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Sonnabend/Sonntag, 11^12. Januar 1S4t Sächsische Bolitozeilung Nummer 10, Seite 7 und der liebe, Der TNitleser von «/^ns ' Wenn zwei dasselbe tun ... „Was für «inen entsetzlichen Lärm Vie Nachbarskinder wieder machen!" soqt die Mutter empört. ..Aber ber Lärm kämmt doch aus unseren, Kindcrziinmer". ivaak ber Gatte cin- -invenben „So, wirklich? Nun ja. die tieben Kleinen, sie miis- sen sich doch «in Kitzchen austobcn dürfen." Jetzt aber war es mit der Geduld des Zeitungslesers za Ende. Dieser Nuhnietzer einer ihm nicht geaarenden Cache schien ihm doch zu um>ersci)ämt zu sein, und um ihm eine Lehre zu Heden, saltete der das Blatt ärgerlich zusammen und steckte cs in die Tasche. Ta hielt ihm der andere den Arm fest und ver suchte ihm d!« Zeitung sortzunehmen. Nun nmr der Skandal fertig. Der erste Herr geriet in Wut und gab ibr beredten Aus druck, der andere btiek ihm die Antivort nickt schuldig, die Mit fahrenden und selbst die Schaffner mischten sich ein und suchten Ruhe zu stiften, aber es gelang ihnen nicht, und schlietzlich mutzte, als der Wagen be> dem allgemeinen Krach Halt gemacht hatte, ein Wachtmeister herbcigcholt werden. Der Härte sich die Sache mit an und war augenscheinlich sehr geneigt, dem Mit leser, der gratis die Zeitung lesen wallte, Unrecht zu geben, „Aber dieses Blatt ist doch mein!" rief der zweite Herr lchtietz- lich entrüstet aus. „Sie haben es doch mir aus der Tasche ge zogen!" Es war tatsächlich so. Der andere hatte zn>ei Zeitungen, «ine In der Hand und eine in der Tasche, er hatte die erste aus der Tascl>e seines Nachbarn gezogen in der Meinung, datz es seine nmre Und während er glaubte, er täte dem anderen einen Gefallen, indem er ihn mitlesen lieh, nmr tatsächlich er cs, dem ein Dienst erwiesen wurde. Das Gelächter in dem Wagen, das diese Erkenntnis auslöste, wollte sich lange nickt beruhigen, aber schlietzlich konnte man doch n»eltcrfahren Und zwei neu« Frcu.cü« l»alten sich gesunden lich wär' ja nix zu tadeln dran. Aber wann i Ihna schon einmal die Wahrheit sc^cn darf: «in bissel arg lang is die Beschicht' schon ausgefallen. Wissen 's, i hätt' nämlich die Vers' gern vom Konditor ans die Torten spritzen lassen!" Die Heimkehr des verlorenen Sohnes Vor mehr als 20 Jahren wurde in Budapest «in Knabe von seiner Mutter zinn Bäcker geschickt, um ein Brot zu holen. Er ging aus dem Hause fort und kam nicht wieder. Den Kopf voll Abcnteuerqeschichten, fand er «inen Weg, aus Ungarn nach Amerika zu kommen, wo «r zunächst in Hotels arbeitet«. Don Stufe zu Stufe aus der Tiefe aufsteigend erlangte er schließ- lich «Ine glänzende Stellmrg und erwarb sich «in ganz ansehn liches Vermögen. Seine sisamilie hörte in allen den folgenden Jahren nichts mehr von ihm. An einem der letzten Abend« satz man in seinem Vater« Hause gerade beim Abendessen, als es an der Tür läutete. Man trat der verlorene Sohn ein, ging zur Mutter, die sich Brot mit den Worten^ „Mama, hier ist das Brot!" Heimkehr ihres Jungen fand, war der Pater keineswegs schüttert, sondern wandte sich mit strengen Worten an b öffnete, und als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt, trat der verlorene Sohn ein, ging zur Mutter, die sich vor Ueberraschung kmim zu fassen wusste und überreichte ihr ein Brot mit den Worten: „Mama, hier ist das Brot!" Während die Mutter nur Rührmrg und Freuoe über dir - ' ' " ' «,r, , , , . .. sein« Frau: „Ich habe es dir immer gesagt und tausendmal nnedcr- holt, bah du niemals einen Jungen mit Aufträgen sortschicken sollst, auf den man sich nicht verlassen kann!" Der unzuverläs sige