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Wilhelm und Laroline Herschel von professsv Otto Urbach 11. Fortsetzung. Sir William Watson kehrte auo London nach Bath zuriick. Gleich nach seiner Ankunft suchte er Caroline Herschel auf, um ihr Briefe von Wilhelm Herschel auszuhändigen. „Mitz Herschel", sagte er zu ihr: „Ihr Herr Bruder wird noch nicht so bald zu- rückkehren. Er ist mit seinen Teleskopen nach Greenwich ein geladen worden, wo sich, wie Sic ja wissen, die protze König liche Sternwarte befindet. Eine Anzahl bedeutender Gelehrter wird sich dort versammeln, um seine Instrumente in Augen- scheln zu nehmen. Er lätzt Sie und Herrn Alexander herzlichst griitzen."" — „Der arme Wilhelm hat wohl viel Arbeit, Sir William. Ich fürchte, er wird sich noch überarbeiten", seufzte Caroline. — „Im Gegenteil, Mitz Herschel. Er klagt lebhaft darüber, datz er ein so mtttziges Leben führe und eigentlich nur zwischen London und Greenwich hin- und hcrsahren müsse." — Therese Griesbach sä,rieb indessen am 3. Juli, der König wünsche überhaupt Wilhelms Uebersiedlung in die Nähe von Windsor, um seine Instrumente benutzen zu können: „Der Kö nig wird die Rückkehr zu seinem Berus gar nicht mehr dulden. Er beabsichtigt, ihn zum Hofastronomen zu ernennen." — Ain nächsten Tage traf ein Bries Wilhelms ein, der zu erkennen gab, wie unentbehrlich der Astronom bereits aeworden war. 3. Juli 1783. Liebe Caroline. Ich bin so beschäftigt gewesen, datz Du Dich nicht wundern darfst, wenn ich nicht früher schrieb. Dein Brief vom letzten Montag kam richtig in meine Hände. Da Dr. Watson so gut gewesen ist, Dich und Alexander von meiner Lage in Kenntnis zu setzen, so beruhigte ich mich über mein Stillschweigen um so mehr. Gestern abend guchtcn der König, die Königin, der Prinz von Wales, die Kronprinzessin. Prinzetz Sophie, Priuzetz Au guste usw., der Herzog von Montagne, Dr. Hcbcrden. Herr von Luc usw., durch mein Teleskop. Der Abend war sehr schön, und mein Instrument erregte allaemelne Befriedigung. Der König hat sehr gute Augen und die Beobachtungen durch das Fernrohr machen ihm autzerordcntliche Freude. Da der König und die Königin heute nach Kew gegangen sind, so wünschten die Prinzessinnen mein Teleskop zu sehen. Netzen aber anfragen, ob dies nicht möglich wäre, okne hinous a»fs Gras zu gehen, und waren sehr erfreut zu hören, datz mein Instrument an jedem ihnen beliebigen Platze ausgestellt werden könne. Gegen 8 Uhr wurde Ich In die Zimmer der Kö nigin gerufen, und wir warteten einige Zeit In der Hoffnung, Jupiter oder Sglurn zu Gefickt zu bekommen. Währenddem zeigte ick den Prinzessinnen und mehreren anderen Damen, die gegenwärtig waren, das Speculum, die Mikrometer, die Be wegungen des Teleskops und andere Dinge, die ihre Witz begierde zu erregen schienen. Da der Abend aber durchaus nichts versprach, so schlug ich vor, anstatt des wirklichen Saturn, den wir nicht haben konnten, einen künstlichen zu beaugen scheinigen. Ich hatte, da ich aus dem Ansehen des Wetters am Nachmittage schlotz, datz wir keinen Stern zu sehen bekommen würden. Alles im voraus in Bereitschaft gesetzt. Mein Vor schlag wurde mit vielem Vergnügen angenommen, und Ick zün dete die Lampen an. welche das aus Pappe geschnittene Abbild eines Saturn, das an der Gartenmauer angebracht war, er leuchteten. Der Effekt war schön und so natürlich, datz der beste Astronom ück hätte täuschen lasten können. Ihre Königlichen Hoheiten schienen sich über das Kunststück sehr zu freuen. Ich blieb bis gegen halb elf Uhr mit den Damen In den Anartements der Königin, und bemerkte in der Unterhaltung mit ihnen, datz sic über alle berührten Gegenstände sehr aut unterrichtet waren. Auch van