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volkssettuna Donnerstag, -en 4. Mai 1SZ9 2m Fall, o»n hih«r«r ««malt, verbot, «Inlrrlonb« Vetrtob» PSningen hat d<« Bezieh«« «de« werbungtretbeod« tel» Ilnjprllch«, sali» b>» Zeitunz tn b«jchrllnN«m Umla»i», »«»» lpälet ober nicht «rlchelnt Setllllun-»»«t t» 1«»»»»», Schiistlettun,: Dre^n-Ä., Polierftrahe 17, gernrut Mil ». »10» tSelchlftiltell», Drick mü> Verlag! Germania BachLrnlerei und Verlag LH. and «. Winkel, Volierftrah, 17, gernng «017, PoMeck: «r. llSS, Bank: Stadlbank vre-de» Nr. «707 Ichhell I «al KhenIN«. vianatlicher vez»g»pr»l, »arch Irriger »inlcht. « Pfg. bzm. M Big. Irlgerloh» 170; durch di» Poft 1.70 «Inlchliehlich Vostüdermeyungqebllhr, »uzllglich »» Pfg. Poft-BeftellgelL. aiuzel-R«. 10 VlS-, Sonnabend, und geftiag-Rr. « Ps^ «bdestellungea müll«, IpSiesten, «In« Woche «blau, d«« vezuzezeit lchristllch beim Verlag «Ingegang«, lein. 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Wie der H a v a s Vertreter aus Moskau berichtet, seien im Zusammenhang mit dem Rücktritt Litwinow-Finkelstcins im Augenblick noch keine näheren Einzelheiten zu erfahren; man vermute jedoch, dast der Rücktritt im Z u s a m m e u y a n g mit den e n g l i s ch - s o w j e I ru s s i s che n Verhand. lungen stehe. Seit dem Jahre 1939 steht Litwinow-Finkelstein an der Spitze der somjetrussischen Austenpolitik, die er in all ihren ent scheidenden Aktionen der letzten Jahre — Eintritt der Sowjet union in die Genfer Liga, Beistandspakte mit Frankreich, der Tschecho-Slowakei usw. — entscheidend beeinslustt hat. Paris, 4. Mai. Auch in Paris ist die überraschende Ausbootung des saw- ietrussischen Austcnkommissars Litwinow-Finkelsteins die Sen sation der Donnerstag-Frühpresse. In grasten Schlagzeilen ver- künden die Blätter ihren Lesern, dast Litwinow-Finkelstein in Wüste geschjcht und von Molotow ersetzt wurde. Zahlreiche Blatter sprechen von einem „Thcatcrstretch In Moskau", knüp fen an diesen Wechsel in dem sowjetrussischen Austenministerium lange Kommentare und fragen sich besorgt, welche Nachwir kungen dieses sang- und klanglose Abtrcten Litwinow-Finkcl- stcins gerade auf die laufenden diplomatischen Verhandlungen der Wcstmächte im Hinblick» auf die Einkceisungspolitik gegen die autoritären Staaten haben könnte. Der Havasvertreter in Moskau berichtet, dast er sich ver geblich bemüht habe, an offizieller Stelle Auskunft über die genauen Gründe der „Ungnade" zu erhalten, von der Litwinow betroffen wurde. Man habe versichert, dast der Gesundheits zustand Litwinows in letzter Zeit sehr zu wünschen übrig licste. Auf den Versuch zu erfahren, ob der Rücktritt Litwinows einen Wechsel in der somjetrussischen Austenpolitik bedeute, habe man dein Havasvertreter geantwortet, dast die Sowjetunion nicht das Land persönlicher Politik sei, sondern dast hier nur eine Politik, nämlich die der Regierung und der Kommunistischen Partei gemacht werde. Havas weist bei dieser Gelegenheit darauf hin, dast Litwinow-Finkelstein zumindest im Auslande als der Mann der kollektiven Sicherheit und der Zusammen arbeit mit den westlichen „Demokratien" gegolten habe und er innert daran, dast in gewissen Kreisen bereits das Verschwinden des „Journal de Moscou". des Organs des Austenkommissa- riats, als ein Schlag gegen Litwinow-Finkelstein gedeutet mor den sei. Schon die letzte Rede Stalins auf der kommunistischen Parteiversammlung habe nicht gerade in der Linie der kollek tiven Sicherheit gelegen, vielmehr habe Stalin den Westmächten vorgeworfcn, danach getrachtet zu haben, die Somjetunion und Deutschland aufeinanderzuhchen, um ihre eigenen Schwierig keiten zu lösen. Andererseits