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61 fürchtete ich, weil die Schönheit sich selbst unter der Erde nicht verbergen läßt, sondern auch von da aus meiner Meinung nach leuchten würde, sie dürfte entdeckt werden, selbst umkommen und mir Ungelegenheiten bereiten: ich bewarb mich demnach, als Gesandter an den Statthalter von Egypten geschickt zu werden. Ich bin nun hierher gekommen und habe sie mitgebracht, um für ihre Sicherheit zu sorgen. Mit dem Statt halter werde ich alsbald über den Gegenstand meiner Sendung eine Unterredung haben, er versprach uns beute Audienz zu ertheilen. Dir aber uud den Göttern, die es so fügten, übergebe ich das Mädchen un ter den Bedingungen, die wir beschworen haben, daß du sie als eine Freie halten und die mit einem freien Manne verheirathen werdest, die du selbst von mir oder vielmehr von der Mutter, die sie aussetzte, erhieltst. Ich vertraue, daß du alle Abmachungen halten wirst, sowohl weil mir der Eid diese Zuversicht ertheilt, als auch, weil ich deinen Charakter in den vielen Tagen, die du hier zubringst, als wahrhaft hellenisch erkannt habe. Dies hatte ich dir jetzt in Kürze zu sagen, weil mich mein gesandtschastliches Geschäft abruft. Genauer und deutlicher sollst du in die Geschichte des Mädchens eingeweiht werden, wenn du mich morgen am Tempel der Isis triffst. 32. So that ich: ich nahm das Mädchen und führte es verschleiert zu mir. An jenem Tage pflegte ich sie mit der größten Zärtlichkeit und dankte für sie den Göttern innig, ich betrachtete sie sogleich als meine Tochter und nannte sie so. Am folgenden Tage eilte ich früh morgens eifrig zum Tempel der Isis, wohin ich mich mit dem Fremden verabredet hatte. Nach langem Umherwandeln ging ich, wie er nirgends zu sehen war, in den Palast des Statthalters und fragte, ob Jemand den Gesandten der Äthiopier gesehen habe. Einer meldete mir, daß er aufgebrochen oder vielmehr Hinausgetrieben sei, da ihn der Statthalter mit dem Tode bedroht hatte, wenn er nicht vor Sonnenuntergang über der Grenze wäre. Auf meine Frage nach dem Grunde sagte mir derjenige, der mir die Mittheilung machte, weil er dem Statthalter die Weisung überbracht hätte, die Smaragd-Gruben unberührt zu lassen, da sie zu Aethiopien gehörten. In sehr betrübter . Stimmung kehrte ich zurück, wie einer, der einen tüchtigen Schlag be kommen hat, weil es mir nicht vergönnt war, das Nähere über das Mädchen, ihr Vaterland und ihre Eltern zu erfahren.