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49 von deinen Verhältnissen mit, obgleich ich dich zuvor danach fragte, und willst die weinigen wissen. Da du nun ein Hellene zu sein scheinst, entgegnete der Alte, den sein Geschick in eine andere Tracht kleidet, und da du durchaus meine Geschichte zu hören wünschest, die ich selbst Je manden mitzutheilen so begierig bin, daß ich sie, wie es in der Fabel heißt, diesem Rohr 0) erzählen würde, wenn ich dich nicht getroffen hätte, so wollen mir den Nil und seine Ufer verlassen (ein Ort, wo die Mittagssonne brennt, ist kein angenehmer Platz, längere Erzählungen anzuhören) und nach dem Dorfe gehen, welches du gegenüber liegen siehst, falls dich nicht ein wichtigeres Geschäft abhalt. Ich werde dich nicht in meinem Hause bewirthen, sondern in dem eines trefflichen Mannes, der auch mich als einen Hülfe Suchenden aufnahm, bei dem du meine Geschichte erfahren und mir dagegen die deinige mittheilen sollst. Wir wollen gehen, sagte Knemon; ohnehin habe ich den Weg nach dem Dorfe vor, wo ich einige Freunde erwarten soll. 22. Sie bestiegen einen der Kähne, von denen eine Menge am Ufer lag, um die Leute für Geld überzusetzen, fuhren nach dem Dorfe und langten in dem Quartiere an, wo der Alte wohnte. Den Herrn fan den sie nicht zu Haufe, sie wurden aber auf das Zuvorkommendste von der schon erwachsenen Tochter des Wirthes und allen Dienerinnen im Hause ausgenommen, die den Fremdling wie einen Vater behandelten, was ihnen der Herr wahrscheinlich befohlen hatte. Die eine bereitete ihm ein Fußbad und bürstete ihm den Staub ab, die zweite sorgte für sein Lager und machte ihm eine weiche Ruhestätte zurecht; eine dritte holte Wasser und zündete Feuer an, eine vierte brachte einen mit Wei- zenbrod und allerlei Früchten gefüllten Tisch herein. Knemon verwun derte sich hierüber und sagte: Wahrhaftig, Vater, man sollte glauben, wir seien in den Palast des Zeus, der die Gastsreunde schützt, gekom men, so aufrichtig und herzlich ist die Aufnahme. Nicht in den Palast des Zeus, entgegnete der Alte, aber in das Haus eines Mannes, der die Pflichten gegen den Gott der Schutzflehenden und Fremden genau beobachtet. Er führt das umherirrende Leben eines Kaufmanns und 9) Die Gemahlin des Midas durfte das Geheimniß, daß ihr Gemahl lange Ohren habe, keinem Menschen verrathen; weil sie es aber nicht zu verschweigen ver mochte, so erzählte sie eS dem im Sumpfe wachsenden Rohre, um ihrem Herzen Luft zu machen, Heliodor, 4