sei eg offensichtlich, dast die bri tische und die französische Regierung die von Sowjetrustland ge stellten Bedingungen für Moskaus Mitarbeit an einer gemein samen Aktion als unannehmbar befunden hätten. Der Rücktritt oder die Ausbootung Litwinows ist die grasten Sensation. für die Londoner Blätter. Sämtliche Blätter geben in irgendeiner Weise zu verstehen, dast, wenn Paris, 4. Mai. Nach wie vor Ist die Danziger Frage und damit in Zusammenhang die bevorstehende Rede des polnischen Austen ministers Beck in dein Warschauer Sejm das austenpolitische Hauptthema der französischen Presse. Die Reise des R e i chsa u st e n m i n i st c r s von Ribbentrop nach Italien, die Zustimmung Deutschlands auf die schwedischen und finnischen Vorschläge zur Befestigung der Aalando-Inseln usw. wird von den Donnerstag-Frlihblättcrn ausführlich kom mentiert und in den grossen Rahmen der diplomatischen Aktio nen Deutschlands bzw. der Achse Berlin—Rom gestellt. Das bevorstehende Zusammentreffen Ribbentrops mit dem Italie nischen Austenminister Graf Ciano wird von der Presse allge- mein als sehr bedeutungsvoll beurteilt. Wie die Blätter mehr oder weniger durchblicken lassen, ist man in Paris und London über die starrköpfige Haltung Polens gegenüber den deutschen Vorschlägen cinlgermastcn besorgt. Es fehlt daher nicht an mahnenden, ja warnenden Stimmen, die der polnischen Regierung nahelegen, sich nicht unnachgiebig zu zeigen, sondern vernünftige Gegen- Vorschläge zu machen, um weiteren Verhindlungcn nicht end gültig die Tür zu verschliessen. Auch Rom wünsche mit allen Kräften eine Entspannung zwischen Warschau und Berlin und lasse unaufhörlich Ratschlage der Klugheit Warschau zukommcn und fordere die polnische Regierung ans, die deutschen Bor- auch keine amtliche Erklärung erfolgt sei, man doch annehincn könne, der Rücktritt Litwinows mit den augenblicklichen Ver handlungen zwisckien England, Frankreich und Sowjetrustland im Zusammenhang stehe. Litwinow wird von den Londoner Blättern als der Mann der „kollektiven Sicherheit" und des „unteilbaren Friedens" hingestellt, ja so gar als der Vater des Gedankens der n c u g e p l a n l c n Tripel-Allianz. Man befürchtet jetzt, dast der Lauf der Verhandlungen durch den Rücktritt Litwinow-Finkelsteins stark, wenn nicht entscheidend beeinslustt wird. Die Nachricht hat in London im übrigen wie eine Bombe cingeschlagen. So meldet der diplomatische Korrespondent des „Daily Herald", in Forcign Office habe man nicht das ge ringste geahnt und den ersten Nachrichten über den Rücktritt Litwinow-Finkelsteins einfach nicht geglaubt. „Daily Telegraph" meldet aus Paris, in amtlichen Kreisen sei man sehr besorgt, denn Litwinow-Finkelstein sei sür eine Tripel-Allianz gewesen, während Molotow genau die ent gegengesetzte Linie vertrete. „News Chronicle" meint, man könne den Rücktritt Litwinow-Finkelsteins nur in Zusammen hang bringen mit seinem Vorschläge einer Tripel-Allianz. Im Leitartikel sagt die „Times", bei den Verhandlungen mit der Sowjetunion drehe es sich darum, in welche Form das Abkommen gebracht werden solle und ob nach dem Rücktritt Litwinow-Finkelsteins die Sowjetrcgierung auch weiterhin be reit sei, die Beratungen auf der gleichen Linie fortzusctzen. Es erscheine nicht wünschenswert, dast es zu einer Tripel-Allianz komme, die im Endergebnis Euroixr in zwei feindliche bewaff nete Lager teilen würde, was — wie 1914 — nur mit einer be waffneten Auseinandersetzung enden könnte. Sie WA-Preffe zu Lilwlnov-Melsteins Sturz „Die Rote Armee hat keine Lust, für Polen zu Kämpfen". Nervyork, 4. Mai. Die Absetzung des sowjetrussischen Austeukommissars Lit- winoiv-Fiukelstein