Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 07.09.1940
- Erscheinungsdatum
- 1940-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-194009078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19400907
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19400907
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1940
-
Monat
1940-09
- Tag 1940-09-07
-
Monat
1940-09
-
Jahr
1940
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 07.09.1940
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
pestMsthe Osusfrau Trohköpscherr erwacht Ein notwendig«« Entwicklungsstadium — Da« Kleinkind wird Persönlichkeit — Wink« zur Erziehung Armes kleines Seelchen, wie ost wirst du mißverstanden! — »«WH „arme Eltern", wie oft sieht man euch unglücklich und fassungslos vor dem bisher so gefügigen Liebling stehen, der In einem Wutausbruch um sich schlagend, schreiend und strampelnd auf dem Boden liegt, weil man — ihm seinen Willen nicht lieg. Grohs Aufregung, Rätselraten, — wie ist das mög lich, wie kann das so plötzlich kommen? — Ein verantwortungs- bewutztes Elternpaar straft das Kind sogleich exemplarisch, da mit derartige Launen im Keime erstickt werden. Andere Eltern bedauern, trösten und suchen zu beruhigen in ihrer Angst, es mit krankhaften Erscheinungen zu tun zu haben. Aber weder 'st der kleine Wüterich im Anfangsstadium einer schrecklichen Krankheit, noch zeigt sich bemühte Ungezogenheit, sondern wir sehen hierin einen normalen Entmicklungsvorgang. ., , Verfolgen wir einmal Werdegang und Entfaltung solch kleiner Menschenknospe. Die ersten vier Wochen seines irdischen. Daseins hat der Säugling ein ausgesprochenes Ruhebedürsnis und bringt fast den ganzen Tag schlafen- zu. Alles ist ihm völlig unbewuht, auch die Menschen seiner Umgebung. Nach sechs Wochen beobachtet die beglückte Mutter meist das erste Lächeln. Von dem Zeitpunkt an beginnt der kleine Geist sich zu entfalten, zunächst ganz langsam, ivenigstcns erscheint es der Umgebung langsam. In Wirklichkeit ist es überwältigend, was alles auf solch winziges Menschlein elnstürmt. Jetzt soll man ihm zulächeln, soll auch beruhigend auf das Kleine ein sprechen, aber lmmer nur eine Person, niemals mehrere gleich zeitig, das bringt dem Kinde nur Unruhe und Verwirrung. Mit einem halben Jahr darf man schon anfangen, etivas mit dem Kleinen zu spielen. Daoet sei man stets eingedenk, däh ein Kind genau so sicher, wie es gute, so auch schlechte Gewohnheiten annimmt und die Selbstzucht des Erwachsenen die best« Erziehung des Kindes bedeutet. So setzt seht schon tm Spiel die erzieherische Gewöhnung ein. Man klappt Ihm die Händchen zusammen und sagt „bitte, bitte" oder nimmt ihm etwas aus dem Händchen und sagt „danke", alles immer mit freundlich warmem Lächeln und ruhiger Stimme. Man hält ein Tuch vor, zieht es rasch weg und sagt, „guck, guck" und was der erste» kindlichen Spiele mehr sind. So schreitet die geistige Entwicklung von Stufe zu Stufe fort. Schliehlich naht die Zeit, die es dem Kind zum Bewuhtsein bringt, es kann mit seinem Willen etwas erreichen. Da sieht es etwas, kriecht oder läuft hi», die Augen auf dieses Ziel gerichtet. Das, ivas es sieht, will es unter asten Umständen haben. Schon greift es danach. Der Erivachsene sieht es, da aber dem Kind durch diesen gewollten Gegenstand vielleicht eine Gefahr droht, hindert er das Kind am Zufassen. Es merkt zunächst, datz es um die hin dernde Hand herum