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Sächsische Volkszeitung : 07.09.1940
- Erscheinungsdatum
- 1940-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-194009078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19400907
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19400907
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1940
-
Monat
1940-09
- Tag 1940-09-07
-
Monat
1940-09
-
Jahr
1940
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 07.09.1940
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i Wasser, legt die Beschläge .Oben hui die Pilz» >, falls er h für die kesser aus, i Rucksack ilich. Man rschneiden. ln, da sie Hat man und zieht in Stücke m eigenen oenn man iteinpilzen »gewiegte i geschult» hnittenem w Pfeffer ze gesam- enn Pilz richte den attet sein teller, der Fremder, ch, manch- aNe HSf- selten nur weißüber- ct, nackt» ht wenige in denen e Leitung hmen . . . einzurich- n Zusam- die schon swegs die dafür ent- It wieder» machen — Inen alten alten kön- auch Kar» und Weln- t Behagen h gehalten aste getan, >lt es auch !r Beleuch» em an sich sV" Ursachen anderen w vielfach »«der wie c operiert elt es sich Versckie» durch da* so eigent» ästen von kmrch da» nheit der : solchen ngsgemäß Sehschu- hnt wird, stwlcklung s stattfin» 1 oder 9 in Bordild das Wort bindungen wird sich er Bruder var gewiß atten und en Reichs, )te. 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Als er sich zum Gehen wendet, huscht Mia, die auf dem Flur gelauscht hat, zurück in die Küche. Glüh endrot stürzt sie, als er draussen ist, zur Mutter inS Wohnzimmer und schlägt die Arme um ihren Hals. .Mutter, das hast du gut gemacht", sagt sie unter Tränen. Die Mutter setzt sich wieder in däs Sofa und zieht ihr Kind mit kräftigen Armen an sich. .Aber was wird nun werden?" flüstert Mia mit ängstlicher Stimme. Frau Darting will sich eben aus ihren düsteren Gedanken aufreihen, da bullert Darlings Fuhrwerk durch das Tor in den Hof. Ohne die Pferde erst aus zuspannen, stürzt der Dauer ins Haus und fragt ganz aufgeregt: .War Hegmann hier? — Ich habe seinen Wagen um die Ecke fahren fehen. Was hat er ge wollt?" Mia läßt Dater und Mutter allein und horcht hinter der offenen Küchentür. Frau Darting ist vom Sofa aufgestanden und sagt zu ihrem Mann in ruhiger Haltung: »Ja, Hegmann war hier." .Was wollte er? — Mich sprechen?" »Nein. Er hat bei mir um — Mia angehal ¬ ten", erklärt Frau Darting ruhig, indem sie an ihrem Mann vorbeischaut. .Und? — Was hast du gesagt?" fragt Darting mit bebender Stimme. Da schaut seine Frau zu ihm auf. sucht einen Augen blick in seiner Miene zu lesen und erwidert, aus feden Widerspruch gefaßt: »Ich habe gesagt, was du, Willem, auch gesagt haben würdest." »Weiteri — Und dann?" „Er hat uns drei Lage Dedenkzeit gelassen. Dann ist er gegangen." »Der Schuft I" zischt Darting. »Was wirst du tun, Willem?" drängt Frau Dar ling in ihren Mann. Darting bedenkt sich einen Augenblick, dann dreht er sich um, geht in die Küche und steht vor Mia. Er schaut das Mädchen an, will etwas sagen, bringt aber kein Wort über die Lippen. Mia sucht in seinem verzwei felten Gesicht zu lesen: sie denkt an das. was Dernd ihr über ihren Vater gesagt hat. Die Angst, der Mann könne seinen Verstand verlieren, packt sie. Aber Dar ting sieht nicht so aus. Als er hört, daß die Mutter hinter ihm herkommt, sagt er laut und drohend: »Ja, Mia, nun habt ihr beide micl' >" Vor Hand." Fortsetzung folgt. gleichgültig sein, lvenn Ihnen der ganze Hof über den Kopf verkauft wird." Del diesen Worten zuckt Frau Barking zusammen. Sie starrt Hegmann an und flüstert: »Soweit wäre es schon?" Hegmann wiegt sich auf seinem Stuhl hin und her, macht eine