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Sächsische Volkszeitung : 24.12.1940
- Erscheinungsdatum
- 1940-12-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-194012241
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19401224
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19401224
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1940
-
Monat
1940-12
- Tag 1940-12-24
-
Monat
1940-12
-
Jahr
1940
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 24.12.1940
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Llenslag. 24. Dezember 1S4» Sächsische Volkszeitung Nummer 802, Seile S —W—-MS——'M. _Z Weihnachtskinder / . / Weihnachtskinder sind nicht immer vom Glück bedachte Sonntagskinder: die, deren Leden an einem der Weihnacktstoqe begann, erholten Glück und Leid genan so vom Schicksal zuge messen wie wir anderen, was aus folgenden kleinen Kapiteln deutlich wird. Der Sohn des Titanen. Im Jahre 1789 erlebte der damals bereits 40jährige Goethe seine schönste Weihnachtssrende: Christiane sclzenkte ihm den ersten lebensfähigen Stammhalter. Zwei Kinder waren schon vorher nach ihrem Eintritt ins Erdcnleben gestorben. Der Vater nannte den Knaben nach seinem Groscherzog nnd Freunde, der die Patenschafl übernahm, August. Ueber August Goethe ist viel Unwahres, ja Unsinniges ge schrieben worden, ihm, der im Glanze des berühmten Vaters aufwnchs, ist viel Unrecht geschehen, lind doch war er schon in frühen Jahren echt deutsch gesinnt und ein begeisterter Batcr- landssreund Er wollte wie Theodor Körner in den Freiheits kriegen als Freiwilliger zu den Liitzomschen Jägern gehen: als der Vater ihm dies wegen seiner schwächlichen b4esundheit unter sagte, hat er lange darunter gelitten. Später wurde August unter der klugen Leitung seines Vaters «in gewandter Ge schäftsmann. Die Anschauung, dah Goethes einziger Sohn völlig missraten und verkommen sei, muh als üble Nachrede bewertet werden. Das; seine oft leidensck-aftlichc Freude an einem guten Tropfen die .verzeihlichste aller Sünden" sei, hat der alternde Goethe selbst gemeint, dazu muß man bedenken, dah es nicht leicht set, im Sckzatten eines grossen Vaters aufzumachsen, Prinzessin aus Märchenland. Am Heiligen Abend des Jahres 1878 wurde dem kunst sinnigen Herzog Maximilian von Bayern und seiner Gemahlin Ludovtka ein Töchterlein geboren, dem eine alte Waldbäuerin ein „märchenhaftes Leben" prophezeite. Die kleine Sissy, wie man sie zärtlich und unzermoniell nannte, bezauberte jeden durch ihre natiirliclre Anmut, so dah der junge Kaiser von Oesterreich, der kam, um ihre ältere Schwester hetmzusiihren zwölf Stunden später der „liebäuglgen Elisabeth sein Herz und seine Habe" zu Füssen legte und sie bald darauf auf einem rosen- nmkränzten Schiff in prunkvoller Brautfahrt donauabwärts nach Wien brachte. Aber das so glänzend begonnene Leben ivar olles andere als glückhaft. Franz Joseph verstand die Wtttcls- bacherin in ihren weltfremden Träumen nicht, es beaann bald die nach anken verborgen gehaltene Zeit der beiden Ehegatten, Unglück gesellte sich hinzu: der Unolückstag von Mayrling nahm Ihr den einzigen, geliebten Solm, die Tragödie von Oueretaro, wo Kaiser Maximilian erschossen wurde, machten sie zu einer einsamen Ruhelosen, die ihrer Umwelt „ein wandelndes Ge heimnis" wurde Von Missgeschicken verfolgt, floh sic van Land zu Land, verlor bei einem mächtigen Brande ihre Lieblings- schivester und starb schliehlich, fern von der Heimat und den Ihren, durch Mörderhand. So wurde ihr Erdenweg zu einem