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407 würden. Die Priester hießen sie ein wenig warten und gingen in das Heiligthum, um da, wie gewöhnlich, zu beten und von den Göt tern zu erfahren, was sie thun sollten. Nach einem kurzen Zeitraum kehrten sie zurück, und während die übrigen schwiegen, sprach der Vor sitzende des Kollegiums, Sisimithres, Folgendes: Wir werden kommen, Königin Persina, denn die Götter erlauben es. Die Gottheit zeigt an, daß es bei dem Opfer Störung und Verwirrung geben wird, doch endigt sie mit etwas Gutem und Angenehmem: es ist so, als wenn ein Glied eures Körpers oder ein Theil des Reiches verloren gegangen wäre, dessen Auffindung das Verhüngniß verheißt. Alles Schreckende sogar, versetzte Persina, wird in eurer Gegenwart sich zum Bessern umändern; wann ich merke, daß Hydaspes sich nähert, werde ich es euch anzeigen. Das ist nicht nöthig, erwiderte Sisimithres; er wird morgen in der Frühe kommen und dies wird dir ein Brief bald nach her melden. Und so geschah es. Als Persina eben zurückkehrte und dem königlichen Palast sich näherte, übergab ihr ein Reiter einen Brief des Königs, der seine Ankunft am folgenden Tage ihr in Aussicht stellte. Herolde verkündeten nun sogleich den Inhalt des Schreibens; nur Männern, sagten sie, sei es erlaubt, entgegen zu gehen, dem weiblichen Geschlechts sei es verboten. Denn weil das Opfer den rein sten und glänzendsten Göttern, der Sonne und dem Monde, dargebracht wurde, so war eine Betheiligung des weiblichen Geschlechtes dabei nicht üblich, damit nicht etwa auch eine unfreiwillige Befleckung der Opfer- thiere stattfinde. Nur ein weibliches Wesen, die Priesterin des Mon des , hatte die Erlaubniß, anwesend zu sein, und das war Persina, weil das Gesetz und Herkommen den König zum Priester des Sonnen gottes und die Königin zur Priesterin der Mondgöttin machte. Ebenso sollte Charikleia bei den Feierlichkeiten zugegen sein, nicht als Zu schauerin , sondern weil sie zum Opfer für die Mondgöttin bestimmt war. Eine nicht zu hemmende Bewegung bemächtigte sich nun der Stadt, und ohne den vorher verkündigten Tag abzuwarten, setzten sie gleich vom Abend ab über den Fluß Astaborras: einige überschritten ihn mittels der Brücke, andere auf Fahrzeugen aus Rohr, die in großer Menge an vielen Orten des Ufers schwankten, um den entfern ter von der Brücke Wohnenden das Uebersetzen zu verkürzen und zu erleichtern. Diese Fahrzeuge sind wegen des Stoffes, aus dem sie ver-