kann. Nun wird es energisch davon abge halten. Dagegen lehnt es sich auf. Es erfatzte die Möglichkeit, das angestrebte Ziel zu erreichen, nun will es sein Vorhaben auch durchsetzen und zwar mit aller Energie. Dieser Wille wird zum Trotz, wo er auf Widerstand stützt. Das ist auch die Zett, da „der Geist, der astes verneint", erivacht. Jedes vom Erwachsenen kommende Ansinnen wird mit „nein" beantwortet und diesen Momenten stehen Eltern ost fassungslos gegenüber. Nach der fast durchweg groben Gefügigkeit -cs Zweijährigen stehen sie hilflos vor diesem, meist plötzlichen Umschwung im Zweielnhalbjährlgen. Heute wissen wir, -atz das normale Kind diese Trotz periode durchmachen mutz, die meist nach einigen Monaten fast ebenso plötzlich abklingt, wie sie kam. Man hat beobachtet, datz Kinder, die diese Trotzperiode nicht durchmachen, sich grötzten- teils zu ziemlich Willensschwächen Menschen entwickeln. In dieser Zeit lernt das Kind, bewutzt sich Ziele zu sehen und es ist stolz auf jedes erreichte Ziel. Die Kraft des Kindes ist in dieser Zeit sehr stark in Anspruch genommen, deswegen soll e« eine gewisse Schonung erfahren. Man soll in dieser Zeit wenig auf das Kind einwirken. Notwendige Lebensgewohnheiten soll man in dieser Zeit mit ruhiger Sachlichkeit ohne Heftigkeit durchführen, aber nicht durch ständige Entgegnung -en Wider spruch oder heftige Ausbrüche herausfordern. Was etwa in der Erziehung in diesen wenigen Monaten versäumt wird, lätzt sich sehr rasch wieder einholen, denn mit dem vollendeten dritten Lebensjahr ist auch diese schlimme Zelt überwunden und das kleine Menschlein wird wieder gefügiger. Darum nehme man das plötzlich auftretende Trotzköpschen als das, was es ist, ein Entwicklungsstadium. Wir lagern Gemüse und Obst für -en Winter Aber wies — Einig« praktisch« Winke , Gern täte es wohl jede Hausfrau, aber ... Ja, da ist -ewer, E Protzes „aber" dabei, denn ein recht trauriges Kapitel Nir diese Zwecke sind oft die Kellerräume der Grobstadthäuser. 3n einem sind die Oefen der Zentralheizung, und die dazu gehörigen Röhren durchziehen ihn mit angenehmer, hierfür „unangenehmer" Wärme. Ein anderer hat keine ausreichende Lüftungsmöglichkeit, ist feucht und riecht stets müssig. Solche Kester sind für keinerlei Vorratshaltung geeignet und es wäre unrecht, Obst und Gemüse auch nur versuchsweise drin unter zubringen, denn ein Versuch ist von vornherein zum Mißerfolg verdammt. Trockene, luftige, srostfreie Kester sollten aber stets dazu ausgenützt werden. Vorteilhaft ist es, die Kellerwände alljährlich vor Einlagerung kalken zu lassen, es trägt wesent lich zur Haltbarkeit bei. Wenn irgend angängig, lagert jede Hausfrau Kartoffeln ein. Nur dürfen sie nicht einfach lieblos in irgendeine Ecke geschüttet werden. Hat man keine der eigens dafür bestimmten Kartoffelkisten, die auf Beinen stehen, unten eine Klappe hccken, der man den Tagesbedarf entnimmt, dte Knollen rut schen nach und werden dadurch automatisch etwas durcheinander geschüttelt und umgelagert. Selbstverständlich müssen sie auch in diesen Kisten ab und zu durchgesehen werden, denn eine angefauste würde soundsoviel gesunde anstecken. Ist man nicht im Besitz einer solchen Kiste, so nehme man eine gewöhnliche, nicht zu hohe Holzkiste, sie kommt auf Klötze oder Ziegelsteine, steht also nie unmittelbar auf dem Kellerfutzboden. Zum Einlagern von Kohl sind nur Spätsorten zu nehmen und bei trockenem Wetter geerntete