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Sächsische Volkszeitung ' Nummer 189, Sekte 19 Qibt es I^iebe auk den er8teri klick? Kostsplelixse betten um ein uralte» Problem — Ole l'raxslkomüäle eine» Ja-Lager» Vor dem Strafgericht in Neval hatten sich dieser Tage die 24jährige Linda Rebane und der 32jährlge Iuß Kangur wegen Betruges zu verantworten. Weniger diese Tatsache als die Ursache und die Art dieses Betruges sind erstaunlich. In einem der größten und schönsten Hotels Revals sahen vor einiger Zeit mehrere Herren und unterhielten sich. Plötzlich schritt «ine grohe, sehr schöne Frau durch die Halle und zog aller Aufmerksamkeit auf sich. Man tuschelte viel über die Schöne, und schließlich wurde auch die Frage der Liebe auf den ersten Blick aufgeworfen. Einer der Herren verteidigte sie nachdrück lich, während die anderen lebhaft dagegenredeten. Schließlich bot der Verfechter des großen Glücks auf den ersten Blick eine Wette an. Er setzte 1000 Estikronen und erbot sich, der eben vorbeigekommenen Dame mit Erfolg «inen Heiratsantrag zu machen. Er ging auf den Tisch der Dame zu, bat um Platz und ver wickelte sie, als ihm das Ersuchen gewährt wurde, in «in leb haftes Gespräch. In der Zwischenzeit nahmen die Kontrahenten der Wette am Nebentisch ebenfalls Platz. Eie wurden nun Ohrenzeugen des Gespräches, das zuerst nur Tagesfragen be rührte und bald recht persönlich« Formen annahm. Jedenfalls gelang es dem Herrn, die Dame zu einem Wiedersehen zu über reden, das am nächsten Tage stattfinden sollte. Die Verabredung wurde auch «ingehalten, und den erstaun ten Herren präsentierte sich noch am gleichen Tag« ein glücklich verlobtes Paar, das in hohen Tönen die „Liebe auf den ersten Blick" pries. Die Wette war also gewonnen worden, und di« beiden Gegenwetter mußten ein wenig sauer lächelnd feder seine verlorenen tausend Kronen zahlen. Am nächsten Tag« reisten die Iungverlobten ab, um den Eltern der Braut ihr« Auf wartung zu machen und bald zu heiraten- Die Wette im Hotel Baltic war längst vergessen, als eines Tages in dem Lokalblatt einer kleinen Stadt ein Aufsatz erschien, tn dem groß von der Liebe auf den ersten Blick gesprochen wurde. In diesem Artikel glossierte ein Schriftsteller die Art, wie man rin so große» Gefühl wi« die Liehe tn eine Wette einbeiieben könne, 'und macht« die Leute lächerlich, di« dafür tausend Kronen setzten. Durch Zufall bekam diese Zeitung der estnische Großmvhlen- besitzer Karla Mert in die Hände, dessen Bruder vor kurzer Zeit von einer gleichen verlorenen Wette erzählt hatte. Merl suchte di, Redakteure auf und bekam so die Adresse de, betreffenden Journalisten, der ihm den Hergang d«r Wette genau so be richtete, wie die« der Bruder Meri« ae«"n batte Wieder verging eine Zeit. Der Mühlenbesitzer hatte ge schäftlich in Petseri zu tun, als er im besten dortigen Hotel dis Bekanntschaft eines Mannes macht«, der es verstand, das Ge spräch auf Frauen und die Liebe zu bringen. Unmittelbar da nach erschien auch eine große elegante Frau. Und nun wickelte sich alles folgerichtig ab. Der Schluß des Gespräches war dann die Wette, und da der Mühlenbesitzer sich nicht lumpen lassen wollte, seht« er bvoo Kronen dagegen. Er entschuldigte sich aber nach kurzer Zeit, da er noch einen Freund anzurufen hätte, was auch geschah. Nur war dieser Freund der zuständige Letter der Kriminalpolizei, der sich rasch etnfand und an der Wett, beteiligte. Diesmal hatte es das Paar recht eilig. Die Verlobung fand noch am gleichen Abend statt. Es herrschte auch eitel Freude, Eie wurde erst durch den bekannten