Charakter scheinen sie sehr lie benswürdig. Sie hoffen, morgen abend mehr Glück zn haben, und nichts würde mich mehr freuen, als ihn"n einige der schö nen Gegenstände zu zeigen, mit denen der Himmel so herrlich geschmückt Isi." In der letzten Iuliwoche traf Wilhelm ein. Kaum ange- lnngt, teilte er mit: „Wir werden nach Datchet übersiedeln". — „Datchet? Wo liegt Datchet? Ich Hohe den Namen noch nicht gehört", frug Alexander. — „Datchet liegt unweit Windsor, östlich von Eton". — Nickt nur Sir William Watson, sondern ganz Bath war betrübt über den Fortzug der Geschwister Her schel. die als Künstler ebenso beliebt waren wie als angenehme und freundliche Nachbarn. Der Name des protzen Astronomen war in der panzcn Welt berühmt und hatte Bath fast noch an ziehender gemacht, als es durch seine Bäder war. Auch Caro line und Alexander pingen ungern aus Bath fort, denn sie fürchtete» nicht ohne Grund, Wilhelm würde sich trotz seiner endgültigen Ernennung zum Königlichen Astronomen finanziell erheblich verschlechtern. — Sir William Watson, der so bald es möglich war, seinen Freund besuchte, fragte diskret: „Im Ver trauen Freund Herschel, wie hoch ist das Gehalt, das der König für Sic ausgesetzt hat?" — „Raten Sie Sir William!" — „Ich nehme an, tausend Pfund Sterling. Der König ist ja In allem sehr sparsam." — „Fchlpcschosscn. Sir William. Es sind leider nur zweihundert!" — „Was? Mister Herschel, Sie belieben zu scherzen!" — „Nein, im Ernst Sir William!" — „Das ist un erhört". rief Watson und stampfte unwillig mit dem Futz auf die Erde. „Niemals hat ein König eine solche Ehre billiger gekauft!" — „Welche Ehre, Sir William?" — „Die Ehre, einen der genialsten Männer seiner Zeit und einen der prötzte» Astro nomen aller Zeiten an seinem Hofe zu haben! Von Herschel wird man »ach Jahrhunderten noch voll Ehrfurcht sprechen, wenn man von Georg nur noch weitz, datz er de» genialen alten Pitt entlictz und den unfähigen Günstling Bnte an seine Stelle setzte, datz er durch seinen Starrsinn den Abfall der dreizehn nordamerikanischen Kolonien von England verschuldete, datz er " — „Sir William", antwortete Herschel, sich über de» also eifernden Watson köstlich erheiternd, „König Georg III. hat auch seine guten Seiten..." — „Ja, er hat 15 Kinder und die Prinzessinnen sind allerliebst!" brummte Watson ärgerlich. Wilhelm Herschel mutzte indes, weshalb er die Stelle als Königlicher Hosastronom annahm. Das Doppelleben als Mu siker und Astronom war auf die Dauer unmöglich. Sa ant wortete er Alexander und jedem anderen, der ihn nach den Anstellungsbcdingungcn in Datchet fragte: „Kinder, der König hat für mich gesorgt!" — Der Einzug in Datchet verlief plan- mätzig. Die Wage» mit den Möbeln und Haushaltungsgeacu- ständen waren angekommen, und auch der Mage» mit der kost baren Last von Instrumente». Büchern und Manuskripten fehlte nicht. Caroline schlug die Hände über dem Kopse zusammen, als sie das neue Daheim sah. Das Haus war verfallen, Hof «nd Marten von Unkraut überwuchert, kein brauchbarer Kauf laden weit und breit, alles, was für städtische Lebenshaltung nötig war, mutzte ans Windsor oder Eton besorgt werden. Die Preife in diesem Orte aber waren horrend, da alles auf die Hofhaltung des Königs eingestellt war. „Wilhelm! Wilhelm!" rief sie entsetzt. „In was für eine Wüste hast du uns geführt?" — „Wüste? Nicht datz ich wiitzte", erwiderte Wilhelm mit sei nem wundervollen Lachen, das stets alle düstren Wolken ver scheuchte: „Hast du einmal die Ställe angesehen?" — „Um Himmels willen, diese Bruchbuden?" — „Wo man so fabelhaft Gläser schleifen kann! Und das geräumige Wachzimmer?" — „Das einzige", antwortete Caroline, „worüber Ich mich gefreut habe in diesem