versetzt auch In den Vereinigten Staaten von Amerika die Presse in nicht geringe Aufregung und gibt Anlas; zu zahllosen Vermutungen über die Hintergründe dieser überraschenden Mastnahme Stalins. Bei der Beurteilung des Anlasses zu Litwinow-Finkelsteins jähem Sturz und der davon etwa zu erwartenden Folgen sür die sowjetrnssischc Austen politik gehen die Meinungen der einzelnen Blatter weit aus einander. „Associated Prest" meldet aus Loudon, England sei sehr besorgt um das Zustandekommen eines Paktes mit Sowjct- rustland. „New Park Times" weist aus Moskau zu berichten, dast die Austenpolitik der UdSSR unverändert bleiben werde. Die amtliche Begründung des „Rücktrittes" Litwinow-Finkel- stcins mit Gesundheitsrücksichten sei wohl zutreffend, denn der kisherige Austenkommissar sei tatsächlich schon seit langem herz krank. Nach einer anderen Meldung -.us London itt Litwinow- Finkelstein jedoch „das Opfer von Intrigen der Roten Ar- m e e", die keine europäischen Verwicklungen wünsche und keine Lust habe, für Polen zu Kämpfen. Aus Washington lässt sich die „New Bork Times" melden, dast der Nachricht von dem Verschwinden Litwinow-Finkelsteins von der politischen Bühne tn Kreisen der amerikanischen Regierung eine a u st e r o r d c u t l i ch e Bedeutung bei gemessen werde. schlüge In Erwägung zu ziehen und mit dem Führer zu ver handeln. Der allgemeine Eindruck in römisch-politischen Krei sen im Falle einer Verschärfung der deutsch-polnischen Span nung sei der, dast Italien sich bemühen würde, einen evtl. Kon flikt örtlich zu begrenzen wie schon mährend der Sevtcmbcr- krise. Aber Italien werde keinen Zweifel darüber lassen, dast cs sich trotz seiner Freundschaft zu Polen an die Seite Deutsch lands stellen würde, falls die französisch-britische Garantie zu gunsten Polens In Kraft treten sollte. Aeustcrst Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Ar tikel. den der frühere französische Lustsahrtminister Marcel Döat im radikalfozialen „Oeuvre" unter der Uebcrschrist „Für Danzig sterben?" veröffentlicht, und in dem er in seiner Schlußfolgerung erklärt: „Es mögen vielleicht harte Dinge sein; man müsse sich aber sagen: An Selten der polnischen Freunde sür die gemeinsame Verteidigung unserer Territorien, unfercr Güter und Freiheiten zu käuivfcn, ist eine Angelegen heit. die man mutig ins Auge fassen könne, wenn sie zur Auf rechterhaltung des Friedens beitragen sollte. Aber für Danzig sterben — nein!" Ich erkläre, so schreibt Döat abschliestend wörtlich: „Jetzt etwa wegen Danzig Europa einen Krieg anzuhangen, ist ein wenig stark, denn die französischen Bauern haben keinerlei Luft, für die Polen zu sterben!" Der intellektuelle Urheber Es ist nun, nach allem Hin und Her, einigermassen bekannt, was Sowjetrustland siir die von Chamberlain erwartete Hilfe fordert: ein Bündnis zwischen England, Frankreich und Sowjetrustland, und damit eine Wieder auferstehung der Borkriegssront des Angriffes gegen Deutschland in verschärfter Form. Zwar gab Chamber lain auf die dringlichen Anfragen der Labour Party im Unterhaus bekannt, er könne eigentlich noch gar nichts sagen, aber er versicherte, die Besprechungen ver« liefen zufriedenstellend, und das ist auch kein Wunder, da die nächst Roosevelts gröstte Plutokratie der Welt sich vor ihrem Erzfeind, dem Bolschewismus, bis in den Staub beugt. Allerdings hat Chamberlain im eige nen Lande wegen seines Milizgesetzes noch ungeheure Schwierigkeiten. Der Staatspräsident von Irland, de Balera, hat ebenso wie der Führer der Iren in Ulster lebhaften Protest dagegen erhoben, dast Iren für ihnen feindliche Zwecke zum Militärdienst geprestt werden sollen. Er hat Engjand