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Sonnabend,'Sonntag. 80. «pril/1. Mai 1SS8 Sächsisch« Volkszeitung Verrst an VoltMLU» ihn es und fuhr ihn zum ersten Male »0MLL voll vr. v. kL»8r»kvL Urbeder-Kecbtsecbutr Drei Hueilea-Vvrlag, Küll!x,brüolc-L». sichtlich völlig befriedigt und stand ihm weiter willig Seite. Am nächsten Morgen vor dem Weggehen rief er zu sich. „Also die Sache ist in Ordnung, Erzinger. Einer den zwei Kranken ist heute nacht gestorben. Ich habe 12. Fortsetzung. So, das war also der Führer der Leut»! Woltmann beschloß, sich mit dem Mann, der überdies einen recht günsti gen Eindruck machte und sich hilfsbereit zeigte, auf guten Fuß zu stellen. Eben drehte der sich wied.r um und sagte: „Kinder, macht kein Aufsehen wegen des Neuen. Sagt », nach rückwärts durch. Keiner soll sich um ihn kümmern. Macht',, al, ob er zu uns gehörte." Und so geschah es auch. Eine schwache halbe Stunde später stand er neben Wögerer an einer llvermannshohen Bohrmaschine und half beim Bohren. Er reichte die Bohr« stück« zu und schichtete die fertiggebohrten aus der anderen Seite auf. Im Anfang war er unvorsichtig und faßte das gebohrte Stück in der Nähe des Bohrloches. Aber dort war es so heiß, daß er es wieder fallen ließ, Wögerer grinste vergnügt und reichte ihm einen Fetzen Stoff — voll von Maschinenfett. „Schmier' dir die Finger mit Fett «in. Dann kriegst du kein« Brandblasen!" , Woltmann befolgte den Rat, der wirklich sehr zweck mäßig war. Nach St.uz»d« machte Wögerer eine Pause, um die stumpfen Bohrer wieder zu schleifen. Das war eine schwie rig« Arbeit, von der Woltmann nichts verstand. In der kurzen Frühstückspause kam der Feldwebel zu Ihm und sagt«: „Na, Erzinger, wie geht's mit der Arbeit?" Woltmann schmerzten die Arme schon gehörig, da die Bohrstücke, di« er anzureichen hatte, doch viel schwerer waren al« die Gießkanne, mit der er im Spital geübt hatte. Er beklagte sich aber nicht und erklärte, daß er recht zu frieden sei. -Last du nichts zu essen mit?" Woltmann verneinte, und der Feldwebel ging weg. Gleich darauf kam er mit einem tüchtigen Stück Brot zurück. „So, da iß!" Woltmann dankte, ergriff das Brot, riß ein Stück her unter und steckl« es gierig in den Mund; denn er war schon gründlich hungrig. Der Feldwebel stand vor ihm und betrachtete ihn nachdenklich, während er sein eigenes Brot kaute. „Zeig einmal deine Hände her!" Woltmann erschrak ein wenig, dann streckte er eine Hand aus. Es rvar keine arbeitsgewohnte Hand, Mid die rauhen Eisenkanten hatten die Hand verletzt, und einzelne Finger bluteten. Aber er hatte die Geistesgegenwart zu sagen: „Nach «in paar Wochen im Spital sind die Hände weich. Aber das ist bald wieder vorüber." Der Feldwebel nickte und sprach dann unauffällig ein paar Worte mit Wögerer, und als die Arbeit wieder aus genommen wurde, zeigte dieser Woltmann rasch die Ar beitsweise an den Hebeln der Maschine. Nun bohrte Wolt mann, und Wögerer reichte die Werkstücke zu. Im ersten Anfang ging es zwar nicht ganz glatt. Er drückte zu stark und hatte die Vohrerspitze verbrannt. Doch Wögerer fiel ihm rechtzeitig in den Arm. Beim Durchkommen des Boh rers durch das Vohrstück drückte er ebenfalls zu stark, so daß er beinahe den Bohrer abgebrochen hatte. Wögerer hatte damit gerechnet und schlug blitzschnell die Auslösung um, so daß der Bohrer vom Antrieb nicht mehr mitgenom men wurde. Dann erklärte er ihm. daß er am Bohr geräusch erkennen könne, wenn der Bohrer am unteren Ende herauskomme, und daß man dann sofort den Druck verringern müsse. „Sonst steht man den ganzen Tag an der Schleifscheibe und schleift zerbrochene Bohrer." Beim fünften oder sechsten Loch hatte Woltmann die Kunst heraus und bohrte, daß es ein Vergnügen war. Er begleitete Wögerer auch an die Schleifscheibe und keß sich die mühevolle Kunst des freihändigen Bohrer, schleifens erklären. Das war bedeutend schwieriger als das Bohren selbst, und Woltmann, der sonst mechanische Dinge rasch apffaßte. wurde nicht recht klug daraus. Vielleicbt kam das auch daher, weil Wögerer die Sache nicht allzu deutlich erklärte. Endlich sagte dieser: „Es ist wirklich gut, daß