Hause. Die Wäsche werden wir dort gut..." — „Wäsche? Wäsche? Caroline, wohin denkst du? Es wird mir zur Bibliothek dienen, denn es hat einen Durchgang zum Gras platz..." — „Der zur Wäschebleiche dienen sollte?" — „Nun redest du aber beinahe wie unsere liebe Mutter, als sie früher meinte, unsere schönen Bücher seien nur dazu angcschasst, datz sie ihre Kaffeetöpfe daraussteslen könnte! Auf den Grasplatz kommt das Sieben-Meter-Teleskop!" —„Und hast du einmal darüber nachgedacht, datz die Preise für Fleisch und Gemüse in Windsor unerschwinglich sind?" — „Ach teuerste Lina, dann leben mir eben von Eiern und Schinken, und die kosten auf dem Lande so gut wie nichts!" Dietrich, der seit zwei bis drei Jahren wieder in Hannover weilte, schrieb, datz er sich seit einiger Zeit mit seiner Braut, einem Fräulein Reif, verheiratet hätte. Wilhelm hatte ihm darauf ein wertvolles Hochzeitsgeschenk gesandt. Anfang Ok tober war Alexander genötigt, endgültig nach Bath zurückzu kehren. Wilhelm hatte gehofft, Alexander würde eines der vor teilhaften Angebote annchmen, die Ihm aus London gemacht wurden. Dicfe Hoffnung zerschlug sich. Alexander konnte sich von Bath nicht trennen Der fchöne Dreibund war damit zer stört, — und ehe ein Jahr vergangen war. hatte sich Alexander in Bath verheiratet. — Wilhelm und Caroline waren nun allein. Mit den lustigen, stets z» harmlosen dummen Streichen aufgelegten Alexander war viel sonnige Heiterkeit ans dem Hause gegangen. Freilich mar auch Wilhelm durciMis ein Mensch, der Herzhaft lachen konnte. Aber er litt nun doch ein bitzchen an Sehnsucht; Alexander fehlte ihm überall. Caro line gab sich alle Mühe, den fehlenden Bruder zu ersetzen. Sic lietz sich systematisch zur astronomische» Assistentin ausbil den und erhielt von ihrem Bruder einen Tubus, d h. ein Rohr mit zwei Linsen. Ihr Lieblingsgegenstand am Sternenhimmel waren die Kometen. Während Wilhelm mit der Unter suchung der Sternhaufen und Nebelflecke beschäftigt war. den Doppelsternen seine Aufmerksamkeit zuwandte oder die rätsel hafte Bewegung unseres gcfamten Sonnen fa st e in s in Richtung aus das Sternbild des Herkules verfolgte, wenn er die Oberfläche unseres Nachbarstcrnes, des Planeten Mars, genau studierte, die geheimnisvollen Kanäle — die er als crfter sah — beobachtete und zu deuten versuchte, die wcitzen Flecken au seinen Polen als Schnee und Eis zu er kennen glaubte, weil sie so sehr an die irdischen Polargebiete erinnern, — dann machte Caroline ihre selbständigen Beobach tungen und zeichnete sie aus. Ja sogar, wenn Wilhelm sich in London aufhielt, stand sie in sternenhellen Nächten auf dem tau- und reisbcdeckten Rasenplatze, muttcrseelenalleln ihren Blick zu den Sternen gewandt, fern von allen menschlichen We sen, die ihren Ruf hätten hören können. Da sie ausserdem ihrem Bruder ständig half, gewann sie bald eine grotze, selbständige Kenntnis des Himmels und Erfahrung mit den Instrumenten. Rom, im Dezember 1939. Im Februar des vergangenen Jahres ging durch die rö mische Welt die aufsehenerregende Nachricht von der Auffin dung eines christlichen Kreuzes bei den Ausgrabungsarbeiten an einem Hause in Herkulancum. Nicht nur die Archäologen, von denen der fruchtbare Boden Italiens so manche nach Rom zieht, wo ihnen ein überreiches Wirkungsfeld offensicht, haben sich an jener Mitteilung entzündet und in Konferenzen und Diskussionen ihre Tragweite abzulcuchtcn versucht, bis weit über die Fachkreise hinaus hat man sich in allen christlichen Kulturländern die Frage gestellt, ob in der Tat das Wahrzeichen des Christentums sich fchon im Jahre 79 unserer Zeitrechnung in Herkulancum befunden haben kann, ob also schon vor dem Ausbruch des Vesuvs und dem Untergang