Köpfe, denn feucht ein gelagerter geht in Fäulnis über. Man bereitet ein Beet durch Aufschichten einer etwa 2S Zentimeter hohen Sand- oder Torf mullschicht, die mit Latten gehalten wird. Hier wir- der mit der Wurzel geerntete Kohl dicht eingepflanzt, nur mit einem kleinen Luftraum zwischen den Köpfen, die direkt auf dem Sand ausliegen müssen. Soll Wurzelgemüse gelagert werden, wie Karotten, Möhren. Pctersilienmurzel und Sellerieknollen, auch Rote Rüben, so geschieht es in mäßig feuchtem Sand oder Torfmull. Verfügen wir Uber genügend Raum, werden die Wurzeln genau wie die Kohlköpse beetartig „eingepflanzt". Raumsparend ist cs, sie an -en Kellerwänden stapelartig zu schichten, datz sie gut mit Sand bedeckt sind, der durch Gegenstellen von Brettern gehalten wird. Schwarzwurzeln lasten sich genau so aufbewahren, sie über wintern unter einer Larckschlcht, auf den Beeten belassen, auch sehr gut, da sie Kälte sehr gut vertragen. Obst überwintert am besten in -en bekannten auszieh baren Horden, die leichtes Ueberprüfen und Sortieren zulasten. Die geeignetste Temperatur ist 4—st Grad Celsius. Gern be wahrt inan im Obstkelter auch das eingekochte Gut auf. Es steht auf Regalen oder tn Schränken, diese müssen aber unbedingt in -en Türen Gazefenster haben, damit Luftzutritt geivähr- leistet ist. Mit Ra« und Tat In der Pilzz«it Wer irgend die Möglichkeit hat, sollte jetzt auf die Pilz« suche gehen, allerdings nur immer mit Pilzkennern, falls er selber nicht genügend Bescheid weiß. Man rüstet sich für die Pilzsuche mit einem geräumigen Korb und einem Mester aus, denn wenn man die gesammelten Pilze z. B. in einen Rucksack tut, so drücken sie sich zu sehr und werden unansehnlich. Man soll die Pilze immer dicht über dem Vodeit glatt abschneiden. Madige und feuchte Pilze darf man niemals sammeln, da sie fast ebenso gesundheitsschädlich sind wie giftige. — Hat man Ckampignons gesammelt, so schabt man die Stiele ab und zieht von den Köpfen die Haut ab. Man schneidet sie dann in Stücke und dünstet sie in etwas Butter und.ein wenig Salz im eigenen Saft zugedeckt etwa zwanzig Minuten. Man kann, wenn man es liebt, auch eine geriebene Zwiebel hinzutun. Bei Steinpilzen gibt man gern noch ein klein wenig Pfeffer und felngeiviegte Petersilie Hinz». Steinpilze können auch in Sckietben geschnit ten und dann in einer Bratpfanne in würfelig geschnittenem feiten, Speck, mit kleingeschnittenen Zwiebeln, etwas Psefser und Salz gebraten werden. Hat man verschiedene Pilze gesam melt, so kann man -lese gut zusammen zubereiten, denn Pilz kenner sind der Meinung, daß gerade diese Mischgerichte den allerbesten Geschmack haben. Kleine Winke für das Einmachen Zum Einkochcn von Früchten sind feuerfeste tönerne Töpfe besonders gut geeignet. Zum UmrUhren und Hcrausnehmen -er Früchte soll man stets möglichst einen silbernen Löffel nehmen. Alle Gläser, Flaschen und Stelntöpfe, die zur Auf bewahrung des Eingemachten dienen sollen, müssen vor dem Gebrauch sauber mit heißem Wasser ausgewaschen und an der Luft getrocknet werden. Es Ist ratsam, sie, ehe man das Ein gemachte einfiillt, über einen brennenden Schweselfaden zu halten und auf diese Weise auszuschweseln. Will man Flaschen verkorken, so legt man die Korken vorher in kochendes Wasser damit sie geschmeidig werden. Dann werden die Flaschen ve^ korkt und in flüssigen Siegellack oder flüssiges Stearin (ge schmolzene Kerzenenden) getaucht. Gläser werden