beruhigende Geste und sagt: »Ich meine, solange es einen Ausweg gibt, wollen wir es nicht zum Äußersten kommen lassen." Da richtet sich Frau Darking auf und erwidert mit fak tonloser Stimme: »Herr Hegmann, warum reden Sie so lange hin und her? Sagen Sie klar, was Sie von uns wollen." .Wenn Sie mich schon fragen, liebe Frau Darkina — ich habe mir, wie Sie wissen, drüben ein Haus gebaut und nun brauche ich eine Frau. Ich wäre glücklich, wenn Sie sich entschließen könnten ..." .Die Mia?" springt Frau Darking auf. »Aber bitte, liebe Frau Darking, regen Sie sich doch nicht auf! Ich bin doch kein Unmensch. Ich weiß nicht, was Sie gegen mich haben. Ich — ich liebe Ihre Toch ter", versichert Hegmann. .Ersparen Sie mir, Ihnen zu sagen, warum Sie Mia nicht haben können", erwidert Frau Darking. »Warum nicht?" fragt er. Frau Darking schaut hin und her, sucht nach Worten, verkrampft die Hände ineinander und sagt: »Warum, kann ich nicht sagen. GS gibt Dinge, die man fühlt, für die es keine Worte gibt, Herr Heamann. Ich kenne mein Kind. Mia wird Sie niemals lieben können. Mein Mann und ich — wir würden auch niemals unsere Zustimmung geben." »Weil ich kein Dauer bin? — Wir Städter sind doch auch Menschen. Und ich nehme für mich in Anspruch, mindestens ein ebenso anständiger Mensch zu sein wie mancher Dauernsohn." .Das weiß ich nicht, Herr tzegmann. Darüber kann ich nicht urteilen. Aber hier auf dem Lande leben die Menschen anders als in der Stadt, einfacher — wie soll ich Ihnen nur sagen. Die Herren aus der Stadt haben nun einmal andere Ansichten von Liebe und Ehe." „Das sind überholte Vorurteile, liebe Frau Barking. Warum soll ein einfaches Dauernmädchen nicht auch einmal die Bequemlichkeiten eines städtisch und modern eingerichteten Hauses genießen I — Im übrigen hat es Ihr Gatte ja nicht gescheut, mit uns Stadtmenschen in Geschäftsverbindung zu treten." Hegmann ist aus gestanden und steht lächelnd vor der Bäuerin. „Die Ehe meiner Tochter — wenn das Kind einmal heiratet — soll kein Geschäft sein. Für uns Dauern sind Ehe und Liebe Herzenssache. Wir können nicht gegen unser tiefstes und natürlichstes Empfinden handeln." Einen Augenblick stutzt Hegmann über diese ent schiedene Ablehnung, aus der hohettsvolle, frauliche Entrüstung spricht. Dann lächelt er wieder und meint: »Glauben Sie, daß wir Städter nicht mit dem Herzen lieben?" »Ich maße mir über die Stadtleute kein Urteil an, Herr Hegmann. Was Sie unter Liebe verstehen, ist jedenfalls nicht das, was mein Kind darunter versteht. SO. Fortsetzung. Frau Darking wird nervös, streift die Arbeltsfchürze ab und geht mit Heamann hinüber in das Wohn zimmer. Hegmann zieht sich selbst einen Stuhl näher, während Frau Darking sich auf den Rand des Sosas setzt. .Sie haben allerhand Pech gehabt, liebe Frau Dar king: der Brand und dann die dumme Geschichte mit Ihrem Sohne!" »Ja, Herr Hegmann, das mögen Sie wohl sagen: Wir wissen bald nicht mehr, wo uns der Kopf steht." .Um so weniger verstehe ich, warum sich Ihr Gatte nicht mehr bet uns sehen läßt", Hegmann lächelt und neigt sich vertraulich über den Lisch. Frau Darking krampft die Hände ineinander, schlägt die Augen nieder und zuckt müde und ratlos die Schullern. .Wir haben ihm doch geholfen, als er in nicht so bedrängter Lage war. Wir haben uns inzwischen an gefreundet, und nun —?" Horchende Stille. In der Diele rasselt die alle Stand uhr, von draußen kommt das Gegacker der Hühner, Lress heult und kann sich immer noch nicht beruhigen. .Nun werden Sie verstehen", beginnt Hegmann wie der, »daß wir mit feinem Verhalten nicht ganz zufrieden sind. Ich nehme an, daß Sie im Großen und Ganzen wissen, welche Verpflichtungen er uns gegenüber über nommen hat." Frau