Junge aber war mit Frau, Kindern und Vermögen, heim gekehrt. Hohe Ehrung für ein Stück Holz Es war im Jahre 1880, als Verdi, »er rnrf seinem Gute Santa Agata bei Busseto lebt«, eines Tages eine überraschende Einladung erhielt, die ihm «In alter Freund, Dr. Mesini, über mittelte Ein Schmied in Borgo S. Donnino, ein gewisser Pietro Testa, ein etwas seltsamer Mensch, aber ein erfindungsreicher Kopf, bat ihn dringend, sich einmal die verschiedenen Eisen geräte anzusehen, die er für die verschiedensten Ziveckc kon struiert hatte. Verdi war sonst sehr wenig zugänglich, aber sei nem Freund zu Gefallen war er zu dem Opfer bereit, und eines schönen Tages hielt sein Wagen vor der Werkstatt des Schmie des. Das Eingangstor massiv gebaut und schwer, war durch «inen grohen Ouerriegel, der sich um «inen Zapfen drehte, zu schliehen. War es nun die Aufregung des Schmiedes über den ersehnten Besuch des Maestro, oder war der Riegel schadhaft geworden, jedenfalls fiel In dem Augenolick, in dem Verdi die Schwelle der Werkstatt überschritt, das schwere Holz plötzlich herab und traf Verdi mit voller Gewalt an den Schultern. Was mm geschah, wutzte der Schmied infolge seiner Aufregung nicht mehr, er hörte nur einen Schmerzensschrei und einen Wutaus bruch des Maestro und sah ihn in völliger Verwirrung gerade noch in seinem Wagen in schnellster Fährt davonfahren. Völlig verzweifelt, datz der Besuch «in solches Ende gefunden hatte, wutzte der Schmied sich nur damit zu trösten, datz er auf die schuldige Holzstanq« ein Schild heftete, auf dem geschrieben stand: „Dieses Holz hatte die Ehre, die Schultern Giuseppe Ver dis zu berühren." Den Zweck verfehlt Grillparzer war bekanntlich ein recht griesgrämiger und schwieriger Herr, mit dem der Umgang nicht leicht ivar. Aber einfacl)«» Menschen des Volkes gegenüber war er dann doch wieder von grotzer Güte. So kam einmal ein junger Mensch mis der Vorstadt zu ihm und bat ihn ohne grotze Umschweife, ihm ein Gedicht für seine Eltern zu machen, die demnächst ihre göwene Hochzeit feierten. „I hab überall umetnand g'sragt, und da is mir g'sagt worden, der 's Reimen am feinsten los hätt', das wär halt der Herr von Grillparzer", gestand der junge Mann. „Deshalb bin i zu Ihn« und zu koanem andern gangen, und kosten will i 's mir auch was lasten. Und nach den« Preis frag' i setzt gar ntt." Der Dichter sagte zu und sandte ihm in den nächsten Tagen zehn Strophen. Balo darauf kam der junge Mann wieder, um seine Schuld zu begleichen, worauf Grillpar zer natürlich nicht elnqing. Den über solchen Edelmut ganz Ver legenen fragte er freundlich, wie ihm denn die Vers« gefallen hätten. „Mein Herr, sie waren ja wohl recht schön, wie man's halt nimmt", lautete di« etwas kleinlaute. Antwort. Auf die Aufmunterung des Dichters, nur zu sagen, was «hm etwa daran nicht gefasten hätte, gestand ber junge Mann endlich: „Eigent vor einfachste Lösung! Irgendeine Leschästliche An- gelegenheit, die seine Anwesenheit in Berlin erforderte. — Dasi ich daran nicht früher dachte!" „Anselm, wir müssen das Mädel finden! Für diesen Hinweis wird sie uns sehr dankbar sein." Als die beiden Männer atemlos ans dem Bahnsteig eintrafen, erfuhren sie zu ihrem Entsetzen, das, der Waidzng vor wenigen Minuten abgefahren sei. Sie standen eine Weile ratlos. „Da ist sie nun mit ihrer ganzen Not und Verzweiflung weggesahren. Wenn das nur kein Unglück gibt —" Anselm Burger nickte betrübt vor sich hin, AIS sie aber langsam den Rückweg antraten, gab ihm ein guter Geist den Einfall, einen Blick durch daS Fenster in den Wartesaal zu werfen. Und dort sah er die Gesuchte. Sie kauerte müde, mit