schaurigen Märchen. Ein Mahner des deutschen Volkes. Am 26. Dezember wurde auf Rügen Ernst Moril; Arndt geboren. Seine Vaterlandsliebe riss Generationen mit, und heule noch haben viele seiner Verse und kraftvollen Sähe eine anfeuernde Kraft. Vom Vater hatte er einen starken, fast nüch ternen Wirklichkcitssinn geerbt, oie Mutter hatte ihm die Ge mütstiefe und ein gläubiges Gefühl mitgegeben, weite Reisen öffneten ihm den Blick für die Schönheit der heimatlichen Gaue. Fahrten über die Landesgrenzcn hinaus hatten ihm politische und kulturelle Zusammenhänge der europäischen Staaten ge zeigt: so konnte er immer zur rechten Zeit nnd am richtigen Platz «lntretcn für die Einigung der deutschen Stämme und für die Festigung der volklichcn Entwicklung. Die „schönäugige Stein". In vielen Gedichten, Briesen uns Tagebuchblättern hat Goethe die „Geliebte seiner Seele" unsterblich gemacht und einer engstirnigen Nachwelt Stofs zu den seltsamsten spieszbiir- gerlichen Mutmassungen gegeben. Wer war nun die am ersten Weihnachtstag 1742 geborene Charlotte von Stein? Sie wuchs in ihrer Baterstand in Weimar heran. Als der 20jährige Dichter nach Weimar kam, begegnete er der 86jährigen Hosstallmei- stersgattin Clmrlotte von Stein, oie keine eigentliche Schönheit war und kränkelte: trotzdem fesselte sie 18 Jahre hindurch den Dichter wie keine andere Fran, und wodurch? Das sagt Lavater in einem Briefe: Das Profil, die Stellung des Körpers, alles zeigt exquisites Ncfiibl. Mut, Entschlossenheit, Festigkeit und die Kunst, jemanden ruhig, mit Interesse znzuhören, Eigen schaften. die die den Menschen so schätzenswert machen . . ." Friedrich Graf Stolberg nannte sie einmal oie „schönäugige Stein", und Goethe hat sie bei der ersten Benennung richtig er kannt. als er von ibr sagte: „Sie sieht die Welt durch das Me dium der Liebe." Dl« „Seele" von Bayreuth. Seltene Gaben legte das Schicksal der kleinen Cosima am 25. Dezember 1887 in die Wiege. Ihr Vater Franz Liszt hat ihr den Sinn für das Mnsikalisclie vererbt und den eigenwil ligen Sinn, der sie den einmal als richtia erkannten Weg ver folgen hieb entgegen allen hemmenden Mächten. Als sie er kannte. das; sie dem Werk des sungen Riclmrd Wagner zune- höre trennte sie sich In Güte non Ihrem Gatten lsans »an Bü sow und half dem späteren Meister von Banreuth sein qroszes Werk auf- und ausznbauen. Nack dem Tode Wagners führte sie das Begonnene zu einer ungeahnten Höbe, die dem Gesamt kunstwerk des Meisters zeitlose Dauer verlieh. 47 Jahre hat sie den Meister überlebt, dessen Erbe sie hütete, n'ckt nur für ihren groben Geliebten, sondern siir die deutsäze Kultur. Eine Ehrrstnacht / - - In den hohen Gebirgen unsere» Vaterlandes steht ein Dörf chen mit einem kleinen, aber sehr spitzigen Kirchturme, der mit seiner roten Farbe, mit welcher die schindeln bemalt lind, au» dem Grün vieler Obstbäume hervorragt und wegen derselben roten Farbe in dem duftigen und blauen Dämmern der Berge weithin ersichtlich ist. Da» Därslein heißt Gschaid, und der Schneeberg, der auf seine Hf 'er herabschaut, heißt Gars. r..nmal war am Heiligen Abende, da die erst« Morgendäm merung in dem Tal« von Gschaid in Helle übergegangen war, «in dünner, trockener Schleier über den ganzen Himmel ge breitet, so daß man die ohnedem schiefe und ferne Sonne im Südosten nur als «inen undeutlichen roten Fleck sah. überdies war an diesem Tage ein« milde, beinah« laultchte Luft unbe weglich im ganzen Tale und auch an dem Himmel, wie die un- verändert« und ruhig« Gestalt der Wolken