Darking winkt nein. »Er hat mir nur etwas von 20000 Mark erzählt, die im Juli zurückzuzahlen sind, und am 1. Oktober wieder 1OOOO Mark." .Richtig. Das ist ja nun kein Pappenstiel. — Wenn die Versicherung eine Entschädigung für den Brand zahlen würde, wäre ja wenigstens mit einem Teil des Gell>eS zu rechnen. Aber soweit wir uns unter richtet haben, ist von der Versicherung nichts zu er warten.'' , Frau Darking hat das alles schon tausendmal durch gedacht. Sie seufzt tief und schweigt, tzegmann beobach tet sie und wartet, ob sie etwas erwidere. Gr bemerkt ein leises Zittern in ihren Mundwinkeln, schaut auf seine goldene Armbanduhr und überlegt, daß er in einer halben Stunde zum Ziele gekommen sein muß: denn um zwölf kommt der Dauer nach Hause, dann könnte es einen Austritt geben. »Ich habe Ihrem Gatten neulich schon einmal durch blicken lassen, wie er sich mit einem Schlag von aller Sorge erlösen könnte. Vielleicht hat er mit Ihnen meinen Vorschlag überlegt." Frau Darking winkt wieder langsam und nachdenk lich ab. .Soviel ich Weitz, haben Sie doch auch Vermögen mit in die Ebe gebracht, und es kann Ihnen nicht Wie man Länger zum Lingen bringt Der ungarische Graf Geza Zichy, der als einarmiger Kla viervirtuose berühmt wurde, war eine Zeitlang auch Intendant der Budapester Oper und wutzte als solcher mit seinen Künst lern sehr gut fertig zu werden. Einmal hatte das männliche Chorpersonal den Gehorsam verweigert, worauf allen Sängern, die am Abend nicht auf der Bühne erschienen, der Verlust ihrer Gage angedroht wurde. Die Vorstellung begann; der ganze Thor war anwesend. Alle Sänger traten vor, öffnete» den Mund, agierten mit Händen und Füßen und — sangen deinen Ton. Als man ihnen Vorhaltungen machte, erklärten sie, sie seien nach der Androhung nur zum Erscheinen auf der Bühne verpflichtet, nicht aber zum Singen. Darauf wurde Zichy ge rufen. Er hörte sich den Fall an und erklärte dann seelenruhig den Streikenden: „Zu meinem größten Erstaunen hörte ich, daß die Kraft ihrer Stimmen derartig abgenommen hat, daß man diese bei Ihrem letzten Auftreten gar nicht vernehmen konnte. Ich hoffe, daß diese bedauerliche Nachricht übertrieben ist. Bei der heutigen Aufführung werde ich mich persönlich davon über zeugen. Der Sänger, der die größte Stimmkraft entwickelt, erhält eine Gratifikation von 60 Gulden!" Am Abend brüllten alle Chorsänger wie die Löwen... Die Wette mit dem Esel Ein bekannter deutscher Gelehrter, der kurz vor Ausbruch des jetzigen Krieges in einem englischen Landstädtchen weilte, erzählt folgende Geschichte, dle ein treffender Beweis dafür ist, daß auch die unteren Schichten der englischen Bevölkerung man- . cherlei von ihren Herren gelernt haben. — Unser Gewährsmann hörte eines Tages auf der unter seinem Fenster vorbeisührendcn Straße «ine heftig zankende Stimme. Ans Fenster tretend er blickt« er einen Dicnstmann, der lebhaft auf einen Esel ein sprach: „Also du willst nicht vorwärts, Sir? Steht das fest, Sir? Gut, Sir, ich lvette mit dir um 30 Pfennige, daß ich dich auf die Beine kringel" Der Mann spuckte in die Hände, packte den Esel beim Schweif und begann aus Leibeskräften an diesem zu drehen. Sogleich kam der Esel in einen gelinden Trab. Unser Deutscher war neugierig, was der Mann mit der Wette gemeint habe und rief: „Sie haben die Wette gewonnen, aber wer bezahlt sie Ihnen?" „O, der Esel, der Esell Mein Herr gab mir 30 Pfennige, daß ich ihm unterwegs Futter kaufen sollte, nun aber kriegt er nichts, denn ich habe die Wette ge wonnen!" „Rhabarber, Rha barber" Es ist eine merkwürdige Geschichte, wie das Wort „Rha barber" in ständiger Wiederholung dazu kam, das Murmeln einer erregten Maste apf der Bühne darzustellen. Der Herzog