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41 liegen sah, stand er lange sprachlos da. Endlich vernahm er ein sum mendes Geräusch, welches aus dem Innern der Höhle herkam, denn Theagenes und Knemon sprachen noch mit einander: er vermuthete, das seien die Mörder der Thisbe, und wußte nicht, was er thun sollte; Räuberzorn und Barbarenwuth, die damals noch mehr durch den Ver lust der Geliebten gesteigert war, trieb ihn an, auf die vermeintlichen Schuldigen loszugehen, der Mangel an Waffen und einem Schwerte brachte ihn aber wider Willen zur Mäßigung. 13. Es schien ihm das Beste, nicht gleich anfangs ihnen als Feind zu begegnen, wenn er sich aber eine Waffe verschaffte, auf die Feinde los zugehen. Mit diesem Entschluß nähert er sich unfern Hellenen, wild und heftig um sich schauend und die verborgene Absicht der Seele durch seinen Blick verrathend. Wie sie plötzlich den nackten, verwundeten Menschen, dessen Aussehen Mordlust zeigte, zu Gesicht bekamen, zog sich Charikleia, theils aus Vorsicht, mehr aber aus Schaam über die nackte, unanständige Erscheinung, weiter in die Tiefe der Höhle zurück, auch Knemon wich ein wenig, weil er den Thermuthis erkannte, von dem er bei seinem unverhofften Anblick nichts Gutes erwartete. Doch den Theagenes erschreckte seine Erscheinung nicht sowohl, als sie ihn erbitterte. Er erhob das Schwert, um ihm einen Schlag zu versetzen, falls er etwas unternehmen sollte, und rief ihm zu: Steh still oder du wirst getroffen; es ist noch nicht geschehen, weil ich dich allmälig er kannte und bis dahin nicht weiß, welches dein Vorhaben ist. Ther muthis fiel vor ihm nieder, bat ihn und flehte, mehr den Umständen, als seinem Charakter gemäß : desgleichen rief er den Knemon zu Hülfe und versicherte, er verdiene sein Leben zu behalten, er thue nichts Böses, er habe bis zum vergangenen Tage zu ihren Freunden gehört und sei zu ihnen als Freund gekommen. 14. Knemon ließ sich hiedurch erweichen, trat hinzu und hieß ihn, der die Kniee des Theagenes umfaßt hielt, aufstehen und fragte wieder- holentlich, wo Thyamis wäre. Thermuthis sagte alles, wie derselbe mit den Feinden handgemein geworden wäre, wie er, sich in ihre Mitte stürzend, kämpfte, ohne sie oder sich zu schonen, wie er jeden, der ihm in den Wurf kam, tödtete und wie er durch den Befehl geschützt wurde, der einem Jeden gebot, seine Person zu schonen. Er schloß da mit, daß er nicht sagen könne, was aus jenem geworden wäre, er selbst