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Oa8 Ki68eng68ekätt Emil Vorsdörfer halt« infolge angeborener Faulheit im Leben nur einen Stehplatz errungen. Jetzt aber, als er durch die Tiir des Lokals trat, in das er fich mit einem Herrn Karst zwecks Besprechung einer geschäftlichen Beteiligung verabredet hatte, klimperte es bet ihm in allen Taschen von Geld. Eine verstorbene Tante hatte ihm eine kleine Erbschaft hinterlassen. „Also, um welches Geschäft handelt es sich?" fragt« er forsch, nachdem er sich von einepr Kellner zu dem schon dasitzenden, ihm bisher mir brieflich bekannten, sich als ziemlich länglich erweisenden Herrn hatte lotsen lassen. . . „Um ein Riesengeschäst, im wahrsten Sinne des Wortes." - „Wir, bitte?" „Jawohl, um ein Riesengeschäst mit Riesen. Mit aufzu- stockenden, sozusagen. Es ist mir gelungen, das Hypophysen- Hormon durch eine neue, von mir entdeckte biologische Behänd« lungsmethode außerhalb des Liefertieres lebend und wirksam zu erhalten, und in Gelatine-Kapseln slir den menschlichen Gebrauch einnahmefertig zu machen. Dieses Hormon bringt, wie Sie wohl wissen, das Wachstum hervor. Mit meinen Hormon- Kapseln kann man bei richtiger Dosierung die Menschen bis zu öü Jahren in ungefähr sechs Wochen um 30 Zentimeter länger »aihsen lassen." : „Belieben zu spaßen?" „Keineswegs! Sehen Sie mich anl Vor einigen Wochen Humoreske von Heinrick Kieäel „Wenn ich bitten dürste!» Florian zog seine Stiesel aus. Aber es ging zweifellos alles echt und ehrlich zu, ohne irgendeinen Trick. Es war geradezu unheimlich. Borsdörser zögerte nicht länger, mit Karst den vorbereite ten Fifty-sisty-Bertrag abzuschließen. Dann zahlte er ihm die vereinbarten 3000 Mark zur Anschaffung von Maschinen, Aus nahme der Fabrikation usw. aus und verabschiedete sich von sei nem Wohltäter. Draußen in der frischen Lust wischte er sich den Schweiß ab. Es war doch ein wenig angreisend gewesen. Wenn ich letzt einem erzählte, sagte er zu sich, daß ich in einer knappen halben Stunde zum Milliardär geworden bin, da würde er zu- erst wahrscheinlich lachen. Oder er würde vielleicht auch gar nicht lachen. Oder was? Plötzlich sprang in sein überwachtes Denken die verfli;te Kinderinschrist. „Emil ist doof!!" ries es in ihm . . . unab lässig, peinigend, wie der stete Schrei der Spottdrossel, wie «in Menetekel! Er wurde nachdenklich. Wie, wenn hinter der Sache doch irgendeine Gaunerei steckte! Aber, wie könnte denn das sein? Und wie dahinter kommen? Emil beschloß das nächstliegende: die beiden unauffällig zu beobachten. Vorsichtig ging er wieder in das Lokal hinein und lugt» gleich am Eingang hinter einer Säule hervor nach seinen Partnern. Aber nun, oh neue» Wunder, saßen bei Karst sogar zwei Floriane. Sie teilten gerade ein Paket Banknoten auf drei Haufen und erzählten sich dabei offensichtlich Witze, nach ihrer Heiterkeit zu schließen. Borsdörser, dem Riesenrindvleh, gelang es nach einigen Se kunden, sich wieder gerade zu stellen. Dann trat er aus den Tisch zu und lüftete ironisch seinen Hut. Die drei fuhren w>e Stehaufmännchen in die Höhr. DI« beiden Floriane sahen sich ähnlich wie ein Ei dem anderen — cs waren tatsächlich Zwillinge —, nur war der eine durch eine Laune der Natur ein Stück kürzer geraten. Vorsdörfer strich mit einigem unverständlichen, aber kau ten Gebrabbel das Geld, sein Geld, wieder ein. „Entschuldigen Sie", sagte Karst, der auch seht die Fassung nicht verlor. „Es sollte ein Witz sein, vielmehr eine Wett«. Wir wollten gerade ausstehen, um Ihnen das Geld wiederzu bringen." Am meisten über diesen Witz lachten die Kellner, das übrig» besorgte die Polizei, die nach der „Riesen-In-der-Kapfel"- GmbH, schon seit einiger Zeit fahndete. Vorsdörfer