einem stieren Ausdruck, in der Ecke. Ohne dem Freunde von seiner Entdeckung Mitteilung zu machen, stürzte er in den Saal, schnurstracks auf Eva zu. Sie blickte ihn erst ganz starr an, als fürchte sie sich vor ihm. Der Professor rüttelte sie am Arm, griff nach ihrer Land. „Eva, Liebe, Kindl, kommen Sie! Draußen ist ocr Herr Dürrbößl. Wir suchen Sie schon die ganze „Ich — kann nicht — nach Hause fahren —" „DaS sollen Sie auch nicht! Das, Sie aber auch gar nicht an uns gedacht haben —! Wir nehmen Sie fetzt mit! Draußen wartet das Auto." zy,,Nicht mehr — in das Zimmer — zu Frau Dürr- „Nein, nein, Sie müssen zu mir kommen. Ich wohne Mit meiner Schwester im NicderhauS' da richten wir Ihnen ein Stübchen ein, wo Sie sicher und geborgen als unser Burgfräulein leben können, bis der Ritter kommt, der Sie uns entreißt." „ES kommt kein Ritter!" sagte sie mit einem anS Herz greifenden Lächeln. Aber wenigstens war sie so weit, daß sie aufstand und sich vor Professor Burger, der ihren Koffer an sich genommen hatte, hinansstthren ließ. „Na, da haben wir Ihn ja, unseren Ausreißer., unser entflogenes Böglein!" Der Bibliothekar strahlte vor Freude über das ganze Gesicht und drückte ein umS andere Mal EvaS Hand. Als sie dem Ausgang zuschritten, berichtete Anselm Burger seinem Freunde, was er dem Mädchen soeben vorgeschlagen hatte. „Das ist eine großartige Lösung," stimmte Dürrbös,l zu, „ein ordentlicher Mäuuerstreich! Wir werden Sie m Anselms Burg richtiggehend versteckt halten. Sotten sich die Passauer die Köpfe zerbrechen, wohin Sie so plötzlich verschwunden sind!" 87. Eva Bolkmer erwachte und blickte erstaunt um sich. Da war ein himmelblau getünchtes Zimmer mit alten, bunt bemalten Schränken und Truhen, da waren ent, zückende farbige Mullgardiuen am Fenster, und von draußen leuchtete ein fröhlicher Tag herein. Eva stieg aus dem hochgetürmten Bettkasten, öffnete das Fenster und schaute hinaus. Zu ihren Füßen, breit wie ein See, rauschte die Donau. Ihre Welten stießen plätschernd gegen die Grundmauern der alten Burg, leckten an den Wänden hoch und schlugen klatschend wieder zurück. Dtejer Blick aus dem Zimmer über die weite Fläche des Wassers hin bis jenseits zu den Ufern war unver- gleichlich schön. Eva, gegen das Fenster gelehnt, ließ den würzigen, herben Geruch des Flusses in sich cinstrvmen. Der Schlaf hatte sie beruhigt,' die Geborgenheit, von der sie sich umgeben fühlte, ließ ihr die Schrecknisse des ver gangenen Tages nur noch wie einen wirren Traum er scheinen, aus dessen tollem Spuk einzig die Ereignisse des Abends lebendig und mirttick K«,<r>,aleuchtetelt. Wem wäre es noch nicht begegnet, wenn er eine Zeitung oder eine Zeitschrift in der Stratzentxchn las, datz sein Nachbar Stielaugen machte und in seinem Blatte mitlos, und wer hätt« nicht eine gewisse Verlegenheit verspürt, wenn er das Blatt um wenden wollte, ob der Mitleser auch schon glücklich an das Ende der Seite gelangt wäre. Man braucht ja eigentlich nicht still zu halten und so dem Neugierigen den Lesestosi zu liefern, aber man möchte auch nicht unhöflich sein, da man ein gut gesinnter Mensch ist, und so kann es denn zu einer kleinen Szene kom men, wie sie sich dieser Tage in einer Mailänder Straßenbahn unter allgemeiner Anteilnahme der Mitfahrenden abspielts. Ein Herr hatte die Zeitung aus der Tasche gezogen und las die erste Seite, als er bemerkte, datz d«r Fabrgast neben ihm ihn sozusagen als Lesepult benutzte und über seine Schul ter hinweg eifrig mitlas. Als gefälliger Mensch hielt der erste seine Zeitung sogar so, datz der andere bester hinelnsehcn konnte, uicd als er innwenden wollt«, versicherte