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67 ten. Die persischen Obrigkeiten, die die Befugniß hatten, über die Staatsangelegenheiten zu berathen, Recht zu sprechen und die Strafen zu bestimmen, beorderte sie durch Boten, am folgenden Tage sich zur Gerichtssitzung einzufinden. Als diese am Morgen kamen und zur Sitzung zusammentraten, erhob die Arsace die Anklage und zwar ans Giftmischung, indem sie alles umständlich berichtete, und dabei unauf hörlich ihre Ernährerin beweinte und jammerte, daß die getödtet sei, die ihr am werthesten war, und die sie am liebsten hatte. Sie machte die Richter zu Zeugen, daß es ihr so vergolten sei, daß sie die Fremde ausgenommen und ihr alle Freundlichkeit erwiesen habe. Kurz, sie machte die Anklägerin mit der größten möglichsten Schärfe. Charikleia sagte nichts zu ihrer Vertheidignng, sondern sie be jahte noch einmal die gegen sie erhobene Anschuldigung, und gestand zu, das Gift gegeben zu haben, mit dem Hinzufügen, daß sie auch Ar- saee selbst gerne nmgebracht haben würde, wenn sie nicht vorher er tappt wäre, und in der Weise fort, indem sie auf Arsace geradezu los zog und die Richter auf jede Weise herausforderte, sie zu bestrafen. Sie hatte die Nacht vorher dem Theagenes in dem Gefüngniß, wo sie mit ihm zusammen war, ihren ganzen Zustand entdeckt, einen Theil von dem seinigen erfahren, und mit ihm die Abrede genommen, jeder Art des Todes, wenn es nöthig wäre, freiwillig entgegen zu gehn, und endlich einem jammervollen Leben, einem unnützen Umherirren, einem treulosen Glücke zu entsagen. Nachdem sie darauf ohne Zweifel mit ihren letzten Umarmungen den letzten zärtlichen Abschied von ihm ge nommen, und die Juwelen, die mit ihr ausgesetzt worden waren, und die sie allezeit verborgen bei sich zu führen pflegte, sich unter das Kleid um den Leib gegürtet hatte, um sie gleichsam zu einem Begräbnißopfer in das Grab mit sich zu nehmen, bekannte sie dem gefaßten Entschlüsse gemäß nicht nur alle Verbrechen, die ihr aufgebürdet wurden, sondern erdichtete noch neue dazu, deren man sie nicht beschuldigte. Daher fehlte wenig, daß die Richter ohne Zögern sie zu der roheren bei den Pensen üblichen Strafe verurtheilten; jedoch ließen sie es dabei bewenden, weil vielleicht ihr jugendlicher unwiderstehlicher Anblick ans sie einigen Ein druck machte, zu beschließen, daß sie den Feuertod sterben solle. Sie wurde nun sogleich von den Henkersknechten fortgeschleppt und ein wenig vor die Mauer geführt, indem der Herold unaufhörlich ausrief,