einfach des Imperialismus ge ziehen. Die „militärische Ausbildungs Bill", die am Abend des 1. Mai dem Unterhaus vorgelegt wurde, sieht nämlich vor, dast die irischen Katholiken, die in Grostbritannisn wohnen, als Dominionbürger ange sehen werden und folglich als britische Staatsangehörige die militärische Ausbildung von einem halben Jahr leisten müssten.' Alle Proteste, u. n. auch der katho lischen Bischöfe von Irland, haben nichts ge fruchtet, und die Lage ist bis zum Zeireisten um so mehr gespannt, als auch die Arbeiterpartei nachdrück lichst den Kampf gegen die allgemeine Wehrpflicht fort« zusetzen gedenkt. Bon englischer Regierungsseite wurde versichert, das Gesetz tresse in diesem Jahre rund 200000 britische Staatsangehörige, im nächsten Jahre rund 300 000. An und für sich ist das eine sür festländische Berhültnisse zu lächerliche Zahl, als dast man Den Lärm, den die englische Agitation im Auslande mit ihrer Wehr bereitschaft machte, verstände. Denn auch die Franzosen, die sonst so gehorsam alle Kriegszeugenden Streiche der Negierung Chamberlain zu bewundern vorgeben, kön nen sich lebhaft ausrechnen, dast diese Milizen oder „neuen Terriers" im Kriegsfälle den Franzosen auch nicht einen Deut helfen. Es gehört aber die ganze Torheit der englischen Politik, um nicht zu sagen Schlechtigkeit, dazu, zu ver sichern, England müsse sich dem russischen Bolschewis mus in.den Nachen werfen, weil das böse Deutschland es oder seine vitalen Interessen angriffe. Ter Führer hat dagegen das Notwendige gesagt. Wenn trotzdem die englische Politik fortsährt, die Welt durch die üb lichen Lügennachrichten und -behauptungen auszuregen, dann ist es ganz offensichtlich, dast dahinter ein finsterer Anschlag lauert, und dieser Anschlag hat bereits ziem lich Gestalt angenommen. Wir haben von dem Frei brief berichtet, den England dem ihm verbündeten Polen ausgestellt hat, und die Ereignisse seitdem sind dock) bedenklich genug, als dast sie nicht mit aller Ossen- heit erörtert werden müssten. Am Dienstag verkündete die Warschauer Presse, das Foreign Office habe erklärt, dast keinerlei Unterschiede in der Aus fas st, ng Englands und Polens in der Danziger Frage bestünden, mit anderen Worten: England, und ihm getreu Frankreich, hätten Polen eine Blankovoll macht gegeben. Am Mittwoch veröffentlichten nun „Daily Telegraph, „Daily Herald" und „News Chro- 4iicle" — also Blätter verschiedenster Parteirichtungen — zusammen mit dem Pariser „Figaro", dem „Temps" und anderen Organen, Polen beabsichtige vier Punkte, näm lich die Anerkennung eines polnischen Protekto rats über Danzig, ein Einspruchsrecht der Polen gegen die Entschlüsse des Danziger Senats, eine militärische Besetzung Danzigs und endlich eine polnische Kontrolle über die Danziger Schwer industrie. Es ist bezeichnend, dast der „Daily Telegraph und die französische Presse diese gröstenwahnsinnigen Forderungen rückhaltslos zu unterstützen vorgeben, ob gleich gerade die englische Presse vor noch nicht langer Zeit immer wieder auf den Vertrag Hitlers mit Pil- sudski hingewiesen hatte, der das Pulverfast Danzig aus der Welt geschafft habe. Wenn jetzt diese Argumente von der gleichen englischen Presse in das Gegenteil verkehrt werden, dann merkt man die Absicht und man wird sich vorzusehcn haben. Zwar läuft darauf die eng lische Presse zum Teil eine etwas andere Tour. Die „Times" sprechen von „wilden Erklärungen in einigen polnischen Zeitungen". Aber es han delt sich ja nicht nur um einige obskure polnische Blät ter, sondern um höchst offiziöse Gazetten und um Besorgnis über Polens Starrköpfigkeit Frankreichs dauern haben keinerlei Lust, für die Polen zu sterben!"