirklich, siebzig Jahr« sind eine lange gemeinsame Zeit, und 05 Jahre sind ein langes Leben! Da muß man schon die Lebenskunst, die man eben nicht lernen kann, ganz und gar innerlich ersaßt haben, wenn man so still und freudig die Gnadenhochzeit feiern kann, wie Wilhelm Straeter mit seinem uralten Frauchen. „Wie wird man so alt?" Und als wir die beiden sahen, befiel uns die alte mensch liche Neugierde, die nach dem Lebenskraut suchen ließ und dazu führte, daß man den Jungbrunnen erträumte, die Neu gierde nach dem Rezept für das lange Leben, ein Rezept, daS wundervoll sein muß, wenn eS zweifach so wirkte . . . Aber der blinzelt -um dächtig: „Wir sind — wir haben .... nicht das Trinken, ich auch nicht das Rauchen! Wir sind früh zu Bett gegangen und früh aufgestandcn. Gleichmäßig ge lebt und nichts überspannt, dem Kopf uilü dem Leib nicht zuviel zugemutet. Mehr weiß ich nicht!" Also kein Geheimkraut, kein Wnndertee! Sondern nur: ruhiges, gleichmäßiges Dasein, Schlafen, Essen, Arbeite»! Ein einfaches Rezept, aber wer von uns befolgt eS in dieser Welt, die das Ideal im Rekord sieht, der Ueberspannung, gemeßen am Rezept des ältesten Ehepaares Deutschlands?! Denn das Frauchen ist der gleichen Ansicht, nickt be stätigend, sagt mit einem ganz feinen Stimmchcn: „Ja, »a, so war'S, so ist es gewesen .. /