Tropfen Wermut verbittert, al» der eine Wetter sich als Polizeiches auswies und die beiden „Glücklichen" ausforderte, bis zur Trauung seine Gäste zu sein. Vor Gericht stellte es sich seltsamerweise heraus, daß der Wetter Juß Kangur von Beruf rin Erfinder war, der sein ganze» Vermögen tn seine Arbeiten gesteckt und auch das Geld seiner schönen Verlobten mit verbraucht hatte. Um sich neues Geld zu verschaffen, verfi«l er schließlich auf die Idee, sich weiter« Geldmittel durch Wetten zu besorgen. Da der ewige Bräutigam Geld durch «in Patent verdient hatte und gewisse Rückzahlungen leisten konnte, fiel das Urteil milde aus. Beide Angeklagten wurden zu je einem halben Jahr Gefängnis bedingt verurteilt. Sie mußten außerdem vor dem Richter durch einen herbeigeeilten Standesbeamten ihr« Eheschließung endgültig vollziehen. Hoffentlich wird dies« Eh« nun durch eine Liebe auf den letzten Blick bestätigt. Sonnabend Sonntag, 9./10. Juli 1938 I. v. D P. In Vertretung dl« Post. Fassen Ei« es so auf. Hier habe ich zwei Karten für einen fröhlichen Abend." „Geben Sie sich keine Mühel" „Wollen wir nicht wenigstens noch ein bißchen plautxrn? Es wird Ihnen nicht leid tun. Versuchen Sie wenigstens, mich nun auch privatim kennenzulernen. Sind Eie einverstanden?" Da endlich muß sie wider Willen lächeln. „Ich weiß noch nicht", sagt st« und hat, ohne es zu merken, da» blau« Cape abgelegt. Oer iüesle Lkemsnn Eine Frau, di« es wissen muß, hat sich darüber geäußert, wie ein idealer Ehemann beschaffen sein muß. In dem englischen Städtchen Dunmow hat sich mit der für englische Verhältnisse typischen Zähigkeit ein alter Brauch erhalten. Ehepaare, die „ein Jahr und einen Monat" zusammenaelebt haben, ohne daß es jemals zu einem heftigen Wortwechsel, geschweige denn zu einem ehelichen „Krach" gekommen ist, erhalten feierlich eine Speckseite ausgehändigt. Zuvor aber werden sie in einer regel rechten Gerichtsverhandlung von einem Richterkollegium auf Herz und Nieren geprüft, um festzustcllen, ob sie auch wirklich die Auszeichnung verdienen. Die diesjährige Siegerin hat allen Männern, die ebenfalls eine glückliche Ehe führen wollen, fünf Grundsätze „ins Stammbuch geschrieben", die nach ihrer Ansicht die Voraussetzung einer harmonischen Ehe darstcllen. Diese „Thesen" lauten: Jeder Mann muß seine Ehe genau so ernst nehmen, wie feinen Beruf. Er darf seine Ansichten nicht so oft wechseln wie seine Frau die ihren. Er muß immer an Ge burtstag und Hochzeitstag denken. Außerdem muß er ein Steckenpferd haben. Es ist «in Zeichen für einen guten Ehe mann, so erklärt die Siegerin im Ehewettstreit, wenn er ein Steckenpferd hat, denn sonst gerät er leicht auf Abwege. Schließ lich muß der Mann volles Vertrauen zu seiner Frau haben und darf keinerlei Geheimnisse vor ihr besitzen. Va8 keine Qekior Eigentlich wollte Theodor Storm seinen Sohn nicht allein zu den Großeltern nach Husum reisen lassen, denn der Bengel steckte voller Schabernack und würde den alten Leuten in seinen Ferien das Leben schwer genug machen. Aber da Storm mit seiner Arbeit als Amtsrichter sehr stark überlastet war, gab er Karlchen noch viele gut« Ermahnungen mit aus den Weg und ließ ihn ziehen. In der kleinen Stadt gefiel es Karl ganz ungemein gut, er durste sich viel erlauben, was zu Hause verboten war, denn di« Großmama war eine gütige alte Dame, und der Großvater war nahezu taub. So drangen sie auch nicht allzu streng dar aus, daß Karl seine Ferienausgaben erledigte, die ihm der Vater ausgegeben hatte, damit der Junge nicht alles wieder ver lernte, was er sich mühsam in der