die Russen keine automatische Bohrerschleifmaschine hier haben." Das verstand Woltmann nicht. Dazu fehlten ihm die Fachkenntnisse. Später, als er den tiefen Sinn, der hinter dielen einfachen Worten steckte, begriff, war dies eine große Ueberraschung für ihn. Sie bohrten den ganzen Tag und kehrten erst am Spät nachmittag in das Lager zurück. Ungehindert und ungezählt durchzogen sie das Tor mit der russischen Wache. Dies« Klippe war umsegelt, und Woltmann besah sich das neue Heim. Er war auf dem Rückweg mit dem Feldwebel gegangen, der ihm einige Fragen nach seiner Vergangenheit stellte. Woltmann hatte sich in der Einsamkeit des Spitals auf solche Verhöre gut vorbereitet. Stundenlang hatte er sich selbst alle möglichen Fragen gestellt und die richtigen Ant- Worten darauf ausgedackt. Jeden Tag hatte er diese Hebun gen wiederholt und schließlich eine so glaubhafte Geschichte zusammenaestoppelt, daß wirklich nirgends eine verräterische Lucke blieb. So konnte er alle Fragen des Feldwebels rasch und mit scheinbarer Aufrichtigkeit beantworten. Er erklärte, daß er Kraftwagenlenker gewesen sei und mit seinem Herrn bei Beginn des Krieges zu der freiwilligen Autokolonne eingerückt und einige Monate daraus gefangengenommen worden sei. Dies enthob ihn der Gefahr, ein Frontregiment zu nennen, bei dem er gedient hatte und von dem er An gehörige in der Gefangenschaft hätte wiederfinden können. Die Autokolonne selbst war natürlich dienstlich aufgeteilt worden, so daß sich die Mitglieder untereinander kaum kannten. Der Feldwebel war von der Erzählung Woltmanns --------- .... von ... . mit dem Schreiber in der Kanzlei der Russen gesprochen. Der ist ein Oesterreicher aus Lemberg. Er hat mir versprochen, daß er die Todesmeldung vom Spital abfängt und weg schmeißt. Dafür trägt er den Toten als „gesund entlassen" ein. Du heißt von heute ab also „Franz Wachtel". Merk' dir das und gib acht, daß du in den ersten Monate» nicht krank wirst! Sonst kommen sie im Spital auf den Schwindel, und wir fliegen alle herein." Woltmanns Uebcrgang ins neue Leben war gelungen. In der Arbeit machte er rasch Fortschritte. Bald waren seine Hände hart und rauh so wie die der anderen. Die Bohrmaschine, die ja die einfachste Maschine zur Metall bearbeitung ist, kannte er bald in- und auswendig. Nur mit dem Bohrerschleifen ging es nicht so rasch. Es schien, als ob Wögerer ihm nur ungern Erklärungen darüber gebe. Auch ließ er ihn selten Bohrer selbst schleifen. Außerdem bearbeitete er die nach, welche Wachtel geschliffen hatte. Dieser fühlte, daß hier etwas dahinter steckte. Er dachte lang darüber nach und fragte andere, die auch das Bohrer, schleifen verstanden. Aus ihren Antworten leitete er sich die Regeln des Bohrerschlisss ab Eine davon war, daß die Spitze des Bohrers nach dem Schleifen immer genau in der Mitte stehen mußte, sonst war der Bohrer fehlerhaft ge schliffen. Aber bei allen Bohrern, die Wögerer schliff, stand die Spitze etwas neben der Mitte Warum? Wachtel zer brach sich den Kopf darüber. Eines Tages nahm er. die Schublehre und maß den Innendurchmesser des gebohrten Loches nach. Es war mit einem Achtzehn-Millimeter-Bohrer gemacht, hatte aber beinahe einundzwanzig Millimeter Durchmesser. Wögerer bemerkte es und fuhr ihn zum ersten Male scharf an. » „Was tust du da? Willst du spionieren?" Wachtel sah ihn verblüfft an, dann schoß wie ein Blitz die Erklärung der Sache dusch seinen Kopf. Er senkte den Kopf gnd sagte gleichgültig: Nummer 101. Sekte 14 IJorlsetzung tolgt.» Aufklärung. Sie stellten ihn nun auch bet anderen Maschinen ein, und langsam durchlief er so einen völligen Lehrkursus. Das Schwierigste war die Drehbank. Aber Wachtel begriff rasch. Und er begriff auch, daß sich das, was er an der Bobr- maschine bemerkt hatte, in mehr oder minder deutlicher Weise an allen anderen Maschinen wiederholte. Noch über sah er die Zusammenhänge nicht klar. Aber die Tatsachen sah er. Es war, als ob sich unter der ganzen Zahl der Kame raden ein kleiner Kreis von Rädelsführern befinde, deren Ziel es war, so unauffällig, aber auch so gründlich wie mög lichen den Wert der Arbeitsleistung sinken zu