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26 dende Hitze und beruhigt die Heftigkeit des Strebens durch das Ange nehme der Zusage. Gemeiner liebende Menschen wollen als erste Probe ein Versprechen haben, und indem sie durch die Zusage den Sieg gewiß zu haben glauben, lassen sie sich von Hoffnungen wiegen und leben ruhiger. Aus diesen Erwägungen sagte ich mich ihm zu, das Weitere den Göttern oder dem Schutzgeist überlassend, dem von An fang an die Ueberwachung unserer Liebe zugefallen ist. Ein oder zwei Tage haben oft viel zur Rettung gethan und Zufälle gewährten, was Menschen durch tausend Plane nicht fanden. So schob ich das Gewisse durch das Ungewisse aus die Seite und suchte durch meinen Einfall für den Augenblick Frist. Indessen müssen wir, mein Geliebter, die Er dichtung wie der Ringer seinen Kunstgriff geheim halten und sie nicht nur allen Andern, sondern auch dem Knemou verschweigen. Zwar ist er gütig zu uns und ein Hellene, aber er ist ein Gefangener und wird, wenn es sich so trifft, dem Wunsche seines Gebieters sich eher beque men. Weder die Zeit der Freundschaft, noch ein verwandtschaftliches Band gibt uns ein sicheres Unterpfand für seine Treue. Berührt er einmal in Folge eines Verdachtes unsere Verhältnisse, so müssen wir zuerst läugnen: mitunter ist auch die Lüge gestattet, wenn sie dem, der sie sagt, nützt, und dem, der sie hört, nicht schadet. 27. Während Charikleia diese und ähnliche Rathschläge für ihr Be stes an die Hand gab, stürzte Knemon in großer Hast herein; schon durch sein Auge verrieth er große Bestürzung. Das Kraut bringe ich dir, Theagenes, sagte er; lege es auf und heile deine Wunden: ihr müßt aber auf andere Wunden und ein ähnliches Gemetzel vorbereitet sein. Auf die Bitte des Theagenes, sich deutlicher auszusprechen, versetzte er: Für jetzt ist nicht Zeit zu hören; es steht zu befürchten, daß die Thaten den Worten zuvorkommen. Folge mir sogleich: auch Charikleia möge uns begleiten. So nahm er beide mit sich und führte sie zu Thyamis. Als er diesen beschäftigt fand seinen Helm zu putzen und den Speer zu schärfen, rief er: Zu rechter Zeit bist du bei den Waffen; lege sie selber an und gib den Andern Befehl dazu. Eine so große Menge Feinde wie noch nie umringt uns und sie sind so nahe, daß ich sie über dem Hügel dort sich zeigen sah und spornstreichs gelaufen komme, um dir ihren Anmarsch anzuzeigen; unterwegs habe ich allen, denen ich konnte, geboten sich zu rüsten.