zeigte. Da sagte di« Tchustersfrau zu ihren Kindern: „Well «in so angenehmer Tag ist und die Wege fest sind, und weil es auch der Vater gestern erlaubt hat, so dürst ihr zur Großmutter nach Millsdorf gehen." Di« Schustersfrau zog nun ihre Kinder vorsorglich an und sagte: „Konrad, gib mir wohl acht: weil ich dir das Mädchen mttgehen lass«, so müsset ihr bei,zelten fortgehen, ihr müsset an deinem Platz« stehenbleiben, und wenn ihr bei der Großmutter aegelsen hakt, so müsset ihr gleich wieder umkehrcn und nach Haus« trachten: denn die Tage sind sehr kurz, und die Sonne g«ht gar bald unter" „Ich weiß es schon, Mutter", sagt« Konrad. „Und siehe aut auf Sanna, daß sie nicht fällt oder sich erhitzt." Al« st« nach Verlauf einer Stunde auf der Höhe de» Haises angekommrn waren, war der Boden bereit» so hart, daß er nana und Schollen wie Stein« hatte Abermals nach einer Stunde wichen die dunkeln Wälder zu kxtden Seiten zurück, dllnnstehende Bäume, teilsetnzclneEichen, teil» Birken und Gebiischgruppen, empfingen sie, geleiteten sie lyeiter, und nach kurzem liefen sie auf den Wiesen In das Mills- dorfer Tal hinab. Di« Großmutter hatte sie kommen gesehen, war ihnen ent- gegengegangen, nahm Sanna bei den erfrorenen Händchen und führt« s« in die Stube. „Das ist schon recht, da» tst gut, e» freut mich gar sehr, daß t-r wieder gekommen seid; aber heute müßt ihr bald fort, d- r Tag ist kurz, und e» wird auch kälter, am Morgen war es in Millsdorf nicht gefroren." Di« Kinder bekamen an dem Tische ausgedeckt wie große Per sonen und aßen nun mit Großvater und Großmutter, und die letzter« legte ihnen hierbei besonders Gute» vor. Hierauf ging sie geschäftig hin und her und steckte das Kalb« f«llränzch«n des Knaben voll nnd steckte ihm noch allerlei in die Taschen. Sie gab sedem «in. Stück Brot, es aus dem Wege zu verzehren, und in dem Ränzchen, sagte sie, seien noch zwei Weiß, brote, wenn etwa der Hunger zu groß würde, „Für di« Mutter habe ich einen gntgebrannten Kaffee mit gegeben", sagte sie, „und in dem Fläschchen, das zugestopst und gut verbunden ist, befindet sich auch ein schwarzer Kasfeeausguß. ein besserer, als di« Mutter bei euch gewöhnlich macht: sie soll ihn nur kosten, wie er ist, er ist eine wahre Arznei, so kräftig, daß nur «in Schlückchen den Magen so wärmt, daß es den Körper in den kältesten Wintertagen nicht frieren kann. Die anderen Sacken, die in der Schachtel und in den Papieren im Ränzchen sind, bringt unversehrt nach Hause." „Habe acht, Sanna", sagte sie, „daß du nicht frierst. Grüßet Vater und Mutter und sagt, sie sollen glückliche Feiertage haben." Die Kinder gingen an den Etstäfelchen neben den Werken de» Großvaters vorbei, sie gingen durch die Millsdorfer Felder und wendeten sich gegen die Wiesen hinan. Nach langer Zeit war noch immer die Höh« nicht erreicht, von wo der Weg gegen Gschaid sich hinunterwenden mußte. Endlich kamen di« Kinder in «ine Gegend, in welcher kein« Bäum« standen. Nach «ln«r Weile blieb der Knabe stehen und sagt«: „Ich seh« kein« Bäum« mehr, wir müssen aus dem Walde gekommen sein, «uch geht d«r Weg immer bergan. Wir wolle» «in wenig stehen- >l«tb«n und herumfehen, vielleicht erblicken wir etwa». Ab«r st« «»blickten nicht«, St« sahen durch «inen trüben Raum kn den Himmel. <Mp klnd wir dinn. Konrad?" fraot« da» Mädchen. ,Zch weiß es nicht", antwortet« et. Sic gingen wieder fort: aber wie sie auch gehen mochten, wie sie sich auch wenden mochten, es wollt« kein Anfang zum Hinab, «ärtsgehen kommen. Endlich gelangten sie wieder zu