Volltext Seite (XML)
10 Clavigo (nach dem Tisch gehend). Und wenn ich nach dem Degen greife? Beaumarchais (gehend). Gut, mein Herr! Schön, mein Herr! Clavigo (ihn zurückhaltend). Noch ein Wort! Sie haben die gute Sache; las sen Sie mich die Klugheit für Sie haben. Bedenke Sie, was Sic thun. Auf beide Fälle sind wir alle unwiederbringlich ver-- loren. Müßt' ich nicht vor Schmerz, vor Beängstigung untergchn, wenn Ihr Blut meinen Degen färben sollte, wenn ich Marien noch über all ihr Unglück auch ihren Bruder raubte, und dann — der Mörder des Clavigo würde die Pyrenäen nicht zurückmessen. Beaumarchais. Die Erklärung, mein Herr, die Erklärung! Clavigo. So sei's denn. Ich will alles thun, nm Sie von der aufrichtigen Gesinnung zu überzeugen, die mir Ihre Gegenwart cinflößt. Ich will die Er- klärung schreiben, ich will sie schreiben aus Ihrem Munde. Nur versprechen Sie mir, nicht eher Gebrauch davon zn machen, bis ich im Stande gewesen bin, Donna Maria von meinem geänderten, reuevollen Herzen zu überzeugen; bis ich mit Ihrer Acltesten ein Wort gesprochen, bis diese ihr gütiges Vorwort bei meiner Geliebten eingelegt hat. So lange, mein Herr. Beaumarchais. Ich gehe nach Aran- juez. Clavigo. Gut denn, bis Sie wie derkommen, so lange bleibt die Erklä rung in Ihrem Portefeuille; Hab' ich meine Vergebung nicht, so lassen Sie Ihrer Rache vollen Lauf. Dieser Vor schlag ist gerecht, anständig, klug, und wenn Sie so nicht wollen, so sei's denn unter uns beiden um Leben und Tod gespielt. Und der dar Opfer seiner Ueber- eilung wird, sind immer Sie und Ihre arme Schwester. Beaumarchais. ES sieht Ihnen an, die zu bedauern, die Sie unglücklich gemacht haben. Clavigo (sich setzend). Sind Sie das zufrieden? Beaumarchais. Gut denn, ich gebe nach! Aber keinen Augenblick länger. Ich komme von Aranjuez, ich frage! ich höre! Und hat man Ihnen nicht verge ben, wie ich denn hoffe, wie ich's wünsche! gleich auf, und mit dem Zettel in die Druckerei. Clavigo (nimmt Papier). Wie ver langen Sic's? Beaumarchais. Mein Herr! in Gegenwart Ihrer Bedienten. Clavigo. Wozu das? Beaumarchais. Befehlen Sie nur, daß sie in der anstoßenden Galerie gegen- wärtig sind. Man soll nicht sagen, daß ich Sie gezwungen habe. Clavigo. Welche Bedenklichkeiten! Beaumarchais. Ich bin in Spa nien und habe mit Ihnen zu thun. Clavigo. Nun denn! <Klingelt. Ei» Bedienter.) Rnft meine Leute zusammen, und begebt euch aus die Galerie herbei. (Der Bediente geht, die übrigen kommen »nd besetzen die Galerie.) Clavigo. Sie überlassen mir, die Erklärung zu schreiben. Beaumarchais. Nein, mein Herr! Schreiben Sie, wie ich's Ihnen sage. Clavigo (schreibt). Beaumarchais. Ich Unterzeichneter, Joseph Clavigo, Archivarius des Königs — Clavigo. Des Königs. Beaumarchais. Bekenne, daß,nach dem ich in dem Hause der Madame Gnilbert freundschaftlich ausgenommen worden — Clavigo. Worden. Beaumarchais. Ich Mademoiselle von Beaumarchais, ihre Schwester, durch hundertfältig wiederholte Heirathsverspre- chungen betrogen habe. — Haben Sie'S? — Clavigo. Mein Herr! Beaumarchais. Haben Sie ein an der Wort dafür? Clavigo. Ich dächte — Beaumarchais. Betrogen habe. Was Sie gethan haben, können Sie ja noch eher schreiben. — Ich habe sie ver lassen, ohne daß irgend ein Fehler oder Schwachheit von ihrer Seite einen Bor-