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109 die Gymnosophisten. Nahe bei diesen war eine Abtheilung Schwer- bewaffneter in einen Kreis aufgestellt, die ihre aufrecht erhobenen Schilde dicht aneinander stützten, um die Menge zurückzudrängen und den Opserpriestern freien Raum zu ihren Verrichtungen zu lassen. Nachdem Hydaspes weniges zu dem Volke gesprochen und den Sieg und seine glücklichen Thaten zum Besten des Staates verkündigt hatte, befahl er den Priestern, nun mit dem Opfer den Anfang zu machen. Im Ganzen waren drei Altäre errichtet, zwei besonders zusammen für die Sonne und den Mond, der dritte für den Dionysos stand auf der andern Seite für sich allein: auf diesem schlachteten sie allerlei Thiere und suchten ihn vermuthlich wegen der allgemeinen und allsegensreichen Thätigkeit des Gottes auf jegliche Art zu versöhnen und gnädig zu stimmen; aus den andern Altären brachten sie der Sonne ein weißes Viergespann dar, indem sie, wie es scheint, dem schnellsten Gott das schnellste Thier weihten, der Mondgöttin ein Joch Rinder, dieser der Erde benachbarten Göttin das Thier, welches beim Landbau be- hülflich ist. 7. Während man noch damit beschäftigt war, entstand auf einmal ein verworrenes und dumpfes Geschrei, wie es sich von einer unzäh ligen, zusammengewürfelten Menge erwarten läßt, indem die Um stehenden riefen: Unsere vaterländischen Gebräuche sollen vollendet, das übliche Opfer für das Volk dargebracht, die Erstlingsopfer des Krieges den Göttern vorgeführt werden. Hydaspes merkte, daß sie das Menschenopfer verlangen, welches sie bei den Siegen über Fremde aus der Zahl der Gefangenen zu vollenden pflegen, rührte mit der Hand und deutete durch Blicke an, es werde das Verlangte sogleich erfolgen: hierauf befahl er, die schon lange dazu bestimmten Gefangenen vorzuführen. Es wurden nun die andern herbeigebracht und auch Theagenes und Charikleia, alle von Fesseln befreit und be kränzt: die übrigen waren, wie natürlich, niedergeschlagen, Theagenes weniger, Charikleia aber blickte mit heiterem und von Lächeln strahlen dem Gesicht unablässig und unverwandt auf Persina, so daß auch die Königin bei ihrem Anblick etwas empfand und mit einem tiefen Seufzer sagte: Mein Gemahl, welch' ein Mädchen hast du zu dem Opfer aus gewählt, ich weiß nicht, je eine solche Schönheit gesehen zu haben; wie edel ist ihr Blick, wie hochsinnig erträgt sie ihr Geschick: wie bemit-