der drei von ihm betroffenen Städte Pompeji, Herkulancum und Etabiac das Christentum von Rom aus nach Campanien gedrungen sein könnte. Zum Befürworter dieser Theorie warf sich damals der bekannte und verdiente Leiter der Ausgrabungen in Pompeji Dr. Mnctteo Della Corte auf, der seine Gedankengänge in meh reren hervorragenden Aufsätzen vor der Oessentlichkeit darlegte, während der Superintendent für die Ausgrabungen der antiken campanischen Städte und Mitglied der Accademia d'Italia Amadeo Maiuri verschiedene Vorbehalte geltend machte. In zwischen haben sowohl die Anhänger der einen wie der anderen Richtung ihre Studien vertiefen können mit dem Ergebnis, datz kürzlich Prof. Maiuri in der Päpstlichen Akademie für christ liche Archäologie vor einem ausgewählten Publikum von Sach verständigen — wir nennen nur den deutfänn Altmeister der christlichen Archäologie und die unbestrittene Autorität der Kata- kombcnforschuug Pros. Wilpert, den Leiter des Päpstlichen Archäologischen Instituts Pros. I P. Kirsch. Pros. Dr. Ludwig Curtius, den hervorragenden belgischen Religionsforscher Franz Cumont, die Mitglieder der Kgl. Akademie Italiens Paribcni und Giovannoni, den namhaften italienischen Archäologen E. Iosi —, der Theorie Della Cortes bcitrat und sie durch neue Gründe erhärtete. Die Zuhörer konnten seinen Ausführungen um so leichter folgen, ols der Gelehrte ihnen durch Lichtbilder Einblick in die Ausgrabungsarbeiten gewährte und sie durch Wort und Bild zugleich in seine Weit cinführte, in der er wie kaum ein anderer zu Hause ist. Das Kreuzzeichen wurde bei der Freilegung eines Hauses entdeckt, dos nach der Zweihundertjahrfeier des Beginns der Ausgrabungen in Herkulaneum benannt ist. Dir hohen Räume der beiden Stockwerke, der Säulengang und der anschlictzcnde Garten zeigen, datz es sich um die Wohnung einer vornehmen und vermögenden Patriziersamilie handelt, während die Wand malereien durch ihren Etil aus das erste nachchristliche Jahr hundert als Entstehungszeit verweisen. Aller Wahrscheinlichkeit nach dienten der Familie nur die Räume des Erdgeschosses, während die kleineren, nur mit Ockcrfarbe gestrichenen Zimmer des Oberstockes der Dienerschaft Vorbehalten bleiben mochten. Im Verlauf der Jahre bildete sich um die Patrizierwohnung ein Gcschäftsvicrtel, wurde doch Herkulaneum ebenso wie Pompeji zn Anfang unserer Zeitrechnung Mittelpunkt eines blühenden Handels. Etwa gegen dos Jahr 55 wurde auch das Patrizier haus in den Kreis des Geschäftemackcus und der Suche nach Gewinn hincingezoaen. Das Erdgeschoss wurde zu Verkaufs räumen, die zur Straße hin offen waren, während das obere Stockwerk in zwei Teile aufgeteilt wurde — wie noch heute ersichtlich ist — und wahrscheinlich vermietet wurde. Handwer ker, Händler oder Reisende mögen hier gewohnt haben und Ir gendeiner unter ihnen mag das Kreuz angebracht haben, das der Türöffnung gegenüber die gesamte, tonst keinrrlel Deko rationen aufweisende Wand beherrscht. Der Anblick wird um so eindrucksvoller dadurch, datz die beiden Scitenwände noch heute Spuren einstiger Bemalung zeigen. Das Kreuz, das auf einem Wandbelag in Stuckarbeit angebracht war. mutz aus Holz ge wesen sein, denn winzige Reste davon befinden sich noch in der Vertiefung, die die Balken hinterlassen haben. Zu beiden Sei ten des Stuckbelages steht man die Spuren großer Nägel, die offenbar zwei Türflügel hielten, um das Krriizzeichcn vor un berufenen Augen zu verbergen. Nagelspuren befinden sich auch Keine klare Nacht verging, ohne datz Beobachtungen oder Pläne zu Verbesserungen in der Ausstellung und Bewegung der In strumente gemacht wurden. Im Sommer hatten Wilhelm und Caroline die grotze Freude, Alexander mit seiner