Schule angceignet hatte. So saß Karl denn auch eines Nachmittags wieder gelangweilt am Schreibtisch und trieb allerhand Dummheiten, anstatt in sein« Schulbücher zu gucken. Willkommene Ablenkung bot eine große Schmeißfliege, die zum Fenster hereingeslogen kam und das Zimmer mit ihrem Gesumm füllte. Flugs machte sich Karlchen mit dem Lineal aus und ver folgte die Fliege. Es wurde eine wilde Jagd, und der Brum mer setzte sich schließlich aus den Spiegel. Karl holte einen Stuhl, kletterte hinaus und schlug zu. Das Lineal ging natür lich daneben, ins splitternde Glas, und die Scherben des Spiegels rissen außerdem noch zahlreiche Vasen mit auf den Boden. Von dem ungewöhnlichen Lärm schreckte der Großvater im Nebenzimmer von seinem Nachmittagsschläschen auf und fragte: „Karl, wag war denn das?" Der schuldbewußte Junge stammelt« erschrocken: „Mein — «ein Federhalter ist mir heruntergesalleni" Der Großvater lächelt«: „Siehst du, Kleiner, und da be haupten die Leute immer, ich könne nicht hören — und ich habe doch ein so seines Gehör l" 8ie wirrk es itim scüon einprsgen! Federigo ist ein sehr zerstreuter und vergeßlicher Mensch. Kürzlich hat er geheiratet. Als er nun nach der Trauung am Arm seiner Gattin die Stufen, die zur Hochzeitskutsche führen, hinabsteigt, holt er plötzlich ein Taschentuch hervor und macht einen Knoten hinein. „Was machst du denn da?" erkundigt sich die Jung- Vermählte. „Ach, Liebling", erklärt Schmitt, „ich habe mir nur rasch «inen Knoten gemacht, damit ich nicht vergesse, daß ich nun »erheiratet bini" lLorr. rlol vomsnlaai ^Varum kriÜt äie Lnte nickt Einer der seltsamsten Goldfunde, die wohl überhaupt je mals gemacht wurden, kam einem holländischen Bauern zugute. In Hoofdorp, einer kleinen Vauernkolonie im sogenannten Haarlemermeer, das aber kein „Meer" ist, sondern nur die Ve- Zeichnung für ein ehemaliger Tiefmoor, das im Lause der Jahr» trockengegelegt und kanalisiert wurde, wohnte der Bauer Vries den Oosten. Er hatte eine Entenzucht, und zu diesem Zwecke in der Näh« seines Hofes einen Tümpel ausgegrabcn, den er lang sam voll Wasser laufen ließ, damit die Enten auch eins Echwimmöglichkeit hatten und nicht gehütet werden brauchten. Unter diesen Enten war eine, die seit einiger Zeit durch be sondere Freßunlust auffiel, durchaus keine Neigung für das Wasser hatte sondern viel lieber in der lose aufgegrabenen Erde wühlt«. Um eine mögliche Vererbung dieser schlechten Eigen schaften aus die künftige Nachzucht zu verhindern, entschloß sich der Bauer, die Ente zu schlachten. Bet der Untersuchung des Kropfes und des Mageninhaltes wurden kleine gelbe schwere Mineralien gefunden, di« der Bauer in Amsterdam untersuchen ließ. Es wurde festgestellt, daß diese Ente eine richtige „goldene Ente" gewesen war, denn sie hatte insgesamt 381/2 Gramm Gold in Form kleiner Körner gefressen und nicht verdauen können. Der Bauer wandte sich sofort an das Geologische Institut der Amsterdamer Universität, das einen „Bodenfachmann" nach Hoofdorp sandte. Dieser stellte fest, daß der Grundbesitz des Bauern einen außerordentlich hohen Gehalt an „Krümelgold" hat und der Abbau lohnend ist. Oer klu^e Alami „Es ist unbegreiflich" sagte der Vertreter zu einem Kolle gen, „wie du so phantastisch viel verkaufen kannst!" „Ja, mein Lieber", antwortete der erfolgreiche Mann, „das verdanke ich nur fünf Worten." ,Mas sind denn das für Worte?" „Jedesmal, wenn ich an einer Wohnungstllr klingele und «ine Haussrau öffnet, dann sage ich zu ihr: Fräulein, ist Ihr» Mutter zu Hause?." Darüber lackt man DI« Spröd«. Ein« junge Dame stieg