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74 jungen Leute ausliefern. Wisse aber, daß du zur rechten Zeit gekom men bist; nimm die Fremdlinge und führe sie fort und sei nach Kräf ten bemüht, ihnen zu helfen; empfinde Mitleiden mit ihnen, sie sind gänzlich elend und unglücklich und haben unzählige Mißhandlungen und Peinigungen, nicht nach meinem Willen, sondern auf Arsace's Befehl ausgestauden. Sie sind wie es scheint aus edlem Geschlechte, und wie mich die Thatsacheu und die Probe überzeugt hat, durchaus tugendhaft. Mit diesen Worten führte er ihn nach dem Gefängnisse. Bagoas gerieth bei dem Anblick der jungen Gefesselten, obgleich sie be reits von den Qualen geschwächt waren, in Staunen über ihre Größe und Schönheit. Die jungen Leute, die glaubten, nun sei es da, Ba goas wäre zu früher Stunde gekommen, um sie den letzten Weg, den des Todes fortzuführen, wurden für einen Augenblick bestürzt. Alsbald faßten sie sich und machten durch ihren heitern und freien Blick den Anwesenden deutlich, daß es sie wenig kümmere und daß sie sich mehr darüber freuen. Als nun die Leute des Euphrates sich ihnen näherten und Hand an sie legten, um sie aus den Hölzern, an welche die Fesseln geschlossen waren, zu befreien, rief Theageues: Recht so, du schändliche Arsace! durch Nacht und Dunkel glaubt sie ihre verruchten Handlun gen zu verbergen. Doch gewaltig ist das Auge der Gerechtigkeit auch geheim Verborgenes aus Licht zu bringen und Ungesetzliches zu er spähen. Doch führet ihr nur aus, was euch befohlen ist und sei es, daß Feuer oder Wasser oder das Schwert gegen uns bestimmt ist, thut uns den Gefallen, uns Beide durch ein und denselben Tod abzufinden. Eben dazu forderte auch Charikleia auf. Die Eunuchen, die ihre Worte etwas verstanden, führten sie unter Thränen zugleich mit den Fes seln fort. 14. Nachdem sie den Palast des Statthalters verlassen, blieb Eu phrates da zurück. Bagoas und seine Reiter erleichterten das junge Paar von den vielen Fesseln und ließen ihnen nur die, welche sie be wachen, nicht plagen sollten. Dann setzten sie Beide auf Pferde, nah men sie in ihre Mitte und zogen so schnell als möglich in der Richtung nach Theben zu: den übrigen Theil der Nacht setzten sie ohne Unterlaß ihren Weg fort, sowie am folgenden Tage bis etwa zur dritten Stunde, ohne irgendwo auszuruhen. Als sie den Brand der Sonnenstrahlen in der Sommerzeit und in Egypten nicht mehr aushielten, weil Man-