kam sich vor, wie der Reiter über dem Boden see und begann, während er sich um vieles weiser auf den Heim weg machte, zu ahnen, daß die Götter auch für ihn vor de« Gewinn den Arbeitsschweiß gesetzt hatten. war ich noch ein Knirps, hinter dem die Leute hersahen. Und fetzt . . .! Na . . .? Nun bin ich allerdings ausgewachsen. Höher geht» nicht mehr bet mir." „Tja, das glauben Sie natürlich nicht!" fuhr Herr Karst mundfertig fort, und klimperte bedrohlich schnell mit seinen ver- Oer 8elb8tan8ek1u6 / schwitzten Kulleraugen. „Ich könnte Ihnen ja nun meine samt- licheu Bekannten als Zeugen beibringen. Aber Sie werden ja doch nur sagen: die sind bestochen. Nein, ich werde Ihnen «inen anderen, unwiderleglichen Beweis erbringen. Vor Ihren Augen sozusagen werde ich einen erwachsenen Menschen ein Stück länger wachsen lassen!" . Mit den letzten Worten winkte er einen Mann heran, der bisher unbeteiligt am Nebentisch gesessen hatte. „Herr Florian", stellt« er ihn vor. „Hat sich bereit er klärt, sich zu einem Test zur Verfügung zu stellen. Mir messe« fetzt die Größe de» Herrn. Dann nimmt er acht Tage lang unsere Kapseln ein. Dann treffen wir uns hier wieder. Ein os,stanL«?"^..^ - „Gut. Wollen wir mal sehen." Am Telephonhäuschen hinten im Gang maßen sie Herrn Florian und kamen dabei, ohne daß dieser sich irgendwie krümmt«, bi» auf 1,6S Meter. Emil ging nach Haus« und pfiff sich ein Liedchen. Wenn die Sach« stimmte, war er seinem Ideal, die Hände nur noch zum Elnstreichen von Reingewinn aus den Hosentaschen zu neh men, beträchtlich näher gekommen. Al» er sich nach acht Tagen wieder aufmachte, stand an einem Bretterzaun in der Näh« seiner Wohnung, von Kinderhand mit Kreide hingeschrieben, di« schlicht« Behauptung „Emil ist doof". Das verdroß ihn ein wenig, und er wurde auf dem ganzen Weg diese ominöse Formel nicht mehr recht los. Karst und Florian waren schon da. Al« der Vcrsuibsmensch aufstand und ihn begrüßte, machte Borsdörser das Gesicht «ine» Menschen, der eben «in Wunder erlebt. Die genaue Messung ergab «in« Längenzunahme von un gefähr fünf Zentimeter. „Wünschen Sie, daß er di« Schuhe auszieht?" fragte Karst sachlich. „Damit Sie nicht denken, er hat eine Einlage drin." Sie machte wahrhaft keine Freude, die Arbeit. Willy Hoepner, Papierwaren ea gro», lehnte sich an seinen Schreib tisch, klopfte nachdenklich mit den Fingern an das kalte Metall des Fernsprechers, hob dabei rin wenig den Hörer hoch. Sein Zeigefinger geriet in eines der Löcher und ließ sich nicht her ausziehen. Ohne es zu beabsichtigen, drehte er an der Wähl scheibe bis zum Anschlag. Gleich darauf war der Finger wieder frei, und dl« Scheibe drehte sich mit rhythmischem Ticken von selbst zurück. Das machte ihm auf einmal Spaß, das Schicksal auf diese Weise zu versuchen. Und so wählte er nochmals und nochmals, sechsmal hintereinander, bis die nun an das Ohr gedrückte Hörmuschel das eintönige Freizeichen sang. Es war sinnlos, gewiß. Vielleicht gab es nicht einmal diese Nummer, di« er ja selber nicht kannte. Aber doch pochte, sein Herz schneller in Erwartung. Die Finger faßten den Griff des Hörer» fester. Plötzlich kam zu ihm eine Stimme gekrochen, di« Stimme einer Frau, di« mit leicht fragendem Tonfall rief: „Kreiskrankenhau»!" Willy Hoepner zuckt« ein wenig zusammen. Er spürt« im nächsten Augenblick den dringenden Wunsch, die Gabel herunter zudrücken. Aber der Ausdruck jener unbekannten Stimme hi«lt ihn wie ein Magnet fest. Er mußte etwas sagen. Irgend etwas. „Oh, ja — hallo!" Und nach einiger Zeit des Ueberlegens: „Ist dort das Kreiskrankenhaus?" Entsetzlich dumm gefragt. Auf keinen Fall konnte man daraufhin einfach abbrechen. „Jawohl, hier ist das Kreiskrankenhaus." „Hm — was Ich sagen wollte — ja. hat man heut« — ich meine, hat man heute vielleicht eine junge Dame zu Ihnen ge- bracht . . ." „Gegen Mittag wurde hier das Opfer eines Unfalls ein geliefert. Lin junges Mädchen, namens Anneliese Bieber." „Richtig, Fräulein Bieber. Das ist sie", antwortete Hoepner und dacht« daneben, daß er sich lieber nach deren Gesundheit bätte erkundigen sollen. „,Nch, sagen Sie mal — wie geht es ihr?" „Wenn Eie die Dame kennen, können Sie sie besuchest kommen. Leider geht . . ." „Oh!" Das war alles, was Hoepner nun über di« Lippest brachte. Eine Pause entstand. Eine ungemütliche Pause. Er fühlte, daß es bester wäre, wenn er noch etwas sagen würde, Jetzt kam es ja nur darauf an, wie er aus dieser verhängnis vollen Angelegenheit wieder herauskommen könnte. „Ich komme gleich rüber!" sagte er, und bedauerte «» «ins Sekunde später. Schnellen Schrittes lief er di« Trepp« hinunter, sprang st» seinen Wagen und rollte eilig zum Krankenhaus. Hinter «tn«< Drehtür blickte ihm ein« Schwester entgegen. Der schwache Ge ruch von Arth» mischte fich mit dem feinen Aroma der Rosei^ die «r unterweg: gekauft hatt«. „Ich möchte Fräulein Anneliese Bieb-r sehen." Der Man» an der Anmeldung, ein Sanitäter, geleitete ihn in das Warte zimmer. Ganz aufgeregt setzt« er sich auf den Rand «in«» Stuhles. Zehn Minuten vergingen. Niemand kam. Nur »»» «eilen wurde di« tote Stille durch das Klappen der Türen irgendwo weit am Rande des Korridors unterbrochen. Endlich kehrte der Sanitäter zurück. „Wollen Sie mich bitte begleiten, mein Herr." Sie betraten ein großes Zimmer, in dem sich drei Per sonen befanden. „Ich bin gekommen, um Fräulein Bieber zu sehen", stottert» er verlegen. ' „Das ist Fräulein Biebers Vater", sagte die Schwester, auf einen ebenso ernst dreinblickenden Herrn weisend, der ihn sogleich fragte: „Sind Sie derjenige, der sie überfahren hat?" Ueberrascht schwieg Hoepner. Er wollte schon erklären, daß er nichts von der ganzen Angelegenheit wußte, ja, daß er nicht einmal das Mädchen kannte. Aber er mußte doch etwas damit zu tun haben — wozu wären andernfalls die Rosen, wozu wär« er selber schließlich hier?I Jawohl, er konnte ebensogut al» /Ule k'IieZen 8inci 8ekon da Plauderei sm ^Voekeuende Von jAnrabu. Gehören Sie auch zu den Menschen, die sich über jede Fliege an der Wand ärgern können? Ich will Ihnen keineswegs etwa einen Vorwurf daraus machen, im Gegenteil. Ich zähle nämlich auch zu dieser Sorte von Menschen. Aber ich will Ihnen einen Vorschlag machen, wie Sie dieser Versuchung zum Unbehagen ein Ende bereiten können: Sorgen Sie dasllr, dah keine Fliege an der Wand sitzt, dann können Sie sich nicht darüber ärgern!« Das sei leicht gesagt, aber schwer getan, meinen Sie? Freilich, wenn man mit dieser Erkenntnis erst jetzt anfängt. Aber erinnern Sie sich gütigst, daß ich Ihnen schon im Winter wiederholt gepredigt habe: Schlagt die Winterfliegen tot! Die Unsitte mancher Menschen, eine „Brotfliege" über den Winter hinweg mit Zucker und Brotkrumen zu füttern, trägt nicht zuletzt die Schuld daran, dah in jedem Frühjahr die Fliegenplage aufs neue ausbricht. Jede Fliege, die man im Winter um bringt, erspart uns hundert ihresgleichen im Sommer. Aber selbst wenn wir mit dem Kampf gegen die Fliege bis zum Sommer gewartet haben: es ist nie zu spät damit anzufangen. Natürliche Feinde des Menschen > Melancholische Gemüter möchten manchmal dar über verzweifeln, dah mit jedem warmen Sonnenblick, den uns das neue Jahr schenkt, auch diese widerlichste aller Plagen erneuert, Myriaden von Fliegen geboren werden. In leichter Aenderung eines allbekannten Ktn« derliedchens könnte man singen: „Alle Fliegen sind schon da, alle Fliegen alle!" Drohe und kleine, dicke