Gegenständen. Es waren rieienhaft große, sehr durcheinander liegende T n.m. vier, die mit Schnee bedeckt waren, der überall in die Kliist» hineinricselte, und an die sie sich ebenfalls fast anstießen, eh« sie fi« sahen. St« gingen ganz hinzu, die Ding« anzubiick«n, Es war Ei» — lauter Eis. Sie gingen an dem Eis« hin. sofern es möglich war, durch da» Getrümmer und zwischen den Platten durchzudringen. Endlich, da der Knabe die Richtung immer verfolgt«, in der sie nach seiner Meinung gekommen waren, gelangten sie in zer- streutere Trümmer, aber sie waren auch großer und furchtbarer, wie sie gerne am Rande des Eises zu sein pflegen, und di« Kinder gelangten kriechend und kletternd hinaus. Aber es war auch endlich finster geworden. „Sanna", sagte der Knabe, „wir können nicht mehr lunab- gcyen. weil cs Rocht geworden ist, und weil wir fallen oder gar in eine Grube geraten könnten. Wir werden da unter bi« Steine hineingehen, wo es jo trocken und so warm ist, und da werden wir warten." Sie gingen in die Steinhütte und setzten sich nieder. Da» Ausstehen hatte ihnen ihre Müdigkeit erst recht gezeigt, und sie freuten sich auf dos Sitzen. Konrad legte dir Tasche au» Kalb fell ab. Die zrvei Weißbrote nahm er aus dem Ränzchen und reichte sie beide an Sanna: das Kind aß begierig. E» aß «ine» der Brote und von dem zweiten auch noch einen Teil. Den Rest reichte es aber Konrad, da es sah, daß er nicht aß. Er nahm es und verzehrte es. Von da an saßen die Kinder und schulten. Die Nacht brach mir der in großen Höhen gewöhnlichen Schnelligkeit herein. Bald war es ringsherum finster, nur der S >!iee fuhr fort, mit seinem bleichen Lichte zu leuchten, war der Zeitpunkt, in welchem man in den Tälern di« i? .er anzuzünden pflegt. Zuerst wird eines angezündet und a.'s den Tisch gestellt, um die Stube zu erleuchten, oder es : rennt auch nur ein Span, oder es brennt das Feuer auf der .nchte, und es erhellen sich alle Fenster von bewohnten Stuben i -d glänzen in die Schneenacht hinaus — aber heute erst am H.-:l:gen Abende — da wurden viel mehrere angezündet, um die Gaben zu beleuchten, welche für die Kinder aus den Tücken K"u„ oder an den Bäumen hingen, es wurden wohl unzählig« au epiutct: denn beinahe in jedem Hause, in jeder Hütte, jedem Zimmer war eines oder mehrere Binder, denen der heilig« Chriit etwas gebracht hatte und wozu man Lichter stellen mußt«. Der Knabe hatte geglaubt, daß man sehr bald von dem Berga hinabkommen könne, und doch, von den vielen Lichtern, di« heute in dem Tale brannten, kam nicht ein einzige» zu ihnen heraus: sie sahen nichts als den blassen Schnee und den dunkeln Himmel, alles andere mar ihnen in die unsichtbare Ferne hin- abgerückt. In allen Tälern bekamen di« Kinder in dieser Stunde die Geschenke des heiligen Christ: nur die zwei saßen oben am Rande des Eises, und die vorzüglichsten Geschenke, die sie heute hätten bekommen sollen, lagen in versiegelten Päck chen in der Kalbfelltasche im Hintergrund« der Höhle. Die Schneewolken waren rinasum hinter die Berge hinabc WsWjjjWjjjjWjjWjWjjjsjjWMiWjstzssW Christ ist da! Schau das Wunder dieser Nacht! Christ ist da, der Gottessohn, Menschenarmut seine Pracht, Futterkrippe dient als Thron. Wenn es nach der Weihnacht tagt, Bett« Gottes Sohn in Dir, Er, der zu Dir Bruder sag«, Liegt nur Deinetwegen hier. H. Meisner. Geburt des Herrn Der Rosenstrauch trieb eine zarte Blume, Rus weißer Kerze brach ein Helles Licht Und von der reichen, satten Erdenkrume Erhob sich froh des Frühlings Angesicht. Ein reiner Strahl