in den Zug und setzte sich neberl «inen jungen Mann. Nach einer Weile begann der junge Mann höslich: verzeihen Eie, mein Fräulein, aber . . ." „Wenn Eie mich «»sprechen oder belästigen, ziehe ich dtN Notgrisfi" unterbrach ihn das Fräulein heftig. Sobald er wieder zu sprechen ansetzle, drohte die Dam«, Alarm zu schlagen. Schließlich, als sie in die Endstation ein fuhren, sprang der junge Mann beherzt auf, gab sich einen Ruck und sagte: ,^)b Eie es nun hören wollen oder nicht — Sie sitzen seit einer Stunde auf meinen KirschenI" * De« kleine Zweifler. Das Söhnchen des Sonntagsjägers: „Sag mal ehrlich, Vati, hältst du es tatsächlich für möglich, daß sich unsere Vorfahren in grauer Vorzeit nur von der Jagd ernährt haben?" (Tb» divv Vorkor.jj Einer fehlt. Als der Maler Franz von Lcnbach auf «iner Reis« in «in« kleine Stadt kam, besichtigte er auch ein« neue Kirche, di« so eben fertiggestellt worden war. Eine kleine plastische Grupp» von vier Personen, die nicht eben geglückt erschien, betrachtet« er mit kritischen Blicken. Auch einige Bürger der Stadt fanden sich am gleichen Orte «tn, die ebenfalls nichts au» der Grupp» zu machen wußten. Schließlich fragten sie den Meister, der so aussah, ak» ver stehe «r etwas von der Sache, was nach seiner Meinung die vier Personen darstellen sollten. „Wahrscheinlich die fünf Sinne", antwortete Lenbach mit feinem Lächeln. „Aber da» ist doch nicht gut möglich", war die erstaunt« Ant wort. „Es find doch nur vier." „Na ja", fuhr Lenbach unbeirrt fort, ,->er Geschmack fehlt halt." besitz. Im 15. Jahrhundert war Venedig Mittelpunkt sich der neuen Zeit anzupassen. Im 18. Jahrhundert lief des Welthandels, seine Ausfuhr wurde auf 10 Millionen Triest der Nachbarin Venedig den Rang als Handels- Dukaten jährlich geschätzt. Kein Wunder, daß diese Stadt ilberquillt von Marmor und Gold, datz Prunkbau sich an Prunkbau reiht . . . Schatten der Vergänglichkeit Doch das ist alles nur noch Erinnerung. Die Rialto- Brlicke, über die Du auf Deiner Wanderung durch die Stadt sinnend gehst, war mit ihren zwölf Läden einmal die großartigste Kaufstratze der Welt. Heute ist der Marmor der Brücke verwittert, die Läden nach rück wärts stillos mit Holz geschlossen. Wenn Du seitab von den großen Kanälen in die Gassen schaust, siehst Du manch herrliches Haus in groteskem Verfall. Diese Stadt ist eine gar gewaltige Predigt mit dem Text: „So vergeht der Ruhm dieser Welt. Venedig hat heute kaum so viel Einwohner wie zu seiner Glanzzeit. Wohl flutet noch Handel durch seinen Hafen, aber es ist der bescheidene Handel eines Provinzplahes. Wohl liegen noch stolze Kriegsschiffe im Kanal von San Marco; aber es ist nur ein Kriegshafen neben anderen der stolzen Großmacht Italien. Wohl drängen sich auf Markusplatz und Rialto-Brücke die Fremden, aber es sind nicht Kaufleute und Politiker, die hier Geschäft und Einfluß suchen, es sind Reisende, die Kunstschätze der Vergangenheit betrachten, die einen Eindruck von der großartigen alten Stadt gewinnen wollen, um dann draußen auf der Laauneninssl, auf dem Lido, zu dem Dich das Motorboot trägt, im Hotel abzusteigen und ein Bad in der offenen Adria zu nehmen. Die Entdeckung Amerikas, die Aenderung der Handelswege nach dem Osten, das Vordringen der Tür ken haben den Wohlstand der alten Seestadt erschüttert. Entscheidend aber war die Erschlaffung der alten Füh rerschicht der Stadt, der Nobili, die durch Genußsucht und Inzucht erschlafft, nicht mehr die Kraft aufbrachte, Triest der Nachbarin Venedig den Rang als Handels stadt ab. Die Lagunenstadt aber wurde zur Stätte der