Volltext Seite (XML)
vrhcberrcchlSschutz durch BerlagSanslalt Manz, München. Nachdruck verbalen. 21. Fortsetzung. Wie erstaunte nun der Sternwirt Pauli, als er die An zeige im Wochenblatt las. Der Wiesbrock also, der Doktor Wiesbrock! Jetzt würde er also das Vergnügen haben, aus dem Hause gegenüber den Herrn Doktor herausschauen zu sehen; und der würde sich seiner gewiß noch erinnern und sich den ken: das ist der Pauli mit seinem Bockschädel, der durch die Wand will! Der glaubt, daß in der Lieb etwas mit der Gewalt geschafft ist! Der Pauli schaute fetzt zum Kranerhaus hinüber. Und richtig, setzt kam der Doktor Wiesbrock heraus, ging über die Straße herüber und trat in das Extrazimmer. „Mutter, geh hinüber in die Extrastube! Ein Gast ist da, ein feiner!" Die Sternwirtin wischte sich an der Schürze die Hände sauber. Was hatte der Pauli nur? Aber schließlich würde er schon seine Gründe haben, daß er sie schickte. „Doktor Wiesbrock," stellte sich der East vor „Ich bin der neue Doktor, Frau Wirtin. Und weil ich Junggeselle bin, so will ich im Stern essen. Frau Kraner hat mir er zählt, daß man beim Eternwirt eine gute Küche hat." Pauli» Mutter strahlte vor Vergnügen. „Nun sa," meinte sie, „ich glaub schon, daß ich ganz gut koch, nur ein bissel einfach halt, aber kräftig!" „Ganz richtig," sagte vr. Wiesbrock, „damit bin ich ganz einverstanden. Ich bin fa selber vom Land und vertrage etwas Kräftiges." Dann sagte er, wann er um die Mittagszeit und am Abend kommen werde, daß es aber auch möglich sei, daß er sich hie und da um Stunden verspäte, nun ja... das wiße sie ja; dann gab er der Wirtin die Hand und meinte: „Auf gutes Zusammenleben". In der Küche, in die Pauli eingetreten war, mußte die Sternwirttn natürlich den jungen Herrn Doktor bereden. „Ein netter Herr," meinte sie, „fein und doch so einfach!" Die Küchenmagd. die durch das Guckloch den netten Herrn beobachtet hatte, stimmte zu Aber Pauli mischte sich dazwischen. „Fallt'» ihm doch gleich um den Hal». Er wird schon wißen, warum er zu uns kommt: ersten» weil er nur über die Straßen zu gehen braucht, zweitens weil es in der ganzen Umgebung über haupt kein besseres Essen nicht gibt, drittens weil unsere Preise sich sehen laßen können; da ist es kein Wunder, daß er zu un» kommt, auch wenn er mir garnicht sympathisch ist." ,^Dir?" fragte Paulis Mutter. „Kennst du ihn denn näher?" „Ich?" war Paulis Antwort. „Ich? Nein, naher ken nen tu ich ihn nicht." Und nun kam Dr. Wiesbrock jeden Mittag und Abend zum Eternwirt. Er blieb nie sehr lange. Er aß ohne Hast, trank mit Ruhe sein Dunkles, aber dann ging er auch schon wieder in seine Wohnung hinüber, und man konnte ihn mit einem Buch oder schmalen, langen Gläsern und Fläschchen am Fen ster sehen. Aber jedesmal, wenn der Doktor im Extrazimmer war, hatte der Pauli an einer anderen Stelle im Hause etwas zu schaffen. Bis eines Abends der Pauli vor dem Tor stand und sich unversehens angesprochen hörte. „Wollten Sie mir freundlichst sagen, welchen Weg ich zum Kronesterhaus nehmen muß?" Bei diesen Worten lächelte l)r. Wiesbrock fein und fügte hinzu: „Es ist Zeit, daß ich Mariens Eltern kennen lerne." Dem Pauli blieb die Antwort im Halse stecken. Aber er Überwand diesen ersten Anfall des Zornes, daß gerade der ihn nach den Kronestern fragen mußte. „Zuerst bis zur Apotheke, Herr Doktor, dann links hinaus. Es ist nicht zu versehlen" Und nun sagte Nr. Wiesbrock sehr artig: „Sie sind sehr liebenswürdig, Herr Stadler. Meinen besten Dank!" Der Pauli sah ihm verstohlen nach. Eigentlich wirklich ein ganz netter Mensch, dachte sich Pauli jetzt, aber dann bekam er eine Wut auf sich selber, daß er nicht anders antworten gekonnt hatte. — Wiesbrock trat in das Kronesterhaus ein. Martin Thaler