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97 und erfreute mich eines um so höheren Ansehns, weil ich meiner egyp- tischen Weisheit durch den Hinzuiritt der äthiopischen eine höhere Würde verliehen hatte. Als die Königin vernahm, das; ich im Begriffe sei, in meine Heimath anfzubrechen, erzählte sie mir deine ganze Geschichte, nachdem sie mich zuvor hatte schwören lassen, daß ich schweigen würde. Sie erklärte, sie würde nicht den Muth haben, die einheimischen Wei sen darum anzugehn, sie flehte mich aber an, die Götter zu befragen, erstlich ob du ihre ausgesetzte Tochter am Leben erhalten wärest, und sodann wo du dich befändest; denn trotz vieler Bemühungen habe sie von keinem solchen Kinde in ihrem Lande etwas in Erfahrung bringen können. Als ich alles von den Göttern erfahren hatte und ihr eröff- nete, daß du lebest und wo, bat sie mich wiederum, dich aufzusuchen und dich zur Rückkehr in das Vaterland aufzufordern; seit deiner Ge burt sei sie durch kein Kind weiter erfreut worden, und sie sei bereit, wenn du einmal erschienest, deinem Vater alles Vorgefallene einzuge stehn; denn sie wisse, das; er sich werde überreden lassen, wenn er nach der Probe, die sie ihm durch langes Zusammenleben von ihrem Cha rakter gegeben, so unverhofft zu seinem Wunsche, Leibeserben zu haben, gelange. 13. Das sprach sie und bat mich, es zu thun, indem sie mir oftmals meinen bei dem Sonnengott geleisteten Eid vorhielt, den keiner der Weisen übertreten darf. So bin ich gekommen, um die Bitte deiner Mutter und meinen Eid zu erfüllen, zwar nicht gerade hierher zur Er reichung dieses Zweckes, aber es ist der größte Gewinn, den mir durch die Leitung der Götter meine Irrfahrt brachte. Seit geraumer Zeit passe ich dir auf, wie du weißt, und habe schon lange nicht unterlassen, dir die geziemende Aufmerksamkeit zu erweisen, aber geschwiegen, weil ich eine Gelegenheit abwartete und in den Besitz des Tuches gelangen wollte, um einen Beleg meiner Aussagen vor dir zu haben. Dennoch steht es dir frei, wenn du mir folgst, und dich für die Flucht von hier in meiner Gesellschaft entscheidest, bevor du zu etwas Unerwünschtem mit Gewalt genöthigt wirst, da Charikles deine Vermählung mit Alka- menes schon eifrig betrieben hat, deine Familie, dein Vaterland und die Eltern wieder zu erlangen, und mit Theagenes vermählt, der bereit ist, zu folgen, wohin wir wollen, das Waisen-Leben in der Fremde mit dem Throne als ebenbürtige Königin an der Seite des Geliebten Heliodor. I. 7