sprang aus dein tiefe» Brunnen, Die Geige tönte eine Weise, sanft und süß. Ein klarer Sinn ergab sich auo den Rnnen, Die Nense schenkte liebreich den Ichthyo. Die goldne Garbe gab das weihe Brot. Das Meer warf eine Perle an das Land. Der Himmel strömte aus ein großes Morgenrot: Ein Kindlcin hielt Mariens schwache Hand. gesunken, nnd ein ganz dunkelblaues, fast schwarzes GewöM spannte sich um die Kinder voll von dichten brennenden Ster nen, und mitten durch diese Sterne war ein schimmerndes, brei tes. milchiges Band gewoben, das sie wohl auch unten im Tas«, aber nie so deutlich gesehen hatten. Die 'Nacht rückte vor. Als eine lange Zeit vergangen ivar, sagte der Knabe: „Sanna, du mußt nicht schlafen: denn weißt du, wie der Vater gesagt hat, wenn man im Gebirge sckläst, muß man erfrieren, so wie der alts Eschenjäger auch geschlafen hat und vier Monate röt auf dem Steine gesessen ist, ohne daß jemand gewußt hatte, üw er sei." „Nein, ich werde nicht schlafen", sagte das Mädchen matt. Rach einer Zeit empfand der Knabe ein janstes Drücken gegen seinen Arm, das immer schwerer wurde. Sauna war cinge- schlafen und war gegen ihn herüberaeiunken. „Sanna, schlafe nicht, ich bitte dich, schlaf« nickt", sagte er. „Rein", lallte sie schlaftrunken, „ich ichlase nicht." Da siel dem Knaben etwas ein. Die Großmutter hatte ge sagt: „Nur ein Schlückchen wärmt den Magen io. daß cs deck Körper in den kältesten Wintertagen nicht frieren kann." Er nahm das Kalbsellriinzchen. össnete es und griif so lang«, bis er das Fläschchen fand, in welchem d:e Großmutter der Mut ter einen schwarzen Kasfeeabiud schicken wollte. Er nahm da» Fläschchen heraus, tat den Verband weg und össnete mit Aw strengung den Kork. Dann bückte er sich zu Sauna und sagt«« „Nimm nur etwas, dann darfst du schlasen." Diese Aussicht verlockte Sanna, sie bewältigte sich lo weil, bat sie fast das eingegossene Getränk verschluckte. Hierauf trän« der Knabe auch etwas. Der ungemein starke Auszug wirkte sogleich, und zwar um sck heftiger, da die Kinder in ihrem Leben keinen Kaffee gekost« hatten. Stott zu schlafen, wurde Sanna nun lebhafter ui» lagt« selber, daß sie friere, daß es aber von innen recht warm fei und auch schon in die Hände nnd Füße 'gehe. Die Kind« redeten sogar eine Weile miteinander. Es war nun Mitternacht gekommen. Weil sie noch so junD waren und an jedem Heiligen Abende in höchstem Drange der Freäde stet» erst sehr spät entschlummerten, wenn sic nämlich der körperliche Drang übermannt hatte, so hatten sie nie da» mitternächtliche Läuten der Glocken, nie die Orgel der Kirch« gehört, wenn das Fest gefeiert wurde, obwohl sie nahe au der Kirche wohnten. In diesem Augenblicke der heutigen Nacht wurde nun mit allen Glocken geläutet, es läuteten die Glocken in Millsdorf, es läuteten die Glocken in Gjchaid, und hinter dem Vckqe war noch ein Kirchlein mit drei heilen, klingenden Glocken, die läuteten. In den fernen Ländern draußen waren unzählige Kirchen und Glocken, und mit allen wurde zu dieser Zeit geläutet, von Dorf zu Dorf ging die Tonwelle, ja, man konnte wohl zuweilen von einem Dorfe zum andern durch die blätterlosen Zweige das Läuten hören: nur zu den Kindern Ker- auf kam kein Laut, hier wurde nichts vernommen: denn vier war nicht» zu verkündigen. In den Talkrümmen gingen jetzt an den Berghängen die Lichter der Laternen hin, und von manchem Hofe tonte das Hausglöcklein, um die Leut« zu erin nern: aber dieses konnte um so weniger herauf gesehen und ge hört werden, es glänzten nur die Sterne, und