verhielt sich abweisend. Was wollte der da? Es war kein Kranker im Haus! Aber Michael plauderte, wie notwendig es für den Arzt sei, alle Leute im Ort kennenzulernen, Vertrauen zu gewin nen, die Verhältniße zu erfahren, denn ein kranker Mensch sei oft nicht nur am Leibe krank, sondern da spielten andere, seelische Verhältniße herein, und schließlich begann der Martin Thaler mit dem Kops zustimmend zu nicken, wenn er auch immer noch nichts sagte, bis der junge Doktor sich zum Weggehen schickte. Und jetzt hatte die Kronestermutter eine Bitte: ob er nach München käme, und, wenn ja, ob er Grüße bestellen wolle? Und Michael erklärte sich hierzu bereit; und wie er nun dem Martin Thaler die Hand reichte, da wurde sie ihm stark gedrückt, und wenn auch der Mund noch immer nichts sagte, aus den Augen von Mariens Stiesvaler grüßte schon das Verständnis zwischen Männern. Als Michael die Grüße bestellte, freute sich Maria nicht wenig; sie gab sie zurück. War es doch ihre Heimat, der sie sich wieder näherte! Und nun wurde auch der Martin Thaler gesprächiger. Die Stunden, die Michael im Kronesterhaus zubrachte, wur den immer schöner. Aber von Anna wußte man nichts. Cie hatte der Schwe ster ein paarmal geschrieben, daß sie glücklich sei und daß es ihr gut ginge. Dann kam längere Zett keine Nachricht mehr von ihr. vr. Wiesbrock begann in Egglkam beliebt zu werden. Trotzdem vr. Laubmeier seine Praxis noch ausübte, began nen immer mehr Patienten den jungen Arzt auszusuchen. Michael sah damit seine Existenz auf einer sicheren Grund lage erstehen. Nur eines hätte er sehr gern und bald ins Reine ge bracht: das Verhältnis zum Eternwirt Pauli. Es war ihm zu Ohren gekommen, daß der Wirtssohn in der Gaststube, wenn auch nicht geschimpft, so doch so von oben herunter über die jungen Arzte gewitzelt hatte. Recht hatte er damit ja nicht bekommen, aber immerhin... und dann, man lebt nicht in einer Gemeinschaft, daß dann der eine zur Hintern Tür hinausgeht, wenn der andere durch die vordere eintritt! Und der Pauli ging dem Vr. Wiesbrock ganz sichtlich aus dem Weg. Co ging denn Michael eines Morgens durch den Hof hinüber in das Schlachthaus. „Herr Stadler, guten Morgen!" Der Pauli zog gerade einem Kalb das Fell ab Er ließ das Messer fallen. „Sie wünschen, bitte?" „Lieber Herr Stadler, ich will geradeheraus reden. Es hat wirklich keinen Zweck, daß Sie mich schneiden, das heißt, daß Sie mir aus dem Weg gehen, daß Sie meinen Gruß überhören, daß Sie vielleicht auch das eine oder andere über mich sagen, was mir dann brühheiß zugetragen wird." „Ich?" Der Pauli wollte schon aussahren, aber der Dok tor unterbrach ihn. „Herr Pauli," und er reichte ihm die Hand hin. „Ich mag Ihnen aus irgendeinem Grund unsympathisch sein oder nicht, dafür kann ich nichts, und Sie wahrscheinlich auch nichts, aber um eines macht ich Sie bitten: Wir leben hier in diesem Ort. Sie sind ein geachteter Bürger, und ich glaube es auch zu sein. Wir müssen daher die Form sinden, die sich gehört. Nicht nebeneinander herumgehen wie knur rende Hunde! Es ist für uns beide bester." Pauli hatte das Mester aufgehoben. Er prüfte die Schneide und sagte noch nichts. „Ich weiß," fuhr nun Michael fort, „daß bei Ihnen so ein innerer Umschwung nicht so schnell vor sich geht. Aber wis sen sollen Sie, wie ich über die Cache denke. Und nun guten Morgen, Herr Stadler!" Hinter l)r. Wiesbrock schloß sich die Tür, und der Pauli sah ihm mehr verblüfft als zornig nach. Teusl, Teufl, dachte er, eigentlich Hal er ja recht? Sinn hat es keinen, so übers Kreuz zu sein! Aber das mit der Maria! Er machte sich wieder an das Kalb; und als er es teilte und haarscharf das Rückgrat durchhackie, da hatte er eine Freude über die Sicherheit seiner Hand. Die