und dünne, schwarze und grüne, zierliche Ztmmerfliegen und wuchtige „Bremsen", alle Sorten, die wir uns nicht wünschen . . . O Unvollkommenheit der Welt! Nicht nur Deine Freuden, auch Deine Leiden werden immer neu geboren. Aber davon, dah wir über diese Unvollkommenheit Kla gen, wird es nicht besser. Wir müssen uns immer vor Augen halten: Von Natur aus ist nichts schlecht oder gut: erst die Ordnung, die ein Lebewesen setzt, macht es dazu. Auch die Fliege ist von Natur aus kein Schädling. Nur der Mensch betrachtet sie — mit Recht — für sich als Schädling, wie umgekehrt die Fliege den Menschen, der so viele ihrer Art erschlägt, als Schädling betrachten mag. Mit der zärtlichen Naturbetrachtung des Buddhisten, der jeden Käfer vom Wege sorgfältig aufhebt, um ihn nicht zu zertreten, kommen wir da freilich nicht weiter. Wer nichts Lebendiges töten mag, der muh die Fliegen auf seinem Mittagessen dulden — gesegnete Mahlzeit! Wer aber die Weit nimmt, wie sie ist, der weih, dah zwischen manchen Wesen natürliche Feindschaft aesetzt ist von Anbeginn bis an das Ende der Zeiten. Die K"tze jagt die Maus, der Ichneumon tötet Schlangen, die Svinne fängt Fliegen. Und in dieser Hinsicht ist der Mensch mit den Spinnen ganz einer Meinung. Wille zur Verteidigung Nichts Widerwärtigeres gibt es als eine Küchen wand, die schön frisch geweiht, aber über und über mit Fliegen bedeckt ist. „Da kann man eben nichts machen!" ägen manche Menschen und beruhigen sich wirklich da- >ei. Die Fliegen sind nun einmal da, man wird ihrer >och nicht Herr . . . Damit muh man sich abfinden. Es ällt da manchmal schwer, nicht einen Knüppel zu neh men und dreinzuschlagen . . . Natürlich nicht etwa auf die Fliegen. Ein guter Knüppel, der sonst im Leben manch wertvolle Dienste tun kann, ist zur Bekämpfung dieser Plagegeister ebenso wenig geeignet wie Pfeil und Bogen. Das muh man schon anders machen. Jede erfahrene Hausfrau wird Ihnen sagen, wie . . . Sauberkeit und Ordnung, die Grundfesten jedes richtigen Haushalts, sind auch die unerläßlichen Voraus setzungen für eine wirksame Bekämpfung der Fliegen plage. Nirgendwo darf es im Hause einen Schmutz winkel geben: auch in Abstellzimmern, Korridoren und wenig benutzten Raumen müssen die Winkel sauber aus gefegt sein. Vor allem aber muh die Sauberkeit der Küche strahlend hervorleuchten? Fest verschlossene Abfall eimer, deren Deckel sich jeweils nur für Sekunden auf tun, sammeln die unbrauchbaren Roste. Alle Nahrungs mittel liegen unter Glas- oder Drahtgage-Glocken, im Eisschrank oder im „Fliegenschrank". In einer solchen Küche müssen die Fliegen einfach verhungern . . . Auch im Hofe muh die gleiche Sauberkeit herrschen. Die Ab fälle müssen auch hier in geschlossenen Behältern gesam melt werden. Gerade heute, wo mehr und mehr die Küch^nabfälle durch das Ernährungshilfswerk für die Schweinemast ersaht werden, sollte das eine Selbstver ständlichkeit sein. Vielleicht lächeln Sie, verehrter Freund, und sagen: „Seit wann ist der Marabu ein Fliegenfresser gewor den?" Oder Sie denken sich: „Das sind ja lauter Selbst verständlichkeiten!" Leider sind diese Dinge keineswegs selbstverständlich. Wer wie ich sich monatelang mit einem Hauswirt herumgestrltten hat, der die Küchenabfälle ein fach in eine Ecke seines Gartengrundstückes werfen lieh, der betrachtet auf diesem Gebiete überhaupt nichts mehr als selbstverständlich. Zumal besagter Hauswirt nicht irgendein von der Kultur nicht beleckter Zeitgenosse war, sondern ein hochgebildeter Mann. Es ist also doch wokl noch notwendig, den Krieg gegen die Fliegen zu predigen . . . «assen zum Angriff In jedem Kriege aber ist die schärfste Waffe nicht die Verteidigung, sondern der Angriff. Sauberkeit im