er sich lächelnd, datz der andere ebensoweit war, und bat ihn geradezu mn Er- lauimts. „Einen Augenblick", sagte dieser, „ich bin noch nicht fertig." Geduldig wartete der erste etwas, bis der zweite zu stimmend nickte, dann käsen beide die nächste Seit«. Als er auch diese durchgelesen hatte, schien es ihm etwas zu viel, wieder auf Zustimmung zu nmrten, und er ging ohne iveiteres zur folgen- acnden Seite über. Da aber hielt ihn -er Mitleser fest: „Ach bitte, lasten Sie mich erst zinn Echlutz kommen." WMLVkk-kkcnirLuwrr vo«cn orx>« /^Li5iL«,v?r«o^v/L 82. Fortsetzung. Aber er sand die Tür von EvaS Zimmer verschlossen. Da klingelte er eine Treppe tiefer. Die Familie Dttrrbößl saß gerade beim Abendbrot. „Fränlein Volkmer ist wohl ausgegangen? Ich wollte gern mit ihr wrechen. Ob ich auf sie warten kann?" Der guten Fran Dürrbötzl wurde etwas unbehaglich zumute. „DaS Fräulein wohnt nicht mehr hier. Man kann mir nicht zumuten, daß ich nach diesen skandalösen Vorfällen die Person noch länger im Hanse behalte." „Was für skandalöse Vorfälle, zum Htmmelkreuz- donnerwetter!" Der alte Herr verlor die gewohnte Be- herrfchung. „Weil sie einen jungen Menschen gern hat? Ist oaS vielleicht ein Verbrechen?" Frau Dttrrbößl machte, vor Scham erröten-, einige Andeutungen ttber gewisse Vorfälle. «So?" schnaubte der Bibliothekar. „Urrd wer hat da» gesehen? Wer kann daS beweisen?" „ES — wird aber doch — allgemein erzählt!* „Ja, ja, ein altes Waschweib schnattert eS dem ande ren nach, und jede erfindet noch ein bißchen was hinzu. Nn- am Sude ist so ein junges, unschuldiges Kind zu grunde gerichtet. Weißt du nicht, wohin sich das Mädel gewandt bat?" „vielleicht zum Bahnhof!" stotterte Frau Dürrbötzl zerknirscht. „Ich hörte was von abreisen? Der Bibliothekar griff hastig nach seinem Hut. „Wir sprechen noch über die Sache!" rief er beim Hinaus« gehen. Drunten an ber Haustür wäre er beinahe mit einem alten Herrn zusammengeprallt, der eben vom Rathaus- platz her in die Höllgasse einbog. „Seh' ich recht, Burger? — Treibt dich etwa auch die Sorge um unseren armen Schützling aus deiner Klause?" „Allerdings!" gab Anselm Burger verhalten zurück. «Ich wollte Fräulein Volkmer eben aufsuchen, um ihr Ku sagen, daß sie auf uns alle fest vertrauen darf. Ich sehe, du bist mir zuvorgekommen." „Ja und nein!" sagte der Bibliothekar, während er -em Freund bewegt die Hand drückte. „Die Kleine ist Nicht mehr im Hause, meine „liebe" Schwägerin hielt es für erforderlich, sie an die Luft zu sehen! Nun will ich tben zum Bahnhof. Du kommst doch mit, vielleicht Knden wir siel" „Nehmen wir ein Mietauto!" schlug Professor Burger por. Während der Fahrt besprachen sie das Ereignis. -Ich glaube auch nicht an diese angebliche Ausein andersetzung. Kollege Becherkamp war schon immer Magenleidend. Er fehlte bereits am Samstag, da er tvieoer einen Anfall erlitten hatte. Ich besuchte ihn am Sonntag, als ich vom Wochenende zurückkam. Er sah miserabel aus. — Und was das wichtigste ist: Er sprach im Gegensatz zu früher mit Worten höchster An erkennung von seinem Bruder. Daß er sich seit ein paar Tagen von Grund auf gewandelt habe, daß er fast den ganzen Samstag und wieder in der Nacht zum Sonn- tag an einer großen und sehr ernsthaften und vielver sprechenden Komposition gearbeitet habe." „Das ist interessant!" fiel der Bibliothekar ein. „Auch Direktor Kepvler erzählte mir davon. Eva hatte ihm genau dasselbe berichtet. — Aber warum dann diese Abreise? Dafür fehlt doch jedes Motiv!" „Tja, weiß der ach herrje, da fällt mir etwas et». Als ich bet Becherkamp war, wurde für Eugen ein Telegramm gebracht — aus «erlin. Das m denk. Sie straffte den ausgcruhien Körper voll neuen Mutes, voll siartcn Glaubens, Während sie sich anzvg, ließ sie alles noch einmal an ihren Sinnen vorübergleiten, um es für immer fest- zuhalteu. Sie dachte au ihre Verzweiflung, als Fräu lein Moosauer aus dem Bahnsteig sich von ihr ver abschiedet hatte, au den Anfall tödlichen Grauens in dem Augenblick, da sie den Fuß auf daS Trittbrett des Eisenbahnwagens hatte setzen wollen. Und noch einmal erlebte sie im Geiste daS Elend des tiefsten Zu aminenbruches, da sie durch die Sperre in den Warte aal zurückgewandert war und schließlich irgendwo e neu Winkel gefunden hatte, in welchen sie hatte hinsinken können, abstürzend in einen Abgrund tvdesähnlicher Erschlaffung. Und wie dann das Wunder geschah gute Professor Burger aus einmal vor ihr stand! Wie die Freunde sie holten und aufrütteltcu! O dieser Abend gestern, dieses Gesühl, heimgefunden zu haben, die zärtlichen Bemühungen der Männer, die mütterliche Sorge von Fräulein Burger! Sie war bewirtet, ge- pflegt, verhätschelt worden, sogar Herr Direktor Wies ner hatte sich in später Stunde noch eingesuuden, um ihr die Hände zu drücke». — Nun war Eva fertig aiigczogen. Eie trat noch einmal aus Fenster, lehnte sich halb hinaus und sah nun, den Blick nach links wendend, droben auf der Höhe das HauS von Becherkamp stehen. Eugen! — Oh, welch tröstliche gute Nachrichten hatte Professor Burger für sie bereit gehabt! Ein Telegramm war augekvmmcn uno hatte den Geliebten geschäftlich abgerujen — ja, so war es gewesen, so mußte es ge- wesen sein. Und — Franz Becherkamp lebte. Man hatte noch am Abend im Krankenhaus angerufen und die Nach- richt erhalten, daß der Kranke zwar noch sehr kraftlos, aber doch dem Tode endgültig entrissen sei. Nach einer Zeit klopfte es ganz leise an die Zimmer tür. ES war Fräulein Burger, die ihren Gast zum Frühstück holen wollte. „Hernach will tcb Ihnen unser Burggärtlein zeigen. Es kommen schon die ersten Blume», heraus." Dieses Gärtlein war freilich nur ein schmaler grüner Landstreisen, der sich von der Burgmauer zum User ber Ilz hinabsenkte. Aber er wurde in den kommenden Monaten zu ihrem liebsten Aufenthalt. „Anselm will gleich nach der Schule einen Besuch inr Krankenhaus machen. Er hofft, daß er schon mit Herrn Bccherkamp sprechen darf." Eva preßte inbrünstig die Hände zusammen und ver brachte die Stunden bis zum Nachmittag in einem Zu stand fiebriger Spannung. Aber kurz bevor Professor Burger zurückkaui, gab eS eine Ueberraschung, die wie eine Bombe eiuichlug. Mutter Anne eilte mit allen Zeichen der Aufregung ins HauS und gab nicht eher Ruhe, bis sie vor Eva stand. »Ach, Kräuleinchen!" rief sie mitfühlend. „Na, mir kennen uns ja schon, nicht wahr? Denken Sie bloß. Fränlein Volkmer, hier bringe ich Ihnen einen Brief von Herrn Eugen Becherkamp, jawohl, von Eugen Becherkamp. Der Brief sollte schon gestern früh besorgt werden, ist aber in all der Aufregung versehentlich ltegengeblieben. Er läge noch jetzt im Nachilijchiu!... wenn nicht vorhin Herr Professor Burger aus dem Krankenhaus hätte aurufcn lassen." Eva ließ die alte Frau gar nicht erst ausredcu, son dern riß sofort den Brief auf. Sie las ihn und las ihn immer wieder — und dann stürmte sie los, durch alle Räume, bis sie auf Fräulein Burger stieß. Fräulein Burger hatte in ihrem Leben gewiß ziem- lich viel gehört und gesehen, aber so etwas von Freude und Seligkeit war ihr noch nie untcrgckoiiiinen. „Beruhigen Sie sich doch endlich!" mußte sie schließ- . lich dämpfen. «Sehen Sie, mein Bruder hat gleich ge- iaat. daß lich tue Diuae io verbacken." lSchlutz ialgt.)