von Meiningen leitete die Inszenierung des „Julius Cäsar", und seine Gattin, die Freifrau von Heldburg, saß neben ihm. Eie fühlte sich unpäßlich und gab dem Kammerdiener den Auf trag, ein Schächtelchen mit Rhabarberpillen aus dem Schloß zu holen, es mußte ganz heimlich geschehen, da der Herzog Pausen während -er Proben nicht liebte. Aus der Bühne war der Chor der römischen Bürger aufmarschiert, aber er stmü ziemlich un gelenk und mäuschenstill herum. Der Herzog kam selbst nie auf die Bühne, sondern ließ feine Anordnungen durch Intendanz, rat Grabowski, «inen früheren Offizier, übermitteln, aber die ser trödelte recht, und der Herzog sprang verdrießlich auf. „Nun, Grabowski?" rief -er Herzog zur Bühne hinauf. „Hoheit, der Chor weiß nicht, was er vor der Rede des Brutus sprechen soll . . ." In diesem Arigenblick tappte -er Kammerdiener mit dem Sclmchtelchcn Rhabarberpillen in den dunklen Raum hin ein. „Was bringen Sie denn da?" „Rhabarber, ans Befehl." Der Herzog, -er von dem Auftrag der Heldburg nichts wußte, rief verwundert „Rhabarber?" Grabowski glaubte, das sei die Antwort aus seine Frage, das Volk soNte diesen Tert sprechen, und sagte: „Lassen Sic einfach .Rhabarber' murmeln!" Und nun erklang das Wort oielsültig von der Bühne, und die Wirkung schien sc ausgezeichnet, daß es seitdem bei den Meiningern üb lich wurde, wenn Volksgcmurmcl erklingen sollte, dauernd „Rhabarber! Rhabarber!" einander zuzurusen. Geständnis. „Hast Du schon mol mit andern Männern über mein Kochen gesprochen?" fragte sie >hren Gatten. „O ja." — „Das ist aber nett. Was sagst Du ihnen denn, mein Liebling?" — „Ach, nicht viel", erwiderte er, „aber ich muß dem Arzt doch sagen, was mir sehlt!" allo (8loÄo / Otto uMch Im ehrwürdigen, grauen Turn, der Dorfkirche hing eine alte Vronzeglocke. Selbst die ältesten Leute des Kirchspiels konnten sich nicht daran erinnern, sie jemals läuten gehört zu haben. Seit mehr als hundert Jahren, so sagte man, mar sie stumm. Die Gründe, die man dafür angab, ivarcn recht ver schieden. Einige alte Mütterlein wollten wissen, das Verstum men der Glocke sei ein göttliches Strafgericht gewesen für die Verschwendungssucht und Liederlichkeit der Dorfbewohner nach einem großen Kriege. Der wahre Grund mar aber doch wohl der: Die Glocke, eine Stiftung aus dem 16. Jahrhundert, war viel zu schwer für den gebrechlichen Turm. Ihr Geläut würde das Mauerwerk gefährdet haben. Und da außerdem etwa hun dert Jahre zuvor ein Blitzschlag, der den Kirchturm traf, die Glocke gestreift und beschädigt hatte, war obendrein zu befürch ten, daß die alte Vronzeglocke beim Läuten vollends zersprun gen wäre. So war sie denn seit Generationen verstummt, und niemand kümmerte sich mehr um sie. Nur der alte Glöckner liebte sie zärtlich. Er betrachtete sie als ehrwürdige Zeugin vergangener Zeiten, als alte, mütterliche Kameradin. Jedoch — sie war überflüssig, wertlos für die Gemeinde, und ivenn man sie hängen ließ, so geschah das nur, um Umständlichkeiten und Kosten zu vermeiden. Da kam der Krieg. — Nun besannen sich die Kirchen ältesten auf die alte Glocke. Kunstwcrt hatte sie nicht, zum Läuten war sie zu ungeschickt, — so mochte sie denn in Gottes Namen vom Turme geholt, eingeschmolzen und in wehrhafte Waffe verivanbelt werden! Als der greise,. Kirchendiener von diesem Beschluß des Stiftungsrates erfuhr, Lessen Notwendig keit er durchaus einsah, wurde es ihm schwer und weh ums Herz. Seit undenklichen Zeiten hatte die Glocke an ihrem Platze gehangen, tagtäglich hatte er sie morgens, mittags und abends gesehen, wenn er das kleine Gebetsglöckchen oder das gesamte Geläut der drei Glocken ertönen ließ. Und wenn auch die große Bronzeglocke immer schwieg, — das