lassen. Dabei half ihnen der große Rest der Leute ebenso unbewußt wie willig mit. Sie haßten die Russen, sie haßten den Krieg und hatten wenig Achtung vor dem Können der russischen Fachleute. Die Kontrolle war oberflächlich und ungenau, und wenn schon einmal ein allzuschlechtes Stück beanstandet wurde, dann sprang der Feldwebel ein, der schon ganz gut russisch radebrechte und ersann mit außergewöhnlichem Geschick eine stichhaltige Ausrede. Einmal stand eben einer seiner Kameraden an der mit höchster Geschwindigkeit sich drehenden Schleifscheibe und schliss einen Fräser, während Woltmann-Wachtel selbst seit lich hinter ihm mit dem Bohrer in der Hand auf das Frei werden der Maschine wartete. Plötzlich ein Schlag, und die Schleifscheibe sprang in Stücke, die mit der vollen Gewalt der Drehung hinausgeschleudert wurden. Der Mann an der Scheibe stürzte mit einem gellenden Schrei schwer verletzt zusammen. Wachtel fühlte einen bren- nenden Schmerz im Gesicht und taumelte zurück. Ein ab prallendes Stück des Steines hatte ihn getroffen. Von allen Seiten liefen die Leute zusammen. Wögerer und der Feld webel halsen, so gut sie konnten, Ordnung in den Tumult zu bringen. Im ersten Augenblick sah es aus, als ob ein Auge Wachtels verloren sei. Beim Abwaschen des Blutes aber zeigte es sich, daß ein scharfkantiges Stück ihm mit großer Gewalt quer über das Gesicht geschnitten hatte. Der Schnitt begann auf der linken Wange und lies nach rechts steil über den Nasenrücken in die Stirnhaut. Es war eine häßliche, tiefe Fleischwunde, die Nasen- und Stirnbein bloß legte. Glücklicherweise war auf der Station ein Arzt an wesend, der sofort zu Hilfe kam. „Dor mir brauchst du keine Angst zu yaven. Ich verrate keinen Kameraden." Und beid« arbeiteten ruhig weiter. Wachtel aber wußte nun, daß Wögerer das Werk absichtlich sabotiere. Er bohrte wohl mit den vorgefchriebenen Bohrern, schliff diese aber exzentrisch, so daß sie viel zu große Löcher ergaben. Wenn dies auch am Endergebnis der Arbeit wenig änderte, ja war diese doch lange nicht so genau, wie sie hätte sein können und müssen. Die Teile saßen dann lockerer aufeinander, es war Spielraum darin, und die Stöße der Bewegung sorgten für eine rasche Abnutzung. Noch wußte Wachtel nicht ganz ge nau, welche Beweggründe Wögerer leiteten. War es Vater landsliebe oder Rache wegen erlittener Unbill oder nur der allgemeine Haß gegen die kriegführenden Klassen? Letzten Endes war ihm dies auch gleichgültig. Sabotage wirkte zerstörend; also gefiel sie Wachtel. Sabotage gegen den Krieg konnte den Krieg verkürzen. Das paßte in Wachtels Kram! Außerdem sprach ja kein Grund dafür, daß er sich mit Wö gerer verfeindete, der ein guter Freund des Feldwebel war. Im Gegenteil, er brauchte sie ja beide. Den nächsten Bohrer, den er schliff, schliff er schon deut lich exzentrisch. Wögerer sah ihn an und nickte befriedigt. „Der is' gut! Mit der Zeit lernst du's schon! „Das hättest du mir längst schon sagen können!" „Wer kann denn einem Neuen an der Nase ansehen, wteviel's geschlagen hat?!" Damit war der Zwischenfall erledigt. In der Mittagspause sah Wachtel, wie Wögerer mit dem Feldwebel eine Zeitlang sprach und wie dieser aner kennend zu ihm hinüberblickte. Seit jenet Zeit hielt Wachtel seine Augen offen. Von den komplizierten Maschinen verstand er ja wenig. Aber leine beiden neuen Freunde gaben ihm willig jede gewünscht« WWW 8' j-Z-r in reicder «7. S. lnlisbor s. tt. l.eopolck ea FH 65 dseonlere bim« M UampIetquelltlU, MA deeenäer» prele-ert, kür «vda»« lllelcker , goeckmelllz», nnl »lobt knIUernle» 0,»«d» la «virüekenlon Unstern. Xvneteell». veeonSer» prelenert, v». SS em breit Ueter «In prele-erter, »edr trerlekllrer ktolk kar Dell onü Üomxlet,>.»edbn«n,k«>l»ll n.lnalllenkerd.ee.SS em br.Utr, . — KIM«, «In» rortelldekt«, «olll» Deller- aal ickbn« kerben, ISO em breit Kieler «o-seutoF!» rgo «75 llSß denebrt«, beeten» tre,tiU>I»«qa»llt»t«n, II II II »nek In Kellen kerben, ltü ein dr. Utr. II II Uett-0e»«d« tilr »perUlek« Maren nnl Deller la rrell, krelee, «elb, dien, linnrtrsll«, «e. SS em breit Utr. 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