mit feuchtem Pergamentpapier oder Zellophan zugebunden. Das Zellophan ist vorzuziehen, da es leichter eine Kontrolle des Inhalts ermög licht. Die Gläser dürfen nie so weit gefüllt sein, datz die Fül lung den Vcrschlutz berührt, vielmehr mutz zwischen Früchten und Verschluß ein etwa fingerbreiter Raum sein. Man kamt zum Einmachen tadellose, trockene Früchte verwenden. Zubereitung von Salzheringen Gute Fettheringe legt man für 24 Stunden in Wasser, zieht dann die Haut ab, trennt die Gräte heraus, legt dle Filets in eine Glasschüssel und bestreut die einzelnen Schichten mit zerschnittenen Zwiebeln, ganzen Pfefferkörnern und Lor beerblättern und übergießt die Heringe mit gutem Weinesst» Wenn man die Heringe zu Tisch bringt, kann man sie noch mit Gurkenscheiben belegen. — Man kann aber auch Roll möpse aus diesen Heringsfilets bereiten, indem man sie ein- zeln mit Senf bestreicht, mit feingeschnittenen Zwiebeln und gemahlenem Pfeffer bestreut, aufrollt und mit einem Stäbchen zusammensteckt. Die Heringsmilch wird gehackt, mit etwas Ort und feinem Weinessig verrührt und über dte Rollmöpse gegeben, die einige Tage durchziehen müssen, ehe sie verwendbar sind. Zur Vehandlung des Schielens Kindliches Schielen kann aus den verschiedensten Ursachen entstehen. Wenn es angeboren ist oder nach einer anderen Krankheit entsteht, beispielsweise nach Dlphterie, ist es vielfach durch Lähmung von Augenmuskeln bedingt, die entweder wie jede andere Lähmung wieder zuriickgehen kann oder operiert werden muh. Bei dem Schielen der Schulkinder handelt es sich aber vielfach um Störungen, die ihre Ursache in einer Verschie denheit der Sehkraft der beiden Augäpfel haben. Durch da« Schielen wird hierbei das eine Auge ausgeschaltet, also eigent lich nur noch mit einem Auge gesehen. Bei diesen Fällen von Schielen ist eine Beseitigung des Schielens leicht durch da» Tragen einer Brille zu erreichen, die die Verschiedenheit der Sehkraft ausgleichen kann. Die Verordnung einer solchen Brille hat bei der Behandlung des Schielens erfahrungsgemäß sehr viel bessere Erfolge als die vielfach empfohlene Sehschu lung, dte deshalb von den meisten Aörzten abgelehnt wird. Da bei de» Kindern meist infolge der weiteren Entwicklung ein gewisser Ausgleich des angeborenen Augenfehlers stattsin- det, kann die Schielbrille nach einiger Zeit, meist 1 oder 9 Jahren, wieder abgelegt werden. Sympathie für den Aeller Plauderei am Wochenende von lstarebu. „Im tiefen Keller sitz' ich hier bei einem Fatz von Reben!" Gar wonnevoll klingt tn diesem schönen Lied des Basses Grund gewalt auf. Wer diese Weise anstimmt, dem ist gewöhnlich „ganz kannibalisch wohl", wie jene lustigen Gesellen aus Goethes „Faust" singen — ja wo, bitte? Im Keller natürlich, in Auerbachs Keller zu Leipzig. Literatur und Musik zeugen also dafür, datz der Keller uns Deutschen in gewissen Lebenslagen sehr sympathisch ist. Der Fliegeralarm freilich scheint zu diesen Lebenslagen vorerst nicht zu gehören. In der Tat, wir verkennen die unfreund lichen Seiten dieses Anlasses nicht. Wenn es aber Zeichen eines großen Geistes ist, das Unvermeidliche mit Würde zu tragen — ivarum sollen wir der Unlust einer solchen Notwendigkeit nicht -en Humor entgegensetzen, der alles verklärt und auch eine Stunde des Unbehagens leichter erträglich macht? Machen wir einen guten Vorsatz: Wenn das nächstem«! uns das Heulen der Sirenen zum Abstieg in des Hauses unterste Räume