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126 Mädchen zu rauben gedächte, dem er nicht Widerstand zu leisten ver möge. Weil wir einander vorher kennen, wegen deines großen Ver mögens , und vor allem wegen des Versprechens, welches du vorhin machtest, in unserm Lande zu wohnen, salls du ihre Hand bekämest, möchte ich es vorziehn, sie mit dir zu verloben. Bist du nun entschie den dazu geneigt, so müssen wir unsere Abfahrt von hier beschleunigen, bevor uns wider unfern Willen etwas Unangenehmes widerfährt. Er freute sich hierüber über die Maßen und rief: O schön, mein Vater, trat an mich heran und küßte mir den Kopf und fragte, wann ich ab zufahren befehle? wenn es auch noch nicht die Jahreszeit zur Fahrt sei, so könnte man sich doch nach einem andern Ankerplatz übersiedeln, um aus dem Bereich der befürchteten Nachstellung zu sein, und den voll ständigen Frühling abwarten. Nun, wenn mein Geheiß Kraft haben soll, erwiderte ich, so würde ich in der kommenden Nacht abzufahren wünschen. Mit den Worten: „so soll es geschehn", ging er davon, ich begab mich nach Hause und sagte dem Tyrrhenus nichts, meinen Kin dern, daß wir nach dem späten Abend wieder das Kauffahrteischiff würden besteigen müssen. Als sie sich über die Plötzlichkeit wunderten und nach dem Grunde fragten, vertröstete ich sie, es ihnen später zu sagen, jetzt sei es nützlich, daß dies geschehe. 22. Nachdem wir einige Bissen zu Abend gegessen und uns zur Ruhe begeben hatten, erschien mir im Traum ein sonst hagerer Greis, der aber als Ueberbleibsel von seiner Kraft in der Jugend unter dem hoch aufgeschürzten Gürtel eine starke Lende hervorschimmern ließ: auf dem Kopfe trug er einen Helm, er blickte klug und schlau um sich, das eine Bein schleppte er hinkend nach, wie in Folge einer Wunde. Er näherte sich mir und sagte mit höhnischem Lächeln: Du allein hast von mir gar keine Notiz genommen, du seltsamer Mann: während noch alle, die an der Insel der Kephallenier vorbeisegelten, unser Haus betrach teten und sich bemühten, unfern Ruhm kennen zu lernen, hast du eine solche Vernachlässigung bewiesen, das; du, was doch allgemein üblich ist, mich gar nicht einmal anredetest, obgleich du obendrein in der Nach barschaft wohntest. Dafür wirst du in Kurzem die Strafe büßen und dieselben Leiden bestehn, wie ich, auf dem Meere und dem Lande Feinde antreffen. Dem Mädchen, welches du mit dir führst, bestelle von mei ner Frau einen Gruß, weil sie die Sittsamkeit über alles setzt, und sie