jungen Frau vier Monate zu Besuch zu haben. Biele Spiegel und Oknlare wurden in dieser Zeit in fröhlicher Gemeinschaftsarbeit nnge- sertig». Ein mächtiges Niescnsplegelfernrohr wurde zum Winter 1783/84 fertig. In einer klaren, aber stürmischen Dezember nacht wurde das gewaltige Instrument auf ein vorläufiges Holz gestell montiert. Caroline war dabei, alles, was er ihr zurief, zu notieren, aber jeden Augenblick schrak sie heftig zusammen: Immer wieder krachte und knisterte das vorläufige, mehr als sechs Nieter hohe Hofzgerüst, aus dem Wilhelm stand. Wilhelms Standort war alles andere eher als eine sichere Galerie. Kaum war Wilhelm wieder hcruntergesticgeu, als das ganze Gestell zusammenbrach. Glücklicherweise kam weder ein 'Mensch noch ein Instrument dabei zu Schade». — Das Jahresende sollte noch einen ärgeren Unfall bringen. Der letzte Ton des Jahres war abends zunächst bewölkt. Gegen zehn Uhr klärte lick der Himmel aus. In Windeseile wurden die Fernrohre gerichtet. Caroline bediente die 'Maschinerie, mittels welcher das Teleskop auf das Ziel eingestellt wurde. Wilhelm ries ihr hoch vom Gestell aus zu, wie sie die Apparatur zu richten hätte. Er wollte an diesem Abend einige jener fast !>00 kosmischen Nebel massen beobachten, berechnen und beschreiben, die er allein in den letzten dreizehn Jahren festgestellt hatte und von denen viele Jahrzehnte lana von niemand wieder gesehen wurden, da auch die allerersten Astronomen ihrer Zeit sie nicht wieder auf- zusinden imstande waren! Im Laufe seines Lebens hat Wilhelm Herschel rund 3500 solcher kosmischen Nebelmossen entdeckt. Seine Ueberlegung, viele dieser Nebelmossen seien Weltinseln — etwa unermetzlich weitentsernte 'Milchstraßen — schien sich mehr und mehr zu bestätigen. Sie waren ferne Weltsysteme — zahl lose Sonnen in irgendeinem fernen Sternenoll, die vereint in mattem Glanz zu uns hinüberleuchten. Längst nicht alle Nebel konnte er indes so auflüsen und deuten. Er mutzte sie also vergleichen, sichten und danach, wenn mö-'lich, deuten. — Die tiefverschncite Nacht war infolge heftiger Windstösse bitter kalt, obwohl das Thermometer anderthalb Grad Celsius unter Null zeigte. Und weil die feinen Uhren und Metzinstrumcnte alle Anoenblicke verglichen und alle Beobachtungen sofort einzu zeichnen waren, konnte o» Handschuhe kaum gedacht werden. An jeder Seite befand sich ein schwerer eiserner Haken, etwa so wie ihn die Fleischer zum Aushängen des Fleisches benutzen. Caroline lief, um die Instrumente zu bedienen, in der Stock- finsternis durch den Schnee hin und her. Plötzlich fühlte sie einen heftigen Schmerz obcrholb des Knies. „Hilfe! Wilhelm!" schrie sie. ..Mach schnell, ich bin eingehakt!" — WilhOm eilte mit einem Arbeiter sofort herbei, aber beide konnten Caroline nicht helfen, ohne datz ihr ein Stück Fleisch ans dev. Beine losgcrissen wurde. Tie Frau eines Arbeiters, die herzukam, war zu ängstlich, um etwas zu tun. Co mutzte Caroline ihr eigener Wundarzt sein. Endlich kam der Arzt ans Windsor. Dr. Lind. Er verband die Wunde fachmännisch und gab Vcr- haltungsmahregeln. Fortsetzung folgt. auf dcni Stuckbelag: vier davon dienten zweifellos, um die Kreuzbalkcn zu stützen, andere mögen vielleicht in einer Stunde der Gefahr die Flügeltüren an die Wand beseitigt haben, damit das darunter befindliche Kreuz nicht entdeckt würde. Von allem Herkömmlichen abweichend ist auch das 92 Zentimeter hohe, auf einem Sockel stehende Schränkchen, das man an die Mittel wand gelehnt fand. Um dem praktischen Gebrauch zu dienen, erweist es sich als sehr schwer zu öffnen. Prof. Maiuri sieht in ihm einen der primitiven Altäre, die der HI. Paulus in seinen Briefen erwähnt, und knüpft nun an diese Deutung