nötigt, wollen wir uns darauf besinnen, wie sympathisch uns eigentlich der Keller ist . . . Schon di« alten Römer . . . Wenn man mich fragt, wer den Luftschutzkeller erfunden hat, so antworte ich ohne Besinnen: die alten Römer! Soll einmal einer das Gegenteil beweisen . . . Ohne die Römer jedenfalls gäbe es in Deutschland überhaupt keine Keller. Von ihnen haben unsere Vorfahren, die Germanen, die Kunst des Kellerbaus gelernt. Beweis: das Wort Keller. Es klingt so treu deutsch, kommt aber aus dem Lateinischen. „Eella" heißt ein ummauer- ter Raum. Das „L" am Anfang des Wortes sprach man zur römischen Kaiserzeit wie „K" aus: das Wort wurde damals vornehmlich für ummauerte Räume in der Erde angewendet. Zum Beispiel sür die „eellae", die der Kaiser Probus im Mosel land anlegen lietz, um dte Ernten der dort aus sein Geheiß geschaffenen Weinberge aufzunehmen. Die Soldaten, die an den Steilhängen über der Mosel die Weinberge im Schweitze ihres Angesichts hatten anlegen müssen, haben den edlen Pro bus aus Wut über diese Sauarbeit erschlagen. Wer,aber heute «tn gute» Glas Moselwein trinkt, denkt gerührt ast'-en treff lichen Kaiser, ohne den es gar keinen Moselwein gäbe, . . Kurzum, „eella" wurde damals vorn wie „k" «sprachen, daher wurde es in» Deutsche als „Keller" übernommen, Später, tm frühen Mittelalter, war im Lateinischen eine Sautouschle- bung eingetreten. Man sprach das „e" tn „eella" wie „z". Und auch die Wortbedeutung hatte sich gewandelt: nicht mehr unter der Erde, sondern über der Erde bezeichnete man einen um mauerten Raum als „cella". Und in der neuen Bedeutung und neuen Aussprache ist das Wort abermals ins Deutsche über nommen worden, als „Zelle". Aber das nebenbei. Und erst das Mittelalter . . . Wenn also wir Deutschen das Bauen von Kellern von den Römern gelernt haben, so darf man uns das Zeugnis nicht versagen, datz wir sehr gelehrige Schüler gewesen sind. Was für Keller hat das Mittelalter zu bauen verstanden! Man steige hinab in dte ehrwürdigen Kester mittelalterlicher Klöster, und man wir- angeweht vom Geiste der Ordnung und Weitsicht, der diese Imposanten Gewölbe geschaffen hat. Trocken, lustig, weiträumig, so sind diese schönen Gewölbe angelegt. Es ist eine Freude für den Freund edler Bauten, durch solche Gewölbe zu wandeln, in denen die Vorräte für Jahre sicher bewahrt wer den konnten. Die Kunst des Kesterbaues ist auch nicht so bald wieder abgestorben tn deutschen Landen. Man besuche einen Bau wie das Schloß Weesenstein im Müglitztal, wo sich Stockwerk über Stockwerk türmt wie in einem Wolkenkratzer, wo man vom Berge her kommend Eingang findet im — sechsten Stockwerk, von der Talsohle an gerechnet. So datz alle darunterltegenden Stockwerke wie ein imposanter Turmbau von Kellern erschei nen, immer zur Hälfte in den Felsen eingehauen. Oder man besichtige die Bauten Augusts des Starken nicht nur oben in den Prunkräumen, sondern auch unten in den Kellern — dann bekommt man Respekt vor dieser soliden Kunst des Kellerbaus, tn der sich deutsche Werktreue tn jedem Raume widerspiegelt. Erst dem IS. Jahrhundert, bas mit so mancher guten Tra dition rücksichtslos aufgeräumt hat, ist es vorbehalten gewesen, ganz andere Kester zu bauen. Leider, leider ist dle Mehrzahl der Häuser, in denen wir wohnen, tm 19. Jahrhundert und tn den ersten Jahrzehnten diese» Jahrhunderts gebaut worden. Das ist der Hauptgrund, weshakb der Gang in den Keller den meisten von uns als