leichten Lebensfreude, der Maskenbälle und „Venezia nischen Nächte", in der Europas vornehme Welt sich amüsierte . . . Heute ist Venedig wirtschaftlich Provinz stadt. Aber ein Glanz, eine Glorie großer Erinnerung liegt über ihr, ein ehrfurchtgebietender Schatten ein stiger Größe, der jeden Besucher in seinen Bann zwingt. Unvergeßliche Stadt Wer könnte Deiner vergessen, Venedig, wenn er auf schwanker Gondel in der Dämmerung sich durch Deine Kanäle hat geleiten lassen. Sanft spielt das Licht über den verwitterten Fronten der stolzen Paläste, wischt alle Spuren der Vergänglichkeit hinweg und läßt die Bauten tn alter Herrlichkeit erstehen. Eintönig warnend klingt der Ruf des Gondoliere, wenn er den Kahn wieder in eine andere der schmalen Wasser« straßen lenkt. Wer könnte Deiner vergessen, Venedig, wenn er tn der Mittagsstunde unter glühender Sonne auf leich tem Motorboot kinUbergefahren ist nach dem Lido? Von der Isola di San Giorgio her kracht ein Böller« schuß, das Zeichen der Mittagsstunde. Rings herrscht nun Ruhe und Stille, Siesta . . . Ruhe und Stille wird auch in der Seele des Wanderers, der die aus dem Meere gewachsene Wunderstadt im Mittagsschlafe bewundert. Wer könnte Deiner vergessen, Venedig, wenn er in den Staub und Lärm der anderen Städte zurück kehren mutz! Bald wird er es kaum noch glauben, daß da unten im Süden eine Stadt liegt, in der die Lust leicht und frei vom Meere her weht, über deV ein ewig blauer Himmel lächelt und in der kein Stäub fällt. In Träumen vielleicht wird er sich Deiner dann selig lächelnd erinnern, o bella Benezta... Stil ilt sie geformt, nach dem Muster der Hagia Sophia des alten Byzanz. An das oströmische Reich lehnte sich der venetianische Städtebund an, der hier tn der un zugänglichen Lagune seinen Zufluchtsort hatte, seit Attilas Hunnen über die norditalienische Ebene hinweg gebraust waren. Im Kampfe gegen die Franken wurden die Pfahlbauten um die Rialto-Insel zum Mittelpunkt des Widerstandes dieser ganzen Landschaft, die zu Ost rom hielt. Zum Dank erhielten die Venezianer das Recht des Freihandels im ganzen oströmischen Reich, dessen letzte Feste in Italien sie bildeten. Der Reichtum begann in der Lagunenstadt heimisch zu werden. Und bald sind die Venetianer nicht mehr auf Ostrom ange wiesen: 1177 vermittelt der Patriarch von Venedig den Frieden zwischen Kaiser Friedrich Barbarossa und Papst Alexander HI. Ein Freihandelsbrief für die dem Kaiser gehorchenden Länder ist der Dank an Venedig. Das geld gewaltige Venedig wird Großmacht. Und als 1204 die Kreuzfahrer aus dem Westen die christliche Stadt Byzanz erobern und plündern, stehen sie unter Führung des venetianlschen Dogen Dandolo . . . Siehst Du dort oben auf dem Hauptportal der Markuskirche die vier Bronzerosse? Sie sind damals aus dem kaiserlichen Hippodrom in Byzanz als Beute entführt worden. Es ist das einzige aus dem Altertum erhaltene Viergespann. Gehe in die Markuskirche hin ein: im Schahhaus der Kirche wirst Du kostbares Altar gerät aus dem Osten finden, lauter Beutestücke aus dem Schah der Hagia Sophia, den zu brandschatzen die christ lichen Kreuzfahrer sich nicht scheuten . . . Venedig trat das Erbe Ostroms an. Während Byzanz dem Ansturm des Islam erlag, während das deutsche Kaisertum sich im Kampfe um das Reich zerrieb, wurde Venedig die Beherrscherin der Meere. 45 Kriegsschiffe Mit 10000 Mann Besatzung unterhielt die Stadt zu ihrer besten Zeit: es war damals die stärkste Kriegsslotte der Welt. In Kleinasien, in Griechenland, auf Zypern besaß sie Kolonien. Denetien und Dalmatien bildeten ihren Land-