die Frage, ob in diesem Raume vielleicht religiöse Feier» abgehaltcn wurden. Der Superintendent für die Ausgrabungen der antiken campanischen Städte, der über all das. was unermüdliche Ar- chäologenarbcit in Jahrzehnten hier ans Licht gebrockt hat. einen klaren Uebcrblick besitzt und darum wohl wie kaum jemand ermessen kann, wie sehr der fragliche Raum van allem bisher Bekannten abweicht, hält es für nicht ausgescklvssen, datz der Oberstock des Hauses vou Herkulaneum van Christen be- wahnt wurde, die sich eine kleine Kapelle geschaffen Kotten und hier vielleicht mit anderen Brüdern und Gesinnungsgenossen sich zum Opfcrmnhl vereinigten. Man mutz bedenken, datz im Jahre 6t der hl. Paulus noch Pazzuoli kam und dort die Lebre Christi verkündete, datz aber Herkulaneum mit Vozzuoli be ständig Handelsverbindungen unterhalten Kat Anck entgeht dem aufmerksamen Beschauer nicht, datz das fragliche Kreuz mit aller Macht von seiner Unterlage hcrabgerillen wurde. Eine solche Handlung dürfte kaum den Menschen, die es verehrten, zugeschricben werden, sonder» vielmehr den Feinden des Chri stentums. Für Prof. Maiurt unterliegt cs keinem Zwcisel mehr, datz sich In dem untergegangenen Herkulaneum eine christliche Knitstätte befand, die vielleicht von aus Pazzuoli herkommen- dcn Pilgern nach dem Jahre 6t n. Ehr. gegründet und sngter, wahrscheinlich während der Chriltenversolguna unter Kaiser Nero im Jahre 64, Ihres Kreuzes beraubt wurde. Hat nun der bedeutende italienische Archäologe die Frage nach dem Bestehen eines christlichen Kreuzes uud seines Kultes im ersten Jahrhundert in Herkulaneum nach erstlichem Zögern entschlossen bejaht, so haben sich — wie die nacksolaende Dis kussion unter seinen Zuhörern zeigte, nicht alle christlichen Ar chäologen seiner Theorie angcschlossen. Wenn auch Pros. Wil pert und der belgische Gslehrte Prof. Cumont. der beste Kenner des Mithraskultes. der mit seiner Annahme, die Wett sei durch den Lichtgott Mithras vom Bösen erlöst worden, der Haupt rivale des jungen Christentums war, mit ihm einig gehen, so hat andererseits Pros. I. P. Kirsch daraus verwiese», datz die Verehrung des Kreuzes erst im vierten Jahrhundert nach der Krcuzaufsindung durch die hl. Helena begann. Desgleichen lehnte er es ab. in dem aufgcsundenen Schränkchen einen an die Mauer gestellten Altar zu sehen, wurde doch zur Zeit der Apostel das hl. Opfer an einem freistehenden Tisch gefeiert, wie au den Altären der späteren 'Basiliken. Wenn die Kreuzesform wirklich vor dem Jahre 79 n. Chr. bestanden habe, müsse man sie einem anderen mystischen, nichtchristiichen Kult znsckreiben. Diesen Acutzerungen schsotz sich Carcovino — eine italienische Autorität auf dem Gebiete der christlichen Archäologie — an. mutzte aber gleichzeitig eingestehen, datz ihm kein orientalischer Kult bekannt sei, den das kaiserliche Rom seiner Verfolgung würdig gefunden hätte. Datz die Frage noch manche zu siil- sende Lücke In der Beweisführung offen lätzt, geht aus der Hal tung des Mitalieds der Accademia d'Italia Paribeni hervor, der zwar im Wesentlichen sich der Meinung Pros. Mainris an» schloß, aber für einige Einzelheiten andere Deutungen nahe legte. Aus dem Für und Wider jedoch, aus der Kreuzung von Gründen und Gcgengründcn, war bisher noch kein Einwand stichhaltig genug, die Theorie des christlichen Kreuzes in Hcr- kulancum wirklich zu erschüttern, und wenn die Zukunft — was kaum zu erwarten ist — nicht neue, ernste Gegenbeweise zu erbringen vermag, dürfen wir neben Archäologen und Ge lehrten auch als Gläubige in der verschütteten Stadt am Vesuv die erste und älteste Zeugin für das Marterholz Christi er» blicken. Dr. Frhr. Raih v. Frcntz. AindasAreuzvonHerkulaneunr