jahrhundertealte Recht auf den Ehrenplatz konnte Ihr doch niemand streitig machen. Wohl, dreihundert Jahre hindurch hatte sie den Lebenden den Sonntag emgeläutet, die Toten beklagt, Hochzeiten und andere festliche Ereignisse verkündet, in Feuers- und Krlegsnot die wehrhaften Männer zu Hilfe gerufen und die Tagelöhner und Bauern noch getaner Arbeit zum Gebete geladen. Nun wollte man sie zum alten Eisen werfen und einschmclzen! Und was das Schlitnmste war: Es gab keinen vernünftigen Grund, diese bitterharte Notwendigkeit zu bestreiten. Am festgesetzten Tage kamen die Handiverker. Sie errich teten das Baugerüst und schickten sich an, die Glocke vom Turme zuholen. Der alte Kirchendiener stand betrübt von ferne. Da brauste mit einem Male wie Sturmwind die Nachricht über das deutsche Vaterland und auch über das Dörfletn in der Heid«: „Sieg! Laßt die Siegesglocken läuten!" Die Handwerker unterbrachen die Arbeit. Der alte Kirci-endiencr bestieg den Turm, — es dauerte eine ganze Weile, bis er mit dem Geläut begann. Er mahn, ein Seil und knüpfte cs als Glockenseil an dle alte Glocke. Die drei Glocken erklangen, und auch die alte Glocke sang das Siegeslied mit, so gut sie es noch konnte. Das Gemäuer des Turmes erbebte unter ihren mächtigen Klän gen. Die Bauern und Tagelöhner des Dorfes, die Schulkinder und der alte Lehrer, selbst der Pfarrer horchten erstaunt auf: Das Geläut klang ihnen heute so seltsam fremd und doch so sestsam schön! Da entblößten sic ihr Haupt, neigten sich tief und falteten ihre Hände. Sie fühlten: Eine Vielhunderijährige nimmt Abschied; sie singt noch einmal das Lied, das sie vor Jahrhunderten den Ahnen sang. Die Stimme längstvcrgangcner Jahrhunderte wurde wieder lebendig. Eine Uralte, die so viele Geschlechter betreut hatte, ging dahin, um in neuer Gestalt oufzuerstehen und dem Volke mit letztem Einsatz zu dienen. Alle verstanden die gewaltige Predigt der alten, fast vergesse nen Glocke: „Jeder ist berufen zum Dienst! Jeder diene mit der Gabe, die er empfangen Hal! Niemand ist ganz untauglich, selbst der Unscheinbare und Vergessene, ja der Kranke und Sterbende kann noch seine hohe und schöne Ausgabe erfüllen!" Dumpf verhallten die letzten Glockenklänge. Einen Augen blick herrschte wortloses Schweigen. Dann gingen die Arbeiter ans Werk, um die Glocke von ihrem Platze loszumachen und mit der Winde langsam hcrabzuholcn. Der Wagen stand bereit. Als die Pferde die schwere Last davonzogcn, gab die ganze Dorfgemeinschaft dem Wogen das Geleit bis zur Grenze der Gemarkung. Die Kinder liefen voran, auch der Lehrer, der Pfarrer und der Bürgermeister fehlten nicht. Die Mägdlein brachten Blumen aus den Gärten und warfen sic auf den Wagen, der die alte Glocke davontrug. Der alte Glöckner aber ließ noch einmal alle anderen Glocken läuten. Wie ein Ehren bürger irmrde die aste Glocke zum Dorf hinausgcfahren unter Ehrcngeläut und Glockengeläut. Das schönste Lob. Als Nestle Melba, die große Sänge rin, nach einer 30jährigen, an Triumphen reiärcn Laufbahn von der Bühne und aus dem Konzertsaal sich zurückzog. wurde sie gefragt, bei welcl>er Gelegenheit sie den höchsten Beifall für ihre Stimme erhalten habe. Da erzählt« sie, sic hätte einmal auf einer Gastspielreise morgens im Hotel geübt, und als sie dabei einen Triller erklingen ließ, Härte sie, wie ein kleiner Junge, der nebenan spielte, jubelnd seiner Mutter zuricf: „Hör mal, Mutti, den schönen Vogel!" Hauptschristleiter: Georg Winkel; Stellvertreter: Dr. Gerhard Desczyk; Verlage und Anzeigenleiter: Theodor Winkel, sümtlich Dresden. Druck und Verlag: Germania Buchdruckeret u. Verlag, Dresden, Polierstrabe 17. - Preisllste Nr. 6 ist gültig.
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