eln« unangenehme Notwendigkeit erscheint. Das 19. Jahrhundert freilich . .. Nicht mehv Werktreue und handwerkliche Tradition sind für die Bauten de» 1V. Jahrhunderts matzgebend gewesen, son dern Profitgier und die Such«, mehr zu scheinen al» zu sein. Man betracht» sich solche Bauten, wie wtr sie tn unseren Städten ja tederzeit vor Augen haben-, die Fassade tst von Sandstein, hie,Mick front au» Ziegeln. Bi» zum 1. Stock ist da» Treppenhau» mit Kacheln ausgelegt, bann fotzt der billigste Putz. Dte Zwischenwände und Decken sind dünn, die Beschläge wohlfeil. Alles ist nach dem Grundsatz hergestellt: „Oben Hut und unten pfui!" Wie die Keller nach diesem Grundsatz ausgestattet sein müssen, ist eigentlich ohne iveiteres klar. In den Keller, der gemeinhin verschlossen Ist, kommt ja nicht so leicht ein Fremder. Hinter der Kellertttre, die vielleicht noch ganz ordentlich, manch- mal sogar mit einem Stuckaufsatz verziert ist, endet alle HSf- ltchkeit. Da gibt es keinen Schmuck mehr und selten nur ordentlichen Putz, da schauen uns die kahlen, leichenweißüber- tünchten Backsteine an. Brettertüren primitiver Art, nackte Beleuchtungskörper sind einfach selbstverständlich. Nicht wenige Häuser mit elektrischem Licht habe ich angetrofsen, in denen man es nicht einmal für nötig gesunden hatte, eine Leitung in den Keller zu legen. Man mutzte eine Kerze mttnehmen . . . Der Zwang, in diesen Kellern Luftschutzräume einzurich ten, hat vielerorts vieles besser gemacht. Oft sind tn Zusam menarbeit der Hausgemeinschaft Räume entstanden, die schon ordentlich behaglich sind. Aber das ist noch keineswegs dte Regel. Aber bei uns allen sollte sich ein Gefühl dafür ent wickeln, datz wtr hier eine Sünde der Vergangenheit wieder- gutzumachen haben. Wir machen es wieder besserl Kann uns nicht die Freude und das Behagen ein Vorbild sein, mit -em man in verklungenen Jahrhunderten das Wort „Keller" aussprach? Welch angenehme Gedankenverbindungen löst doch das Wort Ratskeller aus! Kein Mensch wird sich darunter etwas Unangenehmes vorstellen. Und der Bruder Kellermeister in den Klöstern der guten alten Zeit war gewiß kein Herrscher über Räume, in denen es nach Ratten und Gerümpel roch, sondern Betreuer eines wohlgeordneten Reichs, in dem Ordnung, Uebersicht und Sauberkeit herrschte. Es ist eine Freude, In solchen alten Kellern zu wandeln oder zu sitzen. Nicht nur, weil sich dort ehrwürdig Stücksah an Stückfatz reiht, sondern vor allem, weil diese Räume wohlgestaltet, lustig, trocken und peinlich sauber gehalten sind. Wir können nicht jeden Keller zum Ratskeller machen — aber so freundlich und ordentlich wte einen ber schönen alten Keller aus früheren Zeiten sollten wir ihn doch gestalten kön nen. Nicht Stückfässer können überall stehen, aber auch Kar- tos eln, Brennholz und Kohlen, auch Einmachgläser und Wein st« cken lind nützliche Dinge, deren Nähe uns mit Behagen erfüllen kann. Wenn sie übersichtlich And ordentlich gehalten sind, kann von ihnen ebenfalls eine Atmosphäre der Sicherheit und Gemütlichkeit ausgehen. Ist dann .noch das Nötigst« getan, um den Keller zum Luftschutzraum zu gestalten, fehlt es auch nicht an Sitzgelegenheiten, an Decken", «ch genügender Beleuch- tun« — was sollte uns daran hindern, auch bet dem an sich nicht evw""lchten Anlaß de» Flieaeraldrms tm Gefühl guter DeborgWheit zu summen: „Im tieM"««ller sitz' ich hierst'
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)