sie leuchteten und funkelten ruhig fort. In der ungeheuren Stille, die herrschte, in der Spille, in der sich kein Schneespitzchen zu rühren schien, hörten die Kinder drei- mal da» Krachen de» Eises. Was da» Starrste scheint und doch das Regsamste und Lebendigste ist, der Gletscher, hatte dt« Töne hervorgebracht. Dreimal hörten sie hinter sich den Schall, der entsetzlich war, al» ob die Erd« cntzweigtsprungen mär^ der sich nach allen Richtungen im Eise verbreitete und gleichsam durch all« Aedcrchen de» Eises lies. Die Kinder blieben mit offenen Augen sitzen und schauten in die Sterne hinaus. Auch für die Augen begann sich etwa» zu entwickeln. Wie dl« Kinder so saßen, erblühte am Himmel vor ihnen ein bleich«? Licht mitten unter den Sternen und lpannte einen schwache« Bogen durch dieselben. E» hatte «inen grünlichen Schimmer, der sich fachte nach unten zog. Aber der Bogen wurde Immer Heller und Heller, bis sich die Sterne vor ibm zuriickzogen uit» erblaßten Auch in ander« Gegenden des Himmel» sandte «r «inen Schein, der schimmergrün sachte und lebendig unter die Siern« floß. Dann standen Garben verschiedenen Lichtes auf der Höhe de» Bogens wie Zacken einer Krone und brannten. Es floß Helle durch die benachbarten Himmelsgegenden, »» sprühte leise und ging in sanftem Zucken durch lange Räum«. Hatte sich nun der Gcwitterstosf des Himmel» durch den uner hörten Schneefall so gespannt, daß er in diesen stummen, herr lichen Strömen des Lichte» aussloß, oder war es eine andere Ursache der unergründlichen Natur Nach und nach wurde er schwächer und immer schwächer, die Garben erloschen zuerst, bi» es allmählich und unmerklich immer geringer wurde und wieder nickt» am Himmel war al« die tausend und tausend einfachen Sterne. Endlich, nachdem die Stern« lange allein geschienen hatten und nie ein Stückchen Mond an dem Himmel zu erblicken ge wesen war, geschah etwa» andere». Es sing der Himmel an, Heller zu werden, fangsam Heller, aber doch zu erkennen. „Sanna, der Tag bricht an", sagte der Knabe. „Ja, Konrad", antwortete das Mädchen In diesem Augenblicke ging die Sonn« aus. Eine riesengross«, blutrote Sckieibe erhob sich an dein Schnee saume in den Himmel, und in dem Augenblicke errötete der Schnee um die Kinder, als wäre er mit Millionen Rosen über streut worden. Die Kuppen und die Hörner warfen sehr lang» grünliche Schatten längs des Schnees. Der Knabe führte das Mädchen an der Hand. Allein nachdem sie eins Weile abwärts gegangen waren, hörte in dieser Rich- tubng das Gehänge auf, und der Schnee stieg wieder empo». Also änderten die Kinder die Richtung und gingen nach der Läng« einer Milde hinab. Aber da fanden sie wieder Eis. Sie stiege,, also an der Selle der Mulde empor, um nach clner anderen Richtung ein Abwärts zu suchen. Es führte sie ein« Fläche hinab, allein die wurde »ach und nach so steil, daß si« kaum noch einen Fuß «insetzen konnten und abwärts zu gleiten fürchteten. Sie klommen also wieder empor, um wieder einen anderen Weg nach abwärts zu suchen. Nachdem si« lange im Schnee emporgeklommen und dann auf einem ebenen Rücken sortgelaufen waren, war es wie früher: entweder ging der Schnee so steil ab, daß sie gestürzt wären, oder er stieg wieder hinan, daß st« aus den Berggipfel zu kommen fürchteten. Und so ging es immer fort. Endlich war es dem Knaben, als sähe er aus einem fern«« schielen Schneefelde «in hüpfendes Feu«r. Lo taucht« aus, H tau«t« vied«r. Letzi kabrn lt« es. iettL_kb«n k« en nickt. NgM
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