ersten Schatten Im November dieses Jahres traf im Kronesterhaus zu Egglkam die Freudenbotschaft ein: Ein Bub ist angekommen! Wir tauften Ihn Georg. So ließ Anna wißen. In dem unbeschreiblichen Glücks« empsinden des ersten Tages hatte sie sich der Mutter erin nert. Ja, auch die Mutter sollte Anteil nehmen an der Freude der Tochter. Aber war es Gewohnheit oder Absicht, daß Anna an Frau Kronester schrieb und nicht an Frau Thaler, wie die Mutter jetzt hieß? Bei Martin Thaler, der gern die Hand zur Versöhnung gereicht hätte, riß das alte Wunden aus. Im Hause Herold aber herrschte eitel Glück und Freude. War es nicht, wie wenn der kleine Georg, der dick und fröh- lich aus den Kißen lachte, erst recht des Segens Fülle ins Haus gebracht hätte? Eben in diesen Tagen überraschte der. Kapellmeister seine Frau mit der Nachricht: „Wer, glaubst du, ist auf die Stelle des ersten Kapell meisters aufgerückt und hat einen Vertrag aus zehn Jahr» in der Tasche? Wer, glaubst du. Anna?" „Kein anderer als mein Georg!" jubelte sie und flog ihm an den Hals ..Kinder bringen Glück ins Haus." fuhr Ne kort und hob ihm den zappelnden Kleinen entgegen. lFortsehung folgt.) Die Ausnahme In der Schlacht bei Waterloo fanden die siegreichen Eng länder «inen französischen Ossizier, der so unglücklich vom Pferd gestürzt war, daß das Tier auf ihn zu liegen kam und er sich nicht selbständig befreien konnte. Die Engländer nahmen den ohn mächtig Gewordenen in ihre Obhut und luden ihn auch zum Esten ein. In der Siegesstimmung wurde viel Wein getrunken, und ein englischer Kapitän verlor im Trunk die gute Haltung. Er kam taumelnd auf den Franzosen zu, hielt ihm da« Weinglas vor die Augen und lallt«: „Ich trinke nicht aus das Wohl der Franzosen, denn sie sind Schelme — ohne Ausnahme!" Lächelnd un- rasch gefaßt erhob nun auch der Franzose sein Glas und erwidert«: „Aber ich trinke auf das Wohl der C ">» länd«r, denn sie find Senilem«» — mit Ausnahmen!" Lin Märchen aus uralten Zeiten Auf Schloß Salnt-Quen las Ludwig der Achtzehnte feinem Premierminister Talleyrand den Berfassungsentwurf vor. „Sire", sagte Talleyrand, „ich bemerke eine Lücke." „Welche?" „Die Besoldung der Abgeordneten der Deputiertenkammer." „Aber ich hör« doch, daß ihre Tätigkeit unentgeltlich sein soll, um sie ehrenvoller zu gestalten?" „Jawohl, Sir«, gewiß! Aber . . . unentgeltlich . .. unent geltlich ... da» dürfte denn doch zu viel kosten." Silvesterschießen fordert ein Menschenleben Kassel, 2. Januar. Als in der Neujahrsnacht kurz nach Ml- ternacht mehrer« junge Leute vor einem Haus« eiiwnder zum neuen Jahre gratulierten, stürzte plötzlich ein 15jährl«r junger Mann leutto, zusammen. T» wurde sestgestellt, daß der junge Mann einen Schuß in den Nacken erholten hatte, der den schar tigen Tod herbeiführte. Der Kriminalpolizei gelang es, den leichtsinnigen Schützen zu ermitteln und sestzunehinen. Bei sei- ner Vernehmung hatte der Täter eingestanden, daß er drei bis vier Schuß von seiner Wohnung aus in Richtung des Tatorte» abgegeben hatte. Aapitän mit Entziehung eines Patents bestraft Auf Grund des Paragraphen 3 der Sceunsallvorschriflen hatte sich auf Anordnung des Reichsverkehrsministeriums das Stettiner Secamt mit dem Damvfcr „Fanal" der Reederei Ivcrs in Kiel und der Schisfsleitung zu beschäftige». Der Dampfer hatte Anfang November den Stettiner Hasen aufge sucht. Am 5. November sollte er mit einer Kohlenladung auslaufen. Doch traf bei den zuständigen Stellen die Anzeige eines Mitgliedes der Besatzung ein, das Steuerbord Mettungs- boot sei nicht in Ordnung. Ter Dampfer wurde daraufhin sestgehalten. Wie die erste Untersuchung bestätigte, mar das Steuerbord-Rottungsboot völlig unbrauchbar. Mehrere Span ten waren gebrochen und einige Planken morsch. Der Kapitän des Dampfers, Böckmann, setzte sich daraus mit der Reederei Ivcrs in Kiel in Derblndung, die den Auf trag gab, die Ankunft des Dampfers „Continental" der gleichen Reederei abzuwarten und mit diesem ein Boot auszutauschcn. Da die zuständigen Stellen jedoch den Verdacht hatten, daß auch sonst manches an Bord nicht in Ordnung sei, wurde die Aus- fahrterlaubuis nicht erteilt, sondern Auftrag gegeben, die Koh lenladung zu löschen. Nach der Entladung wurde eine genaue Untersuchung vorgcnommen. Dabei ergab sich, daß die Lenz leitung nach Raum 1 nicht funktionierte. Die Leitung war nicht nur verrostet, sondern auch durch Getrcidckörner ver stopft. Auch die Feder der Ruderkette mar gebrochen, und ein Teil des Rudergeschirrs mußte erneuert werde». Kapitän Böckmann erklärte in der Verhandlung auf Vor halt des Vorsitzenden, er sei der Meinung gewesen, daß an Bord alles in Ordnung war, zumal ihm der 1. Offizier dies lehr oft bestätigt habe. Lediglich der Zustand des Bootes mar dem Kapitän bekannt, da dieses Boot bereits in Holtenau von einem Aufsichtsbeamten beanstandet morden war. Er habe aber keine Möglichkeit gehabt, das Boot auszuwechseln oder instanbsetzen zu lassen. In Schleswig wollte der Bootsbauer das Boot erst nach auswärts schicken, und auch in Stettin konnte der Vootsbauer die Reparatur nicht schnell genug vor nehmen. Man habe daher eine bessere Gelegenheit abwarten wollen. Der Reichskommissar betonte, daß der Kavitän allein verantwortlich für den Zustand des Schiffes sei. Er habe die Pflicht, für Leben und Gesundheit der Besatzung zu sorgen. Der Kapitän habe seine Pflicht auf das gröblichste verletzt, und er beantrage daher, ihm da» Patent A ki zu entziehen, dagegen da» Zeugnis « 5 zu belasten. Das Secamt fällte folgenden Spruch: Dem Kapitän Her mann Böckmann in Kiel wird die Gewerbebefugvis als Ka pitän A 6 entzogen, weil er im Jahre 1Ü38 seine Pflichten als Führer des Dampfers „Fanal", für die Sicherheit des Schisses zu sorgen, gröblich verletzt hat. Es wird weiter sestgestellt, daß der 1. Maschinist des Dampfers, Paasch, ivoknhaft in Kiel, den Kapitän in der Aufgabe, für die Sicherheit des Schiffes zu sorge», nicht genügend unterstützt hat. B. T. Mit 35 Jahren 15 Rinder Eine französische Blutter aus En an der unteren Seine hat in diesen Tagen einem männlichen Zwillingskmar. und damit ihrem 14. und 15. Kind das Leben geschenkt. Tie Mutter zählt erst 35 Jahre. Im nächsten Jahre soll sie für den von der Aca- dömie Francaise alljährlich verteilten Pris Cagnacg, den Prei» für die kinderreichste Familie Frankreichs, vorgeschlagcn werden. Da krachte ein Schutz im Telephon Ein Züricher Spezialarzt für Ncrvenkranlhciten erhielt dieser Tage einen telephonischen Anruf von einer Pensions inhaberin in der Grütlistraße. Sie teilte dem Arzt mit, daß ihr Mann schwer nervenleidend sei und sie unerträglich quäle, und als sie weitere Einzelheiten von dem Wesen und Benehmen ihres kranken Mannes auszählrn wollt«, da brach sie plötzlich ab, der Arzt hörte nur noch einen Hilfeschrei und den dumpfen Knall eines Revolverschusscs. Sofort alarmierte er die Polizei, die auch wenige Minuten später in der Wohnung der Pensions inhaberin eintras. Sie kam gerade zur rechten Zeit, um den Täter am Selbstmord zu hindern. Der Mann der Pensions wirtin war dazugrkommen, als die Frau seinetwegen mit dem Rervenarzt sprach, und da er selbst sich nicht für krank hielt, be kam er «inen Wutanfall und erschoß seine grau, die bereit» tot neben dem Telephon aufgefunden wurde. Hauvtichriklletter: Georg Winkel. «er»»»—Mich flr »uw «Uder: »«»r, wt,I«> t» vr«»drir. Ikr«iU»«,Mcher W»«t«It« vr«»e» vrx« ->» B«rl«a »„,»«» ,r. D. «. Xl. 38: über 4300. - Z. Zt. ist Preisliste Rr. 4 gültig.